Das Wunder von Lennebach
Es gibt bekanntlich zwei Sorten Menschen auf der Welt. Die einen wohnen in Lennebach und die anderen wollen dort wohnen und das ist garnicht einfach zu erklaeren aber doch nicht so scwer um es zu verstehen warum Lennebach zu diesem Ruhm gekommen ist.
Klar ist auch, dass das nicht immer so war und man selbst in der naechsten Kreisstadt erst auf der Karte nachsehen musste wo dann der Ort war und ob er ueberhaupt noch zu dem Verwaltungsgebiet gehoerte. So kamen auch selten Fremde nach Lennebach und hoechstens, wenn sie sich verirrten weil auf der Umgehungsstrasse ein Unfall passiert war und dann die Autofahrer umgeleitet werden mussten.Im Grunde genommen also wussten nur die Lennebacher wo Lennebach lag und hatten sich laengst damit abgefunden, dass sie vom Rest der Welt vergessen worden waren.
Deshalb wunderte sich auch Niemand von ihnen, dass der Bus , der taeglich einmal morgends und einmal abends von der fernen Kreisstadt bis zum naechsten groesseren Ort verkehrte quasi an Lennebach vorbeifuhr und nur an der Einmuendung eines befestigten Feldweges hielt wenn ein Fahrgast den Busfahrer darum bat. Dort stand dann ein weisses Schild mit der Aufschrift, dass es nach Lennebach 0,5 Km seien
Und dieses Schild hatten die Lennebacher selbst dort angebracht, vielleicht, auch darum um sich in dieser Einoede wieder zu finden und nicht aus Versehen an ihrem eigenen Ort vorbei zu fahren denn wen haetten sie denn fragen koennen wo ihr Haus stand.
Landschaftlich hob sich Lennebach von der uebrigen Gegend nur davon ab, dass es etwas huegeliger lag als das uebrige Huegelland. Deshalb war es auch von der Umgehungsstrasse nicht einsehbar und die ersten Haeuser sanft an einem Hang gebaut waren der in einer Senke endete wo der Lennebach floss und von dem Lennebach seinen Namen hatte. Vielleicht war in grauer Vorzeit dieser Bach auch ausschlaggebend dafuer gewesen, dass sich Menschen hier niedergelassen hatten weil zumindest die Wasserversorgung sichergestellt war. Aus diesen ersten mutigen Siedlerpionieren war dann nach und nach ein kleiner Ort entstanden der aus Nachfahren von Wanderhirten und Leuten bestand die irgendwann durch Zufall an die Muehle am Bach gekommen waren um ein Stueck Brot zu erbeten und dann haengengeblieben waren. Diese alte Muehle existierte immer noch , sozusagen als Wahrzeichen des Ortes und passte sich, wie auch die uebrigen Haeuser, in Naturstein gebaut perfeckt der Umgebung an.
Lennebach hatte auch keinen Wald und die einzigen Baeume bestanden aus Apfelbaeumen die sich den gesammten Huegel vom Bach hinauf erstreckten und bis an die Haeuser wuchsen wodurch die Lennebacher alle ihren eigenen Apfelgarten hatten und nach Herzenslust im Herbst so viel Aepfel essen konnten wie sie wollten, denn es waren genug da. Es waren sogar so viele Aepfel da, dass sie davon Kompott machten und in jedem Haus ein grosses Holzfass mit selbstgemachtem Apfelmost stand und so viel, dass auch davon noch Apfelschnaps fuer das jaehrliche Apfelfest gebrannt wurde und die Frauen die leckersten Apfelkuchen der Welt bucken und dann zum Markt in die Kreisstadt fuhren um die ueberschuessige Ernte zu verkaufen. So waere Lennebach bis heute ein abgeschiedener Platz geblieben der zwar hervoragende Aepfel von bester Bioqualitaet auf dem Markt anbot, aber von dem die Kunden nur eine verschwommene Ahnung hatten wo genau sich dieser Ort befand..Aber wie der Zufell es will, sollte dieser Dornroeschenschlaf fuer Lennebach mit dem Tag enden, an dem die Frau des Buergermeisteres der Kreisstadt behauptete, dass ihre Gicht, um dessen Heilung sie sich jahrelang vergeblich bemuehte nahezu vollstaendig durch den Genuss der Lennebacher Aepfel geheilt sei Diese Heilung bezeichnete sie als Wunder und zeigte jedem zum Beweis ihre glatten Haende die vormals, vor dem Genuss der besagten Aepfel knochig und voller Schmerz gewesen waren und sie sich wie neu geboren fuehle.Diese unerwartete Reklame hatte zur Folge, dass auch andere Frauen ploetzlich positive Veraenderungen an ihrer Haut feststellten die ebenfalls auf die Aepfel der lennebacher Marktfrauen zuruech zu fuehren waren sodass man sich ab jetzt getrost die teueren Chremes und Gesichtsmasken sparen konnte wenn der gleiche Effekt mit preiswerten Aepfeln aus Lennebach erzielt werden konnte.
Und so war es nur eine Frage der Zeit bis der Begriff Marketing sich wie ein Geldschleier ueber Lennebach legte der vermarktet werden musste . Immer oefter konnte nun ein aufmerksamer Beobachter sehen, wie hin und her fahrende Autos noch ratlos an dem unscheinbaren Ortshinweis nach Lennebach vorbeifuhren und verstaendnislos auf ihrem Navigationssystem den Platz der Wunderaepfel suchten weil man auch vergessen hatte Lennebach per Satellit zu speichern und damit der Ort am Boden sowie vom Weltraum aus vorerst noch unsichtbar blieb.
Doch wie das Verbotene und Unentdeckte schon immer gelockt und eine besondere Anziehungskraft ausgeloest hatte fanden sich bald genuegend Gluecksritter um an dem sagenumwobenen Lennebach ihr Glueck zu finden und einen ganzen Korb dieser Wunderfruechte zu ergattern.
Die Folge war, dass die lennebacher Marktfrauen nicht mehr bis zur fernen Kreisstadt fahren mussten um ihre Ware anzubieten, sondern das nun die Kundschaft vor der Haustuere erschien was wiederum zur Folge hatte, dass den Lennebachern ihre Aepfel, welche prall und bunt an den Baeumen reiften langsam aber stetig abgeerntet wurden sodass die Lennebacher zu einer List greifen mussten um ihren ploetzlich erreichten Marktwert nicht nur zu erhalten , sondern nach Moeglichkeit auch noch zu steigern denn trotz ihrer Abgeschiedenheit waren die Lennebacher keineswegs dumm, wenngeleich ihnen ihr Einfallsreichtum keiner so recht zugetraut haette.
Denn was ihnen in dieser Situation einviel grenzte schon an einen Husarenstreich indem ein Bauer den Vorschlag machte kleine haken an den Stellen der abgepflueckten Aepfel zu installieren an denen man dann bereits abgeerntete Fruechte aus den Kellerbestaenden haengen konnte sodass nach wie vor der Eindruck entstand, dass staendig frisch vom Baum gepflueckte Lenneberger Wunderaepfel verfuegbar waren. Im Schnellverfahren wurden dann alle Schnapsbestaende im Kollektivverfahren auf eiligst besorgten Miniflaesch,chen mit der Aufschrift versehen, dass es sich bei dem Inhalt um " original Lennebacher Wundertrunk " handele. Die Sache kam jetzt derart in Schwung dass sich eine Abordnung auf den Weg machte um mit einer landesweit bekannten Grossbaeckerei ein Abkommen ueber die Vermarktung von " original Lennebacher Apfelkuchen " zu schliessen um durch den verkauf in Supermartketten den Profit steigern zu koennen.Als die Lennebacher reich wurden und erkannt hatten, dass Tauben zu Tauben und Geld zu Geld kommen stellten sie fest, dass ihre Moeglichkeiten der Vermarktung an ihre natuerliche Grenze gestossen war weil nicht genuegend Aepfel da waren um die Nachfrage zu befriedigen. Warum eigentlich nicht, dass in diesem Fall Aepfel zu Aepfel kommen mussten um lieferfaehig zu bleiben . Inzwischen war der befestigte Feldweg nach Lennebach durch eine geteerte Strasse ersetzt worden und ein weit sichtares Ortsschild zeugte vom Selbstbewusstsein der Buerger, dass der Besucher nun nach Lenneberg kommt. Jeder Bewohner hatte nun sein Haus verbessert um den erlangten Wohlstand auch sichtbar zu machen und deshalb bedurfte es keiner grossen ueberredungskunst um den Bau einer eigenen Destillantionsanlage zu bechliessen die mit Hilfe von Aepfelimporten aus ganz Osteuropa betrieben wurde.
Und da die Bewohner von Lennebach nie ihre Vergangenheit vergassen und zusammenhielten, achteten sie auch eifersuechtig darauf im Reichtum abgeschieden und unter sich zu bleiben und aus diesem Grund gibt es Menschen, welche gerne in Lennebach wohnen moechten und Menschen, die in Lennebach wohnen auch wenn sie nun per Satellit erfasst sind . Ein Wunder bleibt es doch. .
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.02.2012.
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