Thea Pijpers

Eine Suedseegeschichte.


Seldwyla ist ueberall….


Vor etwas mehr als einem Jahr war ich in allen Zeitungen hier in Rarotonga (Cook Inseln). Es war eine ausgesprochen schwierige Zeit. Aber ich moechte die Geschichte erzaehlen, wie sie sich zugetragen hat.. Vielleicht jedoch auch, um die ganze leidige Angelegenheit selbst zu verkraften.

Ich lebe auf Rarotonga seit mehr als 13 Jahren. Es gefaellt mir immer noch sehr gut, doch habe ich es und hatte es wirklich nicht leicht. Das letzte Vorkommnis aber, ist wirklich sehr schwierig einzustecken.. Papa’as , wie Europaer etc., also hellhaeutige Menschen, hier genannt werden, haben manchmal etwas zu kaempfen. Ich kann dies auch bis zu einem gewissen Grade verstehen, da die Insulaner es nicht immer leicht hatten waehrend der Vorherrschaft von New Zealand. Und es hat sich in der Zwischenzeit etwas Rassismus bemerkbar gemacht.
Seit 1965 jedoch, sind die Cook Islands selbstaendig, bekommen jedoch Unterstuetzung von New Zealand. Vor dieser Zeit, war es den Cook Islandern untersagt, in den Schulen ihre Sprache – Cook Island Maori – zu sprechen. Alle mussten englisch lernen. Heute wird Maori wieder gefoerdert.

Der 5. Mai 2008, ein Montag war ein ganz besonderer Tag. Gisela, meine Freundin aus Locarno kommt jedes Jahr fuer zwei Monate auf Besuch. Das ist jedes Mal eine wunderbare Abwechslung fuer mich. Wir tun nicht viel, geniessen das Meer, haben gute Gespraeche und freuen uns, in der Sonne zu sitzen (oder auch im Schatten) und kurz : Wir geniessen alles.

An diesem Montag haben wir beschlossen, in die Whatever Bar zu gehen, Musik zu hoeren und etwas Gutes zu essen. Es gibt dort die besten Hamburger der Insel.. Die Whatever Bar is atypisch fuer die Insel. Man denkt eher an eine Bar in der Karibik. Aber es gibt eine wunderbare Aussicht auf das Meer, und hat eine gute Atmosphaere.

Wir waren frueh, so gegen 6.30 Uhr. Hier geht man allgemein etwas frueher essen, da auch die Nacht frueher einfaellt. Ausserdem haben wir es uns zur Gewohnheit gemacht, am Mittag, infolge der grossen Hitze, fast nichts oder gar nichts zu essen. Also sind wir dann schon recht hungrig so gegen Abend.

Wir bestellten eine Flasche Sauvignon Blanc und offerierten Max, einem Mitinhaber der Bar ein Glas davon. Es waren schon viele Leute da, die alle wollten, dass wir uns zu ihnen setzen . Wir lehnten ab, da wir unter gar keinen Umstaenden zuviel trinken wollten. Es war ein gutes Essen, mit zwei Glaesern wunderbar herbem Wein. So gegen 8.15 brachen wir auf, um nach Hause zu fahren. Es war schon dunkel.

Ich fahre nicht besonders gut in der Dunkelheit, da ich im rechten Auge einen Katarak habe. Also fuhr ich sehr vorsichtig. Ausserdem habe ich einen niedrigen Sportwaten und alle Lichter blenden rein.

Zu Hause angekommen, zogen wir uns was Leichteres an, d.h. T Shirt und Pareo, natuerlich barfuss. In Polynesien betritt man kein Haus mit Schuhen. Ich begab mich in die Kueche, um ein Dessert zu kreeieren, Gisela ging an den Strand, den Tisch zu decken.

Ungefaehr nach einer halben Stunde kam alles ploetzlich ganz anders. Zwei Polizisten erschienen an meiner Tuere, ein weiblicher und ein maennlicher Offizieller. Sie sagten, dass ich gemeldet wurde, gefaehrlich gefahren zu sein. Der weibliche Offizier beschuldigte mich gar, dass ich nicht ruhig auf meinen Fuessen stehen koenne, da ich zu betrunken waere. Ich fragte nach deren Namen, den sie beide verweigerten. Sie forderten mich auf, mit ihnen aufs Revier zu kommen. Langsam wurde ich ungeduldig und sagte, dass es nun genug sei. Ich sagte auf gut italienisch: basta…. Was die beiden als Bastards auslegten. Der Mann griff mich brutal mit seinen beiden Haenden an meinen Armgelenken, grob, taktlos und wollte mich zum Auto ziehen. . Ich wehrte mich, da wurde er noch handgreiflicher. Es blieb mir nichts anderes uebrig, als mitzugehen..

Natuerlich war ich immer noch barfuss und nur mit T-Shirt und Pareo bekleidet.

Auf dem Revier angekommen, wurde ich in einen Spezialraum gebracht, fotographiert wie ein Verbrecher. Dann holte der Mann ein Geraet hevor, was offenbar ein Breath Analyzer war und befahl mir, rein zu blasen. Ich verweigerte dies, da nun mittlerweile mehr al seine Stunde seit unserer Rueckkehr vergangen war. Haette man mich gebeten, auf der Strasse anlaesslich der Heimfahrt, bei einer Kontrolle, in so ein Ding zu hauchen, haette ich selbstverstaendlich der Aufforderung Folge geleistet. . Aber so, weigerte ich mich.
Der Mann befahl mir wieder, ihm zu folgen. Auf die Frage, wohin er mich denn bringen werde, sagte er knapp: Ins Gefaengnis. Ich glaubte, mich verhoert zu haben.. Aber es stimmte. Dieses Gefaengnis wurde mal von einem Schriftsteller “das schwarze Loch von Kalkutta” genannt.

Also, das war’s dann. Hinter mir wurde der Schluessel dreimal im Schloss umgedreht. . In dem Raum befand sich eine Pritsche mit Kissen, mit Bettuch, aber sonst gar nichts. Kein Licht, d.h. Licht war schon da, doch es war ausgeschaltet. Eiserne Gitterstaebe. Nicht mal den beruehmten Eimer, wovon man in Kriminalromanen immer liest. Nein, absolute gar nichts. Ich war gefangen. Weswegen, das weiss ich nicht. Ich weiss nur, dass man ueberhaupt nichts dagegen unternehmen konnte. Ich dachte ueber mich nach. Dachte, das bin ich doch gar nicht. Das geschieht ueberhaupt nicht. Das ist jemand anders. Nein, ich war, und es war schrecklich.

Waehrend der Nacht schlicht sich eine Tigerkatze in den Raum. Sie waermte mich bis zum Morgen. Ich war verzweifelt.

So gegen 7.30 Uhr wurde die Tuere geoeffnet, jedoch auch dies war etwas kompliziert. Die Waerterin Nancy bekam das verroestete Schloss nicht auf und musste Hilfe beim maennlichen Trakt holen. Dann durfte ich ins Badezimmer. Wenn man dies wirklich so nennen mag. Eine Toilette ohne Deckel. Eine Dusche, das heist, Kaltwasser kommt aus einer nackten Roehre aus der Wand raus. Das Ganze ist offen, sodas alles genau ueberwacht werden kann. Nancy – die Waerterin - fragte mich, ob ich einen Kaffe wolle, was ich gerne annahm.

In der Nebenzelle befindet sich eine 32 jaehrige Frau, die ihren Partner umgeberacht hatte. Sie ist schon seit acht Jahren in diesem Gefaengnis.

Da ich natuerlich ueberhaupt nichts bei mir hatte, immer noch barfuss und im Pareo war, fragte ich, ob ich bitte eine Zahnbuerste haben koennte. Aber gefehlt. Das gibt es nicht. Ist ja auch kein Hotel. Die junge Frau von nebenan schrie, dass ich ja nicht ihre Buerste zu verwenden wage. Wie haette ich so was tun moegen…Noch nie in meinem Leben habe ich eine gebrauchte Zahnbuerste oder die Buerste von jemand Anderem verwendet. . Voellig absurd.! Sie wurde dann netter und troestete mich, dass ich wahrscheinlich noch vor 9 Uhr abgeholt werden wuerde, um vor Gericht zu erscheinen.

Gisela hat mir spaeter erzaehlt, was mit ihr geschah.

Sie kam auf dem Revier in einen anderen Raum und ein Rapport wurde aufgesetzt, den sie haette unterschreiben muessen. Sie fragte nochmals nach den Namen der beiden Polizisten und wiederum wurder dieser nicht genannt. Also hat sie sich geweigert, den Rapport zu unterschreiben. Sie wurde auch gefragt, weswegen sie nicht das Auto gefahren haette, da sie doch nuechtern geblieben sei. Wir hatten beide gleichviel getrunken, waren ueberhaupt nicht ueber der gesetzlichen Grenze. Sie erwiderte, dass sie keinen Fuehrerschein fuer die Cook Inseln haette. Hier ist es obligatorisch, dass man sofort nach der Ankunft einen lokalen Fuehrerschein beantragen muss, falls man ein Fahrzeug erwerben will.

Als Gisela nach Hause kam, wurde sie taetig. . Sie rief einen gemeinsamen Freund an und sie versuchten, mich telefonisch zu erreichen. Dies war allerdings nicht gestattet. Sie durften nicht mal vom Polizeipraesidium anrufen, da diese Leute offenbar ueberbeschaeftigt seien und keine Zeit haetten, Telefone zu taetigen. Mir wurde ueberhaupt gar nichts ausgerichtet. Ich hatte absolut keine Rechte.

Viel spaeter, so gegen 10.30 Uhr. Ich hatte immer noch gar nichts gehoert, kamen sie vorbei und brachten mir das Noetigste. Ich konnte mich umziehen, etwas verbessern, was allerdings ueberhaupt nicht leicht war.

So gegen 11.30 war es dann soweit. Ein Polizeiauto holte mich ab und brachte mich ins Gerichtstgebaeude. Ich musste stehen vor den Richter. Man steht wie am Pranger. Konnte ueberhaupt nichts sagen. Man riet mir, einen Anwalt zu nehmen. Man liess mich gar nicht zu Wort kommen. Ich musste meinen Pass abgeben. Mir wurde verboten, ein Restaurant aufzusuchen und mich nicht in Geschaefte zu begeben, die Alkohol verkaufen. Mein “Fall”, und nun war es einer, wurde auf naechste Woche verschoben.

Ich war wuetend, ungluecklich, traurig, alles miteinander. Ich ging zu Cook island News und erzaehlte dem Redaktor die ganze Geschichte. Natuerlich war ich tags drauf in den Schlagzeilen: 72 years old women jailed…..Es war ein absoluter Alptraum.

Ich nahm mir einen Anwalt, obwohl ich immer noch ueberzeugt war, dass ich keinen Gebrauch dafuer haette. Der Mann verlangte sofort eine Anzahlung und ausserdem sein Gehaltsatz war 200 Dollars die Stunde.

In der Zwischenzeit kamen zwei Zeugen zum Vorschein, die behaupteten, dass ich sehr gefaehrlich Auto gefahren sei. Nun muss man wissen, dass die Strassen in Rarotonga viele Loecher aufweisen. Ausserdem gibt es fast keine Beleuchtung. Die mittlere weisse Sicherheitslinie ist fast ueberall nicht bestehend. Automatisch faehrt man mehr gegen die Mitte, um Schlagloechern auszuweichen, die sich – zum grossen Teil – an den Raendern befinden. Aber zwei Leute haben anderntags Fotos gemacht von Elektromasten, die ich beinahe gerammt haette.. …

Ich nahm Kontakt auf dem Schweizer Konsulat in Wellington. Aber der Ambassador riet mir auch, einen Anwalt zu nehmen…

Ich wurde wieder vorgefuehrt bei Gericht, aber der Gerichtssaal war voll von Leuten. Es kamen alle. Und sie waren alle auf meiner Seite. Mein Anwalt fragte mich, ob ich diese Leute gebeten haette zu kommen. Was ich natuerlich nicht tat. Ich hatte grosse Anteilnahme. Auch von der einheimischen Bevoelkerung. Sie brachten mir Fruechte etc. Es war wirklich ruehrend und es hat mir gut getan.

Nach zirka einer Stunde war ich an der Reihe. Jedoch wurde die Angelegenheit zu einem spaeteren Zeitpunkt vertagt, da ein Interessenskonflikt vorlag. Die Friedensrichterin war eine Freundin von mir. Jedoch bekam ich meinen Pass wieder.

Eine Woche spaeter das gleiche Prozedere. Wir warteten und warteten. Nach zirka zwei Stunden sagte mein Anwalt, dass ich die Naechste waere. Nun, man glaubt es nicht:
Es wurde wieder vertagt, da das Gericht meine Papiere und Unterlagen nicht finden konnte.

In der Zwischenzeit wurde ein reger Schriftenverkehr gefuehrt. Telefongespraeche, Faxe und e-mails wechselten sich ab. Meine Rechnung beim Anwalt wurde hoeher und hoeher. Fuer jeden Fax musste ich 10 Dollar bezahlen. Fuer jede Auskunft 20 Dollars. Ein anderer Anwalt , ein Freund von mir, hat sich mich meinem Anwalt in Verbindung gesetzt.. Ein weiterer Anwalt aus New Zealand hat mich aufgesucht und gesagt, dass ueberhaupt kein Tatbestand bestehe etc. So ging das hin und her. Wurde wieder vorgeladen und wieder vertagt. Es gab viele schlaflose Naechte. Ich musste einen Arzt aufsuchen, da ich sehr nervoes war und an Schlafstoerungen litt. Ich konnte es einfach nicht verstehen oder begreifen, was hier geschah.

Dann hatte ich eine Unterredung mit dem Polizeikommissar, die in Anweisenheit meines Anwalts und meines befreundeten Anwalts stattfand. Der Kommissar entschuldigte sich dreimal, dass seine Leute sich falsch verhalten haetten. Ich haette niemals ins Gefaengnis gesteckt werden sollen. Aber er muesse hinter seinen Leuten stehen. Die ganze Verantwortung liege jedoch bei ihm
Dann fragte er mich, ob meine Fahrweise waehrend der Dunkelheit so gut sei wie waehrend des Tages. Dies musste ich verneinen, da ich einen Star in meinem rechten Auge haette.

Man bat mich dann, eine win-win Loesung anzustreben, dass ich aussagen sollte, unachtsam (careless) gefahren zu sein. Aber dies stimmte auch nicht.
Es ist dann alles im Sand verlaufen.

Nun, ich koennte ja die Polizei verklagen. Jedoch wuerde die Sache, so wie es hier mit dem Justizsystem zugeht, Jahre dauern. Ausserdem wuerde man mich hier immer ueberwachen. Ich will aber hier leben, also tat und tue ich nichts.
Die ganze Angelegenheit hat mich 4000 Dollar gekostet. Fuer nichts und wieder nichts.
Aber es kommt noch besser.

Nach ungefaehr zwei Monaten, erhalte ich ein Telefon, worin mein befreundeter Anwalt mir mitteilt, dass der Kommissar mir ein kleins Entgelt zukommen lassen wolle. Ob ich mit 1000 Dollar einverstanden waere. Ich dachte, ich hoere nicht richtig. Natuerlich habe ich zugesagt. Mein Freund meinte dann, dass ich jedoch das Geld noch nicht ausgeben sollte, bevor ich es haette,denn dies koennte laenger dauern…..

Am anderen Tage erhielt ich einen Check ueber 1000 Dollar.


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Thea Pijpers




Juni 2009

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.11.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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