Marcel Hartlage

Die Puppe

 

Sie bekam dieses verfluchte Mistdingen an ihrem dreizehnten Geburtstag.
Es ist sicher fraglich, ob es noch gesund ist – und im Sinne der Eltern – eine Puppe zu seinem dreizehnten Geburtstag zu bekommen. Jenes geistreiche Alter, in dem der Körper anfängt, sich zu verändern, und man die Dinge des Erwachsenwerdens kennenlernt. Ich war darüber hinweg – oder besser gesagt, ich war mitten drin.
Mein Name ist Jason, und ich bin fünfzehn. Meine kleine Schwester hieß Lindsay und war am heutigen Tage dreizehn geworden. Sie war wie eine kleine Ballerina über den Flur getanzt und ihr braunes langes Haar hat sich dabei auf und ab bewegt, als würde sie Seilspringen. Lindsay ist sehr direkt – sowohl in Hinsicht auf ihre Wortwahl als auch in ihrer Selbstverständlichkeit, morgens um halb drei über den Flur zu stolzieren und dabei zu Stampfen wie ein Elefant – dass hatte sie zwar nicht an ihrem Geburtstag gemacht (Sondern eine Woche vorher), aber dennoch war sie trotz der neuen Zahl – die sie bei ihrem kommenden Schülerausweis lesen würde – immer noch genau das Mädchen, dass ich irgendwie verabscheute, aber auch liebte. Lindsay, die morgens um Drei über den Flur wanderte und sich einredete, in ihrem Zimmer wäre ein Geist –, Lindsay, die weiß, was sie tut, auch wenn sie ihm Begriff ist, etwas Falsches zu tun; in ihren Augen ist das immer das Richtige.
Naja, und dann saßen wir – Lindsay, ich, und unsere Eltern – am Tisch, und da war diese Puppe. Ein hässliches, kleines Ding, vielleicht die Miniform meiner kleinen Schwester (Bei jenem Gedanken musste ich an den Gürtel aus Spongebob Schwammkopf denken – in der Folge, in der Patrick das M für Mini auf W für Wambo stellte). Sollte man mich fragen, würde ich genau das antworten.
Es war so eine Holzpuppe, und sie sah verdammt teuer aus. Keine Ahnung ob sie das war; das war auch nicht das einzige Geschenk, was meine Schwester neben der Puppe und den paar Büchern, die sie las, bekam. Daneben nämlich noch Geld, irgendwelche Klamotten und eine – haltet euch fest, meine Damen und Herren – Zahnbürste. So eine elektrische, bei der ich jetzt schon das Summen hinter der Badezimmertür verabscheue, und mir der Geruch von sieben Kräutern, gespritzt in eine galleartigen Masse, die wir Zahnpasta nennen, entgegen kommt und mich beim Schlafen stört.
Aber am schlimmsten war die Puppe.
»Die ist schön!«, rief Lindsay und drückte das Ding an sich; die Puppe trug ein kariertes Kleid mit weißen Kragen. Auf ihrem Gesicht waren runde, aufgemalte Augen und ich konnte den Geruch von dickflüssigen Filtzstiften beinahe schmecken. Der Mund war eine gedrehte Mondsichel und sah aus wie das Maul eines schlecht gecarsteten Clownstypen, der sein Geld neben einer Gosse im Regen als Hampelmann verdiente. Der Blick der Puppe war ausdruckslos – so leblos wie es hinter dem Holz möglich war – und die Haare baumelten lockig nach unten und erinnerten mich irgendwie an frisierte Pferde. Ich war mal auf einem geritten und dann runtergefallen. Das Vieh hätte mich beinahe überrannt.
»Gefällt sie dir, Schätzchen?«, fragte meine Mutter mit ihrem überdrehten Hausfraulächeln. Lindsay warf ihr einen dankenden Blick zu, stand dann auf und tanzte dann, mit der Puppe über den Boden baumelnd, in ihr Zimmer. Draußen hatte es angefangen zu regnen, und später würde der Wetterfritze auf Kanal So-und-so davon quaseln, dass wir es mit einem gewaltigen Gewitter der Windstärke fünf zutun bekommen würden. Irgendein Sommersturm. Wir waren mitten in den Ferien.
Der Tag verging langsam, und ich hatte das Gefühl, dass die Minuten so zäh und klumpig verstrichen wie die Kirsche auf meinem Kuchenstück, als ich es mit der Gabel umwarf. Wir bekamen ein paar Gäste; Tanten, Onkel, Freunde und Nachbarn, die alle bald wieder verschwunden waren, und wir den Abend dann gemütlich vor dem Fernseher verbringen konnten. Es lief irgendein Kauderwelsch, und es hätte mich ernsthaft nicht gewundert, wenn nach diesem B-Movie noch Chucky die Mörderpuppe eins bis eintausend lief. War nicht der Fall, stattdessen lief eine Doku über Pferde in Transelvanien.
Als ich auf mein Zimmer ging und noch ein wenig las, hörte ich draußen das Schlagen der Äste gegen die Dachpfannen unseres Hauses. Wir hatten eine gewaltige Buche im Garten stehen – vermutlich den größten Baum im ganzen Vorort – und ich hatte echt Schiss, dass die Wurzeln aus der Erde rissen und gegen die Gebäudefassade klatschten wie eine Peitsche. Stattdessen war da aber nur der Wind, die Äste, und der prasselnde, kalte Regen eines Sommergewitters.
Ich lauschte eine Weile, nachdem ich fertig war mit Lesen, dem Summen der neuen, elektrischen Zahnbürste. Ein tolles Dingen, wirklich. Das Geräusch erinnerte mich jedes Mal an das spitze Stechen des Bohrers beim Zahnarzt, dessen Gesicht im Schatten der Deckenlampen so dunkel und fremd wirkt wie das eines Monsters aus der Finsternis.
Dann hörte ich, wie Lindsay das Licht ausknipste und über den Flur zu ihrem Zimmer tapste. Mein Licht löschte ich ebenfalls, dann schlug ich die Decke über meinen Körper und lauschte noch eine Weile dem Sturm draußen. Irgendwie wirkt das beruhigend, wenn nicht gar tröstend. Das wilde Brausen der urgewaltigen Kräfte Mutter Naturs, während ich hier drinnen in meinem warmen Bett liege und die Augen geschlossen habe, und dabei an Dinge denke, die mich irgendwie auf tröstende Art und Weise glücklich machen.
Wir gehörten nicht zu jener Art von Menschen, die die Nacht durchmachten und fünf Stunden am Stück Dinge taten, die keine Bedeutung fanden. Ich habe mal aufgeschnappt, dass manche Möchtegernautoren das versuchten, und dennoch Angst um ihre Zukunft hatten. Keine Ahnung, wie ich darauf komme.
Ich war in jener Sequenz, in der der Wachzustand in den Schlaf überging; der Moment, in dem man manchmal panisch zuckt, wenn man an einen Sprung oder an einem Marathonlauf denkt, und sich dann fragt, wie lange man schon hier liegt. Ich wurde jedoch schnell wach. Sehr schnell wach.
Auf dem Flur war ein Geräusch.
Ich dachte, es wäre meine Schwester. Ich schaute auf die Uhr an meinem Radiowecker neben meinem Bett und sah, dass es erst halb Eins war. Draußen klatschte der Regen gegen die Jalousien.
Das Geräusch klang irgendwie wie das leise Tippen mit dem Besteck auf den Esstisch, wenn man kurz vorm Verhungern war und die dampfende Mahlzeit erwartete, wenn Mami mal wieder nicht schnell genug vorrankam. Ich dachte mir im ersten Augenblick nichts dabei. Warum auch, zum Teufel? Ich warf mich herum und schaute mit dem Gesicht gegen die Wand und versuchte erneut, einzuschlafen.
Draußen der Regen. Der Wind. Die schneidende Kälte.
Hier drinnen das Geräusch auf dem dunklen Flur.
Erneut schlug ich die Augen auf und spitze die Ohren. Es war lauter. Oder irrte ich mich? Irgendwie war das Geräusch eines, dass ich noch nie zuvor gehört hatte, obwohl es mir schrecklich vertraut vorkam.
Dann war es weg. Mit einem Rutsch, als würde etwas umkippen.
Irgendwann schlief ich ein.
 
Am nächsten Morgen stolperte mein Vater über die Puppe.
Mit einem dumpfen Aufschlag landete sein Gesicht auf dem Boden und ich schlug entsetzt die Augen auf. Ich hörte ihn Schreien und warf sofort die Bettdecke zurück, warf meine Schuhe in die Puschen und stürmte aus dem Zimmer. Draußen schien das rote, brennende Licht der Morgensonne durch die Fenster, und die Pfützen auf den Straßen sahen aus wie blutgetränkt. Ich half meinem Vater auf und fragte ihn, ob alles in Ordnung sei.
»Ja sicher«, sagte er und nicke mit dem Kopf. »Sag deiner Schwester, sie soll ihr Spielzeug nicht überall rumliegen lassen.« Er strich sich mit schmerzverzerrter Miene über die Stirn. »Sonst ahtet das alles noch in einem Saustall aus.«
»Okay.«
Ich glaube, er schluckte zwei Aspirin, als er in der Küche war und ich das Brodeln der Kaffeemaschine hören konnte. Er musste gleich zur Arbeit, und ich hatte das Gefühl, er würde heute Abend schlecht gelaunt nach Hause kommen.
Als Lindsay aufstand, war ich bereits munter auf den Füßen und schaute fern, während ich eine Schüssel Cornflakes aß. Ich gab nie mehr Milch dazu, als ich brauchte. Ich hasste es, Milch aus einer Schüssel zu schlürfen.
»Dad sagt, du solltest deine Puppe nicht auf dem Flur liegen lassen.«
Sie schmiss sich auf den Sessel neben mir und sah mich an. »Hab ich nicht.«
»Er ist heute Morgen drüber gestolpert.«
Sie runzelte die Stirn. »Die Puppe liegt bei mir im Zimmer.«
»Wann hast du sie den geholt?«
»Gar nicht.«
Meine Zähne knirschten auf den Cornflakes und kamen schließlich zum Erliegen. Milch tropfte vom Löffel und klatschte in die Schüssel. Lindsay sah mich mit demselben, irritierten Blick an wie ich sie, und wir beide wussten, dass einer von uns entweder log, oder aber etwas nicht stimmte.
Diese verdammte Puppe. Diese Puppe mit ihrem falschen Grinsen.
 
Es wurde Abend, und die Luft draußen hatte sich abgekühlt. Ich persönlich finde den Geruch, der dann entsteht, wenn der Regen nach einer erdrückenden Hitzeperiode aufhört, großartig. Irgendwie weniger … belastend.
Ich lag wieder in meinem Bett und lauschte der Stille, die sich wie ein Mantel über die dunklen Konturen der Möbel gelegt hatte. Ab und zu knarrte der Schrank – ein altes Mistdingen, schwerer als mein Bett – aber das war in Ordnung. Ich hatte mich schon damit zurecht gefunden, und begrüßte dieses Knarren.
Abgesehen davon war es still. Manchmal, wenn ich mich auf diese Ruhe konzentriere, spüre ich diese Stille in meinen Ohren. Es ist wie ein Unterdruck, als würde man tauchen, oder ein Piepen, wie das, was einen manchmal einholt, und von dem die Leute sagen, dass in diesem Augenblick jemand an einem denkt.
Dann erlosch dieser Druck. Ich tauchte auf, und als ich nach Luft schnappte, hörte ich wieder das dumpfe Schlagen einer Gabel auf den Tisch.
Draußen auf dem Flur.
Da war wieder das Geräusch.
Dieses Mal richtete ich meinen Oberkörper auf und starrte in die Finsternis. Spitze meine Ohren und lauschte durch das Holz meiner Zimmertür, als hätte ich die Fähigkeiten der Röntgenstrahlung revolotioniert.
Klack … klack … klack
Wie Schritte auf dem Fußboden.
Sie kamen näher. Das hörte ich. Meine Hände umklammerten die Bettdecke, und ich drückte meine Fingernägel in den Stoff. Jenes Gefühl durchfuhr meinen Körper, das man auch dann spürt, wenn man mit den Zähnen auf einen Wollpullover oder einer –Decke beißt. Es jagte mir eine Gänsehaut durch den Körper, aber ich war mir nicht sicher, woher diese Gänsehaut wirklich kam.
Klack … klack … klack
Es wurde lauter. Näher und lauter. Gebannt starrte ich mit meinen weit aufgerissenen Augen – aus denen jede Müdigkeit geronnen war – auf die Tür. Auf das, was da hinter war. Der Schrank knarrte, aber das Geräusch schien in weiter Ferne, vielleicht auf der anderen Seite der Erde, zu erklingen. Ich umklammerte noch fester die Bettdecke, sodass meine Finger weiß vor Anspannung wurden.
Klack … klack –
Stille.
Es war ruhig, und irgendwo draußen wehte eine Bö an unserem Haus und an der Buche vorbei. Ich vernahm ganz leise das Rascheln der Blätter, und ich stelle mir für den Bruchteil einer Sekunde vor, jemand würde auf den Ästen hocken und mich beobachten. Direkt auf mich starren, mit großen, monströsen Augen.
Ja, das stimmte. Ich fühlte mich beobachtet. Ich wurde beobachtet.
Diese
(Gefällt sie dir, Schätzchen?)
Puppe.
Ich wagte es nicht einmal, zu blinzeln. Meine Augenlider fühlten sich an, als hätte man Streichhölzer zwischen sie geklebt, damit sie mir nicht  zufielen. Dann hielt ich meinen Atem an, und dann – ganz kurz – konnte ich das Pochen meines eigenen Herzschlages hören. Wie die Melodie, die man auf seinem eigenen Totenbett schrieb.
Und dann kratzte etwas von außen gegen die Tür.
Wie das Kratzen von Fingernägeln, auf dessen Kuppen Blutspritzer und Gedärmstückchen klebten, und die lang und gelb und knotig aussahen und jenem Monster angehörten, welches gerade das hübsche Mädchen auf der Kinoleinwand in Stücke riss.
Ich war unfähig, etwas zu tun – zu handeln, zu denken. Da war dieses Kratzen, und dann war es still, und ich konnte förmlich spüren, wie das Monster mit der Fratze auf dem Baum mich ausdrucklos anstarrte, und plötzlich begann, zu kreischen. Die Augen hohl, schwarz, aber das Maul mit fletschenden Zähnen geöffnet und kreischend, wie das unaufhaltsame Weinen und Schreien eines Neugeborenen. Abseits der Menschlichkeit. Über dem Begreifbaren.
Das dachte ich, genau in jenem Moment, wo das Kratzen die untere Hälfte der Tür erreichte. Ich stellte mir diese Situation vor, und ich begann, wie ein Wahnsinniger zu schwitzen. Meine Hände wurden feucht und rutschten von der Decke, die mit ihrem kalten Stoff auf meine Hose klatschte. Ich dachte das, abseits des Rationalen, und ich wünschte mir, es wäre Tag.
Ich wollte schreien. Schreien aus Furcht und dem blanken Entsetzen.
Aber es war wieder still.
Ruhe.
Nur eine weitere Bö draußen, die sich zwischen den Ästen wog und die Blätter rascheln ließ. Ich sah das Fallen der Tropfen von den Stielen auf das Umland des Rasenbodens, und es hörte sich an, als würde mein Kopf tauchen und diesen Druck spüren.
Der Schrank knarrte. Einmal.
Und irgendwann schloss ich meine Augen. Ich schlief sehr schlecht.
 
Am nächsten Morgen wachte ich mit einem benommenen Gefühl auf und dachte erst, ich würde die Grippe bekommen. Dieses typische Gefühl, wenn einem alle Knochen wehtuen, als hätte man sie am gestrigen Abend mehr als einmal um die eigene Achse gedreht; mein Kopf fühlte sich an, als säße ein gewaltiger Unterdruck in ihm und mein Mund war trocken. Als ich mich aufrichtete, knackte mein Nacken und ich spürte, wie sich jede einzelne Muskelfaser spannte.
Der Tag ging müde voran. Immer wieder kreisten meine Gedanken zurück an vergangene Nacht und an die Schritte und das Schaben, und jedes Mal sah ich eine Gestalt auf dem Baum sitzen, die ausdrucklos ihren Mund aufriss, die Zähne fletschte, und dann kreischte. Jedes Mal durchfuhr mich eine Gänsehaut, und ich sehnte mich schon beinahe an den nächsten Abend, Hauptsache, ich konnte in meinem Bett liegen und den Schlaf nachholen.
Wirklich. Das waren ja eh nur Hirngespinste.
Als ich irgendwann am Nachmittag nach oben kam, stand die Zimmertür zu meiner Schwester offen. Ich spähte hinein, und dann sah ich sie.
Die Puppe.
Sie schien mich ausdruckslos anzusehen. Die schwarzen, aufgemalten Augen waren so dunkel wie das tiefste, kalte Wasser im Ozean am Fuße des Mariannengrabens. Sie saß dort auf dem Regal und starrte direkt in meine Richtung; die Arme baumelten herab, als würde sie sich sitzend nach vorne beugen, um eine Grosche oder so was aufzuheben.
Oder weil sie in aller Eile auf das Regal geklettert war.
Natürlich lächerlich.
Ich wandte meinen Blick von ihr ab und suchte das Weite. Und kurz nachdem ich ihr den Rücken zugekehrt hatte, hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Als würde man zur späten Abendstunde durch den schwach beleuchteten Park marschieren und spüren, wie sich jemand von den Schaukeln am nächsten Spielplatz erhob und auf einem zukam. Langsam, aber gezielt und leise. Bedrohlich näher kommend und –
Ich drehte mich um.
Die Puppe saß auf dem Regal.
Ich schaute ihr einen Augenblick entgegen, dann wandte ich mich wieder von ihr ab.
Und dieses Mal versuchte ich, dem Drang sich umzudrehen, zu widerstehen.
 
Es wurde Abend, das elektrische Geräusch der verdammten elektrischen Zahnbürste meiner Schwester war verstummt. Ihre Schritte hüpfen über den Flur, dann hörte ich das Zuschlagen ihrer Zimmertür. Allein der Gedanke, dass sie ganz allein mit dieser Puppe in ihrem Zimmer hockte und dabei auch noch schlief, raubte mir beinahe den Atem. Ich verkrampfte mich unter meine Bettdecke und schloss die Augen. Müdigkeit überfiel mich so schnell wie ein Zauber, und bald schon hatte ich sie geschlossen.
Mein Geisteszustand wich den Räumlichkeiten meines Zimmers, und irgendwann verlor ich mich tatsächlich in der Welt des Traums. Vielleicht der letzte Zufluchtsort des Menschen, wenn man mal drüber nachdenkt. In Träumen wurde alles real: die Hirngespinste, die eigene Fantasy, die in obszöner Vielfalt und monumentaler Kreativität so unvorstellbar zu wachsen schien wie eine verzauberte Bohnenranke, und all die Erinnerungen an Dinge, die wir vergessen glaubten, wieder zum Vorschein kommen – die Welt des Traumes, in der es manchmal wunderschön, manchmal aber auch grauenvoll sein konnte.
Insbesondere dann, wenn Realität und Traum miteinander verschmolzen.
Keine Ahnung, wie Träume anfangen. Man ist irgendwann mitten drin, und plötzlich ist man da. Ich sitze im Wohnzimmer, auf der Couch, und ich esse Cornflakes. Die Milch ist sauer und klumpig, und ich weiß, dass sie schlecht ist, aber ich esse weiter, wobei der Löffel sich kalt auf meine Zunge legt und mir eine Gänsehaut über den Körper fahren lässt. Auf dem Sessel sitzt Lindsay, und ich spüre, dass meine Eltern da sind. Ich kann sie nicht sehen, aber ich nehme ihre Anwesenheit war, und dieses Gefühl ist gut. Wir sehen fern, und wir sehen Pferde über gräuliche Wiesen vor einem verdunkelnden Himmel galoppieren. Im Hintergrund sind Berge, und irgendwie machen mir diese Berge Angst, weil sie so hoch sind. Ich esse Cornflakes. Sie knirschen wie Nussschalen auf den Zähnen, wie splitterndes Glas. Ich schmecke die Milch, und sie ist ekelig, aber ich esse weiter. Ich höre nichts aus dem Fernseher, aber irgendwie ist es trotzdem nicht still. Irgendwo ist ein Klappern und Rascheln und Schaben, und diese Laute sind noch schlimmer als die Milch und die bedrohlichen Berge im Fernsehen. Die Geräusche sind irgendwo hinter mir, und ich will mich umsehen. Es geht nicht, weil ich auf den Fernseher schaue. Wir schauen fern, und ich darf nicht wegschauen. Ich bekomme Angst, und meine Hände zittern. Die silberne Oberfläche des Löffelstiels schlägt auf den Schüsselrand, und ein Spritzer matschiger Milch klatscht mir auf die Jeans. Ich fluche, auch wenn ich mich nicht sprechen höre. Plötzlich ist das Geräusch neben mir, und jetzt weiß ich, dass ich mich umsehen kann, es aber nicht will, weil der Grund, weswegen ich mich umsehen will, nicht richtig ist. Irgendetwas steht neben der Couch und neben mir, und ich spüre die Intensität des Blickes wie das glühende Feuer der tobenden Flammen der Hölle, und plötzlich weiß ich, dass es jene Gestalt ist, die auf dem Baum sitzt, und die Gestalt, die jede Nacht auf dem Baum sitzt und uns beobachtet, das Haus beobachtet und die auf den Baum klettert. Die Gestalt klettert auf den Baum, jetzt sehe ich es vor meinem geistigen Auge, und ich weiß, dass diese Gestalt zwei aufgemalte Augen und eine liegende Mondsichel als Mund hat, und ich weiß, dass sie ein hässliches Kleid trägt und mir kaum bis über das Knie reicht. Ich weiß, dass dieses Ding jede Nacht über den Flur wandert und auf den Baum klettert – auf den vielleicht größten Baum in der ganzen Gegend, der verdammt größten Buche der Straße – und uns dann beobachtet. Und irgendwann schreit sie, und der Schrei ist das Kreischen tausender toter Kinder, die alles Leid und Schmerz spüren, den man sich vorstellen kann. Der Schrei ist ein gottloses Kreischen, dass über niemandes Lippen dringt, und plötzlich ist die Milch rot und meine Schwester tot und meine Eltern fort und ich drehe den Kopf und ich
 
riss die Augen auf und stieß einen Schrei aus. Ich spürte ein Objekt auf meiner Decke, und ich schlug in die Dunkelheit. Meine Handfläche traf irgendeinen feinen Stoff und die geschliffene Oberfläche feinen Holzes. Für einen Augenblick roch ich Sägespänne und hörte das Kreischen einer Kreissäge, dann war das Bild weg und ich erblickte die Echtheit der Umrisse meines Zimmers, und erst jetzt – in meinem vollgeschwitzten T-Shirt und mit meinen zerzausten Harren – registrierte ich, was ich weggeschlagen hatte und was da eben mit einem dumpfen Aufschlag gleich einer rollenden Bowlingkugel auf Laminat zu Seiten meines Bettes gefallen war. Es traf mich wie ein Pistolenschuss, und plötzlich wollte ich so laut schreien wie noch nie zuvor in meinem Leben.
Sie kam zu dir. Sie ist vom Regal gekrochen, über den Flur getapst und hat irgendwie die Tür aufgemacht. Ich weiß nicht wie, und ich will es mir auch nicht vorstellen, aber ich weiß, dass sie es getan hat, und jetzt ist sie hier zu dir aufs Bett gekrochen.
Waraufs Bett gekrochen. Ein erbärmlicher Funke Triumphes jagte durch meinen Körper, verflog aber so schnell wie die Flamme eines Feuerzeuges. Und plötzlich spürte ich Wut. Sie brannte wie eine aufgerissene Wunde, auf der man Salz streute, und sie durchzuckte alle meine Nerven und jagte mir eine Art hasserfülltes Kribbeln durch den Körper. Ich schlug die Bettdecke zur Seite und spürte sogleich die Kälte. Ich ignorierte sie. Die Wut glich einem Schutzschild.
Ich setzte meine Füße zu Seiten des Bettes ab. Es war dunkel, und ich nahm nur undeutlich die Konturen der Möbel war. Ich sah die Schwärze des alten Schrankes hinten in der Ecke, und an meinem Laptop blinkte das Lämpchen für Akku geladen.
Irgendwo zu meiner linken – auf dem Boden – reflektierte sich das Blinken.
Mein Blick fiel nach unten, und für einen Moment war alle Emotion aus mir gewichen. Dann dämmerte es mir zum zweiten Male mit plötzlicher Erkenntnis, und zugleich spürte ich den regelrechten Zorn, der sich mit der Todesangst zu einem bösartigen Geschwür verschmolz.
Das verdammte Ding hatte sich ein Messer besorgt.
Ich bückte mich, wollte das Messer, mit dem meine Mutter das dicke Brot vom Bäcker immer in dicke Scheiben schnitt, aufheben. Als meine Hand es ertastete, rutschte es plötzlich nach hinten und war in der Dunkelheit verschwunden. Erschrocken fuhr ich zurück und hörte zeitgleich ein Rascheln.
Wie kann sie das Ding halten? Es ist fast so groß wie sie selbst, und wie will sie es ohne Finger halten?
Unwichtig, sagte mir mein Verstand. Ich preschte nach vorn in die Dunkelheit, ohne zu wissen, warum ich das tat. Dann vernahm ich einen Laut, der fernab der Rationalität war, und von dem ich gar nicht wissen wollte, was er war; dann sah ich wieder das Funkeln der Klinge, und meine Instinkte setzten ein.
Weglaufen? Von wegen.
Ich holte mit meinem Fuß aus und trat zu. Rechts neben der reflektierenden Messerklinge entlang, und plötzlich traf ich auf eine hölzerne Oberfläche. Irgendetwas flog zurück und knallte gegen den massiven Schrank. Das Messer klimperte und schellte zu Boden, als es ebenfalls an der Schranktür entlang scharrte und auf dem Teppichboden zum Erliegen kam. Ich eilte durch die Dunkelheit des Raumes und wollte das verfluchte Dingen ergreifen, doch plötzlich war da etwas auf mir.
Erschrocken taumelte ich zurück. Irgendetwas rutschte mir über den Rücken und grub sich in meine Haut. Sie ritzte auf und Blut sickerte durch meine Kleidung. Es fühlte sich an, als würde eine Katze die Krallen ausfahren und sich wie an einem Lift an mir herunterangeln. Dann landete etwas hinter mir auf den Boden, und instinktiv kickte ich meine linke Hacke gegen die hölzerne Oberfläche. Erneut knallte das Ding irgendwo gegen.
Ich nutzte den Augenblick und ergriff endlich das Messer. Als ich meine schweißnassen Finger um den Griff schloss, spürte ich eine Art Sicherheit und Dominanz, und ich glaubte, ich könne mit alles und jedem fertig werden.
Hinter mir waren schabende Schritte auf dem Teppichboden.
Ich wirbelte herum und hastete auf meine Zimmertür zu. Sie war zu, und obwohl ich mich irritiert fragte, wie sie das angestellt hatte, betätigte ich gleichzeitig den Lichtschalter. Dann fuhr ich in den Raum herum, und in genau diesem Augenblick sprang etwas auf mein Gesicht und grub irgendetwas – das sich erneut anfühlte wie Krallen – in meine Augen.
Ich schrie. Schmerz durchzuckte mich und ich wirbelte ziellos mit den Armen herum und schien zu taumeln, als hätte ich keine Balance. Ich knallte gegen die Tür, und der Griff bohrte sich gegen meine Wirbelsäule und die offenen Kratzspuren. Etwas riss an meinen Augenlidern, und gerade, als ich etwas packte, dass sich wie ein Haarschopf anfühlte, da hörte ich plötzlich tausende kleiner Kinder schreien, und wusste, dass sie in meinen Kopf eindrangen wie ein wurmiger Parasit. Ich hörte sie, und diese Laute waren schlimmer als aller physischer Schmerz, denn ich bis hierher gespürt hatte. Dann sah ich Gesichter; hunderte, tausende, und alle waren ausdrucklos – mit schwarzen, aufgemalten Augen – und alle hatten ihre liegenden Mondsichelmund zu einem markerschütternden Schrei ausgestoßen. Sie schrien. Sie schrien alle.
In meinem dortigen Zustand würden mich Normalbürger als einen Wahnsinnigen bezeichnen.
Irgendwann taumelte ich gegen die Bettkante, und als ich das Ding aus meinem Gesicht riss und es wegwarf, da ließ ich das Messer fallen und warf mich aufs Bett. Die Dunkelheit tat weh, alles tat weh, und meine Augen fühlten sich an, als hätte man mit einem Korkenzieher auf sie eingestochen. Warmes Blut tröpfelte über meinen Rücken, und die Benommenheit obsiegte dem Schlaf.
Und als ich ohnmächtig wurde, begleiteten mich die Schreie.
 
Lindsay lag im Krankenhaus, wissen Sie. Mit über ein Dutzend Messerstichen lag sie auf der Intensivstation.
Als ich aufgewacht war, hatte ich als erste meine Mutter weinen gehört. Jedes Kind hasste es, wenn  die Eltern weinten, weil es nicht verstehen konnte, wie das Elternteil an Autorität verlor und zu einem Objekt gleicher sozialer Stufe wurde. Ein Kind vermutet die grauenvollsten Dinge, wenn die Eltern weinen, und bei mir war es da nicht anders, auch wenn ich schon fünfzehn war.
Ich schlug die Augen auf, und das Aufschlagen tat weh. Ich lag auf dem Bauch, und als ich aufstand, schmerzte mein Rücken und ich spürte verkrustetes Blut auf meiner Haut. Benommen trat ich durchs Zimmer, auf den Flur, und dann sah ich meine Eltern. Mein Vater hielt meine Mutter in den Armen, und ich bekam irgendwie gar nicht die Notärzte und die offene Wohnungstür und den Krankenwagen draußen mit.
Aber ich sah Blut. Jede Menge Blut
Im Bett von Lindsay. Am Regal von Lindsay.
Dort saß die Puppe. Sie war von Blut überströmt.
Als meine Eltern mich sahen, schritten sie auf mich zu, und nahmen mich in den Arm. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich einen Schock, und die Erinnerungen sind trist und verschwommen. Wir fuhren allesamt ins Krankenhaus, und der Arzt untersuchte auch mich. Meine Wunden wurden genäht und mir wurde irgendwas über die Augen gesprüht.
Alle Erinnerungen an diese Zeit wirken fremd. Wir besuchten sehr oft Lindsay, die sich sehr schnell erholte. Manchmal fuhren nur meine Mutter oder mein Vater, und manchmal setzten sie mich auch einfach bei Verwandten ab, die mir all ihren Kummer und ihr Mitleid aussprachen.
Alle gingen sie von einem Einbrecher aus. Einem Psychopathen. Vermutlich einem Kinderschänder, der irgendwie ins Haus eingedrungen war, sich unser Messer geschnappt und sich ans Werk gemacht hatte.
Sie hatten keine Ahnung.
 
Lindsay war seit einer Woche im Krankenhaus. Es ging ihr besser, und ich hatte mich bereits erholt. Meine Eltern hatten neue Schlösser und so einen ganzen Schrott angebracht und lebten in ständiger Sorge. Sie sagten mir, ich solle so schnell wie möglich einen Selbstverteidigungskurs suchen, falls die Ermittler den Kerl nicht fanden (Irgendwie waren meine Fingerabdrücke nicht auf der Tatwaffe, und ich fragte mich, wie viel ich wirklich geschwitzt hatte). Ich bejahte einfach. Es war ein sonniger Nachmittag, und ich ging in ihr Zimmer, in dem ich immer noch die Desinfektionsmitteln riechen konnte, die für das ganze eingesickerte Blut auf dem Teppich nötig gewesen waren. Alles war poliert und sauber, nur die Puppe hatte sich nicht sauber kriegen lassen. »Vermutlich schon längst ins Holz eingesickert«, sagte mein Vater.
»Was für eine Schande«, sagte meine Mutter. »Und sie hat die Puppe so gemocht.«
»Ich bring sie weg«, sagte ich, und meine Eltern sahen mich an.
»Wegbringen? Wohin?«
»Weg von hier«, sagte ich. »Oder glaubt ihr, Lindsay will eine Puppe mit ihrem eigenen Blut drauf haben?«
Meine Eltern sahen sich an, dann nickten sie, und meine Mutter gab mir die Puppe.
Dieses verfluchte Mistdingen.
Ich schritt nach draußen und öffnete die Garage. Die Sonne schien auf meine Haut und fühlte sich gut an. Es war ein schöner Tag, und es hatte schon seit Ewigkeiten nicht mehr geregnet. Trotzdem war die Hitze angenehm, und nicht bissig.
Ich schnappte mir mein Fahrrad und radelte los. Die Puppe hielt ich in den Händen. Nie und nimmer wollte ich sie auf den Gepäckträger klemmen und außer Acht lassen. Ich fuhr die Straße entlang, bis ich den angrenzenden Wald erreichte. Dort stapfte ich eine Zeit lang durchs Unterholz und summte fröhlich vor mich hin. Keine Ahnung, welcher Song mir dabei in den Sinn kam.
Dann erreichte ich den Bach, indem das kristallklare Wasser floss und sich spiegelte wie Diamanten auf glänzendem Boden. Ich stellte mich auf einen großen Felsen und beobachtete eine Weile mein Spiegelbild.
Auch die Puppe. In ihrem Spiegelbild war kein Blut auf ihrem Kleid, ihrem Holzkörper, oder den Augen. Es überraschte mich nicht, aber es war mir eh scheißegal.
Dann zuckte ich ein Feuerzeug hervor. Es war windstill, und die Laute des Waldes waren wunderschön und wie eine sinnliche Melodie in meinen Ohren. So schön, wie das Pfeifen.
Und dann geschah der Rest ganz schnell. Ich brannte diese Ding nieder, und das Gefühl, dass ich dabei verspürte, war mehr als Rache oder Genugtuung oder Schadenfreude oder Triumph. Es war das Gefühl des Sieges. Das Scheißding brannte, es brauchte eine Zeit, aber es brannte. Das Kleid und die Haare knisterten, und irgendwann durchbohrten die Flammen ihren Körper, und dieses Mal ignorierte ich den Anflug von Stimmen und Schreien und Kreischen in meinem Kopf und lachte. Ich lachte diese verfluchte Puppe aus, und als ich in diese ausdruckslosen Augen schaute, waren sie nichts weiter als eine leblose, seelenlose Hülle.
Ich riss die brennenden Gliedmaßen auseinander, und als sie verkohlt knackten und schwarz waren, warf ich sie in den Bach. Als ich den Kopf zu guter Letzt auf die Anhäufung von Körperteilen warf, spuckte ich ins Wasser und lachte.
Das Ding war eben doch nur eine Puppe.
Und als ich nach Hause radelte und mein Fahrrad in der Garage abstellte und summend durch die Wohnungstür trat, da bemerkte ich nicht jenes unbekannte Objekt auf dem Ast des vermutlich größten Baumes der Gegend. Denn irgendwo hinter den Blättern und Zweigen saß etwas. Verkohlt und schwarz.
Mit ausdruckslosen Augen.
  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.01.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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