Marion Metz

Das wahre Christkind

Sarah rannte schnell zum Haus zurück, um ihre Spendenbox zu
holen. Sie öffnete die Haustür und rannte in ihr Zimmer hoch, als sie Geräusche
hörte.
Aus dem Wohnzimmer raschelte es und jemand stöhnte.
Konnte es sein? Überraschte sie gerade das Christkind, wie es die Geschenke brachte?
Sarahs Herz klopfte aufgeregt. Ganz leise schlich sie sich
zur Tür vor und lugte um die Ecke. Und was sah sie? OPA!
Er kniete unter dem Baum und streckte seinen Hintern in die
Höhe. Er brachte gerade die größeren Geschenke weiter hinten unter dem
Christbaum unter.
„OPA!“, rief Sarah entsetzt. „Was tust du da?!“
Eine Welt brach für Sarah zusammen. Das Christkind war ein
goldig-silberner kleiner Engel mit lockigem Haar! Opa hatte eine Glatze und
trug nur noch grau-braune Hosen und Pullis!
Vor Schreck fuhr Opa in die Höhe und der Baum wackelte
gefährlich.
„Sarah! Du hier? Du solltest doch in der Kirche sein!“,
sagte Opa überrascht.
„Ich habe meine Spendenbox vergessen“, sagte Sarah und
Tränen stiegen ihr in die Augen.
Das Christkind war nur der alte Opa!
„Es gibt gar kein Christkind; oder?!“, fragte Sarah und Opa
verschwamm vor ihren Augen.
„Nun ja, Sarah. Das Christkind steht vor dir!“, sagte Opa
zerknirscht.
„Nein! Mein Opa steht vor mir. Du kannst nicht das
Christkind sein!“, erwiderte Sarah trotzig.
„Weißt du, ich bin beides! Ich bin dein Opa und das
Christkind.“
Jetzt ist er verrückt geworden, dachte Sarah. Der arme Opa!
„Was meinst du damit?“, fragte Sarah verwirrt.
„Komm einmal her!“, sagte Opa, setzte sich auf einen Stuhl
und zog Sarah auf seinen Schoß.
„Das wahre Christkind ist keine Person. Es ist kein kleiner
Engel mit lockigem Haar. Weißt du, Jesus, der Christus wurde vor langer Zeit
geboren. Dadurch wurde den Menschen die Liebe geschenkt. Weihnachten ist das
Fest der Liebe und des Mitgefühls. Weil Menschen immer ein sichtbares Zeichen
brauchen, haben sie das Schenken eingeführt. Jeder Mensch, der einen anderen
liebt, schenkt ihm als Zeichen seiner Liebe ein Geschenk, das von Herzen kommt.
Das Christkind ist das Gefühl der Liebe für alle Menschen und Lebewesen.
Verstehst du jetzt, dass ich beides bin? Ich bin dein Opa, und ich bin das
Christkind. Beide lieben dich von ganzem Herzen!“.      

„Oh“, sagte Sarah überrascht. „Ja; aber wenn das so ist,
dann will ich Mama und Papa und dir auch was schenken! Ich habe aber nichts!“,
sagte Sarah unglücklich.
„Geschenke, die von Herzen komme, müssen nichts kosten. Du
kannst uns was auf der Flöte vorspielen oder was singen. Wir werden deine Liebe
spüren! Wir werden das Christkind in dir spüren! Glaube mir! Denn weißt du: das
Christkind selbst, die Liebe, die zu zeigst, ist das größte aller Geschenke“,
versicherte ihr Opa.
„Opa! Du bist zwar glatzköpfig, aber trotzdem ein tolles
Christkind!“, rief Sarah, küsste Opa auf die Glatze und lief aus dem Zimmer.
„Bis gleich Opa! Jetzt geh ich schnell in die Kirche!“.

Nach der Kirche wurde gegessen, dann war Bescherung. Die
Eltern wunderten sich über Sarahs Verhalten. Sarah war sehr bedächtig und
still.
„Fehlt dir was, Sarah?“, fragte ihre Mutter besorgt.
„Ja! Etwas fehlt! Wartet einen Augenblick!“, rief  Sarah und lief aus dem Zimmer.

Nach zehn Minuten kehrte sie wieder zurück. Ihre Haare und
ihr Festtagskleidchen waren mit Gold- und Silberstaub bedeckt. Sarah glitzerte
und funkelte.
„Mama, Papa! Das Christkind war bei mir!“, rief Sarah und
ihre Augen funkelten wie Diamanten.
Sie stellte sich vor ihre Eltern hin, rollte einen Zettel
aus und begann:
„Liebe Mama, lieber Papa, lieber Opa!
Ich weiß, dass ihr immer an mich denkt,
und mir Eure ganze Liebe schenkt.
Ich danke Euch für alles, was Ihr für mich tut,
ihr schenkt mir jeden Tag viel Liebe, Kraft und Mut.
Ich liebe Euch von ganzem Herzen,
in mir strahlen tausend Kerzen.“

Ihre Mutter hatte Tränen der Rührung in den Augen. Auch ihr
Vater war ergriffen.
Sarah umarmte ihre Eltern und zwinkerte Opa zu.
„Das Christkind war bei dir Sarah?“, fragte ihre Mutter
verwundert.
„Ja! Mama. Weißt du, Opa hat mir das mit dem wahren
Christkind erzählt. Dass es kein Engel ist und so. Nur, Opa, ganz ohne Glitzer
fühlt es sich nicht so schön an! Ich stelle mir von jetzt an vor, dass das Christkind ein
kleines Baby ist, genau wie Jesus bei seiner Geburt. Und dass die Liebe, die er
uns als Geschenk bringt in einem Korb voller Sternenstaub ist. Damit bestäubt
er alle Menschen mit seiner überfließenden Liebe!“, erzählte Sarah eifrig.
„Was für eine schöne Vorstellung! In jedem von uns steckt
ein großes Gefühl der Liebe! Sarah, du bist ein wundervolles Christkind!“,
sagte Opa schmunzelnd und glitzerte von oben bis unten weil Sarah ihn
zwischenzeitlich fest umarmt hatte.
„Danke, Opa! Du bist aber auch ein gutes Christkind! Trotz
Glatze!“, lachte Sarah.
 
 
 
 
 
   

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.12.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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