Ewald Frankenberg

Tagebuch (Chapter J)

Dienstag, 18.10.2011

Ich habe das erste Mal seit Tagen richtig geschlafen. Ich fühle
mich frisch, ausgeschlafen. Was kostet die Welt... Auf zum Bäume
ausreißen. Ich bin unverwundbar. Kommt her, ihr könnt mir nichts
anhaben. Gut so, dieses Gefühl musst du dir konservieren. Quatsch,
die Überzeugung beibehalten. Glaub an dich. Glaube versetzt Berge.

     -Guten Morgen, Leute, was gibt’s?-
       -Da sind welche von der Polizei für Dich, hast Du was ausgefressen?-
     -Ich?! Quatsch! Ach, ist bestimmt wegen der Kleinen; ich sach doch,
wir haben an dem Tag auch ein paar Bier zusammen getrunken-

          -Wir versuchen, uns ein lückenloses Bild über ihre letzten
Stunden zu machen. Da taucht auch Ihr Name auf-
    
     -Wir haben an dem Tag auch ein paar Bier zusammen getrunken-
      
          -Wann genau?-

     -Schwere Frage. Die Party lief doch schon seit mittags und ich hatte
da auch schon einige Biere auf-

          -Wann ungefähr?-

     -Es wurde schon dunkel. Ich glaube, es war schon dunkel, als ich
nach Hause ging-

          -Sie wurden etwa eine Stunde vor dem Mord mit ihr gesehen-

     -Und wann war das?-

          -Nicht nur die zeitliche Nähe, Sie wurden auch in Tatortnähe
zusammen gesehen-

     -Wir sind ein wenig abseits in den Park gegangen. Sie war schlecht
drauf. Ich hab sie getröstet-

          -Wollten Sie mehr von ihr?-

     -Was heißt mehr?-

          -Sex-

     -Nein. Na ja. Klar. Ich war betrunken. Sie auch. Ich wollte schon was
von ihr. Aber ich war viel zu betrunken-

          -Kam es zu Sex?-

     -Wir waren beide zu betrunken-

          -Hatten Sie Sex miteinander?-

     -Nein. Wir haben uns vielleicht ein wenig betatscht. Aber da lief
nichts mehr. Wir haben zusammen darüber gelacht-

War ich glaubwürdig? Na klar, genau so hat es sich abgespielt. So und
nicht anders. Damit ist das Thema für mich durch. Eine Stunde vorher
sind wir zusammen gesehen worden. In der Zeit kann ja noch alles
Mögliche passiert sein. Wann bin ich nach Haus gekommen? Hat mich
noch jemand gesehen? He, alles Fragen, die noch nicht gestellt wurden.
Na, dann sehen wir uns ja wohl doch noch einmal wieder.

Die Schuldgefühle, die dir die Polizisten allein durch ihre Anwesenheit
implizieren, sind wohl verborgen geblieben. Bleib stark. Dir kann nichts
passieren. Es ist nichts passiert. Eine Frau ist tot. Weit weg.
Mehr als eine Woche.


                                                                               ©Ewald Frankenberg

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