Alexander Vogt

Warum man auf Zeitreisen lieber verzichten sollte!

Wer hat nicht schon einmal davon geträumt durch die Zeit zu reisen, sich als altem Menschen zu begegnen um erschreckt feststellen zu müssen, dass man keinen einzigen der guten Vorsätze jemals eingehalten hat? Wer will nicht den Inkas über die Schulter gucken, wo sie ihr Gold vor den Konquistadoren  versteckt haben, Clara Hitler eine Armeeration der Pille aufdrängen oder seinem pickligen Teenager `Ich´ die richtigen Worte in den Mund legen, um die große Liebe seines Lebens doch noch zu bekommen? Das aber schon die kleinste Zeitreise den Reisenden in ziemliche Kalamitäten bringen kann, zeigt uns die folgende Geschichte!

Professor Petterson, ein überaus begabter Physiker und begeisterter Stammtischphilosoph hatte es geschafft: Er hatte tatsächlich eine Zeitmaschine entwickelt ( und sogar im Hobbykeller zusammen geschraubt ).
Norman Petterson hatte jahrelang an dem guten Stück gewerkelt und bald sollte die Maschine ihre erste Probereise in die Vergangenheit machen. Sie stand gut versteckt unter einer blauen Abdeckplane in Herrn Pettersons Geräteschuppen unweit entfernt von seinem Haus. Eines Wochenendes trieben den vielbeschäftigten Mann wichtige Geschäfte aus der Stadt. Der zerstreute Professor jedoch vergass den Herd in der Küche abzustellen. So mutmasste zumindest später die Feuerwehr. Als er nun am Montag von seiner Geschäftsreise wiederkehrte, war von seinem Haus nur noch ein qualmender Haufen Asche übrig: Der Herd hatte Feuer gefangen. „Aber,“ so dachte sich der gewiefte Petterson „wenn ich nun in der Zeit zurückreise, kurz nachdem ich vergessen habe den Herd abzustellen, drehe ich ihn ab und mein Haus wird nicht in Flammen aufgehen.“
Er lief zu seinem Schuppen, warf die Zeitmaschine an und reiste zwei Tage zurück in die Vergangenheit. Er öffnete die Tür mit seinem Haustürschlüssel, lief in die Küche und drehte dort den Herd ab.
Da durchzuckte den armen Mann ein furchtbarer Gedanke wie ein Blitz: „Wenn mein Haus nun nicht brennen wird, welchen Grund hätte ich dann gehabt in die Vergangenheit zu reisen und den Herd abzudrehen?“ Herr Petterson ließ sich zu Boden plumpsen, er, der er ja gar nicht in die Vergangenheit gereist war, weil er keinen Grund dazu gehabt hatte!
„Ich könnte ja,“ so dachte er bei sich „einen Zettel in die Küche legen und darauf schreiben: „Lieber Norman, reise in der Zeit zurück zum Samstag, denn....“. Weiter kam der arme Mann nicht, denn was hätte es für sein anderes `Ich´, dass gerade auf Geschäftsreise war für einen Sinn in die Vergangenheit zu reisen? Er könnte es doch auch sein lassen, es würde sich ja für ihn nichts ändern: Das Haus würde nicht brennen.
Der bemitleidenswerte Petterson hatte sich schon fast damit abgefunden, das er gar nicht existierte, weil er nicht zurück in die Vergangenheit gereist war, als ihn die Idee überkam, den Herd wieder anzuschalten, denn wenn das Haus nun brennen würde, würde er ja auch in die Vergangenheit gereist sein! Hals über Kopf stürzte er sich auf den Herd und drehte ihn an.
Er wollte gerade wieder in die Zukunft reisen, um sein Leben normal weiter zu leben, da überkam es ihn wieder siedeheiß: „Moment, nun bin ich vielleicht gar nicht um genau 17:13 Uhr um wiederum genau 52 Stunden und 9 Minuten in die Vergangenheit gereist, sondern eine Sekunde früher, oder um eine Sekunde weiter. Dann müsste ich mich selbst ja eben getroffen haben, denn ich, der ich jetzt hier spreche, kann eigentlich gar nicht sprechen, weil ein um Sekundenbruchteile jüngerer oder älterer Norman Petterson die Zeitreise begonnen hat.“
Aber nein, er musste das unverschämte Glück haben, dass sein anderes Ich, was gerade jetzt auf Geschäftsreise war, genau zu dem Zeitpunkt in die Vergangenheit gereist war, wie er selbst. „Denn,“ so dachte er „wenn ich nicht existieren würde, weil ein anderer Norman in die Vergangenheit gereist wäre, könnte ich doch jetzt nicht darüber nachdenken.“
Ein Grinsen machte sich auf seinen alternden Zügen und seinem graumelierten Bart breit.
„Einen Zettel hätte ich auch gar nicht hinlegen können, sonst wüsste ich, der ich jetzt denke, ja davon! Ich wäre ja nur wegen des Zettels in die Vergangenheit gereist, nicht wegen des Feuers, also müsste ich mich doch an den Zettel und nicht an das Feuer erinnern können.“
52 Stunden später stand Professor Petterson jubelnd und hüpfend vor den qualmenden Ruinen seines Hauses und freute sich wie ein Schneekönig, dass alles so gut geklappt hatte! „Eigentlich,“ so dachte sich der Gute, „eigentlich bin ich jetzt nur neun Minuten älter, als ich es sein würde, wäre ich nicht in die Vergangenheit gereist.“  
Herr Petterson reiste nie wieder in die Vergangenheit, warum, kann man in seinen Analen nachlesen, ebenso wie die Geschichten über seine Reisen in die Zukunft. Wem das nicht reicht, so schrieb er, könne ihn auch vom 17ten Januar 2007 bis zum 5ten März als vierzigjährigen Mann in seiner Wohnung in Boston treffen. Man sollte sein `jüngeres Ich´ aber darauf aufmerksam machen, dass er unbedingt in seinen später geschriebenen Analen auf sein jetziges Verweilen verweisen sollte, weil er ja sonst gar nicht hätte besucht werden können, keiner der Besucher hätte ja sonst von ihm gewusst. Professor Petterson starb schließlich am 12. August 3209, weil an dem Platz, wo seine Zeitmaschine bei der Abreise 3186 stand, zwanzig Jahre später ein Klärwerk für Siamkatzenklone erbaut wurde, in dem er bei seiner Ankunft 3209 jämmerlich ertrank.

Diese Kurzgeschichte schrieb ich noch zu Schulzeiten (Stufe 11). Weil mich Paradoxa faszinierten ;-)!Alexander Vogt, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.05.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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