Manfred Bieschke-Behm

Von Tier zu Tier (um welche Tiere handelt es sich?)


 Eine Geschichte für Kinder zum vorlesen

Hallo du da!
Meinst du mich?
Ja genau dich meine ich. Also so was wie dich habe ich ja überhaupt noch nicht gesehen!
Dann bist du offensichtlich nur sehr wenig in der Welt herumgekommen?!
Da liegst du aber falsch mit deiner Behauptung. Ich habe schon sehr viel von der Welt gesehen.
So, so! Na dann erzähle doch mal.
Mein Name ist Gabriel und ich lebe mit fünf Geschwistern und meiner Mutter am Rande des großen Sees, gleich hinter der Hecke. Weil du ja so riesengroß bist, kannst du Vielleicht über die Hecke hinwegschauen, dann müsstest Du mein Zuhause sehen können.
Ich kann sehr wohl über die Hecke hinübersehen aber du musst mir sagen, ich welche Richtung ich sehen soll. Nach rechts oder nach links?
Du musst nach rechts schauen, nein stimmt nicht, nach links musst du schauen. Ach was rede ich den da für einen Quark. Natürlich musst du nach rechts sehen. Siehst du jetzt mein zuhause?
Ja, tatsächlich, ich kann sehen, wo du zu Hause bist.  Schön hast Du es. So kuschelig klein…
…aber fein!
Du wolltest mir doch erzählen, was du schon alles von der Welt gesehen hast. Ach ja. Also ich kennen den ganzen See, und alles, was drum herum so wächst, und gedeiht. Auch die Hecke kenne ich in und auswendig. Und die dahinterliegende Wiese kenne ich auch ganz genau. Und dann kenne ich noch viel, viel mehr.
Ach so. Na dann kennst du wirklich viel von der Welt.
Sage ich doch. Und du? Wie heißt du eigentlich?
Man nennt mich Meli?
Meli? Das ist aber ein komischer Name!
Da wo ich zu Hause bin, ist der Name nicht komisch, sondern sehr gebräuchlich.
Gebräuchlich? Was heißt dass?
Gebräuchlich heißt gängig, geläufig.
Hat das was mit deinen langen Beinen zu tun?
Was?
Na, gängig, geläufig.
Nein, das hat nichts mit meinen langen Beinen zu tun. Den Namen, den ich trage, haben viele in meiner Heimat.
Wenn viele deinen Namen haben, und jemand den Namen Meli ruft, dann melden sich ja gleich ganz viele - oder?
Ja, das kann schon passieren. Aber nun will ich dir erzählen, wo ich herkomme.
 
Meine Heimat ist auf der anderen Seite von der Erdkugel.
Erdkugel?
Du weißt doch bestimmt, dass die Erde eine Kugel ist oder?
J…………………………a, das weiß ich, glaube ich jedenfalls.
Und eine Kugel hat ein oben und ein unten. Und ich komme von untern. Verstehst du das?
Wenn du von untern kommst, dann komme ich wohl von oben?
In diesem Falle stimmt das. Aber von deiner Art gibt es überall auf der Welt welche. Oben und untern, rechts und links. Bei mir ist das etwas anders. Mich gibt es nur unten. Wenn du verstehst, was ich meine!?
Aber du bist doch jetzt hier da oben bei mir?
Ja, aber nur weil man mich hier hergebracht hat.
Man hat dich hier hergebracht?
Ja?
Wer?
Na die Leute vom Zirkus. Und weil der Zirkus gerade in dieser Stadt gastiert, bin ich jetzt hier.
Zirkus? Kenne ich nicht! Ist das der Name der Stadt, aus der du von unten kommst?
Nein! Ich komme aus keiner Stadt namens Zirkus. Der Zirkus ist mein zuhause, weil die Menschen es so wollen. Meine eigentliche Heimat ist die australische Wüste. Aber ich lebe jetzt schon seit einigen Jahren in einem Zirkus mit vielen anderen Tieren und Menschen zusammen und fühle mich wohl dabei. Wir ziehen von Ort zu Ort, von Stadt zu Stadt, über Land und mit der Bahn. Die großen und kleinen Menschenkinder, die zu uns kommen, erfreuen sich an dem, was wir ihnen vorführen.
Vorführen?
Ja richtig, wir führen Kunststücke vor. Ich zum Beispiel boxe mit einem Clown so lange, bis dieser umfällt und platt auf dem Boden liegt. Die Zuschauer kommen aus dem Stauen und Lachen gar nicht heraus.
 Wieso lachen die Menschen Dich aus?
Die Menschen lachen mich nicht aus. Sie lachen, weil sie mich und die Anderen komisch finden. Aber ehrlich gesagt, ich lache manchmal auch über die Menschen.
Warum?
 Weil sie sich gelegentlich doch sehr eigenartig benehmen.
Wie meinst du das?
Na zum Beispiel, wenn die Menschen sich im Fasching Tiermasken aufsetzten, und glauben sie seien ein Tier.
Puh, ist das alles interessant, was du so weißt und mir erzählst. Ich habe ja noch so viele Fragen. Zum Beispiel was ist Fasching?
 Ich kann es gar nicht erwarten, meinen Geschwistern von unserer Begegnung zu berichten. Meine Geschwister meinen immer, ich sei geschwätzig, neugierig und dumm und ich würde zu viel schnattern und alles durcheinanderbringen, kann nicht richtig zuhören und bringe alles durcheinander.
Wenn ich meinen Geschwistern später erzähle, dass ich ein großes Tier getroffen habe, das auf zwei Beinen stehen kann und vor dem Bauch einen Einkaufsbeutel zu hängen hat, erklären die mich für total beknackt.
Einen Einkaufsbeute nennst du das, was ich vor mir hertrage?
Ja ich nenne das, was du vor dich herträgst, einen Einkaufsbeutel. Was soll es denn sonst sein?
Das, was du als Einkaufsbeutel bezeichnest, ist die Wohnung meiner Babys. Meistens bekomme ich nur ein Baby. Aber diesmal sind gleich zwei Babys auf die Welt gekommen. Platz ist genug, sodass es keine Unannehmlichkeiten geben kann.
Moment mal! Habe ich das richtig verstanden, in deinem Einkaufsbeutel sind deine Kinder?
Noch mal! Das hier ist kein Einkaufsbeutel, sondern ein Beutel für meine Kinder.
Nee, das glaube ich jetzt aber nicht. Als ich ganz, ganz klein war, befand ich mich in einem Ei.  Meine Mutter hat sich auf das Ei und weitere Eier draufgesetzt und irgendwann haben ich und meine Geschwister von innen die Eierschale aufgepickt und sind einfach rausgeschlüpft. Unsere Mutter hat uns sehr schnell das Schwimmen beigebracht, sodass wir bald schon mit ihr gemeinsam ins Wasser gegangen sind, und ihr schwimmend über den See folgten. Meine Mutter hat keinen Sack für den Kindertransport. Braucht sie auch nicht, wir Kinder sind doch …….
Deine Mutter ist ja auch eine ganz andere Tierart, als ich. Es gibt soooooooooooooooooo viele Tierarten und jede Tierart sieht anders aus. Du zum Beispiel hast ein wunderschönes buntes Gefieder, um das ich dich beneide. Alle Farben, die es gibt, schmücken dein Federkleid. Ich dagegen bin ein  bisschen grau und ansonsten viel braun.
Also, ich will es einfach nicht für glaubhaft halten, dass sich in deinem Beutel Kinder befinden. Ich glaube du wist mich veralbern und denkst mit mir schnatterndem Federvieh kann man es ja machen.
Das finde ich jetzt aber nicht nett von dir, wie du über mich denkst. Es gibt für mich gar keinen Grund dich zu veralbern. Nur weil du mich Tier nicht kennst, kannst du doch nicht davon ausgehen, dass ich die Unwahrheit sage. Aber, damit du mir glaubst, was ich dir erzähle, werde ich dir meine Kinder vorstellen. Lugo und Sali kommt doch mal zum Beutelrand, damit Gabriel euch sehen kann.
Nun bin ich aber baff! Tatsächlich sehe ich zwei Babys. So klein, so nackt. Haben die nichts anzuziehen?
Meine Kinder brauchen nichts anzuziehen. Hier in meinen Beutel ist es warm und kuschelig.  Aber wenn sie etwas älter sind, dann sehen sie so aus, wie ich.
Jetzt habe ich noch eine letze Frage: "Wie sind Deine Kinder in den Beutel gekommen?"
Ich verspreche dir, dass ich dir diese Frage bei unserem nächsten Treffen beantworte.
Versprochen?
Versprochen!
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.11.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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