Bianka Müller

Gastronomie Geschichten - 1.


Hotel Alltag: Medizinische Hilfe

Der Wecker klingelt. 4:15 Uhr. Schon wieder einmal aufstehen? War keine gute Nacht, egal, was muss, das muss. Während ich mich aus dem Bett quäle, schmeiße ich als erstes meinen Wecker runter so das mein Mann (Schreibtischhengst) senkrecht im Bett sitzt. Sorry Schatz, schlaf weiter murmel ich und verschwinde ins Bad. Der Tag fängt ja gut an. Erst mal duschen, Zähne putzen. Wo kommt denn die ganze Zahnpasta her? Tube kaputt.. so ein Mist... 4:50 Uhr ab ins Auto. Auf dem Weg zur Arbeit höre ich wie jeden Morgen meinen Lieblingssender. Enstpannung pur und komme auch gut auf der Arbeit an. Kurz Tratschen mit der Arbeitskollegin und dann frisch ans Werk. Rein ins Restaurant, Samovar an (Teekessel in Fachsprache) Kasse einschließen, Computer an und ab in die Küche. Ich werfe die Kaffeemaschiene an und verschwinde in der Umkleide. Da gehts schon wieder los. Spintschlüssel vergessen und nun? 5:20 Uhr um 6:00 Uhr muß das Buffet stehen. O.k. ganz ruhig das klappt schon. Wieder nach oben zur Kollegin und den Schlüssel vom Haustechniker geholt. Wieder runter und nach eine Metall Säge gesucht. Säge gefunden, für Metall? Keine Ahnung. Ich säge und säge und säge. 5:50 Uhr das Schloß gibt nach. Gott sei Dank. Jetzt rein in die Uniform und Gas. Ich stürze nach oben. Meine Kollegin aus der Küche hat inzwischen meinen Mann zu Hause geweckt da sie bei mir angerufen hat wo ich bleibe. Wieso sprechen Menschen nicht mit einander? Wenn sie die andere junge Dame doch vorher gefragt hätte ob ich schon da bin! Egal kann es nicht ändern. Nächstes Problem: der Hahn des Kaffeecontainers (5 Liter Fassungsvermögen) stand offen und der gesamte Inhalt läuft nun schadenfroh über die Arbeitsfläche und auf den Fußboden. Ich könnte schreien (wenn ich Zeit dazu hätte). Heute wird ein stressiger Tag.Wir sind ausgebucht, 240 Gäste, 100 Sitzplätze (es regnet NATÜRLICH heute deswegen kann die Terasse nicht genutzt werden) zu wenig und zu viel neues Personal. Das kann heiter werden. Die nächste Stunde verläuft wenigstens ruhig. Ich bekomme alles zeitig fertig, treffe noch Vorbereitungen und die ersten Gäste treffen schon ein. Reisegruppe. 55 Personen. Nationalität? Spielt keine Rolle. Alle Gäste die als Gruppe kommen und zwar an einem Sonntag um 7:00 Uhr haben es eilig. Der erste meiner Kollegen kommt. Einteilung gemacht und ab gehts. Die Zeit geht schnell vorbei. Um 8:00 Uhr sollte der andere Kollege kommen. Wo bleibt er nur. Inzwischen ist alles voll, kommen mit dem Nachdecken nicht mehr nach. Die Empfangskollegen können auch niemanden schicken. Ich rufe vorne an mit der Bitte ihn anzurufen, da steht er schon neben mir, murmelt etwas von verschlafen, sorry, kommt nicht mehr vor. O.k. egal, teile ihn ein und hoffe das er schon wach ist. Plötzlich stupst mich jemand von hinten an. Ein junger Mann steht vor mir und sagt: "Sorry Miss, I have Bauchweh... I muss was eat..." Kein Witz! Ich frage wi ich ihm helfen kann und er nuschelt: "I muss eat! I have Bauchweh. Please give me a Hamburger." Ich schaue ihn erstaunt an und frage ihn ob es nicht besser wäre wenn er etwas Tee trinkt und etwas Zwieback zu sich nimmt, doch er besteht auf den Hamburger, unglaublich. Um mich herum stürzen die Gäste auf mich ein. Ich erkläre dem jungen Mann das wir ihm gerne einen Hamburger machen können, Sonntag Morgens um 8:30 Uhr! Doch das braucht Zeit, mindestens eine halbe Stunde. Er sieht mich ungläubig an und spricht: "Was? so many Zeit? Halbe Stunde? Zu long... I have Bauchweh, I must eat." Ich sage zu ihm das er sich gerne etwas vom Buffet nehmen könne und er läßt sich daraufhin in aller Seelenruhe erklären wo was wie steht. Ich flipp gleich aus...... Zischen den Worten zu dem jungen Mann, das ich gleich wieder da wäre und den anderen Gästen, das ich gleich kommen würde, nuschelt er mir zu: "No. danke. I go zu my room. I come back later." Puhhh geschafft, weg ist er. Und weiter gehts mit den anderen Gästen. Nach ungefähr einer halben Stunde (der größte Anlauf ist durch) werde ich aus der Küch geholt. Der junge Mann steht wieder dort und sagt: "Miss, I have Bauchweh... I muss was eat..." Na, das kenne ich schon. Innerlich verdehe ich die Augen. Es reicht mir langsam. Doch Äußerlich lasse ich mir nichts anmerken. Ich bin ja schließlich Gastgeber. Das darf man bei allem Stress nie vergessen und außerdem: Ich LIEBE meinen Job! Nach 16 Jahren immer noch wie ma ersten Tag! Auch kein Witz, Ehrlich! Ich spreche mit dem jungen Mann und erkläre ihm noch mal das ich nicht denke das ein Hamburger bei Bauchweh hilft und ob er nicht lieber etwas anderes essen möchte. Er zögert und entschließt sich für Joghurt und Obstsalat. Trinken möchte er nur Wasser. Ich plaziere ihn und bringe das gewünschte zu ihm an einen schönen ruhigen Tisch. Geschafft, er fängt an zu essen. Ans Werk! Eine Menge Tische warten darauf abgeräumt und gesäubert zu werden. Ich lade mir gerade ein Tablett mit schmutzigem Geschirr voll als mein Kollege mich holt und sagt das der junge Mann mich sprechen möchte. AAHHHHHHHHHH arbeite ich alleine hier? An seinem Tisch angekommen versuche ich herauszufinden was nun schon wieder ist und er spricht zum bestimmt 10. mal: "Miss, I have Bauchweh... I muss was eat..." I can´t eat sis.... I will Hamburger." Gut, o.k., tief durchatmen..... ein, aus, ein, aus.... Ich erkläre ihm das er etwas Geduld haben muss und ich ihm den Hamburger zum Tisch bringe wenn er fertig ist. (Morgens um 9:30 Uhr) Ich gehe also in die Küche und bestelle diesen. Meine Kolleging ist nicht erstaunt denn Sonderwünsche sind nichts ungeöhnliches (doch das sind andere Geschichten). Wieder raus an die Arbeit. Nach geraumer Zeit ist der Hamburger da aber der Gast weg! Ähhhhh, wo ist er hin? Keiner hat ihn gesehen.... Ich wieder in die Küche, Hamburger unter den Paß, Haube drauf und wieder raus. Da steht er vor mir und fragt: "Miss, wo is my Hamburger? Bauchweh... Bauchweh..." Ich beruhige ihn und hole sein Essen aus der Küche. Komme zum Tisch doch er ißt nicht. Ich frage ihn ob ich ihn ins Zimmer bringen soll und mit schmerzverzerrtem Gesicht nickt er mir zu. Also folge ich ihm bis oben, stelle sein Essen ab und erkundige mich ob er evtl. einen Arzt braucht. Doch er verneint und ich lasse ihn allein. Wieder an Werk. Etwas genervt fangen wir an im Restaurant umzudecken. Es ist jetzt 11:45 Uhr. Frühstück hat heute etwas länger gedauert, denn die vielen Familien mit den Kindern kommen immer spät zum Buffet. Ich gehe selber zur Mittagspause, doch mittendrin holt mich wieder mein Kollege. Der junge Mann sei wieder da und wolle mich UNBEDINGT sprechen.... Wenn ich sagen könnte das ich in einem Meeting bin, so würde ich jetzt diese Ausrede benutzen. Hilft ja nix, nach vorne. Der junge Mann spricht zu mir: "Thank you, das war wirklich wonderful. I have no Bauchweh mehr, but I must eat noch was. Du you have Obst an Stück?" Ich hole ihm eine Auswahl an verschiedene Früchten von denen er sich 3 aussucht. Bevor er geht dreht er sich noch einmal um und sagt: "Thank you für your gute Medizinische Hilfe! It was very nice! Thank you." Und da passiert das was einem in einem solchen Moment passieren sollte. Mein Herz geht auf, all der Ärger und Stress fallen von mir ab und ich denke: Für diese 2 Sätze hat sich der ganze Aufwand gelohnt. Tja, das ist Hotel Logik.
 

In meinem Beruf in der Hotellerie bekommt man so einiges geboten. An diesen lustigen, verrückten oder unglaublichen Geschichten möchte ich euch gerne teilhaben lassen. Viel Spaß beim lesen! Über einen Kommentar und / oder eine Benotung würde ich mich sehr freuen.
Danke
Bianka Müller, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.10.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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