Rainer Tiemann

Engelzeiten

Den Abend vor dem 1. Advent verbrachten wir zu fünft beim Abendessen in einem gemütlichen Restaurant meines Geburtsortes in Norddeutschland. Alle Räume waren gut besucht und weihnachtlich-festlich geschmückt. Es wurde ein schöner, fröhlicher Abend mit einer kleinen, adventlichen Episode am Rande.

Während des leckeren Essens machte meine Frau mich auf zwei süße, kleine Mädchen aufmerksam, die direkt hinter meinem Rücken spielten. Hin und wieder nahmen sie aus einem kleinen Schrank bunte Kinderbücher heraus und blätterten aufmerksam darin. Als ich mich umdrehte, glaubte ich einen Vorgeschmack des Himmels zu erleben.

Denn ich sah zwei bezaubernde blonde Kinder von etwa vier und fünf Jahren. Beide trugen langes, lockiges, teils geflochtenes Haar, das wallend über ihre Rücken glitt. Die schicken hellbeigen, langen Trachtenkleider reichten fast bis zu ihren niedlichen Ballerina-Schühchen. So mussten Engel aussehen!

Ich wurde neugierig und fragte die Jüngere nach ihrem Namen. "Ich bin die Lotte. Meine Schwester heißt Emma", antwortete sie. "Schöne Namen!", sagte ich ihr und drehte mich wieder um zu meiner Frau, Schwester, Schwägerin und meinem Schwager, die plötzlich schmunzelten und leise lachten. "Lacht ihr etwa über die beiden süßen kleinen Engel?", fragte ich. "Engel? Ein kleines Engelein stand gerade hinter dir und steckte dir ganz lang die Zunge raus!", raunte mir meine Schwester zu.

Es schien zu stimmen, was so über Engel geschrieben wird. Und ich musste gleich an ein kölsches Karnevalslied der "Höhner" denken: Der liebe Gott weiß, dass ich kein Engel bin, ein kleiner Teufel steckt doch in jedem drin ...

RT 2011


 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.11.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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