Doris Göhring

Mondkind

Mondkind
 
Der zarte, silberhelle Klang eines Mondglöckchens tönte durch die Nacht, gefolgt von einem ebenso silberhellen Lachen. Ein vergnügtes Mondelflein glitt auf einem Mondstrahl auf die Erde hinab.
Sie war von Vater Mond ausgerissen, um diesen funkelnden blaugrünen Stern, der sich Erde nannte, zu erkunden. Dafür hatte sie sich als Mondelflein natürlich die Nacht gewählt, wie konnte es anders sein!
Fröhlich kichernd tanzte sie nun auf einer Wiese mitten in der Nacht. Dabei strahlte sie ein zauberhaftes sanftes Licht aus, wie – ja, eben wie der Mond!
Voller Entdeckerfreude ging sie daran ihren Landeplatz zu erkunden. Dabei kamen ihr das eigene Leuchten und das von Vater Mond zugute, der von oben schmunzelnd und auch irgendwie besorgt auf seine Tochter herab schaute.
 
Aber davon ließ sich unser Mondelflein mit Namen Sonia nicht aufhalten. Ja, lacht nur über ihren Namen, aber er war tatsächlich der Sonne gewidmet, der Sonne mit der sie nie in Berührung kam.
Tatsächlich hatte sie von der Erde nur durch den Wind gehört, der ihr leise seine Geschichten zuflüsterte. Naja, da war Sonia neugierig geworden, wollte selbst einmal sehen, was ihr der Wind so beschrieb!
 
Nun war sie da, auf der Erde, die sie sich ein ganz kleines bisschen näher anschauen wollte. Doch das musste bis zum Sonnenaufgang geschehen, sonst würde sie den Mond nicht mehr erreichen. Aber das Mondglöckchen an ihrem Handgelenk würde zu klingen beginnen, wenn es Zeit wurde die Rückreise anzutreten – dieses durfte sie einfach nicht überhören!
 
Da das Gras recht hoch für unser Mondelflein war, beschloss sie kurzerhand ein Stück über der Wiese zu fliegen, so konnte sie viel besser schauen und es war auch nicht so anstrengend.
Leuchtend wie eine kleine Laterne flog sie über die Wiese und schaute sich das Gras an, die Blumen, die nun in der Nacht ihre Blütenköpfchen geschlossen hielten und bewunderte einen Schmetterling der mit gefalteten Flügeln an einer Blume hing und schlief. Dabei sogar leise schnarchte, was irgendwie lustig aussah, bebten doch die Fühler des Schmetterlings im Rhythmus des Schnarchens.
 
Einen Augenblick später wurde sie auf einen frisch aufgeworfenen kleinen Erdberg aufmerksam, der – ups – nanu, in Bewegung geriet und heraus schaute, Sonia wusste was er war, ein Maulwurf. Er gähnte kurz, stemmte seine Schaufelhände rechts und links auf den Erdhaufen und blinzelte nach oben.
Sonia neugierig geworden flog näher an diesen, für sie großen schwarzen Gesellen  heran und sagt höflich: „ Guten Abend, Herr Maulwurf!“
Da ein Maulwurf nur ganz schlecht sehen kann, musste sich Herr Maulwurf auf sein Gehör verlassen, und so fragte er mit tiefer Brummstimme:
 
              „Hab ein Glöckchen klingen gehört,
               hat mich beim Schlafen gestört,
               dachte, hör mal hier draußen was es ist,
               weiß auch nicht, wer du bist!                                                                                                                                                                                                                                            
                                                                                                                                                        
                                                                 
 
               Wer bist du, deine Stimme klingt lieblich und fein,
               bist offensichtlich sehr klein,
               da ich deine Schritte nicht hören kann,
               fliegst du bestimmt in den Lüften dann?“
 
Mondelflein Sonia schmunzelte über diese Worte und erklärte: „Ich bin Sonia, eine Mondelfe und will sehen wie es hier auf der Erde aussieht. Stören wollte ich dich nicht, deswegen danke für die nette Unterhaltung! Dann werde ich mal weiter fliegen! Dir noch eine gute Nacht!“
Damit flog Sonia neugierig weiter.
 Wahrhaftig, wartete doch schon das nächste Erlebnis auf sie. Auf einmal war sie
von vielen fliegenden, leuchtenden Punkten umgeben. Sie fragte darum flugs: „Hallo, ich bin Sonia, eine Mondelfe und wer seid ihr?“
 
Lustiger weise antworteten alle diese fliegenden, leuchtenden Punkte im Chor:
  
               „Wir sind Glühwürmchen, fliegen in der Nacht,
               wenn Vater Mond über uns wacht!
               Nur nachts im Dunkeln
               sieht man uns funkeln!“
 
Weil das so hübsch war, flog Sonia einige Runden mit ihnen und erfreute sich an dem leuchtenden Gewimmel. Es sah aus als flögen Funken auf und nieder und die Glühwürmchen ließen sich natürlich gern bewundern!
Nachdem sich Sonia für die zauberhafte Begleitung bedankt hatte, flog sie weiter auf ihrer Erkundungstour, war doch alles neu und aufregend was sie so sah!
 
Nachts sind die Farben natürlich nicht so kräftig wie tagsüber wenn die Sonne scheint, da der Mond nur ein sanftes, gedämpftes Licht verbreitet. Aber da unser Mondelflein es nicht anders kannte, fiel ihr so etwas nicht auf. Sie fand die Wiese, samt ihren Farben und der hier lebenden Geschöpfe, wunderschön!
 
So flog Sonia kreuz und quer, mal hierhin, mal dorthin. Auf diese Weise erreichte sie auch einen kleinen Teich an dessen Rand ein Frosch saß. Im Teich spiegelte sich
Vater Mond so deutlich wieder, dass sie wie gebannt hinsehen musste, ob er nicht tatsächlich dort im Wasser saß. Aber es war nur eine wunderschöne Spiegelung!
Doch zurück zum Frosch am Uferrand. Unser Mondelflein kannte ihn, hatte sie doch gut aufgepasst, wenn ihr der Wind seine Geschichten zuraunte.
 
Der Frosch erblickte Sonia und fragte:
 
                       „Quack, wo kommst du her?
                       Habe dich hier noch nie gesehen!
                       Quack, du leuchtest wunderschön –
                        kann ich das auch, ist das sehr schwer?“
 
Darüber musste Sonia erst einmal gründlich nachdenken, ehe sie antwortete:                                                                                                                                      
                                                                  
 
 
                         „Vater Monds Tochter ich bin
                         und kam hier hin,   
                         um die Erde zu sehen
                         und sie ist wunderschön!
 
                         Du setz dich in jenen Mondstrahl hinein,
                         dann leuchtest du selbst zwar nicht,
                         aber wirst beleuchtet ganz fein!“
 
Das machte das Fröschlein sofort und fühlte sich pudel wohl, da er sozusagen im Mondlicht badete!
Sonia bewunderte dieses Bild, wie das Fröschlein lustig im Mondstrahl hin und her sprang.
Sie winkte dem Fröschlein zu und wollte sich gerade weiter auf den Weg machen, als unvermittelt ihr Mondglöckchen ertönte!  Oh, dachte sie, verflixt, den letzten Mondstrahl muss ich erwischen, sonst komme ich nicht nach Hause zu Vater Mond!
Auch hörte sie aus der Ferne den Maulwurf brummeln:
 
                            „Eile, eile,
                            nicht verweile,
                            zurück nun, zu Vater Mond,
                            der da oben am Himmel wohnt!“
 
Schnell sah sich unser Mondelflein nach einem Mondstrahl um, konnte aber nur noch jenen entdecken, in dem das Fröschlein umher sprang.
Ja, und diesen benutzte sie auch -  sie ließ sich in den Mondstrahl sinken und reiste wie in einem Fahrstuhl zu Vater Mond zurück!
Hatte ihm ganz viel zu erzählen, musste sich aber von Vater Mond auch Schelte anhören, weil sie einfach ausgerissen war und er sich um sie Sorgen gemacht hatte.
Doch weil Sonia so begeistert war, konnte ihr Vater Mond nicht lange böse sein.
Sonia musste jedoch versprechen, beim nächsten Ausflug vorher zu fragen, dann sollte sie auch von ihren älteren Schwestern begleitet werden! Dass, so fand Vater Mond, wäre für alle sicherer, denn ein kleines Mondelflein allein kann schnell in Gefahr geraten!
Sonias Schwestern waren vom dem Vorschlag begeistert. Den nächsten Ausflug machten sie alle gemeinsam. Das war  ein glockenhelles Gelächter und Gekicher bis zum letzten Mondstrahl, und es gab soooo viel zu sehen auf der Erde!
 
Psssst, wenn ihr abends ganz leise seid und lauscht, liebe Kinder, kann man die Mondelflein  in manchen mondhellen Nächten lachen hören!
 
                                                                         

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.10.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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