Jürgen Berndt-Lüders

Black Velvet 2

Die Wellen des Glücks schlugen über Uta zusammen. Sie hätte ertrinken mögen in ihren Gefühlen. Sie hätte ihn verschlingen mögen, den Mann, den sie so begehrte.
 
„Georg“, begann sie ihren Satz, nachdem ihr Höhepunkt abgeflacht war.  Und schon verbesserte er sie.
 
„Gregor heiße ich“, korrigierte er und lachte. „Du hast meinen Namen falsch abgelesen. Aber das macht nichts.“ Seine Handflächen berührten kaum ihre Haut, aber die feinen, weißen Härchen strebten sehnsuchtsvoll seinen Händen entgegen.
 
„Oh, das ist mir jetzt peinlich“, flüsterte sie und setzte sich aufrecht. Erst jetzt merkte sie, wie hart der Boden unter dem immer noch halboffenen Fenster war. Unangenehm war ihr dieser Lapsus. Er musste den Eindruck bekommen, es ginge ihr gar nicht um ihn als Person.
 
Gregor sprang auf und zog sie hoch. „Ich nenne dich jetzt einmal kurz Melosine. Dann sind wir quitt.“ Sanft zog er sie an sich und sie fühlte seinen warmen Männerkörper an Bauch und Brust. Und nun spürte sie auch seine Lippen, wie sie sich sanft über den ihren schlossen.
 
„Melosine“, flüstere er nach langer Zeit, die ihr wie Nanosekunden erschienen. „Ich habe dich vom ersten Moment an geliebt.“
 
Sie lächelte glücklich und legte die CD mit seinem Lieblingslied Black Velvet wieder ein. Sie tanzten nach der Musik und berührten sich zärtlich.
*
„Wozu haben wir eigentlich zwei Fernseher gekauft?“ fragte Uta nach drei Tagen Liebe und nichts als Liebe. Sie schlenderten Hand in Hand durch den Park und waren voll des Glücks. „Die bringen wir zurück und machen für das Geld meinen Kühlschrank voll. Was hältst du davon?“
 
„Vielleicht kommen ja auch mal wieder magere Zeiten“, wandte Gregor ein. „In denen wir uns gegenseitig nicht mehr genügen und fremde Unterhaltung brauchen.“
 
Uta dachte an ihre letzte Beziehung. Hatte die nicht auch so überschwänglich begonnen und in absoluter, seelischer Kälte aufgehört?
 
„Auf jeden Fall muss ich morgen wieder arbeiten, und du ja wohl auch“, vermutete sie.
 
„Ja, und ich muss endlich in meine Wohnung, die Blumen gießen und den Briefkasten leeren.“
 
Uta blieb stehen und sah Gregor traurig an. Sie nahm beide Hände und hielt sie fest. „Bitte versprich mir eins. Wenn es dir schon reicht mit mir, dann sag es. Sei nicht feige, sondern sag es mir direkt ins Gesicht. Jetzt und hier.“ Sie drückte seine Hände so sehr, dass es schmerzte.
 
„Ich weiß nicht“, flüsterte er und sah traurig zu Boden. „Ich fühle mich so leer.“
 
„Seelisch oder körperlich?“, spottete Uta. Ihre Stimme klang plötzlich hart und bitter. „Körperlich könnte ich ja verstehen. Du warst ganz schön fleißig.“
 
„Sei bitte nicht so zynisch. Mir schwirrt der Kopf. Ich habe wohl wieder mal Bindungsängste“, vermutete er. „Ich befürchte, mich ganz und gar in dir zu verlieren.“
 
„Warum habe ich eigentlich keine Bindungsängste, fragte sich Uta enttäuscht, als beide in getrennte Richtungen aus dem Park liefen. Grund genug hätte ich immer gehabt.
*
„Ich hänge mal wieder pausenlos am Telefon und schwanke hin und her. Ich warte auf seinen Anruf, würde am liebsten selber bei ihm anrufen und traue mich nicht, weil ich Angst habe, dass ich besetzt bin, falls er sich gerade meldet“, rief Uta. Ihre Freundin Desiree war mal wieder ihre letzte Zuflucht.
 
„Wenn er gesagt hat, dass er wohl wieder Bindungsängste hat, dann weiß er auch, dass er derjenige ist, der sich bei dir melden muss. Wenn er sich nicht meldet, kannst du ihn eh vergessen.“
 
Uta konnte und wollte ihn aber nicht vergessen. Diesmal war es anders.  Bei ihren vergangenen Beziehungen hatte es Gründe für das Ende gegeben. Entweder war bei ihr oder ihrem Freund eine neue Liebe aufgetaucht oder sie hatten sich nicht verstanden. Aber hier handelte es sich nur um eine dumme Angst, ein nicht definierbares Gefühl, das er wohl nicht richtig begründen konnte.
 
„Kann es sein, dass ich bei ihm durch irgend etwas einen negativen Eindruck erweckt habe?“
 
„Du kannst einem Mann mit deiner direkten Art bestimmt ganz schön Angst einjagen“, vermutete Desiree. „Über was habt ihr eigentlich gesprochen zwischen Freitag und Sonntag?“
 
„Am Freitag haben wir kaum ein ernsthaftes Gespräch geführt“, überlegte Uta. „Am Samstag gegen elf beim Frühstück haben wir über unsere Hobbys gesprochen. Ich habe ihm gesagt, dass ich auf die Rudersaison warte, und er spielt Fußball. Beim TuS Neuendorf in der Kreisklasse.“
 
„Moment“, rief Desiree und sprang auf. Sie griff sich die Zeitung vom Montag und schlug die regionalen Sportnachrichten auf. „Hier sind die Fußballergebnisse. Der TuS Neuendorf hat gegen den SV Altstadt eins zu null gewonnen. Torschütze war ein gewisser Gregor Blattner.“
 
„Und wann war das Spiel?“
 
„Sonntag Nachmittag um fünfzehn Uhr, also zwei Stunden, nachdem er dich hat stehen lassen“, stellte Desiree fest. „Wie hast du reagiert, als er dir sagte, dass er Fussballer ist?“
 
„Ich habe gesagt, dass man das an seinen Beinen und an seiner Kondition erkennen könne“, fiel Uta ein. „Und als er meinte, dass er für das nächste Spiel aufgestellt sei...“
 
„...hast du ihm zu verstehen gegeben, dass du von ihm nicht genug kriegen kannst und ihn nur ungern gehen lässt. Hast ihn wohl auch wieder direkt angemacht.“ Desiree schüttelte den Kopf.
 
„Ja, direkt vorm Frühstück, und kurz vorm Spaziergang nochmal.“
 
„Na, dann ist ja wohl alles klar“, stellte Desiree fest. „Gregor befürchtet, dass er für dich alles aufgeben soll, was ihm lieb und wertvoll ist.“
 
Uta dachte nach. „Scheint so. Aber was mache ich nun?“
*
Am Samstag war „Angrillen“ beim TuS Neuendorf. Wie üblich grillten die Herren Fußballer und die Damenmannschaft spielte die Bedienung.
 
„Alle mal herhören“, rief der Trainer, der beide Mannschaften trainierte. „Wir haben eine neue, nicht untalentierte Links-Außen“, rief er. „Uta Hannemann.“
 
Uta winkte in die Runde, als gäbe es gar keinen Gregor, aber als sie ihm das erste Bratwürstchen auf dem Pappdeckel brachte, raunte er ihr zu.
 
„Wir Männer spielen diese Woche auswärts, also spielt ihr Frauen hier auf dem Platz. Was machen wir beiden Hübschen anschließend?“
 
„Auch auswärts spielen“, lachte Uta. „Bei dir also, aber räum’ deine Bude auf.“
 
Sie tauschten einen vielsagenden Blick aus und die Welt war wieder in Ordnung
 
„Du scheinst ja Chancen bei der Neuen zu haben“, fand der Torwart Jens. „Ich glaube, deren Bälle hätte ich sowieso nie gehalten.“
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.04.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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