Tayla Marie Johnson

Magical










(Fly)


Mein Leben war
bis zu den Sommerferien nach der zehnten Klasse
eigentlich immer ganz normal gewesen.
Ich meine, ich war ein normales Mädchen, 16 Jahre alt,
in der High School, und hatte wohl keine schwerwiegenden Probleme,
sodass ich ein relativ unbeschwertes Leben hatte führen können.
Ich lebte mit meiner Mum und meinen Brüdern Nick (20) und Jimmy (8) und mit meiner Schwester Lisa(13) in einer mehrstöckigen Wohnung, in der Nähe von London, in Camden.
Ich besuchte eine normale Schule, mit normalen Schülern und normal gemeinen Lehrern.
Meine Eltern hatten sich scheiden lassen, als ich vierzehn war, doch für mich war das nicht schlimm gewesen, denn ich blieb bei meiner Mum.
Mein Vater war kein besonders netter Mann gewesen,
doch davon möchte ich jetzt nicht anfangen...
Ich heiße Tayla Johnson, doch alle nennen mich Fly.
Diesen Namen hatte mir meine Freundin Miley Smith gegeben,
auf die ich später nochmals zu sprechen komme.
Und genau dieser Spitzname war das einzig ungewöhnlich an mir. Gewesen.
Das Wichtigste ist, dass mein Leben, zumindest nach der Scheidung meiner Eltern, ziemlich unbeschwert und relaxed verlief.
Bis zu dem Tag, an dem sich alles änderte,
es war der Montag der zweitletzten Ferienwoche, als alles begann, sich zu verändern.
Ich bekam einen Brief.
Zugegeben, die Tatsache, dass ich einen Brief bekam, war sicherlich nichts ungewöhnliches.
Der Brief steckte in einem dunkelblauen Kuvert, das einen silbernen Stempel trug.
Auch das war wohl nichts ungewöhnliches.
Der Inhalt dieses Textes jedoch... der war dann schon etwas seltsam,
um nicht zu sagen unglaubwürdig:




Sehr geehrte Miss Johnson!
Sie sind ausgewählt worden,
ab dem September 2011 unsere Schule,
die School of Magic (SoM), zu besuchen.
Die SoM beschäftigt sich mit der Ausbildung
von jungen Hexen und Zauberern.
Im Laufe dieser Woche wird Ihr zukünftiger Pate aus unserer Schule sie aufsuchen, um Sie über genaueres zu unterrichten.


Wir freuen uns über unser baldiges Treffen und hoffen auf gutes gelingen,
Mit freundlichen Grüßen,


Valentino , Schulleitung.


Das war wohl nicht so ganz, was für gewöhnlich in einem Brief steht, richtig?
Ich hielt diesen Brief für einen schlechten Scherz, von meinen Freunden,
deshalb warf ich ihn weg, und hätte ihn auch fast wieder vergessen,
wenn nicht am nächsten Tag der selbe Brief wieder im Briefkasten gelegen hätte.
Dieses Mal fiel der Teil danach wohl etwas anders aus, als am Vortag...
Meine Mum öffnete nämlich den Brief, und sie hielt das nicht für einen Scherz.
Als ich nämlich aufstand, sah sie mich besorgt an.
Als hätte ich einen fürchterlichen Ausschlag im ganzen Gesicht.
Ich sah den Brief, und lachte.
„Ach, du hast den Brief gelesen? Keine Sorge, Mum, das ist nur ein dummer Scherz meiner Freunde“, sagte ich grinsend.
Doch sie schüttelte den Kopf.
„Nein mein Schatz“, sagte sie mit leiser Stimme, „das ist der Ernst des Lebens.


Du hast Magie im Blut“.
„Nein. Mum, dass kann nicht sein. Ich bin... ich bin gewöhnlich, Mum. Wieso denn ausgerechnet ich? Ich habe nichts an mir, was besonders sein könnte!“, sagte ich bestimmt.
Ich war überzeugt davon, niemand zu sein, der eben etwas besonderes ist. Niemand, der jemals auffallen würde. Und bestimmt keine Hexe...
„Tayla, mein Liebling, hör mir zu. Du bist eine Hexe. Deine Großmutter Catherine war auch eine Hexe. Ich würde dich doch nicht anlügen! Glaub es mir“, sagte meine Mum, mit einer ziemlich aufgewühlten Stimme.
„Okay... Puh, so was ist nicht besonders leicht zu glauben... Aber wieso denn nicht Nick, Jimmy oder Lisa?“, fragte ich verzweifelt.
Ich wollte keine Hexe sein. Und vor allem wollte ich nicht auf eine neue Schule.
„Ich weiß es auch nicht, Kind. Es tut mir so schrecklich Leid, ich hätte dich irgendwie darauf vorbereiten müssen, doch das habe ich nicht. Du musst mich hassen....“
„Nein, ich hasse dich bestimmt nicht! DU kannst ja nichts dafür... Okay. Ich bin eine Hexe.
Alles klar....“, sagte ich und atmete tief ein und aus.
„Du nimmst das ziemlich gelassen... Andere Jugendliche würden einen Heul- oder Schreikrampf bekommen“, sagte Mum lächelnd.
„Du weißt es zwar noch nicht. Aber innerlich schreie ich bereits“
Was tut eine junge Hexe, genau wie jedes andere jugendliche Mädchen, wenn es spontan echt krasse Nachrichten bekommt? Richtig, sie ruft die beste Freundin an, um ihr alles zu erzählen.
In meinem Fall war das Miley Smith, die aber von jedem Candy genannt wurde.
Candy war etwa so groß wie ich, um die 1, 70 m rum, schlank, und hatte hellblonde Haare.
Das Schönste an ihr waren ihre Augen.
Sie waren eher länglich, und die Farbe war citrinblau und strahlend.
Candy und ich kannten uns seit dem Kindergarten, also seit 13 Jahren.
Ihre Nummer war schon auf Kurzwahl in unserem Telefon eingespeichert,
ich brauchte nur die vier zu drücken.
„Hallo?“, fragte eine männliche Stimme in das Telefon hinein.
„Hei James, hier ist Fly. Ist Candy da?“, fragte ich,
denn ich kannte die Stimme von Candys Bruder James schon.
„Klar. Ich geb sie dir. CANDY!“, ihren Namen brüllte er laut.
Ich hörte ein „WAS IST?“, von weiter weg,
dann meinen Namen.
Kurz darauf begrüßte mich Candy überschwänglich.
„Ich hab echt krasse Neuigkeiten“, sagten wir dann gleichzeitig.
„Du zuerst“, sagte sie.
Ich erzählte ihr alles, von gestern an,
und war fast den Tränen nahe, als sie anfing, viel zu laut und viel zu hoch zu kreischen.
„Was zum...?“, sagte ich so laut, dass ich mich selbst wieder hören konnte.
„Ich wollte dir genau das selbe sagen. Ich hab den gleichen Brief bekommen!“, kreischte sie weiter, und dieses Mal kreischte ich mit.
Unser Kreischkonzert hielt eine halbe Stunde an,
bis meine Mum uns unterbrach, unter dem Vorwand, auch noch telefonieren zu müssen.
Ich war so so so aufgeregt, dass meine kleine Schwester Lisa und ich den restlichen Tag über nichts anderes mehr sprachen, als über die Zauberschule.
Sie schien sich darüber zu freuen, dass es Zauberer und Hexen doch gibt,
ich war da anderer Meinung.
Ich hoffte für sie, dass sie nicht auch magisches Blut in sich hatte,
doch sie wollte jetzt unbedingt auch eine Hexe werden.
Lisa ist ein Mädchen, dass eine blühende Fantasie hat.
Sie hat dunkelblonde bis hellbraune Haare, was immer wieder wechselt.
Sie hat blaue Augen, und dichte Wimpern, die ihre Augen umrahmen.
Außerdem ist sie eine Mischung aus zuckersüß und brutal frech und vorlaut.
Doch auch das wechselt, je nach dem, wie sie sich gerade fühlt.
Den restlichen Tag verbrachten Lisa und ich mit planen und reden,
wegen der neuen Schule eben.
Mir widerstrebte es, auf eine neue Schule zu gehen,
und alles hinter mir lassen zu müssen.
Hoffentlich würde es kein Internat werden,
dann würde alles noch erträglich werden...
Doch es sollte anders kommen.


Am nächsten Tag war meine Mum in der Klinik, in der sie als Ärztin arbeitete,
Nick war nicht zu Hause,
und Lisa und Jimmy waren bei Freunden.
Nur ich war da, und genau das genoss ich.
Ich badete zuerst ausgiebig, föhnte meine Haare uns zog mich dann an.
Um zwölf Uhr klingelte es an der Tür.
Ich ging an die Fernsprechanlage und sagte „Ja?“
„Hei, hier ist Gideon Capris, ich soll dich besuchen kommen, um dir das ganze Zeug wegen der SoM zu erklären“, sagte eine männliche, melodische Stimme.
Ich drückte auf diesen Knopf, mit dem man die Haustür aufmachen kann,
wenn man selbst noch in der Wohnung ist.
Wenige Minuten später klingelte es an der Haustür.
Ich öffnete die Tür,
und vor mir stand ein etwa 1, 80 großer Typ,
mit dunklen, Haaren, die ihm lockig bis zum Kinn gingen.
Er sah echt gut aus, mit seinen kristallblauen Augen,
seiner geraden Nase, und seinen geschwungenen Lippen.
Wir standen uns eine Minute lang nur gegenüber, und starrten uns an.
„Hei, ich bin Gideon, kann ich reinkommen?“; fragte er und lächelte ein wunderbares Lächeln,
bei dessen Anblick ich fast geschmolzen wäre.
„Äh, ja klar...“, sagte ich.
Ich verfluchte mich sofort dafür, dass ich in diesem Moment nicht so lässig wirkte,
wie er es tat.
Ich führte ihn ins Wohnzimmer, und wir setzten uns auf das dunkle Sofa.
„Also.. Wo soll ich anfangen? Na gut. Du bist Tayla richtig?“,
fragte er und sah mich an.
Ich nickte.
„Okay. Du hast eine Gabe. Du hast magisches Blut, was heißen soll, dass du dazu auserwählt worden bist, eine Hexe zu werden“, begann er.
Welcher Volltrottel hatte mich dazu ausgewählt, eine Hexe zu werden?
Wenn ich den kennenlerne...
Ich nickte wieder.
„Also.. Du.. Hast du Verwandte, die ebenfalls Hexen oder Zauberer sind?“,
fragte er mich.
„Meine Großmutter war eine Hexe, sie ist allerdings seit zehn Jahren tot“,
sagte ich, und versuchte so cool wie möglich zu wirken.
Ich wollte nicht vor ihm losheulen und schluckte die Tränen runter.
„Oh. Das tut mir leid. Aber okay. Ich... Sorry, das ist das erste Mal,
dass ich das jemandem erklären muss... Also. Du bist eine Hexe,
oder sollst zumindest eine werden. Deshalb musst du ab dem nächsten Schuljahr
auf die School of Magic gehen, wo man dich in mehreren Fächer unterrichtet,
in denen du eben alles über die Zauberei beigebracht bekommst.
Und... na ja. Das sind eben Allgemeines, Zaubereigeschichte, magische Tiere & Pflanzen,
Heilkunst, Verteidigung & Kampf und Verwandlung“, erklärte er mir.
„Aha. Und wieso genau muss ich jetzt auf diese Schule?“, fragte ich.
„Weil du eine Hexe bist. Und weil... weil es eben deiner Bestimmung ist“, druckste er herum.
„Aha. Und wie lange muss ich da bleiben?“
„Fünf Pflichtjahre. Das läuft ab, wie auf einer normalen Schule;
wenn du nicht gut genug bist, musst du das Schuljahr wiederholen.
Abgesehen von diesen besonderen Fächern, gibt es auch noch die Fächer,
die du bisher hattest... Also Mathe, Englisch, Bio und so weiter...“,
antwortete er.
„Das heißt, ich muss da jetzt fünf Jahre sein... Aber sag mir, dass es kein Internat ist“
Obwohl, danach könnte alles nicht mehr schlimmer laufen...
„Es ist ein Internat. Aber wir haben da viele Ferien, du kannst deine Familie besuchen,
wenn du willst, oder du bleibst in der Schule, das ist dir überlassen“, sagte er,
und sah mich tröstend an.
„Und gibt es nicht eine Möglichkeit, diesen Fluch... Pardon, diese Gabe, irgendwie zu umgehen?“, fragte ich.
„Nein. Aber zaubern macht Spaß, ehrlich. Du willst gar nicht mehr weg, wenn du mal in der School of Magic warst, glaub mir“, sagte er lächelnd.
Dieses Lächeln...
Sein Gideon-Lächeln.
Ich verbot mir selbst jetzt zu sagen „ich will aber nicht“.
Er sollte mich ja nicht für ein kleines Kind halten.
„Also fünf Jahre. Und du bist auch ein Schüler?“
„Ja. Ich bin im Moment in der dritten Klasse.
In der ersten und zweiten Klasse habt ihr normalen Unterricht, also die normalen Fächer, und die magischen.
In der dritten Klasse schreibt ihr dann die Abschlussprüfung in den normalen Fächern,
ab der vierten habt ihr nur noch Unterricht in den magischen Fächern.
Aber es gibt wenigstens keine bösen Lehrer oder so“, antwortete er mir.
„Woher kannst du das wissen?“, fragte ich weiter.
„Ich hatte alle Lehrer schon mal...“, erklärte er.
Das macht allerdings Sinn.
Also nickte ich kurz.
„Also, eigentlich brauchst du dir echt keine Sorgen machen. Bis jetzt hat doch jeder die Schule gemocht“, sagte er, was wahrscheinlich zur Beruhigung dienen sollte.
Es war allerdings dieser Tonfall, mit dem er diesen Satz sagte.
So, als wäre ich das allerletzte.
Der letzte Loser.
Als ob ich nichts drauf hätte.
„Wofür hältst du mich eigentlich?“, fuhr ich ihn an.
Er sah mich verwundert an,
und zögerte eine kurze Zeit, bis er mir antwortete.
„Wie meinst du das?“, fragte er im ernsten Ton.
„So wie ich es sage!“, zischte ich.
„Äh...“, machte Gideon.
„Du tust, als wäre ich der letzte Volltrottel! Was soll das, du kennst mich doch gar nicht!“,
fauchte ich weiter.
„Also...“, sagte er.
„Also?“, fragte ich
„Ich weiß nicht so genau, wir kennen uns ja gar nicht...“, sagte er zögernd.
Jetzt hatte ich es mir wahrscheinlich ganz vermasselt. Wieso schreie ich ihn auch an?!
Ich schwieg.
„Also... Falls es dir hilft, ich halte dich nicht für einen Volltrottel...“, sagte er, etwas leiser.
„Und für was dann?“, fragte ich ruhiger.
„Wie gesagt, ich kenn dich ja gar nicht...“, wiederholte er.
Ich wusste genau, was das zu bedeuten hatte: Du bist scheiße.
Na vielen Dank auch!
„Ich glaube, es wäre das Beste, wenn du jetzt gehst!“, fauchte ich, die Augen zu Schlitzen verengt, in der Hoffnung, dass es bedrohlich wirken würde.
„Kannst du mich bitte mal aufklären?“, rief er zurück.
Ich wich unwillkürlich zurück, als er die Stimme hob.
„Wieso bist du auf einmal so komisch? Ich hab doch überhaupt nichts falsches gesagt, oder etwa doch?!“, fuhr er fort und sah mich erwartungsvoll an.
„Nein...“, sagte ich.
„Also was ist dann bitte los?“, fragte er, weiterhin mit diesem durchdringenden Blick im Gesicht.
„Du hältst mich für den letzten Trottel, das ist los!“, sagte ich und fing dabei wieder an, bedrohlich zu zischen.
„ich hab dir doch schon gesagt, dass ich nicht denke, dass du ein Trottel bist!“, sagte er stöhnend.
„Ja, und als ich dich gefragt habe, für was du mich dann hältst, hast du überhaupt nichts mehr gesagt“, sagte ich bissig.
„Stimmt nicht. Ich hab gesagt, dass ich nicht weiß, wie du bist, weil ich dich seit ungefähr einer halben Stunde kenne!“, korrigierte er mich, nicht minder bissig.
Ich sagte nichts mehr, denn er hatte vermutlich Recht.
Wie konnte er denn wissen, wer ich bin, wenn wir uns erst eine halbe Stunde kannten?!
„Sonst noch was?“, fauchte er, während er vom Sofa aufsprang.
Ich schüttelte leicht den Kopf.
Er ging in den Flur, und wollte die Türe öffnen, doch ich ragte: „Wo gehst du hin?“
„Nach Hause! Mir reicht´s!“, sagte er, und knallte die Türe hinter sich zu.
Was hatte ich nur getan?
Ich lief nach draußen, die Treppen runter,
um ihn aufzuhalten.
„Gideon“, schrie ich, draußen angekommen.
Er saß schon auf einem schwarzen Motorrad und wollte sich gerade einen Motorradhelm aufsetzen, als ich ihn erreichte.
„Was willst du?“, fragte er bissig.
„Ich...“, sagte ich stockend.
„Du?“, fragte er genervt.
„Ich hab vielleicht ein kleines bisschen übertrieben...“, gab ich widerwillig zu.
„Meinst du?“, fragte er übertrieben sarkastisch.
„Ja... Und... na ja, tut mir leid“, sagte ich.
Er stieg von seinem Motorrad ab, und ging wieder zum Haus zurück.
Als ich mich nicht vom Fleck rührte, drehte er sich um,
und sagte: „Was ist? Kommst du, oder muss ich dich tragen?“
Ich lief zu ihm.
Dann grinste er, und ich sah ihn verwundert an.
„Was ist los?“, fragte ich ihn.
„Ach nichts...“, sagte er
Ich sah ihn erwartungsvoll an,
und daraufhin antwortete er:
„Mir ist nur gerade klar geworden, wie ich dich finden soll“
„Und wie?“
„Ich weiß nicht genau, weil ich glaube, dass du ziemlich kompliziert bist“
„Stimmt. Aber daran gewöhnt man sich“, sagte ich grinsend.
„Dann ist ja gut“; sagte er lachend.
„Und? Sag doch, wenn du´s jetzt weißt“, bettelte ich weiter.
„Ich sags dir, wenn die Zeit dafür gekommen ist, okay?“
„na gut“, gab ich nach.
„Und jetzt lass uns gehen“
„Äh.. Wohin denn?“, fragte ich.
„Ins magische London, Schulsachen kaufen“, sagte er ruhig.
„Jetzt? Sofort?“, fragte ich.
Ich hatte mich noch gar nicht richtig fertig gemacht, bestimmt sah ich wie noch was aus.
„Keine Sorge, du siehst gut aus“, sagte er, als hätte er meine Gedanken gelesen.
Ich sah ihn grinsend an.
„Ist echt so“, sagte er nochmal.
„Danke“, sagte ich und spürte, wie mir Blut in die Wangen stieg.
Gideon kam einen Schritt auf mich zu,
und berührte meine Wange mit seinen warmen Fingern.
Ich sah zu ihm hoch, in seine Kristall blauen Augen und unsere Blicke begegneten sich.
„Du bist wunderschön“, flüsterte er mir zu, und ich spürte seinen Atem in meinem Gesicht.
Er beugte sich näher zu mir und küsste mich.
Ich war für einen Moment wie erstarrt, dann kamen diese vielen Fragen, die eben kommen,
wenn man sich bei etwas unsicher ist;
Was tut er da?
Wieso tut er das? Hat er eine Freundin? Was empfindet er für mich? Was empfinde ich für ihn? Wie wird das weitergehen? Und und und...
Und bevor ich auch nur eine Antwort auf wenigstens eine dieser Fragen gefunden hatte,
hatten sich seine Lippen wieder von meinen gelöst.
Mochte er mich wirklich, oder war das nur die Reaktion auf das, was geschehen ist?
Er sah mich an, und ich wusste wirklich nicht, was ich von ich halten sollte.
Also schlug ich ihm mit der flachen Hand auf die Wange.
Es klatschte laut, aber es schien ihm nichts getan zu haben.
Im Gegensatz, er küsste mich wieder.
Wieso?
Auch nach diesem Kuss schlug ich ihn wieder.
„Wenn er mich jetzt nochmal küsst, dann meint er es ernst“, dachte ich mir.
Und er küsste mich wieder.
Und dieses Mal erwiderte ich seinen Kuss.
Er legte seinen Arm um meine Hüfte, denn die andere Hand hatte er noch an meiner Wange,
und als Reaktion auf das schlang ich meine Arme um seinen Hals.
Mein Herzschlag geriet völlig außer Kontrolle,
er war bestimmt fünf mal so schnell, wie sonst.
Ich war mir sicher, dass Gideon das spüren konnte,
denn wir standen so nah aneinander,
dass ich auch seinen spüren konnte...
Dieser Kuss war so atemberaubend schön,
dass ich wirklich alles um mich herum vergaß,
und nur noch an ihn und an seinen Kuss dachte.
Zugegeben, es war mein erster Kuss gewesen,
wenn man den Kindergarten nicht mitrechnet...
Und genau das war der Grund, weshalb ich wahrscheinlich doppelt so aufgeregt war,
wie ich hätte sein müssen.
Als sich seine Lippen von den meinen lösten, keuchte ich leicht,
und er musste grinsen, als er das hörte.
„Lach nicht“, sagte ich, musste dann aber selbst grinsen.
Er machte wieder ein relativ ernstes Gesicht.
„Gehen wir?“, fragt er.
„Liebend gern“, sagte ich, und er ging wieder zu seinem Motorrad.
Dann flogen zwei Motorradhelme auf uns zu,
aber er schien sich dabei nicht zu erschrecken.
„What the...“, sagte ich.
„Fang einen“, riet mir Gideon, kurz bevor mich einer der Helme in den Bauch traf.
Ich hielt ihn mit den Händen fest und sah Gideon fragend an.
„Aufrufzauber“, antwortete Gideon auf meine nicht ausgesprochene Frage.
Ich nickte.
Wir setzten uns auf sein Motorrad, und er fuhr los.
So schnell, dass wir zu fliegen schienen.
Mit rasanter Geschwindigkeit fuhren wir in die Innenstadt.
Zirka 15 Minuten flogen beziehungsweise rasten wir, bis Gideon auf einem Parkplatz nahe eines kleinen Parks hielt.
Wir stiegen ab, er nahm mir meinen Helm ab und schmiss beide Helme in die Luft.
Mit einem leisen „Puff“ lösten sie sich auf, und waren verschwunden.
Ich fragte nicht mehr nach, wie das passieren konnte,
denn die Antwort hatte ich ja bereits: Magie.
Gideon sah mich eine Zeit lang an.
„Was ist?“, fragte ich, als sich unsere Blicke begegneten.
„Also, wegen dem Kuss...“, begann er.
Verdammt. Er hat wohl doch ne Freundin!
„Ja?“, fragte ich.
„Also... ich weiß nicht, wie ich das jetzt sagen soll...“, fuhr er fort.
Sag es doch einfach. Sag: Es war wunderschön, aber ich hab eine Freundin.
Ich wartete auf eine Antwort, und auf den darauffolgenden Schmerz,
der vermutlich mein Herz zerreißen würde.
Doch er beendete den Satz nicht.
Er ließ das Ende einfach in der Luft hängen.
Erwartungsvoll sah ich ihn an.
Dann lachte er los.
„Was ist denn so witzig?“, erkundigte ich mich.
„Na ja... Eigentlich nur die Situation, in der wir uns gerade befinden...“, klärte er mich auf.
Aha. Der Typ hatte ja nen komischen Sinn für Humor.
„Lass und los gehen“, sagte er, nach dem er sich wieder eingekriegt hatte.
Er nahm mich bei der Hand und zog mich die mir bekannten Straßen entlang,
bis zu einem bestimmten Laden,
den ich nur zu gut kannte; Candys und mein Lieblingsladen für Süßigkeiten.
Gideon hielt mir die Tür auf und ich betrat den Laden.
Drinnen herrschte wie immer eine Unruhe,
da so viele Menschen im Laden waren, dass niemand in der Lage war,
seine eigene Stimme zu vernehmen.
„Wir gehen in das Hinterzimmer“, schrie Gideon, mir zugewandt,
und dirigierte mich zu einer Tür.
Wir betraten das Nebenzimmer, in dem Unmengen von süßem in Regalen standen.
„oh mein Gott“, dachte ich, als ich den Inhalt dieses Raumes sah.
Eine Frau kam nach uns in das Nebenzimmer, und ich bemerkte, dass es die Ladeninhaberin war, deren Namen ich nie herausgefunden hatte.
„Tayla, Gideon, hallo“, sagte sie freundlich und lächelte uns zu.
„Wir müssten ihre Hintertür benutzen, Mrs Ried“, sagte Gideon höflich.
„Natürlich“, entgegnete sie und eine weitere Tür tauchte vor unseren Augen auf.
Gideon nahm den Türknauf, öffnete die Türe und sagte mit seinem Gideon-Lächeln im Gesicht: „Mylady“
Wir verabschiedeten uns von Mrs Ried, die jedem von uns noch einen Beutel voll Süßigkeiten schenkte, und verließen den Laden.
„Ist sie...?“, fragte ich Gideon, als wir draußen auf dem Hinterhof des Ladens standen.
„Ja, Alice Ried ist eine Hexe“, antwortete Gideon gelassen.
„Wieso arbeitet sie dann hier?“, fragte ich weiter.
„Damit sie die neuen Hexen und Zauberer kennenlernt. Es gibt nämlich keinen anderen Weg ins magische London, als durch ihre Hintertür“, erklärte Gideon.
Erst dann bemerkte ich die drei Meter hohe, golden glänzende Mauer, die knapp einen Meter weiter stand.
Gideon tippte sie mit seinem Zeigefinger, die Mauer öffnete sich und gewährte uns Einlass in das „magische London“.
Dieses magische London hatte ich mir eigentlich, wenn überhaupt anders, altmodischer als das London, das ich kannte, vorgestellt.
Doch es war so... kreativ. Alles war bunt und lebensfroh und irgendwie …. magisch.
Und es war wirklich ganz anders, als das London, das ich bisher kannte.
Dagegen wirkte das „nicht-magische London“ fast schon trostlos und langweilig,
obwohl es bis da meine Lieblingsstadt gewesen war.
Mir bleib nicht so viel Zeit, mich umzusehen, denn Gideon zog mich weiter,
an allen schönen Häusern und Menschen vorbei, bis zu einem Haus,
das goldbraun war, und im Gegensatz zu den anderen alt wirkte.
Wieder hielt Gideon mir die Tür auf, sagte „Mylady“ und lächelte mich an.
Ich betrat den Laden, und ehe ich mich noch fragen konnte, um was für eine Art Laden es sich handeln würde, war ich mir der Antwort bewusst: Buchladen.
Alles war voll gestellt mit Heften, Büchern und Magazinen.
Manche Bücherstapel waren so hoch, dass sie den kleinen Mann, der zwischen ihnen stand, mehr als überragten.
„Guten Tag, Gideon“, sagte dieser Mann lächelnd.
Er war 1, 50 groß und hatte weiße, kurze Haare.
Was an ihm aber besonders auffallend war, war sein freundliches Lächeln, das mein Herz sofort erwärmte, als ich es sah.
„Guten Tag, Mr Thomas“, begrüßte Gideon ihn.
„Was kann ich für euch tun, Kinder?“, fragte Mr Thomas mit seinem freundlichen Lächeln.
„Tayla und ich benötigen die Bücher für Schuljahr eins und drei“, antwortete Gideon höflich.
„Tayla? Und der Nachname?“, fragte Mr Thomas,
der jetzt urplötzlich eine Liste in der Hand hatte.
„Johnson“, sagte Gideon, ehe ich das selbst sagen konnte.
„J-Johnson? Wie Catherine Johnson?“, fragte Mr Thomas, der kalkweiß wurde.
Ich nickte.
„Catherine Johnson war meine Großmutter“, bemerkte ich.
„Wirklich? Würdest du ihr einen lieben Gruß von mir ausrichten? Warte mal... war?“
„Ja. Sie ist seit zehn Jahren tot“
Ich spürte, wie Tränen in mir hochkamen und konnte sie gerade noch wieder herunterzuschlucken, bevor ich hemmungslos angefangen hätte, zu heulen.
„Oh. Das tut mir leid. Ich selbst war ein guter Freund deiner Großmutter, liebes Kind“,
sagte Mr Thomas, der nun ebenfalls mit den Tränen kämpfte.
Dann schien ihm die große Erleuchtung zu kommen,
er flitzte ohne ein Wort zu sagen aus dem Raum,
und kam wenige Minuten mit einem kleinen Kästchen wieder in den Raum.
„Das hat deine Großmutter mir gegeben, damit ich es für ihre magischen Nachkommen aufbewahren“, erklärte er und reichte mir das kleine Kästchen.
Ich öffnete und sah, was sich darin befand: ein kleines, silbernes Medaillon, in das mehrere
kleine Herzen und Schnörkel eingeritzt waren.
„Wie schön“, entfuhr es mir.
„Es soll dir Glück bringen“, erklärte er mir.
Ich lächelte ihm zu und er schien sich wieder zusammen zu reißen,
denn wieder verschwand er aus dem Raum, und kam mit einem großen Stapel Bücher wieder.
„Oh mein Gott“, rief ich aus, als ich diesen Bücherstapel sah, „der ist ja riesig“
„Das sind Gideons“, erklärte Mr Thomas, kam aber wenige Minuten später mit einem fast genauso hohen Bücherstapel wiederkam.
Ich ließ meinen Kopf auf mein Schlüsselbein fallen.
Gideon verstaute seine Bücher in seinem Rucksack, was erstaunlich war, denn es waren bestimmt mehr als zwanzig Bücher, die er da rein zwängte.
Wesentlich erstaunlicher war jedoch, dass er meine Bücher auch noch in seinen Rucksack passte, und dieser nicht die Spur ausgebeult war.
„Wie hast du das denn bitte gemacht?“, fragte ich völlig entgeistert.
„Ich hab den Rucksack so verzaubert, dass ich jede Menge Zeug rein stopfen kann, ohne das man es ihm ansieht, geschweige denn, dass man das wahre Gewicht spürt“, erklärte Gideon, plötzlich wieder von oben herab.
Was war denn nun schon wieder?
Wir verabschiedeten uns von Mr Thomas und gingen wieder raus, an die frische Luft.
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, zog Gideon mich weiter, zum nächsten Laden.
Dieser war ein dunkelblauer, moderner wirkender Laden, der eigentlich ziemlich gut aussah.
Von außen.
Von innen jedoch wirkte er wie eine Gruft. Von einem Vampir.
Und genauso sah auch der Ladeninhaber, Mr Vladovic, aus; wie ein Vampir.
Aschfahle Haut, gerötete, dunkle Augen, dunkle Kleidung,
lediglich die Reißzähne fehlten.
„Guten Tag, Mr Vladovic“, begrüßte Gideon den Vampir kühl.
„Gideon, welche Freude Sie zu sehen. Und wen haben Sie mir da mitgebracht?“, fragte Dracula... Pardon, Mr Vladovic, nicht minder kühl.
„Das ist Tayla Johnson, eine neue Schülerin, die einen Zauberstab benötigt“, stellte Gideon mich vor. Ich rang mich zu einem Lächeln durch, das von dem Vampir nicht erwidert wurde.
Er nickte nur.
„Ich werde Ihnen erst einmal ein paar Fragen stellen und möchte Sie bitten, diese ohne viel Überlegen zu beantworten“, sagte er.
Ich nickte.
„Geburtsdatum?“, fing er an.
„9. August, 1996“, antwortete ich.
„Größe?“
„1,70“
„Natürlich. Schuh- und Kleidergröße?“
Was wollte der denn mit dem ganzen Zeug?
„38 – 39, S“
„Lieblingsfarbe?“
„Pink“
Daraufhin schnaubte Gideon verächtlich.
Ich sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
Er ignorierte das und sah bewusst in die andere Richtung.
„Lieblingstiere?“
„Katze, Kolibri, Pinguin..“
„Lieblingsbaum?“
„Kirschbaum“
Wieder ein Schnauben von Gideon.
„Lieblingsblume?“
„Rose. Pinke Rosen. Oder weiße“
Ein erneutes, verächtliches Schnauben war von Gideon zu hören.
„In Ordnung. Ich hole Ihnen nun ein paar Exemplare zum Testen“, sagte der Vampir endlich und verschwand dann in einem Hinterzimmer.
Ich fixierte Gideon, der meinen Blicken immer noch auswich.
„Was ist eigentlich los mit dir?“, fuhr ich ihn an.
„Wieso?“, fragte er genervt zurück.
„Weil du bei allem, was ich sage, nur verächtlich schnaubst“, gab ich zurück.
„Weil du ein kleines Kind bist“, sagte er.
„Bitte?“, fragte ich verständnislos.
„Pink. Kirschbaum. Rosen. Rote oder Weiße Rosen“, äffte er mich unangenehm genau nach, „hör dir mal beim Sprechen zu, dann merkst du es selbst. Oder frag ein paar 5-jährige Mädchen. Die werden das gleiche sagen“, sagte Gideon kalt.
„Was soll ich denn sonst sagen?“, zischte ich.
„Zum Beispiel etwas erwachsenes“, antwortete Gideon.
„Und was ist deiner Meinung nach erwachsen?“
„Auf jeden Fall kein Pink“, schnaubte er verächtlich.
„Oh, dann tut es mir natürlich furchtbar Leid, nicht euren Ansprüchen zu genügen, eure Hoheit. Ich bitte vielmals um Verzeihung!“, fuhr ich ihn an.
Gideon sagte nichts mehr und da ich bestimmt nicht die sein wollte, die das Schweigen brach, hielt auch ich den Mund.
Dieses Schweigen wurde vom Hereinkommen von Draculas Bruder gebrochen,
der mir sofort einen Zauberstab in die Hand drückte.
Er verlief ziemlich zackig, fast wie ein Blitz, war golden marmoriert und roch nach Holz.
Gideon und Dracula sahen mich erwartungsvoll an.
„Schwingen Sie den Zauberstab!“, befahl der Vampir.
Was soll ich denn jetzt machen? Gibt es da bestimmte Techniken, oder was?
Ich sah wie Gideon fast unmerklich seinen Zeigefinger in Form einer liegenden Acht schwingen.
Also tat ich es ihm mit dem Zauberstab in der Hand gleich.
Aber nichts geschah.
„Aha“, machte Vladovic und reichte mir den nächsten Zauberstab.
Dieser hatte drei Kugeln in mitten des Stabes, er sah fast aus, wie ein menschlicher Finger.
Wieder schwang ich den zauberstab, doch nichts tat sich.
Auch diesen riss mir Vladovic aus der Hand und gab mir einen neuen Zauberstab.
Er war dunkelbraun, sechseckig und roch irgendwie nach Metall.
Bei diesem Zauberstab tat sich auch nichts, und so reicht Mr Vladovic den nächsten Zauberstab, einen geraden, silberfarbenen Zauberstab, dessen Geruch ich nicht definieren konnte, doch er roch wirklich gut.
Er erfüllte mich mit Wärme, als ich ihn aufnahm, doch noch bevor ich ihn umher schwingen konnte, wurde er mir von Vladovic auch schon wieder aus der Hand genommen, und in seinem Etui verstaut.
Ich wollte gerade protestieren, als Vladovic sagte: „Dies ist der Richtige“
Ich nickte also nur und sah zu, wie Gideon meinen neuen Zauberstab an sich nahm.
Dann zog er mich aus dem Laden, ehe wir uns von Vladovic verabschieden konnten.
„Du bist nicht gerade höflich!“, bemerkte ich.
„Nicht?“, fragte Gideon und zog dabei eine Augenbraue hoch.
„Ganz und gar nicht“, stellte ich fest.
„Nun, wir haben es eilig. Komm“, sagte er und wolte mich gerade am Handgelenk fassen,
als ich ihm meine Hand entzog.
„Was hast du eigentlich für ein Problem? Erst stresst du rum, weil ich wissen will, ob du mich für einen Volltrottel hältst, dann küsst du mich mehrmals um eine halbe Stunde später wieder fies zu mir zu sein. Was hast du bitte für Probleme?!“, zickte ich ihn an.
Er schluckte und dachte ein paar Sekunden nach, ehe er sagte: „Mein Problem ist...
Also du bist aber auch nicht... Und außerdem...“
Was er sagte, war nur wirres Zeug, weshalb ich nichts zusammenhängendes hören konnte.
„Könntest du bitte mal etwas sagen, was zu gebrauchen ist?!“, fuhr ich ihn weiter an.
„Also wirklich! Du bist die, die Probleme hat, nicht ich!“, sagte er, vollkommen unerwartet.
„Ich? Beantworte mir diese Fragen: Wer stresst rum, weil der andere wissen will, für wie man ihn hält, wer küsst wen danach und wer ist eine halbe Stunde später wieder ein riesen Assi? Du oder Ich?“, fragte ich und wurde dabei allmählich hysterisch.
Gideon schluckte und es war eine Zeit lang ruhig, bis er sagte:
„Du hast ja Recht. Und es tut mir auch Leid, was ich getan hab. Ich... ich weiß nicht, was ich von dir halten soll, Tayla. Ich meine auf der einen Seite bist du so... kindisch und zickig und störrisch und na ja... auf der anderen Seite bist du so hübsch und süß und witzig“, antwortete Gideon.
„Und deshalb wechselst du jetzt zwischen Küssen und rum zicken?“, fragte ich, etwas ruhiger als zuvor.
„Na ja... Ja.. Aber ich weiß selbst, dass das nicht unbedingt angebracht ist. Wie wär´s wenn
wir´s einfach dabei belassen?“
Er sah mich erwartungsvoll an, mit seinen wunderbaren, kristallblauen Augen.
Ich nickte.
„In Ordnung“, sagte ich und lächelte.
„Na dann... Wir haben noch ein paar Läden vor uns. Gehen wir?“
Wieder nickte ich und ließ mich von ihm von Laden zu Laden ziehen.
Diese waren gar nicht mehr so außergewöhnlich, abgesehen vielleicht von einer Schneiderei, bei der wir für morgen einen Termin vereinbarten.
Ansonsten waren es ziemlich gewöhnliche Läden für Schreibwaren und so weiter.
Nach dem Besuch der verschiedenen Läden fuhr Gideon mich wieder nach Hause,
auf seinem Motorrad, mit rasender Geschwindigkeit.
Als wir vor der Tür standen, waren wir beide uns wohl nicht so ganz sicher, was wir jetzt noch sagen oder tun könnten, wir standen voreinander da und sahen uns an.
„Ähm... Also, Tschau“, sagte ich.
Ich wollte mich gerade umdrehen, und ins Haus gehen, da fasste mich Gideon am Handgelenk und zog mich wieder zu sich.
Dann küsste er mich zuerst auf beide Wangen, dann auf die Stirn, gab mir dann seinen Rucksack und sagte „Bis morgen“
Wieder drehte ich mich um, um ins Haus zu gehen,
doch dieses mal hielt er mich nicht mehr davon ab.
Oben war niemand zu sehen, niemand der mich begrüßte.
Ich ging in mein Zimmer und packte den Rucksack aus.
Für mich waren zirka zwanzig Bücher drin;
für alle Fächer jeweils eins. Mathe, Englisch, Deutsch, Französisch, Geographie, Philosophie,
Wirtschaft, Musik, Religion, Kunst, Chemie, Biologie, Physik, Technik und die magischen Fächer; Verwandlung, Allgemeines, Zaubereigeschichte, Heilkunst, magische Tiere & Pflanze und Kampf & Verteidigung. Also insgesamt viel zu viele Fächer...
Gideons Bücher waren allerdings noch wesentlich mehr, da er mehrere Zusatzkurse belegt hatte, und für jeden Kurz eben ein Buch benötigt.
Nachdem ich meine neuen Schulsachen in meinen Schränken und Regalen verstaut hatte,
rief ich Candy an, um ihr von meinem Tag zu berichten.
„Hei Fly, wie geht’s?“, hörte ich sie am anderen Ende der Leitung sagen.
„Hei, ganz gut und dir? Wie war dein Tag? Kam bei dir auch so ein Typ aus der neuen Schule vorbei?“
„Ja, total cool, er heißt Daniel und hat blonde Haare, geht in die dritte Klasse, komisch jetzt wieder in der ersten Klasse anzufangen, oder? Na ja auf jeden Fall sieht er echt toll aus und hach Fly... Ich glaube, er steht auf mich...“, berichtete sie mir.
„Echt, woher weißt du das?“, wollte ich wissen.
„Er hat mich geküsst“
„Ich will dir jetzt nicht die Stimmung vermiesen, aber ich glaube nicht, das du daran erkennen kannst, ob ein Kerl in dich verliebt ist, oder nicht...“
„Ach ja? Warum denn nicht?“, fragte sie herausfordernd.
„Weil mein betreuender Schüler, Gideon, mich auch geküsst hat und wir ansonsten eigentlich nur streiten...“
„Echt? So einer... Aber vielleicht legt sich das ja noch, mach dir mal keine Sorgen, Süße. Außerdem, wenn er frech wird, rufst du mich einfach an, und dann komm ich und hau ihm eine rein!“, sagte sie und lachte.
Ich liebe Candy für ihren Humor und die Tatsache, dass sie immer für mich da ist, und ich natürlich auch für sie. Sie hat immer diese Stärke in sich, mit der sie sich meistens unter Kontrolle hat und sich und andere immer wieder aufbauen kann.
Wir redeten noch ein bsschen über die neue Schule, Gideon und Daniel, Candys
betreuender Schüler, der anscheinend die wesentlich bessere Option zu Gideon war.
Candy beschrieb ihn wie einen Engel, witzig, klug, hübsch, kreativ, gebildet und mit allem, was ihr Traummann eben haben sollte.
Nach dem Gespräch kochte ich Abendessen für meine Familie, die immer noch nicht da war, doch ich ging davon aus, dass sie bald wieder kommen würden.
Aslo kochte ich Spaghetti mit Tomatensoße, einen ganzen Topf voll,
bis meine Mum nach Hause kam.
„Hallo Schätzchen, das riecht aber gut, was kochst du?“, rief sie mir vom Flur aus zu.
„Spaghetti mit Tomatensoße, Mum“, antwortete ich ihr.
Sie kam in die Küche und umarmte mich.
„und, wie war dein Tag so?“, fragte ich sie.
„Oh, im Prinzip ganz gut. Keine Todesfälle, nur leichte Erkrankungen“, sagte sie.
Meine Mum ist Oberärztin in einem Krankenhaus.
„Das ist schön“
„Und deiner?“
Genau dieser Frage hatte ich eigentlich ausweichen wollen...
„Ach du...“
Sie sah mich erwartungsvoll an.
„Den Umständen entsprechend“
„Aha“, sagte sie nickend, hakte aber glücklicherweise nicht noch nach.
Ein paar Minuten später kam auch Nick wieder, nach ihm Jimmy und Lisa.
Wir aßen zusammen und sie erzählten mir von ihrem Tag.
„Tommy und ich haben mit seinem ferngesteuerten Auto gespielt. Und er hat gefragt, ob ich morgen bei ihm übernachte will. Darf ich, Mum?“
Mum nickte lächelnd.
„Amber und ich waren in der Mall und ich hab ein voll tolles Top gesehen. Ach so, und morgen ist im übrigen eine Übernachtungsparty bei Jess und sie hat mich eingeladen. Ist es okay, wenn ich hingehe?“
Mum nickte wieder.
Auch Nick würde morgen nicht da sein, er würde nämlich für ein paar Tage mit seinem Freund nach Dover fahren, um sich eine Wohnung anzuschauen, in die sie vielleicht gemeinsam ziehen würden. Endlich, dann wäre sein Zimmer frei und ich könnte dort einziehen.
Sein Zimmer war das größte der Kinderzimmer, allerdings hatte meines auch seine Vorzüge.
Es hatte eine kleine Nische, war schon in pink gestrichen, meine ganzen Sachen standen schon da, außerdem hatte man von meinem Zimmer aus die beste Aussicht und ich hatte ein eigenes kleines Badezimmer nebenan.
Im Endeffekt also, ist mein Zimmer wesentlich besser, auch wen seines größer war.
Ich ging relativ bald ins Bett, schon um zehn Uhr, was zumindest in den Ferien ziemlich ungewöhnlich war.


Am nächsten Morgen jedoch klingelte mein Wecker, keine Ahnung warum, um acht Uhr und weckt mich mit seinem nervtötenden Alarm.
Ich stand auf, frühstückte allein, denn die anderen schliefen noch,
belegte dann das Bad für eine kleine Ewigkeit;
ich badete ausgiebig, wusch meine Haare, föhnte sie,
putzte meine Zähne und kam dann frisch und energiegeladen wieder aus dem Bad.
Dann zog ich mich um, schminkte mich und machte mir mit meinem Lockenstab breite Locken in die Haare.
Gideon würde heute wieder kommen und das freute und beunruhigte mich gleichzeitig.
Es freute mich, weil ich ihn irgendwie mochte, auch wenn er ein launisches Ekel ist,
allerdings ist er eben ein launisches Ekel, und deswegen beunruhigte mich sein Kommen dennoch.
Meine Mum ging wieder zur Arbeit, und zwischen zehn und zwölf Uhr verließen mich auch meine Geschwistern.
Bis Gideon kam,verging noch eine halbe Stunde, dann klingelte es an der Tür.
Ich ging mit einer inneren Unruhe zur Tür und machte ihm auf.
Dann wartete ich an der Wohnungstür, bis er oben war und öffnete dann auch diese.
Wieder stand er vor mir, atemberaubend gut aussehend, dieser junge, von dem ich nicht wusste, was ich von ihm halten sollte.
„Hi“, sagte er.
„Hei“
„Kann ich reinkommen?“, fragte er.
„Ach so, ja klar“
Das hatte ich ganz vergessen.
Wir gingen wieder ins Wohnzimmer und setzten uns auf das Sofa.
„Was ist los, hast du was?“, fragte ich, als ich bemerkte, dass irgendwas nicht in Ordnung war.
„Ach du... eigentlich nicht“, antwortete er und im gleichen Moment konnte ich spüren, dass er log.
„Sicher, du wirkst so angespannt?“
„Nee, nee du, alles bestens“, versicherte er mir.
Nee, ist klar, ich hatte ja auch keinen Psychologiekurs in meiner alten Schule gemacht.
„Hei, du kannst es mir doch sagen, wir kommen ja im Moment wieder gut mit einader klar“,
sagte ich, halb zum Spaß und halb im Ernst.
„Das ist es ja gerade“, sagte er, allerdings war das wohl nicht für mich bestimmt.
„Was soll das den heißen?“, fragte ich argwöhnisch.
„Also.. Ich kann es dir echt nicht sagen, sorry“, sagte er bedauernd.
„Ach komm schon!“, bettelte ich weiter.
„Hmm... also weißt du, es ist so... Ach Gott, wie soll ich dass den jetzt sagen?
Ach, vergiss es einfach, okay?!“
„Nein, tu ich nicht. Sags mir!!!“
„Ich... Du... Also... ähm... na ja... Ich...“, stotterte er.
„Jetzt sag schon!“, drängte ich ihn.
„Oh Mann, das ist schwerer als ich dachte... Kennst du das, wenn man jemandem etwas gerne sagen würde, aber nicht weiß, wie er reagieren wird?“
Logisch kenn ich das. Ich steh auf dich, du Vollidiot , aber ich werde es dir nicht sagen,
ehe du mir nicht gesagt hast, dass du das gleiche für mich empfindest.
„Na sag schon, das passt dann schon“, sagte ich und gab mir dabei alle Muhe, freundlich zu klingen.
„Also... Versprichst du mir, dass du nicht schon wieder anfängst, mich zu schlagen? Das tut zwar nicht weh, aber es ist nervig...“
Und da war er wieder, der alte, mürrische Gideon.
„Ach weißt du was, lass es doch einfach, wenn du´s nicht sagen willst“, sagte ich und verengte meine Augen dabei zu Schlitzen.
„Ich will es dir doch sagen, aber... es geht nicht“, sagte er bedauernd.
„Dann lass es eben“, zischte ich.
Ich wandte mich um, und wie am gestrigen Abend zog er mich am Handgelenk zu sich zurück,
so dass wir maximal zwanzig Zentimeter voneinander entfernt waren.
„Ich glaube, ich hab mich in die verliebt, Tayla“, war das letzte, was ich vernahm,
dann fiel ich in Ohnmacht.


Ich wachte auf irgendetwas bequemen auf. Mein Sofa? Ich wusste es nicht, meine Augen waren geschlossen. Neben mir saß jemand und hielt meine Hand. Gideon? Hoffentlich.
Wo war ich eigentlich? Und was wahr geschehen?
Ich öffnete die Augen und blinzelte mehrmals um mich an das grelle Licht zu gewöhnen.
Neben mir saß tatsächlich Gideon. Und er hielt meine Hand.
War das ganze nur ein Traum?
„Oh Gott sein Dank, du bist wach“, sagte Gideon und seufzte erleichtert.
„W-was ist passiert?“, fragte ich mit brüchiger Stimme.
„Das ist etwas... peinlich. Ich hab gesagt, dass ich mich in dich verliebt hab und du bist daraufhin in Ohnmacht gefallen“, erzählte er mir.
Oh Gott, wie peinlich!
„Tut mir Leid“, sagte ich schluckend.
„Es tut dir Leid, dass du meinetwegen in Ohnmacht gefallen bist?“, fragte er und lachte zur Antwort bitter.
„Nein, mit tut es leid, Tayla. Ich hätte das nicht sagen dürfen. Aber ich konnte doch nicht wissen, dass du...“, sagte er.
Auf einmal saß er nicht mehr bei mir, sondern war aufgestanden, hatte meine Hand losgelassen und hatte sich abgewandt.
Zweifel kamen in mir auf.
„Gideon?“, fragte ich vorsichtig.
Er drehte sich wieder zu mir und zwang sich zu einem Lächeln.
„Ja?“
„War es ein Fehler, mir zu sagen, dass du auf mich stehst?“, fragte ich und spürte, wie die Tränen in meine Augen kamen.
„Nein, also... Natürlich nicht, so hätte ich das nicht sagen dürfen...“, fing er,
doch ich sagte dazwischen: „Weil ich glaube, dass ich auch in dich verliebt bin“
Er starrte mich für einen Augenblick an, fast fassungslos.
Er kam wieder auf mich zu und setzte sich zu meinen Knien.
Dann nahm er mein Gesicht in seine warmen Hände und küsste mich.
Als er mich diesen mal, zum zweiten Mal, küsste, war es so anders, als beim ersten Mal.
Wir hatten uns gesagt, dass wir in einander verliebt sind, und deshalb wurde dieser Kuss so wunderbar und perfekt.
Die Frag war allerdings, ob das, was ich gerade noch als Kuss bezeichnet habe, noch als ein Kuss gilt.
Denn es verging eine Ewigkeit, in der wir so da saßen, er, mit meinem Gesicht in seinen Händen und ich, immer noch liegend, auf meinem Sofa, auf dem wir gestern noch gestritten hatten.
Und dann sagte er mir, er wäre in mich verliebt.
Und plötzlich dreht sich meine ganze Welt, und sie wandelt sich, aber nicht zum schlechten, ganz bestimmt nicht!
Wie bei unserem ersten Kuss schwirrten mir viel zu viele Fragen durch den Kopf,
allerdings konnte ich wenigstens „Meint er es wirklich ernst“ mit „Ja!“ beantworten,
denn sonst hätte er ja nicht gesagt, was er gesagt hat.
Doch es gab noch so viele andere Fragen, die für diesen Moment unbeantwortet blieben.
Kommen wir irgendwann zusammen?
Wie stark ist das, was ich für ihn empfinde und wie stark ist das, was er für mich empfindet?
Was genau empfindet er, empfinde ich?
Wie wird das weitergehen?
Bleibt das hier eine kleine Sommerromanze, und wird das zur ernsten Sache?
Wie lange bleibt es so, wie es jetzt ist?
Aber erstaunlicherweise machte ich mir keine Sorgen, so, wie es sonst der Fall war.
Wahrscheinlich hatte ich zu viel damit zu tun, mich ihm hinzugeben,
und unter seinen Küssen dahinzuschmelzen.
Als ich irgendwann auf die Uhr sah, die hinter seinem Kopf hing, war es fast zwei Uhr.
„Gideon? Wann sollten wir bei der Schneiderei sein?“,
fragte ich, während er mich weiter küsste.
„Um eins, wieso?“
Er löste sich von mir, um auf die Uhr zu schauen.
„Oh Shit!“, rief er aus, als auch er bemerkt hatte, wie spät es bereits war.
Dann sah er mich wieder an, und sein Blick wurde weich und zärtlich.
„Weißt du, im Prinzip ist es auch egal. Ich mein, wir bekommen bestimmt für morgen einen Termin“, sagte er, mit seiner wunderbar melodischen Stimme.
Mir war das gleich, solange ich Zeit mit ihm verbringen konnte.
„Und was machen wir ansonsten?“, fragte ich.
„Wie wär´s damit?“, fragt Gideon grinsend und fing wieder an mich zu küssen.
Ich konnte ihm nur zustimmen, das war eine Aktivität, die mehr als nur Freunde bereitete.
Wieder schwirrten mir diese Fragen im Kopf herum, allerdings war da noch eine neue Frage:
wonach riecht er eigentlich?
Ich war mir sicher, diesen Duft schon mal gerochen zu haben, aber ich wusste nicht wo und an was. Aber duftete wirklich gut, magisch.
Und er küsste so atemberaubend, dass ich wieder die Zeit vergaß, und es mir auch völlig egal war, wie viel Zeit verging, als wir uns küssten.


Während wir uns küssten spürte ich etwas, was ich noch nie zuvor gespürt hatte.
Durch diesen Kuss lernte ich ihn kennen!
Ich erfuhr, wie sein kompletter Name lautet (Gideon Valentin Capris),
wann er geboren wurde (7. Januar, 1994)
und dass er einen Bruder hat. Daniel.
Konnte das ein Zufall sein?
„“Du hast einen Bruder?“, fragte ich erstaunt.
„Äh.. Ja? Er heißt Daniel“, antwortete Gideon.
„Und er geht auch in die dritte Klasse?“, fragte ich weiter.
„Ja... Er ist ein Jahr älter als ich, aber unsere Eltern wollten, dass wir gemeinsam eingeschult werden. Das war, vor allem als wir in die School of Magic kamen ziemlich blöd für ihn, weil die Kasse, in der wir sind, eine reine Jungenklasse ist, die Klasse über uns allerdings mehrere Mädels hat, die nicht von schlechten Eltern sind...“, sagte Gideon grinsend.
Ich ignorierte die letzte Anmerkung, und fragte weiter: „Und... hat dein Bruder im Moment eine Freundin?“
Gideon zog die Augenbraue hoch.
„Wieso willst du das wissen?“, fragte er misstrauisch.
„Ach.. nur so“
„Nein. Er hat im Moment keine Freundin. Nehm´s mir nicht übel, aber du bist nicht sein Typ. Er steht eher auf blonde Mädchen“, sagte Gideon grinsend.
„Wieso sollte ich denn etwas von deinem Bruder wollen, wenn ich doch auf dich steh?“
Er sah mich einige Sekunden an und grinste dann.
„Und genau jetzt“, sagte er und nahm meine Hand, „Weiß ich, dass es auf jeden Fall die richtige Entscheidung war, dir zu sagen, dass ich in dich verliebt bin“.
Er küsste meine Hand.
„Mylady?“, fragte er, „darf ich euch zu einem Eis einladen?“
„Ihr dürft“, sagte ich lächelnd.
Er stand auf und reichte mir die Hand, um mir vom Sofa hoch zu helfen.
Wir gingen runter, zu seinem Motorrad und fuhren wieder zum magischen London.
Ich hatte gedacht, dass das magische London ungefähr so groß wie die Oxfordstreet sei.
Falsch. Das magische London ist eine Stadt für sich.
Und so war es mehr als die Straße mit den vielen, bunten Läden.
Gideon führte mich wieder durch die goldene Mauer, und nachdem wir wieder im magischen London standen, nahm er meine Hand.
Wir schlenderten Hand in Hand durch die Straße, die ich gestern schon gesehen hatte, bis zu einem Park hin.
Und dieser Park sah im ersten Augenblick aus, wie ein ganz normaler Park eben.
Aber es war ruhiger. Stiller.
Als wäre niemand da.
Es gab einen kleinen Teich in diesem Park, der silbern glänzte.
„Was ist das?“, fragte ic leise, denn ich wollte die Stille nicht unterbrechen.
„Das ist Energie. Jeder Mensch trägt Energie in sich. Allerdings ist das bei Zauberern noch begrenzt, was heißt, dass du nur eine bestimmte Menge Zauberkraft zur Verfügung hast. Während du schläfst lädt auch deine Zauberkraft wieder auf, sodass du am nächsten Tag wieder volle Energie hast“, erklärte mir Gideon.
„Und wofür ist dann dieser Teich?“
„Der Teich symbolisiert diese Zauberkraft. Wenn jemand krank ist, schöpft er aus diesem Teich Energie. Oder wenn man bewusstlos ist, regeneriert sich die Zauberkraft nicht. Oder wenn du nicht schläfst. Dieser Teich ist auch ein Heilmittel. Er heilt dich von magischen, aber nicht von den nicht magischen, Krankheiten. Allerdings musst du bestimmte Bedingungen erfüllen, damit der Teich dir Genesung bringt. Welche Bedingungen das sind, kann dir niemand sagen, weil es für jeden Menschen andere sind. Man geht aber davon aus, dass es immer das ist, wovor man sich am meisten fürchtet. Zum Beispiel dass man bettelarm wird, man seinen besten Freund verliert, der Bruder stirbt, oder so was in der Richtung...“
„Sollte nicht jeder das Recht auf Genesung haben?“, fragte ich, leicht entsetzt.
„Natürlich. Aber seh´ das mal so: Auch die Menge dieses lebensrettenden Wassers ist begrenzt. Warum sollte es also an Menschen verschwendet werden, die nur Alkohol, Drogen und Gewalt im Kopf haben? Nur die, die sich die Heilung wirklich verdient haben, bekommen etwas davon“
„Aber jeder hat doch ein schönes Leben verdient, wie kannst du dann sagen,
dass diese Energie, diese Heilung an manche Menschen verschwendet ist?“
Ich war entsetzt darüber, dass er gesagt hatte, dass manche Menschen es nicht verdient hätten, gesund zu sein
„Natürlich ist es nicht verschwendet, aber sie hatten ihre Chance“, sagte Gideon kühl.
„Wenn ein kleines Kind plötzlich krank wird, so krank, dass nur noch dieser Teich es retten kann, ist es dann verschwendet?“
„Nein, natürlich nicht. Aber das bezieht sich doch nur auf Zauberer und Hexen, nicht auf andere Menschen“
„Und wenn dieses Kind mal eine Hexe wird?!“
„Dann ist es etwas anderes“
„Inwiefern? Hat ein Kind mit magischem Blut ein größeres Recht, zu leben, als ein „normales“ Kind?!“
„Tayla, jetzt hör mir mal bitte zu!“, sagte er und legte wieder seine Hände unter mein Kinn.
„Ich weiß genau, das jeder Mensch die gleichen Rechte hat. Aber ich kann nicht entscheiden, wem dieser Teich das Leben schenkt, und wem nicht“
„Tut mir leid“, sagte ich kleinlaut.
Er küsste mich auf die Stirn.
„Das hier ist ein ziemlich betrübender Ort, lass uns lieber gehen“, sagte er schnell
und zog mich wieder auf die Straße.
„Wir wollten Eis essen gehen, schon vergessen?“, fragte er.
„Natürlich nicht“, sagte ich.
Wir gingen zu einer kleinen Eisdiele, in der nur zwei bis drei andere Kunden saßen.
Gideon bestellte uns einen großen Becher Eis, der mit Sahne und Früchten gespickt war.
Das beste an diesem Eisbecher war, das Gideon mich damit fütterte und ich ihn.
Und so verging dieser wunderbare zweite Tag, den ich mit ihm verbrachte.
Bis die Sonne langsam unterging, saßen wir draußen, vor dem Eiscafé.
„Wir sollten langsam gehen“, sagte Gideon schließlich.
Er bezahlte kurz und dann gingen wir – Hand in Hand – zu seinem Motorrad zurück und fuhren zu mir nach Hause.
Er hielt auf unserem Parkplatz an und wir stiegen ab.
„Danke“, sagte ich, „Für diesen wunderschönen Tag mit dir“,
und küsste ihn auf die Wange.
Ich wollte schon gehen, als er sagte: „Tayla, warte“
Hatte er es sich anders überlegt, war er etwa doch nicht in mich verliebt?
„Ich wollte dich noch fragen... Oh Mann, wie sagt man den so was? Also, willst du mit mir zusammen sein?“
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen um ihn zu küssen (man beachte, dass ich fast 15 cm kleiner bin, als er!) und legte meine Hände um seinen Hals.
Er musste lächeln legte seine Arme um meine Hüfte, dann küsste auch er mich.
„Ich deute das mal als ein Ja“, sagte er, nachdem er sich wieder von mir gelöst hatte.
„Ja. Ich würde liebende gerne mit dir zusammen sein, Gideon“, stimmt ich ihm zu.
Er zog mich an sich und küsste mich wieder.
Und in diesem Moment wurde ich mir über folgende bewusst:


Die neue Schule würde vermutlich gar nicht so schlimm werden, wie ich gedacht hatte.

Ich würde nichts, mal abgesehen von meiner Familie, so sehr vermissen, dass meine Gefühle zu Gideon die Sehnsucht nicht verbergen könnten.

Es war wirklich wunderbar, dass Candy, meine zweite Hälfte, mitkommen würde!
Und

Ich, Tayla Johnson, bin wahrscheinlich unsterblich in Gideon verliebt!


























































Magical - Kapitel 2






(Fly)


Seitdem Gideon und ich uns gesagt haben, was wir füreinander empfinden,
ist mehr als eine Woche vergangen.
Nur, noch zwei Tage, dann würden wir alle zur School of Magic fahren.
Mir würde wahrscheinlich ziemlich viel von zu Hause fehlen, was ich nicht alles mitnehmen könnte.
Nick und Jimmy, Lisa, meine Freunde, mein Zimmer, sogar meine alte Schule,
diese Umgebung, in der ich aufgewachsen bin und vor allen Dingen meine Mum.
Aber selbst wenn ich sie mitnehmen könnte, würde ich es wahrscheinlich nicht tun,
denn dann hätte ich ja keinen Grund mehr, sie zu vermissen.
Aber ich habe ja Candy.
Candy, mit der ich seit mehr als dreizehn Jahren befreundet bin, auf die ich mich immer verlassen kann, die immer für mich da ist.
Außerdem noch Daniel, Candys Freund, Gideons Bruder.
Auch mit ihm hatte ich mich angefreundet, wahrscheinlich, weil mir Gideons und Candys Verbindung zu ihm gar keine andere Wahl gelassen hatte.
Doch ich muss zugeben, dass er echt cool ist. Weil er außergewöhnlich ist, philosophisch.
Und dann gibt es ja noch Gideon.
Gideon, mit dem ich, seitdem wir zusammen sind, so gut wie jeden Tag verbracht habe.
Gideon, mit dem ich seit eineinhalb Wochen zusammen bin.
Gideon, von dem ich meiner Mutter erst gestern erzählt habe.
Es lief besser als erwartet.
Ich kam zu ihr in die Küche, wo sie gerade Zeitung las.
„Mum, hast du kurz Zeit?“, fragte ich sie mit großen Augen.
Sie sah von der Zeitung auf.
„Was ist denn, Schätzchen?“, fragte sie mit ihrer Mama-Stimme.
„Ich muss dir was sagen“, gestand ich.
„Was ist passiert?“
Ihre Stimme wurde eine Spur schärfer.
„Nichts schlimmes, reg dich ab!“
Sie atmete erleichtert aus.
„Nur... etwas mit einem Jungen...“
„Bist du etwa schwanger?!“, rief sie entsetzt.
„Ich hab doch gesagt, nichts schlimmes!
Sie atmete erneut tief ein uns wieder aus.
„Ich hab einen Jungen kennengelernt. Und... der ist wirklich toll...
Und ich hab mich in ihn verliebt“, begann ich.
„Oh, Schätzchen, ich freu mich für dich. Aber... ist er auch in dich verliebt?“
„ja Mum. Und.. wir sind schon seit eineinhalb Wochen zusammen“, sagte ich.
„Das hättest du mir aber auch früher sagen können“, sagte sie, nur leicht empört.
„Ich weiß... aber ich wollte wissen, ob es etwas ernstes ist, bevor ich´s euch sage“
„Okay. Und hast du vor in uns noch vorzustellen? Ich meine, bevor du fährst?“
„Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Aber du hast Recht, wir fahren ja morgen...“
„Ist er auch ein Schüler dort?“
„Ja, er geht jetzt in dir dritte Klasse“
„Okay. Dann lad´ihn doch für heute zum Abendessen ein“
Kurz darauf rief ich Gideon an.
„Hallo?“, fragte er.
„Hei, hier ist Fly“
„Fly, hei, wie geht’s dir?“
„Ganz gut. Ähm, ich hab meiner Mum erzählt, was zwischen uns ist und sie hat mich darum gebeten, die für heute Abend zum Abendessen einzuladen“
„Oh, cool. Wann soll ich da sein?“
„Um sechs?“
„Okay, ich komm dann. Biss dann“
„Tschau“
Bis dahin war noch viel Zeit, deshalb duschte ich, föhnte mir danach die Haare, machte mir Locken, telefonierte eine kleine Ewigkeit mit Candy,
suchte mir ein passendes Outfit, schminkte mich, lackierte mir Finger- und Zehennägel und und und.
Als es Viertel vor sechs war kam eine Nachricht von Gideon:


hei,
ich komme fünf Minuten früher,
des guten Eindrucks wegen.
Bis dann, Gideon


Also waren es nur noch zehn Minuten, bis er ankommen würde,
und mit jeder Sekunde wurde ich hibbeliger
Ich flocht Lisa die langen, blonden Haare zu einem Zopf, der ihr über die rechte Schulter ging
und stand dann noch vor dem Spiegel und zupfte an mir rum.
Und dann endlich klingelte er an der Tür.
Ich rannte zur Tür, um as erste da zu sein, drückte auf diesen Knopf, mit dem man die Außentür öffnen kann und wartete, bis er oben ankam.
Er sah so atemberaubend gut aus, mit seinen dunklen Locken, seinem schwarzen Jackett, dem weißen Hemd und der dunklen Jeans. Mum brauchte noch ein bisschen Zeit, um das essen fertig zu kochen, und so stellte ich Gideon meine Geschwister vor.
Ich glaube, dass es Nick nicht wirklich gejuckt hat, wer oder was Gideon ist, sie haben kaum en Wort gewechselt.
Jimmy und Lisa dagegen waren ganz angetan von ihm.
Das Essen war wirklich gut. Besser noch, als sonst.
Es gab Salat, Lasagne und zum Nachtisch Schokoladentorte.
Gideon tat, ganz Gentleman, jedem etwas auf und lobte das Essen meiner Mum so oft, dass sie errötete. Und das passiert nun wirklich nicht oft.
Nicht, weil sie keine Komplimente kriegt, oder ein Herz aus Eis hat, sondern weil das bei ihr eben nicht so oft passiert.
Nach dem Essen verbarrikadierte dich Nick wieder in seinem Zimmer,
meine Mum sah sich mit Jimmy und Lisa irgendeinen Film an und Gideon und ich gingen in mein Zimmer.
Dort erzählte er mir noch ziemlich viel von der Zaubererwelt und der School of Magic.
Wir Zauberer haben unsere eigene Währung. 100 Dots sind ein Flow und jeder Zauberer und jede Hexe bekommt bei seiner Geburt eine Millionen Flows und sein separates Konto,
damit er nicht in Armut leben muss. Von dieser Millionen gehen aber 100.000 Flows für die Schule ab, so dass man nach seinem Abschluss in der fünften Klasse noch 900.000 Flows hat, vorausgesetzt man gibt sonst nichts aus.
Ein Schuljahr hat ziemlich viele Ferien, wenn man das mal so hört;
Eine Woche Herbstferien, zwei Wochen Weihnachtsferien, zwei Wochen Winterferien, zwei Wochen Osterferien, zwei Wochen Pfingstferien und 8 Wochen Sommerferien.
Allerdings weiß jeder Schüler und jede Schülerin, ganz egal, auf welcher Schule er oder sie ist, das sich Ferien vielleicht lang anhören, aber niemals wirklich lange sind.
Es sei denn du bleibst die kompletten 8 Wochen Sommerferien zu Hause, und kein einziger Freund von dir ist da, alle sind weg und du wirst dazu gezwungen, die zeit entweder allein in seinem Zimmer, oder mit deiner nervtötenden Familie zu verbringen.
Und für was entscheidet man sich dann? Genau, für das Zimmer.
Aber wie gesagt, so oft passiert das nicht, das einem die Ferien zu kurz vorkommen.
Außerdem erklärte mir Gideon, wie dir School of Magic aufgebaut war.
„Es gibt ein Hauptgebäude mit vier Stockwerken. Im dritten und vierten Stockwerk haben die Lehrer und Referendare ihre Wohnungen. Im zweiten Stockwerk sind die Materialräume, die Büros der Lehrer, und eine große Bibliothek. Im Erdgeschoss ist der Speisesaal und mehrere Unterrichtsräume, die restlichen Unterrichtsräume sind im ersten Stock.
Die Schüler haben mehrere Türme, die sie bewohnen.
Jede Klasse hat einen eigenen Turm, jeder Turm ist mit dem anderen verbunden, so dass im Falle eines Falles die Schüler schnell in einen anderen Turm gehen können.
In der ersten und zweiten Klasse hat man ein Zimmer mit einer anderen Person, ab der dritten Klasse hat man ein eigenes Zimmer, kann sich aber aussuchen, ob man einen Durchgang zum nächsten Zimmer haben möchte. Das kann praktisch sein, wenn neben dir dein bester Freund wohnt. Essen gibt es immer im Speisesaal. Frühstück ist von fünf bis neun Uhr, Mittagessen von 12 bis 15 Uhr und Abendessen von 18 bis 22 Uhr, so dass es jedem reinpasst.
Die Schulkassen bestehen in der Regal aus nicht besonders vielen Schülern, immer zwischen zehn und zwanzig Schülern. Die fünfte Klasse hat fünf Jungen und sieben Mädchen, die vierte Klasse hat wieder fünf Jungs und sieben Mädchen, die dritte Klasse hat zwölf Jungs und kein Mädchen, die zweite Klasse hat vier Jungs und zwölf Mädchen und die erste Klasse hat sechs Mädchen und sechs Jungs“, sagte Gideon, ohne auch nur an irgendeinem Wort zu Zweifeln,
das er sagte.
Langsam wurde ich Müde.
Ich lehnte mich gegen seine Brust und hörte nicht mehr, was er sagte...


Als ich wieder aufwachte, lag ich immer noch an seiner Brust uns sah nach oben, zu ihm.
Er sah mich zärtlich an .
„Wie viel Uhr ist es?“, fragte ich und unterdrückte dabei ein Gähnen.
„Kurz nach neun“, sagte er, nach einem Blick auf die Uhr.
„Oh...“, machte ih.
Als ich das letzte Mal auf die Uhr gesehen hatte war es halb sieben gewesen...
Auch er sah erstaunt aus, als er mir die Uhrzeit nannte.
„Ich hatte wohl die Zeit vergessen, mit dir ist es einfach so zeitlos wunderbar“, sagte er lächelnd.
Ich streckte den Hals, um ihn zu küssen, und er kam mir entgegen und kam mir zuvor.
Wieder verlor ich die Zeit, bis es gegen die Tür klopfte.Wir fuhren auseinander,
als Jimmy reinkam, um „Gute Nacht“ zu sagen.
Wir sagten ihm also gute Nacht.
„Oha“, machte Gideon, als er auf sein Handy gesehen hatte.
„Was ist denn?“, fragte ich.
„Zwanzig Anrufe von meiner Mutter. Sie wollte wahrscheinlich wissen, ob ich noch lebe“
Er rief sie zurück, um ihr zu versichern, dass es ihm gut gehe, er noch am leben sein und bald nach Hause kommen würde.
„Musst du echt schon gehen?“, fragte ich traurig.
„Ist wahrscheinlich besser, sonst bekommt meine Mutter noch nen Anfall. Aber hei, bald sehen wir uns ja jeden Tag“, sagte er tröstend und küsste meine Stirn.
Ich nickte.
Wir gingen aus dem Zimmer und Gideon verabschiedete sich von meiner Familie.
Dann gingen wir nach unten, zu seinem Motorrad.
Dort sagte er „Danke, für diesen wunderschönen Abend mit dir, mein Engel“.
Mein Engel? Seit wann denn das? Aber irgendwie war es ja auch süß, dass er mir Spitznamen gab... Spitznamen, die eben nur für ihn und mich gedacht waren. Nicht so wie Fly, sondern intimer.
„Magst du es nicht, wenn ich dich so nenne?“, fragte er, als ich nichts sagte.
„Ach so, doch klar“, beeilte ich mich zu sagen.
„Gute Nacht, mein Engel“, sagte er.
„Gute Nacht, Schatz“, sagte ich grinsend.
Er legte mit seine Hände um die Hüfte und zog mich an sich, um mich wieder zu küssen.
Wie konnte es sein, dass er mich schon so oft geküsst hatte,
ich aber trotzdem jedes Mal wie gelähmt war, hypnotisiert war, wenn er mich küsste?
Und wie konnte es sein, dass ich seine Küsse so atemberaubend fand,
mich allerdings nie auf ihn konzentrieren konnte?
Wieso schossen mir so komplett unnötige Fragen durch den Kopf?!
Ich wollte nur noch mit ihm sein,
mich von ihm küssen lassen und seine Nähe spüren.
Wonach roch er? Woher kannte ich den Geruch? Sein Geruch hatte etwas Magisches an sich.
Ich regulierte meinen Atem und legte meine Arme um seinen Hals, er zog mich näher zu sich.
Wir standen jetzt so nahe aneinander, dass ich auf seinen Füßen stand.
Es schien ihm nichts auszumachen...
Er wollte mich noch näher zu sich ziehen,
doch wir hätten miteinander verschmelzen müssen, um noch näher aneinander zu sein.
„Ich will dich nie verlieren“, sagte er ziemlich undeutlich,
da er mich während dem Sprechen weiter küsste.
Er hielt mich mit den Händen an meiner Hüfte fest und beugte sich leicht über mich,
so dass ich nicht mehr ganz gerade stand, sondern etwas gebeugt,
als wollte ich eine Brücke machen.
Das hört sich wahrscheinlicher unbequemer an, als es war, denn es war eigentlich ganz okay.
Bis ein Luftzug kam, der mich das Gleichgewicht verlieren ließ.
Ich taumelte, schlang aber meine Beine um seine Hüfte.
Er zog mich hoch und hielt mich fest.
Es schien für ihn nicht besonders schwer zu sein, eine Kleinigkeit.
Wir, eigentlich nur er, ich hing noch an ihm, standen wieder gerade.
Er hielt mich fest und ließ mich nicht los, ich konnte mich nicht normal hinstellen.
Doch ein erneuter Kuss von ihm ließ mich das vergessen.
Ich rutschte langsam etwas nach unten und zog mich wieder hoch.
Das merkte er natürlich auch, er trug mich zu seinem Motorrad und setzte mich darauf.
Allerdings waren wir beide zu dem Zeitpunkt etwas durcheinander,
ich fiel fast hinten runter, deshalb zog er mich wieder an sich,
stolperte dann ab über seine eigenen Füße, verlor das Gleichgewicht und fiel mit mir ins Grass.
Ich fiel auf seine Brust, die durch trainiert aber angenehm war.
Wir fingen beide an zu lachen, ich ließ mich neben ihn ins Grass fallen.
Zeit verging, ich bemerkte es nicht.
Nach einiger Zeit nahm er meine Hand und stand auf,
und zog mich mit sich hoch.
Er ging mit mir zur Haustür und sagte dort: „Ich ruf dich morgen an. Schlaf gut und träum schön!“ Dann küsste er mich auf beide Wangen und sagte: „Ach Fly.... Ich will dich nie verlieren müssen“
„Musst du doch auch nicht. Wieso solltest du?“
„Du bist mir so wichtig geworden...“
Wir sahen uns einen Moment lang wortlos in die Augen.
„bis Morgen, mein Engel“, sagte er.
„Gute Nacht, Schatz“
er drehte sich um, und ging zu seinem Motorrad.
Dort winkte er mir, zog sich einen Helm auf und fuhr dann los.
Ich schaute ihm hinterher, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte.
Dann ging ich wieder nach oben und schlief dort schnell ein.
In dieser Nacht träumte ich.
Ich hatte ein wunderschönes cremefarbenes und bodenlanges Kleid an.
Meine Haare waren lockig und kunstvoll hochgesteckt, Perlen waren darin,
in der Farbe des Kleides. Ich hatte keine Schuhe an und lief durchs Grass,
an der Hand von einem Mann. Dieser hatte ein weißes Hemd, einen schwarze Hose und ein weißes Hemd an, auch er hatte keine Schuhe an. Gideon.
Wir ließen uns ins Grass fallen, in dem Blumen waren, die die Farbe meines Kleides hatten.
Die Blumen flogen nach oben, es waren Schmetterlinge.
Sie waren ein paar Meter über uns und bildeten gemeinsam ein Herz.
Plötzlich standen mehrere Menschen um uns herum.
Meine Mum in einem roten Kleid, die Haare grauer.
Neben ihr Daniel im Anzug, er hatte Candy vor sich und hielt sie fest.
Candy war wunderschön, im citrinblauen Kleid, die Haare ähnlich wie meine.
Sie war schwanger.
Tommy und Nick. Meine Großmutter mit Mr. Thomas.
Zwei Menschen, die ich nicht kannte.
Ein Mann, mit kurzen grauen und lockigen Haaren, im Dunkelblauen Anzug.
Neben ihm eine Frau mit langem dunklem Haar, mit einem dunkelblauen Kleid.
Sie mussten Gideons Eltern sein. Wieso waren sie alle hier?
Gideon und ich erhoben uns wie von selbst, dann beglückwünschte uns jeder,
aber keiner sagte, wofür.
Bis Nick sagte: „Liebe Tayla, lieber Gideon, wir alle freuen uns sehr für euch.
Ich habt zueinander gefunden und das bewegt uns alle. Wir alle wünschen euch Liebe,
Glück und alles Gute für eure gemeinsame Zukunft. Alles Gute zur Hochzeit!“
Hochzeit?
Mir fiel erst dann auf, dass alle lebenden Personen, die ich kannte, gealtert waren.
Meine Mum musste um die 50 sein.
Auch Candy sah älter aus, etwa 20, genau wie ich.
Was heißen würde das Gideon 22 und Daniel 24 wären.


Ich hasse Wecker, ich hasse sie so richtig!
Meiner klingelte genau nach diesem Nachdenken über das Alter meiner Freunde.
Es war halb zehn und nichts war zu hören.
Ich ging in die Küche und frühstückte erstmal.
Dann ging ich von Zimmer zu Zimmer, um zu sehen, wer da war und wer nicht.
Jimmy und Lisa waren nicht da, wahrscheinlich waren sie bei Freunden und Nick saß vor seinem Laptop, sah aber noch nicht mal zu mir rüber als ich kurz in sein Zimmer sah.
Also ging ich ins Badezimmer, duschte, putzte die Zähne, verließ das Badezimmer wieder und ging mein Zimmer.
Ich hatte eine neue Nachricht von Gideon, der mich gefragt hatte, ob ich heute zu ihm kommen wollte. Ich bejahte und er versprach, mich um zwei Uhr abzuholen.
Und dabei war es fast schon zwölf Uhr.
Also, was als erstes? Nochmal ins Bad, Augenbrauen zupfen, Beine rasieren, Outfit aussuchen, Frisur machen...
Ich war zwei Minuten ehe es an der Tür klingelte fertig und packte nur noch ein paar „lebensnotwendige“ Dinge in meine Handtasche.
Dann schlüpfte ich in meine Schuhe und rannte nach unten.
Die Entscheidung, nicht auf den Aufzug zu warten, sondern die Treppen runter zu laufen, ist mit hohen Schuhen und auch, wenn man auch ohne hohe Absätze gerne mal ausrutscht, keine gute Idee. Ich wäre auf dem Weg nach unten (der etwa 60 Treppenstufen entspricht) mehrmals fast hingefallen, habe mich aber gerade noch fangen können.
Im Erdgeschoss fing ich mich erneut gerade noch so auf und ging dann so elegant wie möglich aus dem Haus.
Je näher ich Gideon kam, desto schneller wurden mein Herz und mein Gang.
Fünf Meter von ihm entfernt raste mein Herz und meine Beine fingen ebenfalls an, zu rennen.
Ich sprang in seine Arme, und er hielt mich fest, als wollte er mich beschützen,
oder vielleicht spürte er auch einfach nur, wie sehr meine Beine zitterten.
„Hallo, Prinzessin“, sagte er
„hei“, sagte ich
Ich sah, dass er heute mit einem schicken, schwarzen Cabrio gekommen war und nicht, wie sonst immer, mit seinem Motorrad.
Als er meinen Blick sah, erklärte er: „Das ist nicht meines, mein Vater hat es mir geliehen“
Ach so. Bonzenfamilie? Vielleicht
Er hielt mir die Türe auf und ich stieg auf den Beifahrersitz des Cabrios.
Er ließ sich neben mich auf den Sitz falln, zündete den Motor und fuhr zu sich.
Wir lebten etwa zwanzig Minuten voneinander entfernt, und in London macht das schon einen großen Unterschied.
So wohnte er wirklich in einem dieser Schnösel- bzw. Luxusviertel von London.
Haus an Haus standen cremefarbene Villen, alle mit perfektem Vorgarten, einer Garage, die Platz für sechs Autos hatte, dementsprechend vielen Autos und Familien.
Ich hoffte, das seine Familie nicht allzu perfekt war, denn sonst würde ich mir vorkommen, wie der letzte Volltrottel.
Gideon parkte in einer diesen riesigen Garagen, neben seinem schwarzen Motorrad, ging um das Auto herum und hielt mir die Türe auf.
„Hab keine Angst vor ihnen. Sie mögen zuerst ein wenig zu makellos wirken, aber sie haben alle ein gutes Herz“, sagte er, als hätte er meine Bedenken gehört.
Ich nickte.
„Oh, und was ich dir noch sagen wollte: Du siehst wunderschön aus“, fügte er hinzu und küsste mich auf die Stirn.
„Danke, Mylord“, sagte ich und lächelte.
Er führte mich zur Haustür und öffnete sie mir.
„Mylady“
„Mylord“
Wir traten ein und schon kam ich mir vor, wie in einem dieser Fünf-oder-mehr-Sterne-Hotels,
in denen alles immer top gepflegt und top gereinigt war.
Ein Kronleuchter hing unter der Decke, ein roter Samtteppich mit exotischen Stickereien lag vor mir, und mehrere antik wirkende Kommoden und Vitrinen, Statuen und Bilder hingen in diesem Foyer. Und vor mir standen zwei Menschen, die ich schon einmal gesehen hatte.
Gestern Nacht, in meinem Traum. Seine Eltern.
Der Mann mit kurzen, grauen und lockigen Haaren, einem freundlichen Lächeln und einem schicken Designer-Anzug und eine Frau, mit einem nicht minder freundlichen Lächeln, mit wunderbar glänzenden schwarze Haaren, die ihr glatt über den Rücken fielen.
„Du musst Tayla sein, Gideon hat uns schon viel und dir erzählt, Willkommen“, sagte die Frau und küsste mich auf beide Wangen. Also daher hatte er das.
„Ich hoffe, nur gutes“, erwiderte ich mit einem höflichen Lächeln.
Sie lachte ein herzliches Lachen, und währenddessen küsste mich auch sein Vater links und rechts auf die Wangen.
Gideon selbst sagte nichts und wurde nur rot.
Seine Eltern führten uns in ein Zimmer mit mehreren Bücherregalen und drei lederüberzogenen Sofas.
Mr Capris bat mir einen Platz an, sich gegenüber, und Gideon setzte sich neben mich.
„Nun, Tayla, erzähle uns etwas über dich“; forderte mich Gideons Vater auf.
Gab es etwas wirklich interessantes über mich zu erzählen?
„Ähm...“, fing ich an.
Da rauschte auch schon wieder Gideons umwerfende Mutter herein.
„Charles, hast du Tayla schon unsere Skulpturen-Sammlung gezeigt?“, fragte sie.
„Oh, nein, das hatte ich vergessen“, antwortete Gideons Vater und holte ging zu einer großen Glas-Vitrine. Er forderte mich auf, ihm nachzukommen und ich stand, so elegant wie möglich, auf und ging zu ihm.
Es folgte eine einstündige Deutung der einzelnen Skulpturen, die für mich irgendwie alle gleich aussahen. Ich glaube, es waren so um die siebzig todlangweilige Skulpturen, die aus Glas, Gold, Silber und allem möglichen Material bestanden.
Gott sei dank kam danach nicht noch eine Sammlung, so dass wir uns wieder auf die Luxussofas setzten.
Allerdings fing Gideons Vater jetzt an, über seinen Beruf zu reden.
„Ich leite eine Firma, die Etuis herstellt. Ich arbeite hier, in London, die eigentliche Firma ist allerdings in Afrika, von dort aus lassen wir uns die Etuis nach England importieren, wir brauchen sie hier nur noch zu verkaufen. Das Gute dabei ist, dass die kleinen afrikanischen Kinder nicht viel Geld brauchen, sie bekommen 50 Cent pro Stunde, das ist genug“
Und plötzlich wusste ich, woher Gideon diese Einstellung zum Leben und zu den Menschen hat.
„Sie lassen kleine Kinder für Sie arbeiten?“, fragte ich.
„Natürlich. Die sind billiger. Wenn sie acht Stunden am Tag arbeiten, verdienen sie vier Euro. Das reicht, um ihre Familie zu versorgen“, erklärte er, von oben herab.
„Wäre es nicht fairer, den Kindern mehr Geld zu geben, wenn sie so viel für Sie tun?“, fragte ich.
„An wie viel Prozent hättest du gedacht?“, fragte er ironisch.
„An zirka zweihundert Prozent“, sagte ich.
„Das können wir unmöglich bezahlen! Jedes Kind arbeitet zwölf Stunden pro Tag, das sind allein schon sechs Euro, das heiß, es wären zwölf Euro pro Tag und Kind. Weißt du, wie viele Kinder für mich arbeiten? Ich habe sie nie gezählt, aber es sind etwa tausend. Tausend mal zwölf macht 12.000! Glaubst du, ich kann das bezahlen?“
„Wie viel verdienen sie den pro Tag?“, fragte ich.
„!50.000“, sagte er.
Ich sah ihn herausfordernd an.
„Nun, vielleicht hast du Recht. Ohne diese zwölf tausend bleiben der Firma noch 138.000, das müsste reichen“, sagte er.
Wow, so einfach hatte ich mir das nicht vorgestellt.
Wir redeten also noch ein wenig über seine Firma, bis es irgendwie langweilig wurde und Gideon Mutter meinte, es wäre Zeit für Kaffee und Kuchen.
Ein Dienstmädchen mit einer großen Schwarzwälder Kirschtorte herein.
Hatte sie die ganze Zeit mit dem Kuchen hinter der Tür gestanden?


Zum Abendessen kam auch Daniel aus seinem Zimmer, der auf die Küsschen verzichtete, und mich stattdessen kurz umarmte, bevor er sich an den Tisch setzte.
Während dem Abendessen kam Gideons Vater wieder auf seine Firma zurück und bemängelte unzählige Male, dass weder Daniel, noch Gideon bereit wären, zukünftig seine Firma zu übernehmen.
Nach dem Abendessen (es war fast halb acht), bestand Gideon darauf, mich nach Hause zu fahren.
„Ich halt diese Familie nicht mehr lange aus“, sagte er seufzend, als wir uns in das Auto seines Vaters gesetzt hatten und er losgefahren war.
„Hei, nur noch morgen, und dann bist du sie eh für ein Jahr los. Du brauchst sie ja nicht zu besuchen. Entweder bleiben wir in der schule, oder du kommst mit zu mir“, sagte ich und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
Er nickte und die Geschwindigkeit des Autos erhöhte sich.
„Okay, du hast Recht. Es ist nur... dieser ewige Perfektion, weißt du? „Du musst so und so und so sein. Sei niemals so und so und so...“, sagte er.
„Hei, niemand ist perfekt, okay? Werder du, noch ich, noch deine Eltern. Wir sind alle nur Menschen und wir können gar nicht perfekt sein...“, sagte ich.
Bis wir bei mir zu hause ankamen, saßen wir schweigend nebeneinander, meine Hand noch auf seiner Schulter.
Er hielt mir wieder die Türe auf und half mir aus dem Auto.
„Kannst du das glauben? Nur noch morgen, und am Sonntag fahren wir“, sagte ich, um ihn abzulenken.
„Die Zeit ist wie im Flug vergangen, da hast du Recht. Am 16. fahren wir“, ergänzte er.
Und heute ist der 14. September.
„Willst du noch mit hochkommen?“, fragte ich.
Ch fand die Vorstellung, die ganze Nacht ohne h sein zu müssen, fast unerträglich.
„Nein, wir sollten mal wieder ein bisschen schlafen“, sagte er und schüttelte den Kopf.
„Ja, hast Recht“
„Außerdem muss ich mit Daniel noch Pläne schmieden, wann genau wir aus diesem Käfig ausziehen“, ergänzte er.
„Du willst ausziehen?“, fragte ich.
„Natürlich. Glaubst du, ich halte es noch länger daheim aus? Wir, also Daniel und ich, wollen nach diesem Schuljahr in eine eigene Wohnung ziehen“, sagte er ruhig.
Verständlich, oder?
„da gibt es etwas, was ich dir noch sagen wollte“, sagte er, nach kurzem schweigen.
„Ja?“, fragte ich und hoffte, das es etwas Gutes werden würde.
„Ich... Wir kennen uns ja jetzt schon eineinhalb Wochen, oder besser gesagt, wir sind jetzt schon eineinhalb Wochen zusammen und in zwei Tagen ziehen wir in die gleiche Schule. Fly, ich hab nachgedacht. Ich... ich liebe dich“, sagte er und blickte mir tief in die Augen.
Oha. Erwiderte ich seine Gefühle für mich, die stärker und bindender waren, als ich gedacht hätte.?
„Ich meine... im Laufe dieser eineinhalb Woche sind wir uns so nah gekommen, dass ich das Gefühl habe, ich würde dich schon ewig kennen und uns würde etwas ganz besonderes verbinden...“, sagte er und mir kamen die Tränen.
„Oh Gideon...“, flüsterte ich.
„Also... Oh mein Gott, Fly,
du bist das beste, was mir hätte passieren können.
Du bist so.. unbeschreiblich toll..
So hüsch und klug und witzig...
Du bist echt die perfekte Freundin für mich, ehrlich!
Und.... Ist jetzt vielleicht ein bisschen peinlich aber...
Ich hab sogar von dir geträumt...“, sagte er.
„Das ist nicht peinlich, das ist total süß“, korrigierte ich.
Er erzählte mir von seinem Traum, der der gleiche war, wie der,
den ich letzte Nacht geträumt hatte.
„Ich... Gideon, ich hab das gleiche geträumt“, gab ich zu.
Seine Augen weiteten sich.
„Wenn du nichts dagegen hast, komm ich doch noch kurz mit hoch“, sagte er und zog mich zur Tür.
Er rannte, ohne meine Familie zu begrüßen, in mein Zimmer.
„Gib mir bitte mal deinen Zauberstab“, sagte er.
Ich kramte in meinen bereits gepackten Koffern und gab ihn ihm.
Er roch dran.
Nein, wirklich, er roch daran und grinste danach zufrieden.
„das ist fantastisch“, sagte er und gab mir seinen Zauberstab.
„Riech bitte mal daran“, sagte er.
Ich sog die Luft ein und roch... überhaupt nichts.
Ich erinnerte mich daran, das mein Zauberstab einen intensiven und fabelhaften Geruch hatte.
„Er riecht nach gar nichts“, sagte ich.
„Das ist fantastisch!“, wiederholte Gideon.
„Und wieso?“, fragte ich.
„Weil dieser Zauberstab nach dir riecht. Der Geruch, der dich ausmacht, riecht für dich nach gar nichts, du kannst ihn nicht riechen. Auf dem Zauberstab eines jeden Zauberers und einer jeden Hexe liegt der Duft nach der großen Liebe, dem Traummann oder der Traumfrau. Wenn du nicht riechen kannst, nach was mein Zauberstab riecht, heißt das...“
„ das du mein Traummann bist“, fügte ich hinzu und küsste ihn.
„Ja, genau. Ich liebe dich“, sagte Gideon.
„Und ich dich auch“, stimmte ich ihm zu.
Er bleib noch, bis es elf Uhr war, dann entschied er, zu gehen.


Am nächsten morgen (Samstag) wachte ich mit dem Gedanken: „Morgen fahren wir“ auf.
Allerdings hatte mir Candy auch schon fünf mal das selbe geschrieben.
Als ich aufstand klingelte gerade mein Handy, Gideon rief an.
„Hallo?“, sagte ich verschlafen.
„Hallo, hier ist Gideon“
„Hei“
„Ähm, wir haben etwas vergessen“
„Aha. Und was?“
„Deine Kreditkarte“
„Oh. Und was machen wir da?“
„Ich könnte dich um drei abholen, dann gehen wir einfach kurz zur Bank“
„Okay, bis dann“
„Fly, warte!“
„Was ist denn?“
„Ich lieben dich“
„Oh, ich dich auch“
Dann legten wir auf und ich dachte darüber nach, wie süß er doch ist.
Hält mich vom auflegen ab, nur um „Ich liebe dich“ zu sagen.
Es war schon zwölf, und so war es wohl nicht mehr die Zeit für Frühstück.
Also machte ich mir ein Sandwich, aß dieses und verschwand
danach für fast eine halbe Stunde in meinem Badezimmer.
Um drei Uhr kam dann endlich Gideon, mit dem ich zuerst eine halbe Stunde redete,
und danach zur Bank fuhr.
Diese war groß und Marmor farbenen und wirkte ziemlich alt beziehungsweise antik.
Gideon hielt mir die Tür auf, wie es so oft schon der Fall gewesen war und lächelte mich an.
„Mylady“, sagte er mit seiner angenehmen Stimme.
Ich musste lachen, wie jedes Mal, wenn er das tat, und betrat die Bank.
Von innen sah sie eigentlich ziemlich ähnlich aus, wie von außen.
Marmorfarben, alt, aber irgendwie hatte dieses Haus was.
Gideon führt mich zu einem der Schalter, an dem ein etwas älterer Mann saß, der gerade seine Zeitung las.
„Guten Tag“, sagte Gideon und riss den Mann aus seinen Gedanken.
Er fuhr zusammen und sah uns verärgert an.
Schnell sagte ich: „tut uns Leid, wir wollten Sie nicht erschrecken“
Der Mann nickte und sagte: „Was kann ich für Sie tun?“
„Wir brauchen eine Kreditkarte für Tayla Johnson“
Der Mann nickte, ging kurz aus dem Zimmer und kam dann mit einem silbernen Tablett,
auf dem verschiedene Modelle von Kreditkarten lagen, wieder.
Ich suchte mir eine silberne aus und musste dann erst mal zwanzig Mal auf mehreren Blättern und dann auf der Kreditkarte unterschreiben.
Danach bekam ich meine Kreditkarte ausgehändigt und hob auch gleich mal 100 Flows für die Schule ab.
Gideon und ich verließen das Gebäude wieder, er nahm meine Hand und wir gingen Hand in Hand zu seinem Motorrad zurück.
„Sag mal... Mögen mich deine Eltern eigentlich?“, fragte ich, als wir fast bei seinem Motorrad wahren.
„Äh... Wie kommst du jetzt darauf?“, fragte er.
„Nur so. Also?“
„Nun... Ich glaube, sie finden nicht annehmbar. Das hört sich jetzt ziemlich komisch an, heißt bei meinen Eltern aber ziemlich viel“, erklärte er mir.
„Ah ja...“, machte ich.
Wir stiegen auf sein Motorrad und fuhren zu mir nach Hause.
Dann gingen wir hoch, in die Wohnung und machten es uns auf meinem Bett bequem.
„Sag mal, hab ich dir eigentlich schon alles über die School of Magic erzählt?“, fragte Gideon mich, während ich meine Beine über deine legte.
„Du hast mir erzählt, dass es eine Zauberschule ist, wie viele Schüler und Schülerinnen in die einzelnen Klassen gehen, welche Fächer es gibt, wie das Schulhaus aufgebaut ist und... ja, das war´s eigentlich...“, gab ich ihm wieder.
„oh, dann haben wir wohl ein paar dinge vergessen“, bemerkte er.
„Und die wären?“, fragte ich.
„Nun ja... Die Zeugnisse sind etwas anders, als in den nicht magischen Schulen...
Man bekommt Punkte. Maximal kann man 100 Punkte erreichen, minimal 0.
Aber es ist wirklich schwer 0 Punkte zu bekommen. Man muss sich schon sehr sehr dumm anstellen, den Lehrer oder die Lehrerin ärgern und na ja... Wie gesagt, es ist wirklich schwer.
Der Lehrer trägt für jede Stunde ein, wie man sich verhalten hat. Deine Punktzahl setzt sich aus Verhalten, Mitarbeit und den Prüfungen zusammen. Es gibt in den magischen Fächern acht und in den nicht-magischen Fächer vier Prüfungen im Jahr.
Außerdem machen wir öfters mal Ausflüge und einmal im Schuljahr machen wir Klassenfahrten,
die immer eine Woche lang sind. Ihr bekommt keine Schließfächer, ihr habt ja eure Zimmer.
Im ersten Schuljahr bekommt ihr die Möbel von der schule, ab dem zweiten Schuljahr könnt ihr eure Zimmer aber auch selbst gestalten. Außerdem müsst ihr noch eine Bescheinigung eurer Eltern abgeben, damit ihr an den Wochenenden in die Stadt dürft und an Ausflügen teilnehmen könnt. Die Schuluniformen müsst ihr eigentlich so gut wie nie anziehen, wenn doch, wird es mindestens zwei Tage davor angekündigt. Abgesehen von den einzelnen Fächern bekommt ihr auch noch eine gesamt Note. Diese ist die Punktzahl von allen Schulfächern.
Wenn du aber irgendwas schlecht machst, oder Unsinn treibst, werden dir von der Gesamtpunktzahl Punkte abgezogen. Es gibt 2000 Punkte maximal, du brauchst mindestens
1000 Punkte, um das Schuljahr zu bestehen. Du darfst aber in keinem Fach weniger als 30 Punkte haben, sonst musst du das Jahr wiederholen, egal, wie deine Gesamtpunktzahl lautet.
Es gibt mehrere Feste, die wir feiern. Darunter sind auch ein paar Bälle. Der Ball zum Beginn des neuen Schuljahres, der Weihnachtsball, der Neujahrsball, der Ball zum Geburtstag des Schulleiters, dann der Jahresabschlussball. Ich glaub, das wärs...“
Ich schluckte. Das waren doch noch mehr Infos gewesen, als ich gedacht hätte.
Dann nickte ich, zum Zeichen, dass ich alles verstanden hatte.
„Sag mal... was ist, wenn ich dort voll der Loser bin?“, fragte ich dann.
„Ach was“, sagte Gideon nur.
„Vielleicht wissen die anderen schon jede Menge Zeug, und ich bin die einzige, die null Ahnung hat“, sagte ich und ließ meinen Kopf auf meine Brust fallen.
„Woher wollen, sagt die das denn schon wissen?“, sagte er.
„Vielleicht haben die Eltern...“, begann ich, doch er schüttelte den Kopf.
„Das wird immer über zwei Generationen vererbt“, erklärte er.
„Na dann die Großeltern“, verbesserte ich mich.
„Glaub ich nicht. Aber wenn du dir wirklich so große Sorgen machst, dann kann ich dir ja einfach mal was zeigen und dann passt das ja“, sagte Gideon.
Ich nickte begeistert.
„Okay, hol mal deine Bücher raus“, sagte er in einem Lehrerton und grinste.
Ich packte meine Bücher aus und setzte mich wieder neben Gideon auf mein Bett.
Wir fingen mit dem Buch für Allgemeines an.
„Das Vorwort überspringen wir mal... Also, zuerst kommt, wie man den Zauberstab hält.
Hast du deinen? Gut. Also: man hält den Zauberstab mit der Hand mit der man auch schreibt... Bist du Rechts- oder Linkshänder? Rechts? Okay... Ganz vorne sind Daumen und Zeigefinger... Parallel.. Genau. Die anderen Finger weiter hinten, zum Halten... ja richtig.
Lektion 1 beendet! Siehst du, so schnell geht das. Lektion zwei: Feingefühl.
Also... hast du das Gefühl, dass du eine angenehme Zauberstabhaltung hast?“
Ich nickte.
„Okay, gut. Zur Probe sollten Sie den Zauberstab umher schwingen... Versuchs mal... Einfach mal ein paar Formen... Okay, gut... Immer noch angenehm? Gut. Jetzt versuch mal, dich auf irgendwas bestimmtes zu konzentrieren...“
„Worauf?“, fragte ich.
„Keine Ahnung... An irgendwas schönes...“
Ich dachte daran, wie Gideon und ich uns kennengelernt hatten. Das war ziemlich komisch gewesen, da wir ja noch nicht wussten, was passieren würde... Ich mochte ihn damals auch nicht besonders, was sich jetzt auch geändert hatte...
Mein Zauberstab fing an zu leuchten.
Ich erschrak ein bisschen.
„Sehr gut. Weiter geht’s! Also, als nächstes sollst du irgendein Wort sagen, egal welches und wie laut, und dabei mit dem Zauberstab einen Kreis in die Luft formen“
Ich sagte „Candy“ und malte einen Kreis in die Luft.
Es erschien ein Kreis, der Candy zeigte, bei dem was sie gerade tat.
„Cool“, sagte ich.
„Hei Bravo. Nicht bei jedem geht das so leicht! Wollen wir weiter machen?“
Ich nickte.
„Also gut. Lektion drei: Etwas herbeirufen beziehungsweise herbeizaubern... Das kennst du schon, aber wir können´s ja mal üben, wenn du magst. Also, zuerst „Kuja“ und dann das Objekt das du herbeizaubern willst und dann zeichnest du einen Halbmond in die Luft.
Mach das mit dem Malen mal und danach das mit dem Kuja“
Also schwang ich den Zauberstab, als wollte ich einen Halbmond in die Luft malen.
„Ich denke es hätte geklappt, wenn du etwas gesagt hättest. Ich habe eine Idee.
Wir nehmen beide zusammen meinen Zauberstab. Wir halten ihn beide und du sagst mir, was wir herbeizaubern sollen. Dann sprech´ ich es aus und wir können sehen, ob es richtig ist, so wie du das machst“
„Machst du es denn anders?“, fragte ich skeptisch.
„Ich weiß es nicht. Man kann das bei sich selbst nicht so gut einschätzen. Aber ich glaube schon... Wollen wir´s versuchen?“
Wieder nickte ich.
„Was willst du herbeizaubern?“, fragte ich ihn.
„Hmm... einen Blumenstrauß für dich“, er lächelte.
„Wie lieb von dir“
„Versuchen wir´s. Oder warte! Mach zuerst nochmal die Bewegung... Okay... Bereit?“
„Ja, und du?“
Er nickte.
Wir nahmen seinen Zauberstab, dann sagte er „Kuja Blumenstrauß“ und wir schwangen seinen Zauberstab.
Auf einmal gab es einen leisen Knall und es erschien ein Blumenstrauß aus pinken Rosen.
„Wie schön“, sagte ich.
„Mylady. Für Sie“
„Danke mein Herr“, sagte ich und küsste ihn auf die Wange.
Dann ertönte ein wesentlich lauterer Knall und ein Brief erschien.
Gideon nahm ihn aus der Luft, las ihn sich durch und wurde dann blass wie eine Leiche.
„Gideon? Was ist? Sag doch was? Was ist los? Gideon? Was hast du?“
Er schluckte.
„Anscheinend ist mein Plan nicht aufgegangen. Wir... also... Ich hab dir doch erzählt, dass es Zauberergesetze gibt, oder? Und wir haben gerade eins gebrochen...“
„Äh, wieso? Wir haben überhaupt nichts gemacht...“
„Du irrst dich. Du hast gezaubert... Das ist gegen die Regeln“
Häh? Was? Hab ich nicht.
„ich hab nicht gezaubert. Du hast den Spruch gesagt“
„Stimmt, aber anscheinend reicht es, das wir beide den Zauberstab berührt haben, während ich gezaubert habe. In Kürze wird einer von ihren Leuten eintreffen“
Die Angst packte mich.
„Und was machen wir dann? Was wird passieren? Werde ich morgen mitkommen können?“,
fragte ich mit zittriger Stimme.
Er war anscheinend genauso ängstlich wie ich, denn auch er antwortete etwas erschreckt:
„Sie werden uns zuerst ausfragen... Also was passiert ist und so was... Und dann werden sie hoffentlich Gnade walten lassen... Oder uns bestrafen...
Überlass das Reden mir, okay?“
Bevor ich antworten konnte, knallte es erneut,
eine Rauchwolke tauchte auf.
Als ich wieder etwas sehen konnte bemerkte ich das Folgendes passiert war:
Gideon war von mir weggerückt. Meine Bücher, die Zauberstäbe und der Blumenstrauß waren verschwunden. Und außerdem war ein hagerer, alter Mann vor uns aufgetaucht,
der leider nicht besonders gütig aussah.
„Mr Capris, Ms Johnson? Ich bin Mr Brightley vom Ministerium für Zauberei. Sie haben gegen ein Gesetz verstoßen und das hat Konsequenzen“, sagte er in einem bitteren Tonfall.
Allein diese Einleitung war schon ziemlich pessimistisch, was mich davon ausgehen ließ,
dass mit diesem Mann nicht gut Kirschen essen war.
„Nun, Mr Brightley, gegen welches Gesetz haben wir den bitte verstoßen?“, fragte Gideon herausfordernd.
Das würde ich allerdings auch gerne mal wissen...
„Ms Johnson hat gezaubert. Außerhalb der Schule. Und sie ist minderjährig. Und sie, Mr Capris, haben zugesehen. Das ist ihr vergehen“, antwortete Mr Brightley herablassend.
„Nur, dass das, was Sie da gerade verkündet haben, absolut nicht stimmt“, sagte Gideon.
„Nun? Dann klären Sie mich doch auf“, forderte Mr Brightley uns auf.
„Es war so, dass Tayla Angst hatte, die Einzige zu sein, die noch nicht zaubern könnte. Da hab ich ihr ein paar Sprüche beigebracht, damit sie Sicherheit hat. Zufrieden?“, sagte Gideon.
Aber Mr Brightley war absolut nicht zufrieden.
„Entspricht dies der Wahrheit?“, fragte er mich.
„Voll und ganz“, stimmte ich Gideon zu.
Mr Brightley zog die Augenbrauen hoch und sah mich irritiert an.
„Tatsächlich? Denn wissen Sie, alles was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden!“, drohte er mir.
„Das kann gut möglich sein, aber trotzdem entspricht das voll und ganz der Wahrheit“, sagte ich mit ruhiger Stimme.
„Wir haben besondere Mittel, um zu überprüfen, ob das, was Sie sagen, der Wahrheit entspricht“, fuhr er fort.
„Das ist gegen das Gesetzt, Mr. Brightley, und das wissen sie genau!“,
sagte Gideon wütend.
„Natürlich. Aber die neue Verfassung besagt, das wir, also die Ministeriumsangestellten,
das Wahrheitspulver bei Kriminellen anwenden dürfen, Mr Capris, davon wissen Sie doch, oder etwa nicht?“, Brightley sah ihn hochnäsig und herausfordernd zugleich an.
„Natürlich habe ich davon gehört, hochverehrter Mr Brightley, allerdings unterschied sich die Version, die ich gehört habe, ein wenig von der Ihren. Ich habe gehört, dass die höheren Mitglieder, im Grunde genommen nur die Minister, dazu befähigt sind, das Wahrheitspulver anzuwenden, wenn es sich um einen gefährlichen und außerdem gesuchten Kriminellen handelt. Um in diesem Fall ein Krimineller oder eine Kriminelle zu sein, muss man allerdings mindestens die Kronjuwelen stehlen, oder jemanden umbringen. Ist es nicht so?“
Gewonnen.
Mr. Brightley murmelte etwas, das sich gar nicht nett anhörte,
dann sagte er, wieder in normaler Lautstärke:
„Es handelt sich anscheinend um einen Fehler meinerseits.
Ms Johnson, ich muss mich wohl bei Ihnen entschuldigen.
Ich wünsche ihnen ein gutes neues Schuljahr.
Mr. Capris... sie haben wohl Recht gehabt...
In diesem Fall muss ich mich wohl oder übel bei Ihnen entschuldigen.
Aber eine Frage habe ich noch.
Wieso sind sie hier Mr Capris?“.
Er wirkte ziemlich hämisch.
„Wie meinen Sie das?“, fragte Gideon bissig.
„Nun, es ist mittlerweile fast halb acht, morgen ist die Abreise zur School of Magic und da frage ich mich doch, ob Sie nichts besseres zu tun haben, als mit ihrer zu betreuenden Schülerin den Abend zu verbringen. Was meinen Sie dazu?“, fragte Mr Brightley.
„Wer sagt, das Ms Johnson nicht mehr als nur meine zu betreuende Schülerin ist?“, fuhr Gideon ihn an und nahm meine Hand.
Wieder grinste Brightley hämisch, als würde er das gar nicht in Bedacht ziehen.
„Die Jugendliebe, ist dem so? Ach wie süß!“, sagte er spottend.
Mr Brightley druckste rum und sagte dann: „Ich denke wir sollten es dabei belassen.
Ms Johnson, ich werde die Sache einfach vergessen und niemandem gegenüber etwas bemerken, wenn es Ihnen recht ist“
„Danke sehr“, sagte ich mit dem Hauch eines Lächelns.
„Mr Capris. Wir sehen uns wieder“, fügte er dann noch hinzu und verschwand dann ebenso plötzlich, wie er erschienen war.
„Was bildete sich dieser...?“, sagte Gideon wutentbrannt.
„Gideon! Beruhig dich. Wir sind ja nochmal davon gekommen.
Aber eines würde mich schon interessieren... Kanntest du ihn?“
„Nicht besonders gut...“
„Und woher hat er dann diesen Hass gegen dich?“
„Es könnte sein, dass ich ihm schon ein paar mal die Meinung gesagt habe...
Außerdem kann es sein, dass diese Meinung vielleicht etwas grob formuliert war...
Und es könnte sein, dass ihm mal eine reingehauen habe...“
„Du hast was?“, rief ich.
„Er hatte es nicht anders verdient“
„Was war denn?“
„Er bezeichnete meine Mutter als verantwortungslos und selbstsüchtig, weil Daniel außerhalb der Schule gezaubert hatte, um ihr den Autoreifen zu reparieren...“
„Wirklich? Dann war es, danke ich, gerechtfertigt“
„denke ich auch“
„Und wie lange ist das her?“
„Ein Jahr“
„und so lange hält sein Groll an?“
„Anscheinend“
„Dann“, sagte ich lächelnd, „Warst du ja ein kleiner Rebell“
„Oh ja... Ich war sehr sehr böse. Aber weißt du... Das Gute daran ist,
das die meisten Mädchen auf die Rebellen stehen...“
Die meisten Mädchen? Was sollte das den heißen? Wie viele Beziehungen hatte er den schon gehabt? Waren sie ihm so wichtig gewesen, wie ich ihm jetzt zu sein schien?
„Ach komm. Du brauchst dir keine Gedanken machen. Ich hatte bis jetzt noch nie eine wirklich ernsthafte Beziehung. Stimmt ich hatte ein paar Beziehungen, drei um genau zu sein, aber sie waren nicht von Bedeutung. Fly, ich liebe nur dich, das wird immer so bleiben.
Und außerdem stehst du doch auch auf die Rebellen, stimmt´s?“
„Nein, tut es nicht. Ich stehe eher auf Jungen, die mehr auf ihren Verstand setzen, als auf Brutalität und Gewalt. Ich bevorzuge die kluge Variante“, antwortete ich ihm mit einem kühlen Lächeln.
„Du stehst also nicht auf so was?“, fragte er, und ehe ich mich noch über diese Frage wundern konnte, hatte er mich auch schon etwas unsanft auf das Sofa gedrückt und angefangen,
mich zu Küssen.
Er legte sich auf mich und zog an meinen Haaren.
Er merkte wahrscheinlich nicht, dass er mir damit weh tat.
Ich versuchte, ihn weg zustoßen, doch es gelang mir nicht.
„Gideon!“, sagte ich, etwas lauter als normal.
Er sah mich überrascht an und hörte auf, mich zu küssen.
„Hör auf damit! Du tust mir weh!“
Er sah mich noch wesentlich verwunderter an, als zuvor,
setzte sich aber sofort wieder hin und half mich hoch.
Dann sagte er: „Fly... Es tut mir leid... ich hatte nicht gemerkt...“
Doch ich wollte seine Ausreden nicht hören.
„Genau! Du hast nichts gemerkt, nichts! Wie konntest du, Gideon? Wie konntest du nur?
Ich habe dir gesagt, dass ich das nicht mag und was machst du?
Verhältst dich wie ein Halbaffe, wie einer dieser unreifen Jungen, die ich in meiner Klasse hatte,
die meinen, es allen beweisen zu müssen, die´s so nötig haben... Bist du das wirklich?
Ich dachte du wärst anders... Reifer als diese Primaten... Und was machst du? Verhältst dich wie sie... Das ist das Letzte! Wieso tust du das?“
„Fly, ich konnte doch nicht wissen...“
„Doch! Ich hab dir gesagt, dass ich das nicht leiden kann!“
„Aber Fly, ich...“
„Ach komm, sei einfach still!“
Wir saßen eine Zeit nur nebeneinander.
Dann sagte er: „Es tut mir leid. Ich habe dich nicht ernst genommen...
Mit dieser Masche gefiel ich früher jeder meiner Freundinnen...
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass du nicht so bist, wie sie es sind.
Fly, ich mag das doch auch nicht... Ich dachte nur nicht, dass du so bist, wie du eben bist.
Es tut mir so unendlich leid... Ich kann es mir selbst nicht verzeihen...
Aber Fly, so war es nicht gemeint.
Es tut mir so wahnsinnig leid!“
Ich spürte, wie mir eine Träne über die Wange rollte.
Es war zu spät, den Tränenfluss zu stoppen,
sie strömten mir literweise die Wangen runter,
bis er seinen Finger unter mein Kinn legte und es ein wenig hoch hob.
Ich sah ihn wütend an.
„Fly...“, wollte er sagen, doch ich redete dazwischen.
„Wie kannst du glauben, dass ich so bin wie deine Ex-Freundinnen?!
Ich hab´s dir gesagt, wie konntest du mir nicht glauben?“
„Ich dachte... Ich dachte, es sei nur Show...“
Zugegeben, so wie ich das gesagt hatte, hätte es wohl auch so rüber kommen können.
„Gideon... Hör zu... Ich glaube, das es wohl nur ein ziemlich dummes Versehen war...
Aber bitte... Tu das nie wieder. Denn das warst nicht du, nicht der Junge, in den ich mich verliebt habe.
Es ist lieb gemeint, dass du dich für mich verstellen willst, doch ich liebe dich so, wie du bist.
Mit allen deinen Makeln. Und ich erhoffe mir dasselbe von dir“
„Fly, ich liebe dich mehr, als ich sagen kann... Und ich liebe dich so, wie du bist, das kannst du mir glauben. Und ich möchte dir nochmal sagen, dass es mein Fehler war, das es sich nicht wiederholen wird, und vor allem, dass es mir unendlich leid tut. Bitte. Verzeih mir“
Ich lächelte.
DAS war der Gideon, in den ich mich verliebt habe.
Wie konnte ich da anders, als ihm zu verzeihen?
„Ich verzeihe dir. Aber bitte, tu uns beiden das nie, nie wieder an“
Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange und spürte, wie meine Augen langsam aufhörten Tränen zu vergießen.
Er zog seinen Hemdärmel etwas länger, so, dass er ein paar Zentimeter länger als sein Arm waren und tupfte mir damit das Gesicht ab.
Vermutlich war es keine gute Entscheidung gewesen, heute Morgen Make up aufzutragen, denn es klebte jetzt am nicht mehr ganz so weißen Hemdärmel von Gideon.
„Tut mir leid“, sagte ich, und hörte mich dabei ziemlich verheult an.
Er sah mich wieder verwundert an.
„Was tut dir leid, Fly?“
„Das mit deinem Ärmel...“, sagte ich schuldbewusst.
„Ach was! Da ist nur ein Kleidungsstück, nichts wichtiges. Ich hab mehrere von dieser Sorte.
Dein Befinden ist mir viel wichtiger“
Das war er. Gideon, mein Traummann...


Am nächsten morgen erinnerte ich mich nur noch vage an das, was passiert war.
Gideon würde mich um zwei Uhr abholen, und dann würden wir losfahren.
Ich hatte immer noch Angst, dass unser gesamtes Gepäck ( 6 Koffer und zwei Taschen von mir und 2 Koffer und zwei Tragetaschen von Gideon) überhaupt in das kleine Cabrio passen würden, das Gideons Vater im zum Anfang des Schuljahres geschenkt hatte.
Aber irgendwie würde das schon hinhauen...
Ich lag noch eine Weile im Bett und dachte nach.
ch dachte darüber nach, wie ich Gideon kennengelernt hatte, wie er mich verzaubert hatte und wie er mein Herz hatte aufblühen lassen. Wie er mein Leben verändert hatte. Über das, was heute geschehen war.
Ich wollte so etwas nicht nochmal erleben. Es war nicht brutal gewesen,
und körperlich hatte er mir wohl auch nicht wirklich wehgetan, ich hatte es ja überlebt, ohne Narben und Kratzer, doch er hatte mein Herz verletzt.
Natürlich hatte ich ihm vergeben, ich war nicht mehr sauer oder wütend.
Mein Herz war am heilen.
Solange jetzt nicht etwas dramatisches kommen würde, würde mein Herz nicht auseinanderfallen.


Meine Mutter saß schon mit ihrem morgendlichen Kaffee in der Küche.
Sie begrüßte mich und ich setzte mich zu ihr, nachdem ich mir zwei Toasts in den Toaster getan hatte. Ich beschmierte die Toasts mit Butter und aß sie, während meine Mutter mich mit meiner Packliste bombardierte – mündlich.
„Schwimmzeug?“, fragte sie.
„Ja, Mum“
„Schuluniformen?“
„Ja, Mum“
„Aufladekabel von Handy, Ipod, Computer?“
„Jaha“
„Handyguthaben?“
„75 Euro und ne Flat. Müsste bis zu den nächsten Ferien reichen“
„Hast du dein Taschengeld für die nächsten Monate schon?“
„Nö. Aber das wird mir dort auch nichts bringen. Ich hab mir was von meinem anderen Konto geholt. Und zur Not gehe ich eben mit Candy in die Stadt. Das werden wir eh machen, du hast ja.... Halt! Hast du nicht!“, ich rannte in mein Zimmer und gab ihr den Zettel, den sie unterschreiben sollte, die Einwilligung für Ausflüge und Stadtbesuche.
Sie unterschrieb sie mir und ich packte sie in meine Handtasche.
Als ich wieder kam fragte sie wie aus der Pistole geschossen: „Kontaktlinsen?“
„fünf Paar“, antwortete ich.
„Schreibzeug?“
„Alle Hefte doppelt, Kalender, Stabilos, Füller, Feder, Tintenkiller, Geodreieck, Lineal, Spitzer, Bleistifte, Radiergummi, Buntstifte, Kulis und Collegeblöcke“, antwortete ich brav.
„Ok. Binden?“
„Mum!“
„Na gut... Schuhe?“
„Drei paar Turnschuhe, zwei paar Ballerinas, ein paar Stiefel, mehrere Stiefeletten, Sandalen, Wanderschuhe, zwei paar High Heels“
„In Ordnung. Und die passen alle in einen Koffer rein?“
„Klar“
„Klamotten?“
„Häh?“
„Jeans, T-Shirts, Röcke, Kleider, Pullis?
„Glaubst du, ich habe sie nachgezählt?“
„Na ja...“
„So gut wie alles aus meinem Kleiderschrank“
„Ok. Sportzeug?“
„Jap“
„Elektronik?“
„Handy, Ipod, Ersatzhandy, Laptop, zwei USB-Sticks und so...“
„Alles klar. Koffer und Taschen beschriftet?“
„Ja Mum“
„Lunchbox?“
„Nö“
Ich wollte mir gerade Sandwiches machen, doch sie sagte das sie das übernehmen würde.
Und ich sollte Gideon anrufen, weil sie ihm auch welche machen würde.
Nachdem ich ihn kurz angerufen hatte ging ich ins Badezimmer.
Erstmal ausgiebig duschen, Haare föhnen, Zähne putzen...
Dann umziehen, den Schlaganzug in den Koffer packen.
Nochmal alles durchschauen, ob ich wirklich alles dabeihabe.
Das Medaillon meiner Oma packte ich noch ein, ansonsten hatte ich wohl alles...
Ein Blick auf die Uhr... 10:30 Uhr.
Gideon würde um zwei Uhr da sein...
Noch dreieinhalb Stunden...
Mein Laptop war schon in der Tasche...
Was tun?
Meine Mum fragte mich, ob ich kurz zum Supermarkt gehen könnte, um Maracujasaft zu kaufen.
Ich ließ mir Zeit, denn ich hatte ja noch mehr als drei Stunden.
Heute war der Tag, an dem die Zeit mal nicht wie im Flug verging...
Das gute am Weg zum Supermarkt ist, dass man, wenn man sich beeilt etwa eine Viertelstunde braucht. Wenn man dies nicht tu, so braucht man gut 20 Minuten bis eine halbe Stunde.
Ich ging ganz gemächlich runter zum Supermarkt, so dass so viel Zeit wie möglich verstrich.
Ich war schon so oft da gewesen und wusste, wo alles steht. Doch ich ging durch jede Abteilung und sah mich um.
Als ich den Saft gekauft hatte, ging ich wieder nach Hause, langsam, wie zuvor.
Meine Mum sah mich etwas besorgt an, als ich nach einer Stunde wiederkam.
„Ich... Tut mir leid, Mum... Es ist nur... die Zeit scheint nicht zu vergehen, weißt du?“
Sie streichelte meinen Kopf.
„Schätzchen, ich verstehe dich. Ich bin doch auch aufgeregt“
Na gut.
„Noch zwei Stunden Mum...“
„Ja Schätzchen, ich weiß. Wir schaffen das“
Wir setzten und ins Wohnzimmer und sahen zusammen fern.
Ich weiß nicht mehr, was wir sahen, doch es war nur ein Vorwand.
In Wirklichkeit war der Fernseher an, doch wir redeten weiter,
bis ich nicht mehr so aufgeregt war.
Ich war noch aufgeregt, ja, aber nicht mehr so sehr, wie vorher.
Viel Zeit verging, und dann klingelte jemand an der Tür.
Als er in der Tür stand fiel ich ihm um den Hals
„Es tut mir leid wegen gestern... Ich glaube, ich hab nicht nur ein bisschen übertrieben“
Er sah mich an.
„Nein. Es war richtig, was du gesagt hattest. Aber lass uns das vergessen, so wie wir es uns gesagt hatten, okay?“
Ich nickte.
Meine Mum kam zu uns.
„Hallo Gideon“, sagte sie freundlich.
„Morgen, Mrs. Johnson“
Sie gab uns mehrere Sandwiches mit, dann war es so weit.
Wir verstauten meine Sachen im Kofferraum von Gideons Cabrio,
dann kamen wir ein letztes Mal nach oben, um uns von allen zu verabschieden.
„Tschüss Mum. Ich werd dich furchtbar vermissen“, sagte ich zu meiner Mum und warf mich ihr in die Arme.
Sie drückte mich an sich.
„Tschüss mein Schatz, pass gut auf dich auf. Komm mich besuchen und ruf mich an, sobald ihr angekommen seit, okay?“
wir ließen uns wieder los und ich wischte mir eine Träne von der Wange.
„Und du mein Lieber, pass gut auf meine Tochter auf“, sagte meine Mum zu Gideon gewandt und umarmte auch ihn.
Dann ging alles ganz schnell.
Wir umarmten uns alle ein letztes Mal, dann gingen Gideon und ich nach unten, stiegen in sein Auto und fuhren los.

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Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Tayla Marie Johnson).
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.03.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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