Rüdiger Nazar

Frankreich sollte ein neuer Anfang sein...Teil .2.

Die Nacht war schrecklich.
Schmerzen im Magen und ein saures Gefühl im Hals...ich erbrach unentwegt.
Ich wälzte mich hin und her...das Faltbett war so unbequem...es schmerzte zudem auch im Rücken. Als ich endlich einschlief...schellte auch schon der gestellte Wecker um  sechs Uhr dreißig. Ich war wie gerädert.
Nichts zu essen im Haus...nicht mal etwas zu trinken. Aber naja...bei meiner Cousine sollte es wohl wieder einen schwarzen Kaffee geben...bäh.
Es war kalt und feucht in der Wohnung...hatte Abends keine Zeit den Bollerofen anzuschmeißen...womit auch...kein Holz da.
Also wollte ich mir ein Glas Leitungswasser trinken. Als es aus dem Wasserhahn lief...
erschrak ich zutiefst. Was war denn das für eine Farbe und Brühe.
Ich schüttete das Glas aus und ließ das Wasser etwas laufen...nichts änderte sich...es blieb trüb.
Naja...dann prost. Oh Gott oh Gott...ich spie das Wasser sofort wieder aus...salzig...widerlich salzig . Ich zog mich an und verließ das Haus missmutig...knallte die Türe zu.
Kaffee...oh ja Kaffee. Als ich bei meiner Cousine ankam...saßen meine Kollegen schon auf dem Anhänger...sie grinsten.  Ich kletterte mühsam auf den Anhänger...Pierro zog mich am Arm hoch...Bonjour...mon Kamerad. Ich war sauer. Hatte ich mich doch auf einen Kaffee gefreut...wenn er auch widerlich war.
Der Traktor fuhr los. Es war bitter kalt...meine Haare flogen hin und her. Nachts hatte es richtig hart gefroren. Dann setzte noch leichter Nieselregen ein...der ruck zuck die Jacke durchnäßte.  Als wir wieder im Walde ankamen...mußte ich mich erst mal kräftig übergeben. Oh oh...sagten meine Kollegen...mon Dieux...! Sie hatten ja keine Ahnung wie es mir ging...nämlich Scheiße...aber ich riss mich zusammen.
Dann ging der Trott wieder los...Kettensäge...Brechstange...und Stücke aus dem Wald auf den Weg schleppen.
Bei der Frühstückspause packten sie Brote und Kaffee aus...Wurst und Käse. Oh Mann...mir lief das Wasser im Munde.
Pierro hielt mir ein Stück Wurst hin...ich nahm es dankend an. Von Andre bekam ich eine Tasse heißen Kaffee...oh Gott...mit Zucker und Milch...es war wie Weihnachten.
Danach  knatterte die Kettensäge wieder los...Stämme fielen zu Boden...der Wald bebte.
In der Mittagspause entzündeten wir ein großes Feuer...war ungefährlich...der Wald konnte nicht brennen...es war naß .
Ich konnte nichts essen...erbrach am laufenden Band.  Und dann begann es zu schneien...im September....erst leise und sacht...dann immer mehr...und es wurde bitterlich kalt. Eine Wildschweinrotte brach durch den Wald...und wir mußten uns für eine Zeitlang
auf die Bäume flüchten.
Es wurde jetzt Wetterbedingt früher dunkel...ich war so dankbar dafür.
Wir ließen die restlichen Baumstämme im Wald bis zum anderen Tage liegen und fuhren heimwärts.  Zuhause duschte ich erst...nahm dann etwas Geld und ging in den Laden nebenan. Eine nette Verkäuferin stand hinter der Theke. Es hatte sich natürlich herumgesprochen...das ein neuer  zugezogen war. Das Dorf hatte ja nur...347 Einwohner.
Ich zeigte auf Käse...Brot und Milch...meine Französischkenntnisse waren zu dieser Zeit erbärmlich. Die Verkäuferin zeigte sich sehr zuvorkommend und lächelte.
Zuhause schlug ich mir erst mal die Wampe voll...obwohl ich genau wußte...daß dieses mir nicht bekommen würde. Und so war es auch...eine halbe Stunde später kam alles wieder heraus.
Was würde geschehen wenn es mir noch schlechter ging ? Ich war hier nicht krankenversichert. Aber hauptsache in Frankreich...der Rest würde sich schon irgendwie finden. Ich begann mit einem Hammer Kerben in die Wände des Wohnraumes zu schlagen....damit der Putz besser hielt...den ich als Rauhputz auftragen wollte. Das dauerte ziemlich lange...so ungefähr vier Stunden. Plötzlich stand Pierro am Fenster...mit seinem Vater Pierre. Viel Arbeit sagten sie und warteten vermutlich darauf daß ich sie in`s Haus bat...was ich natürlich auch tat. Pierre sprach etwas deutsch.
Als sie gegangen waren...setzte ich meine Arbeit fort...lange hatten sie mich aufgehalten.
Ich rührte den Putz in einem Plastikbottich an...und klatschte ihn dann an die Wand.
Es ging verhältnismäßig gut und die Arbeit ging zügig voran. Mit einer Strukturrolle zauberte ich ein Rauhputzmuster an die Wand.
So vergingen dann Tag um Tag. In zwei Wochen sollten Gerda und der LKW mit den Möbeln kommen. Im Wohnzimmer ließ ich noch Holzbalken in den Wänden ein...die ich voher mit einem Brenner flammbiert hatte...so daß die Holzstrucktur hell zum Vorschein kam. Das Zimmer sah sehr rustikal und ländlich aus...es gefiel mir.
Einen Tag setzte ich mit der Renovierung aus und erkundete den Ort. Er war wirklich sehr klein...außer den besagten Geschäften und der Post...war da nur noch eine Kirche. Diese hatte auch schon bessere Zeiten gesehen...eine Renovierung bzw. Restaurierung war hier unbedingt von Nöten. Aber die Gemeinde hatte keine finanziellen Mittel um dieses zu bewerkstelligen. Sie stammte aus dem Jahre 1785. Innen war alles schlicht...und sehr muffig. Der Putz blätterte von den Wänden...und die einstmals sehr naiv gestaltete farbige Wandbemalung war kaum noch zu sehen.
Der Altar war einfach nur aus Beton gegossen...auf dem man eine alte Marmortischplatte gelegt hatte. Auf ihm standen zwei Messing Granathülsen aus dem ersten Weltkrieg. Sie dienten als Blumenvasen...in dem weiße Lilien standen...aus Plastik.
Eine Heiligenfigur stand dahinter...wer es war weiß ich nicht. Ihr fehlte der Kopf und ein Arm...von Farbe war kaum noch etwas zu sehen. Die Strassen im Dorf waren nicht asphaltiert...sondern aus Sand. Bei Regen war es ein einziger Morast.
Ich kam am Haus meiner Cousine an. Es war ein altes halbverfallenes Bauernhaus.
Auf einer Seite wohnte mein Arbeitsgeber...auf der anderen Seite meine andere Cousine Uschi mit ihrem Mann und vier Kindern. Das war meine Cousine wo der Mann nur täglich betrunken war. Ihn wollte ich aus der Misere helfen...mit ihm etwas nützliches aufbauen...eben diese Geflügelzucht. Als ich das Haus betrat...kläfte mir ein Hund entgegen. Der  arme Kerl befand sich an einer ca. einen Meter langen Kette...mehr nicht.
Diesen Unstand würde ich wohl klären. Meine Cousine stand in der Küche und kochte...die Kinder kreischten und randalierten. Hi...Uschi...wo ist Gerald...dein Mann. Uschi verzog daß Gesicht und zeigte in Richtung Schlafzimmer.
Ich klopfte an die Türe. Nach einer Weile kam Gerald schwankend heraus...er stank nach Alkohol zum Gott Erbarmen. Das kann ja noch etwas werden schoss es mir durch den Kopf.
Um es milde auszudrücken...die Küche war einfach und rustikal...äh...dreckig und primitiv.
Sie luden mich zum Essen ein. Da ich Hunger hatte sagte ich gerne zu.
Als man die Teller auf den Tisch stellte...verschlug es mir den Atem. Ich hätte genauso gut vom Boden essen können. Aber ich wollte sie nicht beleidigen und spachtelte den Mampf tapfer...todesverachtend in meinen Schlund. Von einem dieser Kinder bin ich Patenonkel.
Wenn man sich alte Postkarten oder Photos von 1914/18 ansah...wie die Menschen damals bekleidet waren...und die Umgebung...meinte man wirklich...hier wäre die Zeit seitdem stehen geblieben.
Nach dem Essen verabschiedete ich mich und begab mich auf den Heimweg. Menschen die mir entgegen kamen grüßten freundlich. Ich war wie ein Weltwunder...ein Wesen aus einer anderen Welt...und ich fand es irgendwie amüsant.
Ich lernte diese Menschen kennen...und gewann sie lieb...sie waren einfach...aber von so einer Natürlichkeit...wie man es selten noch findet.
Am nächsten Tag meldete ich mich beim Bürgermeisteramt wegen des Zuzuges.
Er war sehr freundlich. Das Bürgermeisteramt lag direkt neben der Kirche. Privat wohnte er...der Bürgermeister... auf meiner Strasse etwas außerhalb des Dorfes und verkaufte in seiner Freizeit selbstgemachten Ziegen-und Schafskäse.
Er hatte mehere Ämter inne. Es erinnerte mich irgendwie an den Wilden Westen...wo der Sheriff gleichzeitig Friseur und Zahnarzt war...ich mußte über diesen Gedanken lächeln.
In der Kneipe nebenan holte ich mir noch Tabak und Blättchen. Um mich bekannt zu machen und vorzustellen...trank ich noch ein Glas Panaschee...bei uns Alsterwasser genannt...ein Gemisch aus Bier und Limo. Auch dort wußte man schon wer ich war...der neue aus Deutschland...der Cousin von Uschi und Isabelle.
Zuhause war ich total fertig...hörte noch etwas Radio und legte mich dann hin.
Morgen würde wieder ein harter Tag werden.
Mitten in der Nacht erwachte ich vor lauter Magenkrämpfe...mein Bettlaken war bekotzt und es fanden sich einige Blutspuren darin.
Na dann mal gute Nacht bis Morgen.


                                                                                                        Rüdiger Nazar
                                                                                                         13.April 2011
                                                                                                     melvin6@gmx.de









 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.04.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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