Beate Sörgel

Macken und andere Wahrheiten


… noch 4 Stunden, dann soll es soweit
sein...


Unter der Dusche war ich schon, nun
sitze ich auf der Couch und gucke im Zimmer umher ... die Haare mit
einem Handtuch zu einem abenteuerlichen Turban aufgetürmt... „du
musst den Kopf stillhalten, sonst heulst nachher rum, weil dein
Nacken schmerzt“ … irgendeine Pseudo- Persönlichkeit aus meinem
inneren meldet sich zu Wort. Ich halte nun bewusst meinen Kopf still
und übe nun das gerade sitzen, nach einer gefühlten halben Stunden,
in Realzeit waren das nicht mal 5 Minuten, verkrampfen sich sämtliche
Muskeln in meinem Rücken... ich reiße das Handtuch vom Kopf und
gehe ins Bad. Woher kommen bloß all diese schrägen Gedanken? ...
eine frage die ich an mich selbst richte, und mir gleichzeitig die
Antwort schenke... Fön an – Hirn aus... gute Idee... schnell noch
ein Blick aufs Handy... oh fein... es sind affengeile 15 Minuten
vergangen seit dem ich das letzte mal geschaut hab, wenn das so
weitergeht, dreh ich in einer Stunde durch und dann hab ich ein
Treffen, aber eins der ganz anderen Art. Aber soweit ist es noch
nicht ... will ich das wirklich anziehen … eine frage die mich
blitzschnell ablenkt... ich renne zum Schrank, schiebe die Tür auf
und gleich wieder zu ... klar... sieht doch schick aus und macht nen
schlanken Fuß... außerdem hast du ja noch etwas Zeit dich
umzuentscheiden. Erstmal eine rauchen, hab ich ja bestimmt eine halbe
Stunde nicht ... wieder auf der Couch ... Tabak wo bist du ...ah …
da ... oh sieht aber auch ganz schön dezimiert aus... okay, ich
hatte eh vor mir heute eine Schachtel zu kaufen... wer will schon mit
einer Frau ausgehen die Tabakkrümmel hinterlässt... ich inhaliere
tief und sehe dem Rauch nach. Jetzt beruhige dich erstmal, aufgeregt
kannst du nachher sein ... und es wird sicher toll ... schließlich
bist du begeistert von dem Mann... diese viele Schreiberei und das
quatschen am Telefon, das kommt doch nicht von ungefähr... du musst
ihm auch nicht gleich anfallen... und wenn ich aber will? Ich muss
lächeln bei dem Gedanken... ach das ist doch absurd... er ist
schließlich vernünftig und außerdem schon 40... da sind die wilden
Jahre vorbei... und wieder muss ich lachen... klar, das mag schon
sein, aber ich bin weder das eine noch das andere... Mist, ich fühle
mich schlichtweg ertappt, und muss mir eingestehen mich einfach zu
gut zu kennen... und zwar so gut, das ich weiß, wie brav ich neben
einem jemanden auf der Couch sitzen kann.
Ich lasse mich nach hinten fallen und
bleibe einen Moment regungs- und gedankenlos liegen... oh mein Held
in Gummistiefeln, ich hoffe dir geht es auch nicht anders... so bissl
Aufregung tut dem Kreislauf gut... ich kann förmlich spüren wie gut
mir dieser Gedankenwunsch tut... es ist freilich nicht immer schön
sich Gedanken bildlich vorzustellen, aber dieser gefällt mir... und
ich bleibe eine weile liegen und träume vor mich hin...


noch 2 Stunden... mein Herzschlag
steigt beim erblicken der Uhrzeit... in zwei Stunden wird alles
anders sein... die Anonymität des Internets und Telefons werden
einer neuen Dimension weichen... das Gespräch von Angesicht zu
Angesicht... „hoffentlich macht er gleich am Anfang eine lustige
Bemerkung, damit die erste Befangenheit verschwindet“ … der
Gedanke ist reines Wunschdenken... ich sollte ihm eine SMS
schreiben... so nach dem Motto... bitte hab genug Alkohol da... bin
nervös !!!… Ich verwerfe den Gedanken. „und wenn wir uns nun so
gar nicht mögen?“ meine zweifel Berta ist wieder zum Vorschein
gekommen... „mach dich vom Acker und melde dich nicht wieder bis
ich dich rufe“ sag ich zu mir und gestikuliere stumm. Zum Glück
kann das keiner sehen, man könnte glatt meinen ich hätte einen an
der Klatsche. „haste doch auch“...schon wieder diese Mimose ...
ich stelle mir vor wie ich sie böse anblinzle... und prompt
verstummt es...
Also die letzte Stunde setzt du dich
jetzt hin und schreibst bissl, vielleicht fällt dir ja was ein was
du zum besten geben kannst...irgendwas witzig - interessantes... und
dann vergeht auch die Nervosität und ganz wichtig, auch die Zeit...
ich sitze vor dem weißen unbefleckten
digitalen Blatt meines Schreibprogramms... der Cursor blinkt...
nichts... mein Kopf meldet... „tut mir leid, sinnvolle Gedanken
sind grade aus“ … na klasse... dann spinne ich eben bissl rum...
das kann ich ja ganz gut!






Ich tippe: ...hinfahren, aussteigen,
klingeln, fast vor Aufregung sterben, nach Luft ringen als die Tür
aufgeht, WOW denken als sie auf ist, rein stürmen, ihm um den Hals
fallen...und wenn sie nicht gestorben sind...


Meine Hände stoppen und beim
nochmaligem Lesen denke ich mir … ha ha...was für ein scheiß...
ein Märchen...das hast du nun davon, das sind die auswüchse deiner
Fantasie und außerdem hast du zu viele schlechte amerikanische
Liebesfilme geguckt... so funktioniert das auf keinen Fall...! orr
nee...warum eigentlich nicht, das würde das ganze ungemein
vereinfachen... „wir sind hier nicht bei wünsch dir was, sondern
bei so isses“... die Mimose wieder...hatte ich nicht gesagt du
sollst still sein? Also...zisch ab. Danke.


Ich merke gar nicht wie die Zeit
vergeht, war doch eine gute Idee mit dem Schreiben. Jetzt ist es nur
noch eine Stunde... die Stunde in der mein Blutdruck bis an die
Belastungsgrenze steigen wird. Ich vertraue einfach darauf das es
noch einen brauchbaren Teil in meinem Hirn geben wird, welcher gleich
das Auto bedienen kann.
So nun aber rein in die Klamotten...
und noch 30 mal vorm Spiegel drehen und doch nicht zufrieden sein...
diese Gedanken über Bord werfen, mich vor den Spiegel stellen und
sagen „du bist toll“ und dabei lachen...


Im Auto angekommen, steige ich schnell
ein, Schlüssel rum und los geht’s. Von Aufregung ist im Augenblick
gar nichts zu spüren, ich wundere mich über mich selbst. Ich danke
meinem Hirn und meinem Auto gleichzeitig das es sie gibt und das sie
funktionieren wenn es darauf ankommt.
Die Fahrt verläuft unspektakulär und
zügig. Als ich dem Ziel näher komme, ist auch plötzlich diese
klamme Aufgeregtheit mit voller Wucht wieder da. Ich versuche sie zu
ignorieren, was mir natürlich nicht gelingt. Mein Mund ist plötzlich
so trocken, das ich wetten könnte kurzfristig vor Austrocknung
sterben zu müssen. „Nein, du stirbst jetzt nicht! Du fährst dahin
und ziehst das durch!“ … ich muss streng mit mir reden, weil ich
mir sonst gleich in die Hose mache.
Und dann kommt sie, die Frage aller
Fragen … „warum in aller Welt tust Du Dir das an? Kannst Du nicht
einfach in den Supermarkt gehen, einen Mann an der Kasse treffen und
dich, wie andere auch, auf normalem Weg
verlieben?“






to
be continued  

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