Rebecca Pahlke

Der Stein (Teil 1 )


Ich schreibe diese Geschichte hier auf, da ich nicht weiß, ob ich sie je einem anderen Menschen erzählen kann. Denn ich weiß nicht, ob ich je wieder nach Hause komme, geschweige denn das hier überlebe.
Es begann alles vor ein paar Wochen, vielleicht zwei, drei oder fünf. Keine Ahnung, man verliert jegliches Zeitgefühl, wenn der Tag auf einmal 36 Stunden anstatt 24 hat, wenn es weder richtig heller Tag noch tiefe dunkele Nacht gibt.
Ich meine, es ist hier wo ich bin, wo auch immer das sein mag, immer Nacht…irgendwie.
Die ganze Zeit über scheint hier eine Art Mond. Denke ich. Dann ist eine kleine leuchtende Kugel am Himmel zu sehen. Sie schimmert leicht violett und gibt ein difuses Licht von sich, etwa wie wenn unser Mond halb voll ist und sich hinter Schleierwolken verbirgt….nur eben mit violettem Farbton.
Alle paar Tage, ich habe noch nicht herausgefunden welcher Rhythmus sich hier hinter verbirgt, ist es heller. Dann sind drei Monde zu sehen.
Zu dem einen violetten kommen zwei weitere hinzu. Beide größer als er.
Einer der beiden schimmert in dunkel rot, er sieht aus wie mit glitzerndem roten Blut überzogen und der andere in einer Farbe die ich nicht beschreiben kann.
Diese Farbe habe ich noch nie gesehen, sie lässt sich auch nicht richtig beschreiben, da sie keine Mischfarbe oder ähnliches ist, sie ist…nun…sie leuchtet von innen heraus, aber es ist kein schönes leuchten, es ist bedrohlich. Besser kann ich es nicht erklären.
Jedenfalls erzeugen diese drei Gestirne zusammen ein Licht, das mich die Welt hier besser sehen lässt. Sie können sich das ungefähr so vorstellen, wie es aussieht, wenn man im Winter wenn alles schneebedeckt ist nach draußen geht.
Wenn dann der Mond scheint, erzeugt er zusammen mit dem Schnee ein Licht, dass einen fast so gut wie bei Tage sehen lässt.

 
Aber ich will vorne anfangen.
Als ich vor einiger Zeit von einer Geschäftsreise nach Hause kam, sah ich schon wieder die neugierigen Blicke meiner Nachbarn.
Ich hasste es die lange Einfahrt zu meiner Eingangstür gehen zu müssen. Zwar war es eine wirklich schöne Gegend, denn ich wohnte am Ende einer Sackgasse und links und rechts standen Ein- und Zweifamilienhäuser die liebevoll und bunt angestrichen waren, Man sah schöne Vorgärten die im Sommer aussahen wie kleine Blumenmeere und einen Spielplatz, auf dem die Nachbarskinder spielten und jauchzten.
Trotzdem hasste ich es. Sie, die Nachbarn, verfolgten jeden meiner Schritte und jede meiner Bewegung wenn ich heim kam. Meinten ich könnte sie hinter ihren Fenstern und Gardinen nicht sehen. Sie gingen einen Schritt zurück wenn ich in Ihre Richtung blickte. Andere waren so dreist und blieben stehen, schoben sogar die Gardinen beiseite um besser sehen zu können und glotzen nach draußen. Glotzen mich an und durchbohrten mich mit Ihren Blicken.
Doch wie immer, erwiderte ich diese Blicke mit ein freundlichen Lächeln und einem leichten Kopfnicken, so als würde ich einen guten Bekannten grüßen.
Ich denke das hat sie geärgert, denn so gut wie immer verschwanden sie dann wieder hinter ihren Gardinen.
Oh mann wie ich das hasste. Ich weiß nicht wieso, aber ich glaube die Leute dachten ich hätte mit dunkeln Typen zu tun oder wäre in krumme und illegale Geschäfte verwickelt.
Dabei war bzw. bin ich ein einfacher Geschäftsmann der einfach viel auf Reisen ist. Ich verdiene mein Geld mit der Entwicklung und der Installation von Computersoftware und reise hierfür zu den Kunden vor Ort.
Doch mein letzt Reise, war leider ein totaler Reinfall. Der Kunde hat sich über Nacht nach irgendwo abgesetzt und mich natürlich nicht bezahlt. Ein Monat Arbeit umsonst.
Na jedenfalls nach dem dritten Augenpaar, dem ich zugenickt hatte, riss mir der Geduldsfaden. Ich schaffte es kaum noch mir ein Lächeln abzuzwingen. Dabei muss ich mein Gesicht zu einer Grimasse verzogen haben, die nicht ansehnlich aussah. Denn mit einem Mal waren die Leuten von Ihren „Beobachtungsposten“ verschwunden. Ich glaube ich musste schmunzeln.
Doch dies sollte mir sehr bald vergehen. Nämlich genau in dem Moment , als ich meine Haustüre öffnete und eintrat. Wenn ich da jetzt so drüber nachdenke, war die Tür das einzige, was nicht in irgendeiner Art und Weise zerstört war.
Mein Couch war aufgeschlitzt, der Fernseher zertrümmert und meine Stereoanlage nur noch ein Haufen Schrott aus Kabeln, Drähten und Plastiksplittern. Sogar meine Bilder an den Wänden waren aufgeschlitzt und von der Wand gerissen worden. Sämtlich Schränke und Schubladen geöffnet und entleert. Ich geriet in Panik und fing an zu schreien. Chloe…Chloe wo bist du? Gib doch einen Laut von dir. Sie müssen wissen, Chloe ist meine Katze und ich liebe sie über alles. Sie ist das einzige was ich noch habe. Meine verstorbene Frau und ich konnten keine Kinder bekommen und unsere Chloe war eine Art Kinderersatz für uns, sie ist das einzig gute, was mir noch geblieben ist.
Und jetzt sollte ich auch noch diese kleine Katze verloren haben.
In mir brach eine Welt zusammen. Ich spürte einen Klos im Hals, den Druck hinter den Augen, kurz bevor man anfängt zu weinen. Ich war wie betäubt. Plötzlich drang ein leises Geräusch zu mir durch. Ich konnte es zuerst nicht zuordnen, doch ganz langsam erkannte ich es. Es klang wie ein Wimmern. Ja genau, ein leises Wimmern, welches aus der Ecke meines Wohnzimmers, oder dem was noch davon übrig war zu mir herüber drang. Ohne zu zögern stolperte ich durch das Chaos. Trat ein paar Reste meines ehemaligem Lebens in Form von Büchern und Couchresten beiseite und war da.
Ich sah sie, meine Chloe, sie war zwischen einem Regalbrett und dem Fußboden eingeklemmt.
Behutsam nahm ich das Brett beiseite und hob die Katze von Boden auf.
Bis auf ein paar Schrammen hatte sie keine Verletzungen davon getragen.
Jetzt nachdem ich Chloe im Arm hielt, wollte ich nur noch raus hier. Weg von diesem Ort der Verwüstung. Ich sprengte aus der Tür hinaus und versetzte ihr dabei einen harten Tritt. Die Tür knallte ins Schloss und ich rannte die Einfahrt hinauf. Dabei bemerkte ich die Blicke der Nachbarn, welche wieder ans Fenster getreten sind, nicht. Es wäre mir sowie egal gewesen.
Ich hastete auf mein Auto zu, Chloe immer noch im Arm, und stolperte in den Wagen. Nachdem ich die Tür von innen verriegelt hatte, fühlte ich mich schon ein Stück weit besser. Mein Herzschlag beruhigte sich und mein Atem nahm nach und nach wieder ein normales Tempo an.
Zum Glück hatte der Wagen getönte Scheiben, so dass ich vor den Blicken meiner Nachbarn verborgen blieb.
Doch was jetzt? Wo sollte ich hin, da ich doch keine Verwandten oder Freunde hatte. Ich konnte ja nicht einfach so hier sitzen bleiben.
Mir kam die Idee. Ja es war der Plan überhaupt. In die Berge. Auf in die Berge, in die Ferienhütte von meiner Frau und mir.
Erst vor einem halben Jahr bin ich noch dort gewesen. Es wäre unser zehnter Hochzeitstag gewesen. Doch leider haben wir diesen nicht mehr gemeinsam erleben dürfen.
An dem Wochenende habe ich die Vorratsschränke mit Konserven aufgefüllt und neue Decken in die Hütte gebracht. Auch genug Feuerholz und ein kleiner Fernseher war vorhanden. Ich würde zwar ein paar Stunden brauchen um anzukommen, doch das war mir egal. Ich wollte einfach nur weg.

 
Ich war schon gut zwei Stunden unterwegs und hatte fast die Hälfte der Stecke hinter mich gebracht, da fing es an zu dämmern.
Das war nicht gut, denn so würde es dunkel sein, wenn ich den schmalen Bergpass hochfuhr.
Aber ich hatte Glück, obwohl es schon 0.00h war, als ich in den Bergen ankam, war die Straße gut zu sehen. Der Vollmond leuchtet den Weg aus und der Himmel war sternenklar, so dass ich ohne Zwischenfälle gegen 1.00h nachts meine Hütte erreichte.
Chloe hatte die ganze Zeit auf meinem Beifahrersitz geschlafen und öffnet nun müde die Augen. Ich nahm sie auf dem Arm und ging zur Hütte herüber.
Hier war alles in Ordnung, abgesehen von der feinen Staubschicht, die die Einrichtung bedeckte.
Chloe sprang von meinem Arm und inspizierte die Stube. Sie fühlte sich hier genauso wohl, wie zu Hause.
Wir waren oft mit ihr hier gewesen.
Nachdem sie alles für gut befunden hatte mauzte sie mich an strich mir einmal um die Beine und sprang auf das Bett, welches in einer Ecke der Hütte stand.
Sie rollte sich ein und war auch sogleich eingeschlafen.
Nun merkte auch ich, dass ich mehr als müde war. Ich hatte die Müdigkeit die ganze Autofahrt über unterdrückt, doch nun kroch sie in mir hoch und ließ meine Beine und meine Lieder schwer wie Blei werden.
Ich ging durch den Raum und ließ mich aufs Bett fallen. Ich muss sofort eingeschlafen sein, denn am nächsten morgen, lag ich noch genauso da, wie ich mich habe fallen lassen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.09.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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