Maria Lemke

Verschossen

Hier“, sagte mein Chef und knallte die Akte auf den Tisch, „unser neuer Fall. Lies es dir bitte gründlich durch, Michelle“ „Klar, mach ich Ed,“ antwortete ich meinem Chef. Gerade eben hatte ich mich noch über den letzten gelösten Fall gefreut und jetzt gab es schon wieder ein neues Rätsel zu lösen. Beim FBI zu arbeiten konnte wirklich anstrengend sein. Selbst an solchen schönen Tagen wie heute. „In einer halben Stunde trifft sich unser Team dann im Beratungsraum,“ fügte mein Chef noch hinzu und ging dann eilig weg. Ich schlug die Akte auf. Mal wieder eine Bandenschießerei mit zwei Toten. Das konnte wirklich ätzend sein. Ich wollte weiter lesen, doch es klopfte an meiner Tür. „Herein,“ rief ich. Als die Tür sich öffnete, sah ich Mike mit einem breiten Grinsen eintreten. Mike war mein Freund. Also ich meine, mein fester Freund, sozusagen. Ich war wirklich glücklich mit im, doch es gab ein schweres Problem. Es war uns eigentlich verboten, zusammen zu sein. Weil wir im selben Team waren. Deshalb mussten wir es geheim halten. Das war sehr schwierig und unsere Beziehung leidete sehr darunter. Aber irgendwie schafften wir es trotzdem. „Hi,“ sagte ich etwas verlegen, „hast du schon die neue Akte bekommen?“ „Ja,“ antwortete er, „aber lass uns doch nicht über den Fall reden.“ Mit diesen Worten zog er mich an sich und küsste mich sanft. Doch nach ein paar Sekunden musste ich es unterbrechen. „Es könnte jemand reinkommen,“ erklärte ich, nachdem er ein enttäuschtes Gesicht machte. „Du hast ja recht,“ antwortete er zerknirscht. „Komm, lass uns in den Beratungsraum gehen. Heute Abend sind wir dann endlich mal wieder allein.“ Schnell gingen wir zu unserem restlichen Team. Keiner von ihnen ahnte, was zwischen Mike und mir lief. „Also,“ fing Ed an, „wir konnten ein Bandenmitglied festnehmen, doch es will nicht reden. Mike, du könntest es dann bitte noch einmal befragen. Veronika, du analysierst bitte die Kugeln, die wir in den Toten gefunden haben. Vielleicht findest du eine der Waffen im System.“ Veronika war unsere Forensikerin. Sie war immer gut drauf und konnte einfach jeden aufmuntern. Auch , wenn sie mit ihrem langen, braunen Haar und dem schlanken Körper eher wie ein Topmodel aussah. „Und Michelle, du fährst mit mir noch einmal zum Tatort. Das war's für's erste. Macht euch an die Arbeit.“ Ich fuhr mit Ed zum Tatort, doch wir konnten nichts weiteres finden. Die Spurensicherung hatte schon alles untersucht. Also hatte ich Feierabend. Ich fuhr zu dem Motel, bei dem Mike und ich uns verabredet hatten. Wir konnten uns nicht bei mir oder ihm zuhause treffen, dass wäre zu auffällig. Ungeduldig wartete ich auf seine Ankunft. Dann kam er endlich. Sanft zog er mich in seine Arme und küsste mich leidenschaftlich. Glücksgefühle durchströmten mich. Endlich waren wir mal wieder alleine. Der Abend mit Mike wurde wunderschön. Am nächsten Morgen fuhren wir beide nach Hause.Wir sahen uns erst auf der Arbeit wieder. Mittlerweile gab es auch neue Ergebnisse zum Fall. Veronika konnte eine der Waffen im System finden und somit vermutlich einen Beteiligten der Schießerei. Und Mike hatte das Bandenmitglied zum Reden bringen können. Der junge Mann hatte erzählt, dass es zwischen seiner Bande und der Benachbarten sehr häufig Auseinandersetzungen gab. Er hatte gesagt, dass diese meistens um die alte Fabrikhalle ging, da jede Bande diese für sich beanspruchen wollte. Und so kam es auch zu der Schießerei. „Also“, fing Ed an, „bei einer Schießerei geht es nicht einfach nur um eine Fabrikhalle, es geht garantiert um wesentlich mehr. Vermutlich geht es um Drogen oder ähnliches. Doch über Drogen redet der Zeuge natürlich nicht, er streitet alles ab. Michelle, du vernimmst bitte den Besitzer der Waffe, die Veronika im System gefunden hat. Vielleicht verrät er uns mehr.“ „Wird erledigt“, antwortete ich und machte mich auf den Weg zum Vernehmungsraum. Ich hasste es, Bandenmitglieder zu vernehmen, da sie immer so dickköpfig waren. Das konnte einem wirklich auf die Nerven gehen! Aber was sein muss, muss sein. Also setzte ich mich zu dem Bandenmitglied und fing an: „Rico Selter, richtig?“ Es kam keine Antwort. Also fuhr ich einfach fort. „Wir haben ihre Waffe am Tatort gefunden. Damit vermuten wir, dass sie an der Schießerei beteiligt waren. Ist das richtig?“ „Sie können mir nichts beweisen,“ raunte Rico. „Oh doch, dass können wir,“ antwortete ich, „wir haben ihre Fingerabdrücke an ihrer Waffe gefunden und keine weiteren. Das ist ja wohl sehr eindeutig.“ „Mhm,“ brummte er nur. „Verraten sie mir doch wenigstens, worum es bei der Schießerei ging. Es kann ja wohl nicht nur um diese Fabrikhalle gegangen sein.“ „ Nein!“ schrie er. Plötzlich rastete er völlig aus, „ich kann es ihnen nicht sagen! Verstehen sie nicht?! Die werden mich umbringen! Die bringen mich um! Schon allein deshalb, weil ich hier war! Ich bin ein toter Mann!“ „Beruhigen sie sich“, wies ich ihn an. Ich war auf solche Fälle vorbereitet. Als der aufgebrachte Mann sich wieder setzte, fuhr ich fort: „Wer wird sie umbringen? Wenn sie uns helfen, können wir sie beschützen. Bitte, helfen sie uns.“ „Nein, nein, nein. Ich kann das nicht,“ weinte Rico leise. „Doch, sie können. Und wir werden sie beschützen,“ munterte ich ihn auf. „Wirklich?“ fragte er. „Wirklich,“ antwortete ich ihm. „Also gut,“ fing er langsam an, „es..es ging wirklich um Drogen. A-aber i-ich wollte die Männer nicht erschießen. Sie haben mich gezwungen, verstehen sie? Gezwungen! Sie werden weitermachen.Aber wenn ich ihnen sage, wann und wo es vermutlich die nächste Schießerei geben wird, wird dann meine Strafe milder ausfallen?“ „Ich werde sehen, was ich tun kann,“ antwortete ich. „Na-na gut. Sie..sie planen am Dienstag einen Angriff. Nachts. Ich weiß nicht genau wann, aber ich weiß wo. Am Basketballfeld neben der alten Fabrikhalle. Genau dort ist die Grenze der beiden Bandenreviere. Mehr weiß ich auch nicht.“ „Gut, danke,“ sagte ich kurz und ließ ihn wieder in die Zelle bringen. Wir durften keine Zeit verlieren, denn morgen war schon Dienstag und wir wollten nicht noch weitere tote Männer vorfinden. Also rief ich sofort Ed an und erzählte ihm alles. Er sagte, dass wir uns in einer halben Stunde im Beratungsraum treffen und dann alles weitere mit den anderen besprechen. Aber ich wusste schon, wie die Besprechung enden würde. Ed wird sagen, dass wir morgen alle für eine Schießerei bereit sein müssen und dass wir morgen Nacht zu dem Basketballfeld fahren werden und versuchen werden, die Schießerei zu verhindern. Und dass wir unsere Westen nicht vergessen sollen. Und so war endete die Besprechung dann auch. Ich hatte Angst vor der Schießerei, denn ich wusste, dass Mitglieder einer Bande nicht davor zurückschrecken, jemanden zu töten. Aber ich hatte mehr Angst um Mike als um mich. Er war oftmals etwas leichtsinnig. Nach der Besprechung fuhr ich nach Hause, denn mittlerweile war es schon Abend geworden. Ich wünschte mir, dass Mike diese Nacht bei mir sein könnte, doch ich wusste, dass das nicht ging. Um so überraschter war ich, als es um neun Uhr bei mir zuhause klingelte. Ich machte die Tür auf und sah Mike, wie er mit meinem Lieblingslächeln vor mir stand. In dem Moment musste ich daran denken, wie wir uns kennengelernt hatten. Er war neu ins Team gekommen und hatte sich noch nicht ausgekannt. Als Ed ihn mir vorgestellt hatte, hatte er schon so ein unwiderstehliches Lächeln auf den Lippen. Und als ich ihn dann näher kennenlernte, wurde er mir immer sympathischer. Aber wir sind erst ein Jahr nachdem er ins Team gekommen war ein Paar geworden. Und seitdem hatte die schönste Zeit meines Lebens begonnen. Mike holte mich mit seiner Stimme wieder in dir Wirklichkeit zurück. „Ich weiß, dass ich eigentlich gar nicht hier sein sollte,“ erklärte er, „aber ich habe über morgen nachgedacht und dann wollte ich einfach nochmal zu dir, falls..“ Und weiter kam er nicht. Doch ich konnte mir denken, was er gedacht hatte. Falls einer von uns stirbt. Dieser Gedanke war einfach schrecklich, Ich hatte so große Angst vor morgen. Doch als Mike mich küsste, vergaß ich alle meine Sorgen. Er war einfach so wunderbar. Eben perfekt für mich. Ich konnte mir kein Leben ohne ihn mehr vorstellen. „Ich liebe dich,“ flüsterte ich ihm ins Ohr. „Ich liebe dich auch,“ antwortete er mir. Mit diesen Worten küsste er mich wieder und hörte auch lange nicht mehr damit auf. Es war einfach eine wunderschöne Nacht und ich vergaß völlig, was morgen sein würde. Doch als ich aufwachte und sah, wie friedlich Mike neben mir schlief, über kam mich wieder diese Riesenangst, von der mir richtig schlecht wurde. Ich sah in Mikes Gesicht, als er die Augen aufschlug. Lächelnd sagte er: „Guten Morgen, Liebling.“ „Guten Morgen,“ antwortete ich leise. „Was ist los, Schatz?“ fragte Mike. Er merkte immer sofort, wenn etwas mit mir nicht stimmte. „Ach nichts. Ich habe nur irgendwie Angst, dass heute Abend etwas Schlimmes passiert.“ „Ach Süße, wir waren schon so oft bei einer Schießerei dabei und bisher ist uns noch nie etwas passiert. Warum sollte heute etwas passieren? Komm schon, alles wird gut.“ Dann nahm er mich in den Arm und küsste mich sanft. Und in diesem Moment dachte ich auch, dass alles gut werden würde. Auf der Arbeit besprach unser Team nochmal die übliche Vorgehensweise bei einer möglichen Schießerei. Wir saßen alle ziemlich gelangweilt im Raum, da wir das schon hundertmal besprochen hatten. Bis zum Abend musste ich noch Berichte schreiben und dann ging es los. Ed brachte Verstärkung mit und wir fuhren zum Basketballfeld. Dort angekommen, zog ich meine kugelsichere Weste an und hielt Ausschau nach Mike. Er stand neben Ed's Wagen und wartete auf mich. Doch ich achtete nicht auf sein Grinsen, sondern schaute nur auf sein Hemd. Er hatte seine Weste nicht an. „Wo ist deine sie? Deine Weste?“ fragte ich ihn gereizt. „Vergessen“, murmelte er. „Vergessen!?“, wiederholte ich entsetzt, „du brauchst die Weste aber!“ „Ich weiß“, sagte er nur. Dann rief Ed uns zusammen und wir versteckten uns hinter ein paar Büschen am Basketballfeld. Mit gezogener Waffe wartete ich ungeduldig, bis die Banden kamen. Ich war sehr besorgt um Mike, da er keine Schutzweste trug und somit viel einfacher verwundet werden konnte. Dann war es so weit. Fünf Bandenmitglieder aus der einen Bande und vier aus der anderen traten auf das Feld. Einer der Männer sagte etwas, doch ich konnte nicht verstehen, was er gesagt hatte. Dann hob eins der Bandenmitglieder eine Waffe, doch bevor er sie ganz oben hatte, stürmte Ed aus dem Busch und schrie: „Waffe runter! FBI!“ Wir stürmten alle hinterher. Die anderen Bandenmitglieder zückten ebenfalls ihre vermutlich illegal erkauften Waffen und fingen an zu schießen. Ich suchte Schutz hinter eine Mülltonne und schoss einen Mann an, der gerade seine Waffe auf Ed gerichtet hatte. Ich traf ihm am Bein und er fiel verwundet zum Boden. Seine Waffe flog 3 Meter weiter. Es fielen wild durcheinander viele Schüsse und ich sah, wie einer Mann aus unserer Verstärkung angeschossen wurde.Ich schoss auf ein weiteres Bandenmitglied, doch die Kugel prallte an einer Metallplatte ab. Ich konnte schon gar nicht mehr zählen, wie viele Kugeln ich schon geschossen hatte. Einige der Bandenmitglieder lagen verwundet am Boden und schossen von dort aus weiter. Andere waren schnell abgehauen. Ich hatte Mike völlig aus den Augen verloren. Ich verschoss die letzten Kugeln aus meinem Magazin, als ich aus den Augenwinkeln sah, wie jemand zu Boden fiel. Ich drehte meinen Kopf und sah Mike, mit seiner Hand an seinen Bauch gepresst, am Boden liegen. „Nein!!!“, schrie ich, doch mein Schrei ging unter dem Gebrüll der anderen unter. Ich sah, wie Ed Mike eilig aus der Schusslinie zog. Die letzten Bandenmitglieder verschwanden und zerrten die Verletzten mit. Nach ein paar Minuten waren keine mehr auf dem Feld und ich rannte panisch zu Mike. „Mike! Oh mein Gott, Mike!“, weinte ich. Ed nahm mich in den Arm und flüsterte: „Hey, er lebt doch noch. Keine Sorge, alles wird gut. Du weißt, Mike ist sehr stark.“ Ich sah das dunkelrote Blut aus der Wunde laufen und wollte, dass der Krankenwagen endlich da war. Lautlos weinte ich vor mich hin. Ich konnte es einfach nicht glauben. Warum Mike? Wer hat ihm das angetan? Da hörte ich die Sirenen des ersehnten Krankenwagens. Die Sanitäter legten Mike auf eine Trage und fuhren ihn vorsichtig in den Krankenwagen. Schnell stieg ich mit ein. Ich hatte mit Widerspruch gerechnet, doch niemand sagte ein Wort. Die Tränen strömten mir über die Wangen und ich konnte an nichts anderes mehr denken außer an Mike. Als wir das Krankenhaus erreichten, hatte ich das Weinen aufgehört, doch ich hatte immer noch Angst um Mike, auch wenn der Arzt gesagt hatte, dass es im Moment gut aussehe. Mike wurde schnell in den OP- Saal gebracht. Die anderen aus meinem Team waren auch schon da. Ich wollte mit in den OP- Saal rennen, doch Veronika hielt mich fest. Ich wusste, dass es mir verboten war, dort herein zugehen, doch trotzdem wehrte ich mich gegen sie. Dann nahm sie mich fest in den Arm, bis ich mich nicht mehr rührte und nur noch lautlos an ihrer Schulter schluchzte. Sie drückte mich sanft auf einen Stuhl, der vor dem OP- Saal stand. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und heulte. Mir kamen alle Erinnerungen hoch. Wie Mike mit einem Rosenstrauch vor meiner Tür stand und einfach so sagte, dass er mich liebte. Wie er mich das erste Mal geküsst hat und wie fröhlich ich damals war. Ich konnte ohne ihn einfach nicht mehr leben. Stundenlang saßen Ed, Veronika und ich vor dem Saal und warteten. Wir warteten auf einen Arzt, der uns sagen würde, wie es Mike geht. Als der erste Arzt hinaus kam, stürzte ich mich auf ihn und fragte unter Tränen, wie es Mike ginge. Doch er sagte nur, dass er keine Auskunft geben dürfe und ging weiter. So ging das stundenlang. Immer wieder gingen Ärzte mit ernstem Gesicht hinein oder heraus, doch keiner gab uns eine Auskunft. Ich heulte jedes mal lautstark los, wenn ein Arzt kam, ohne ein Wort zu sagen. Dann war es soweit. Ein Arzt kam heraus. Er sah aus wie der Chefarzt und machte ein ernstes Gesicht. Ich rannte panisch auf in zu und fragte: „Was ist los? Wie geht es ihm? Kann ich zu ihm? Bitte, sagen sie doch etwas!“ „Sind sie eine Verwandte?“, fragte er völlig ruhig. So ruhig, dass es mich schon fast wütend machte. „Nein, ich bin die Freundin!““ rutschte es mir heraus, „und jetzt sagen sie endlich, wie es ihm geht!“ „Es tut mir leid,“ sagte der Arzt nur und sah mich bemitleidend an, „wir konnten nichts mehr für ihn tun.“ „NEIN!“, brüllte ich, „nein!!! Sagen sie, dass das nicht war ist! Das kann nicht war sein! Ich muss träumen! Nein! Mike!“ Ed packte mich und schob mich aus dem Krankenhaus heraus. „Es ist zu spät. Wir können nichts mehr für ihn tun. Komm.“ Er setzte mich ins Auto und fuhr auf das Revier. Ich weinte die ganze Zeit, ich schrie immer wieder los und ich wollte mich einfach nicht beruhigen. Es war einfach zu schrecklich. Mike...war tot! Ich würde ihn nie wieder küssen, nie wieder seine warmen Hände halten. Ich fühlte mich so verzweifelt. Ich war einfach am Boden zerstört. „Mike! Nein!!! NNEEIIINN!“ brüllte ich los. „Michelle! Michelle, beruhige dich bitte! Komm mit,“ beruhigte mich Ed und setzte mich auf die Couch in seinem Büro. Ich rollte mich zusammen und heulte. Es war, als wäre ein riesiges Loch in meinem Bauch entstanden. Ich konnte es nicht glauben. Ich hörte, wie sich die Tür öffnete, doch ich sah nicht auf. Ich hörte, wie Veronika zu Ed sagte: „Ich habe die Kugel aus Mike analysiert. Schau dir das an.“ Ed sog scharf die Luft ein. Dieses Geräusch ließ mich hochfahren. Was stand dort auf dem Zettel? Ich lief auf Veronika zu, doch sie versteckte das Papier hinter ihrem Rücken. „Was soll das? Was steht dort drauf?,“ fragte ich. „Nichts. Ähhm, da steht nichts wichtiges drauf. Nur ein Blatt Papier,“log sie mich an. Das machte mich so wütend, dass ich das Papier mit aller Gewalt aus ihren Händen riss. Ich las ich es. Daraufhin schrie ich entsetzt auf: „NEIN! Du musst einen Fehler gemacht haben! NEIN! Das kann nicht wahr sein. Oh mein Gott...“ „Es tut mir leid Michelle, aber... ich habe keinen Fehler gemacht,“ flüsterte Veronika. Und dann wurde mir schwarz vor Augen. Das nächste, das ich sah, war die Decke meines Schlafzimmers. Ich öffnete die Augen und sah, dass ich völlig alleine war. Dann erst erinnerte ich mich, was ich gerade gelesen hatte. Und ich musste schreien. Auf diesem einem Papier stand es, schwarz auf weiß. Dort stand, wer Mike umgebracht hatte. Ich war es gewesen. Ich hatte ihn umgebracht!!! Ich war es! „NEEEEIIIIIINNNNN!!!!!!“ schrie ich. Es war ein Querschläger aus MEINER Waffe gewesen. Mike war wegen MIR gestorben. MEIN geliebter Mike. Ich wusste nicht, was ich jetzt tun sollte. Ich stand auf und lief ziellos durch meine Wohnung. Nie, nie wieder würde ich ihn sehen, nie wieder würde er nur für mich lächeln. Er war für immer fort. Da sah ich sie. Sie lag auf dem Tisch. Einfach so. Wie leichtsinnig von Ed, sie dort abzulegen. Unwillkürlich musste ich lachen. Ein kurzer, schriller Lacher. Dann nahm ich sie in die Hand. Sie war die Lösung aller meiner Probleme. Ich würde Mike wieder sehen. Ich würde ihm einfach folgen. Ich hatte ihn umgebracht. Das war die Strafe dafür. Es war eine gerechte Strafe. Ich setzte sie an meine Schläfe an und schloss die Augen. Ich hatte Angst. Ich würde nie wieder meine Freunde sehen, nie wieder meine Eltern besuchen. Doch ich tat es trotzdem. Ich schoss. Und dann war ich weg.

 

Zwanzig Minuten später

Veronika klingelt. Doch Michelle macht nicht auf. Sie ruft:„Michelle? Michelle! Mach auf, ich habe Neuigkeiten! Du hattest Recht!!! Das Gerät hat einen Fehler gemacht! Du hast Mike nicht erschossen! Michelle!?“

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.02.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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