Christopher fuhr mit ungefähr 70 km/h im vierten Gang.
Er und Anna hatten es zwar nicht eilig, aber er wollte trotzdem so schnell wie möglich in der Stadt ankommen. Die Straße erlaubte es ihm aber nur selten das Tempolimit zu überschreiten. Sie war teilweiße von engen Kurven durchzogen, die durch stählerne Leitplanken gesichert waren und an anderen Stellen ging die Strecke kilometerlang geradeaus. Was Christopher aber am Meisten beunruhigte war die Tatsache, dass sie durch den Wald führte. Tagsüber hätte es ihn weniger gestört, aber jetzt musst er in stockdunkeler Nach fahren, ohne Handyempfang und mit der nächsten Ortschaft in wohlweiter Ferne.
Die Lichter seines Wagens waren das Einzige, das durch die Finsternis drang.
Ihm kam es so vor als ob sie schwächer wurden. Er blickte kurz rüber zu Anna.
Sie war auf dem Beifahrersitz eingeschlafen. Es beruhigte ihn zu wissen, dass sie nicht die gleichen Sorgen hatte wie er im Augenblick. Die Beiden waren nun seit vier Jahren zusammen. Sie lieben sich. Christopher wurde allmählich nervös. Es waren noch circa 42 Kilometer bis zur Stadt und der letzte Ort durch den sie kamen lag mindestens eine halbe Stunde zurück und dieser verdammte Wald wollte einfach kein Ende nehmen. Plötzlich stotterte der Wagen und wurde zunehmend langsamer - die Batterie war leer. Das durfte nicht passieren, nicht jetzt, nicht hier. Etwa zehn Sekunden später blieb sein Auto liegen. Christopher schaffte es noch ihn etwas abseits der Straßenmitte zu platzieren, auch wenn es sowieso egal war, denn er hatte schon ewig kein anderes Auto mehr gesehen. Jetzt standen sie da - ohne Empfang, ohne eine Möglichkeit Hilfe zu holen und ohne Licht. Die Dunkelheit war unheimlich, Christopher konnte seine Hand nicht vor Augen sehen. Er konnte garnichts sehen. Er hatte Angst um sich, aber noch viel größere Angst um Anna. Er wusste nicht war in diesem Wald vorging, er wusste bald nichtmal mehr was in ihm vorging. In seinen Gedanken malte er sich alles Mögliche aus. Er erstarrte beinahe und begann sich am Sitz festzuklammern. Jedes noch so stille Blätterrauschen ließ ihn zusammenzucken. Die Ungewissheit trieb ihm fast Tränen in die Augen. Aber er wusste, er durfte jetzt nicht in Panik verfallen. Er dachte nach. Doch egal wie sehr er versuchte einen Weg aus der Misere zu finden drang sich ihm ein Gedanke noch stärker auf: Anna. Er machte sich unbeschreibliche Sorgen um sie. Er konnte sie nichtmal sehen, wie sollte er sie beschützen? Er hörte nur ihr leises Atmen, das ihn, wie so oft schon, sogar in dieser Situation auf unerklärliche Weiße beruhigte. Der Wa!
gen war
im Augenblick der einzigst sichere Ort. Doch man konnte die Türen nicht von innen verschließen. Cristopher brauchte keine Sekunde um mit sich selbst auszumachen, was er zu tun hatte. Er lehnte sich vorsichtig zu Anna rüber, bis er ihr weiches Haar auf seiner Wange spürte und gab ihr einen Kuss auf die Schläfe. "Ich liebe dich" flüsterte er leise bevor er sich umdrehte um die Fahrertür öffnete.
Er stieg aus, machte sie zu und glitt mit den Fingern über die Tür, bis er das Schloss fand. Christopher drehte den Schlüssel und schloss sie ab. Er hörte wie alle Türen schlossen, ein fast erlösendes Geräusch für ihn. Er drehte sich um und lehnte sich gegen den Wagen. Er machte die Augen zu - es machte keinen Unterschied. Chris dachte an früher. Sah sich als Kind mit seinen Eltern in der Vierzimmerwohung in der sie früher lebten und mit Verwandten bei Grillfesten. Er sah sich mit alten Freunden über Dinge diskutieren, die später so einfach waren. Er musste sogar lächeln, als er sich erinnerte, wie eklig er seinen ersten Kuss damals fand. Die meisten Erinnerungen hatte er jedoch an Anna. Christopher wusste noch genau wie es gewesen ist, als er sie zum ersten Mal sah. Das was er damals spürte empfand er für keinen anderen Menschen.
Wie glücklich und verwirrt er nach ihrem ersten Treffen war und auch wie eifersüchtig, als er sie mit einem Anderen Hand in Hand sah. Die Benommenheit nach ihrem ersten Kuss und die ganzen Emotionen die sich in ihm überschlugen, als sie sich ihre Liebe gestanden.nEr dachte an Kinobesuche, Spaziergänge durch den Stadtpark, die Bank auf die sie sich setzten wenn sie sich ausruhen wollten und ihren Urlaub an der Côte d'Azur, bei dem sie jeden Abend vom Strand aus den Sonnenuntergang beobachteten. Christopher machte die Augen auf und sah sich um. Ein kleines Licht war in weiterer Entfernung zu sehen.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Markus Herb).
Der Beitrag wurde von Markus Herb auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.06.2011.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
Markus Herb als Lieblingsautor markieren
flüchtige Schatten im Winter
von Franz Preitler
Kurzgeschichten einer stürmischen Zeit
136 Seiten, 1 Abb. Kurzgeschichten beruhend auf Träumereien und Wahrheit.
Mit Zeichnungen aus Tusche.
Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!
Vorheriger Titel Nächster Titel
Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:
Diesen Beitrag empfehlen: