Ute Abele

Ich bin




So viele Gestalten, Formen, Orte. Alles immer wieder anders, vollkommen verschieden. Aber eines immer gleich, nämlich das Gefühl: Ich bin.

Was hatten sie gemeinsam... der Priester in Peru, die Krishnaverehrerin in Vrindavana, die Lehrerin in Schweden, der Trucker in Kanada, die Obdachlose in Berlin, der arme Schriftsteller in St. Petersburg, der sich immer mit einer der Figuren aus Dostojewskijs Romanen identifizierte und sich umbringen wollte aber dann an Schwindsucht starb, die Sängerin in einem chinesischen Palast, die Bordellbesitzerin in Hongkong, der esoterische Astrologe aus Basel, der viele seiner vergangenen Leben kannte?  Nur eines, aber dieses ganz gewiss. Das Gefühl: Ich bin.

All das Aufgezählte, die kurzen Beschreibungen der Personen (die erst durch diese zu Personen wurden), sind natürlich irreführend, um nicht zu sagen: falsch. Ja, der Schriftsteller schrieb einige (unveröffentlichte) Romane (wie oft saß er an seinem Holztisch und schrieb oder schrieb nicht, dachte nach, schrieb wieder, warf den Stift weg und ging am Fluss spazieren), die Lehrerin lehrte, die Sängerin sang, der Trucker fuhr, die Obdachlose war einige Zeit ohne Wohnung... aber dies sind ja nur Geschichten, Verallgemeinerungen, Gedanken von etwas, das einmal stattfindet und dann wieder vorbei ist, von etwas ganz und gar Instabilem. Jeder von ihnen war einmal, vielleicht sogar die längste Zeit, nicht das, womit er hier beschrieben ist. Aber jeder von ihnen war immer "Ich bin". Immer dasselbe Gefühl. Das Gefühl der Existenz.

Irgendeiner von ihnen, vielleicht ein hier nicht Genannter oder eine nicht Genannte, begann eines Tages zu verstehen, dass dieses Gefühl von "Ich bin" alleine bestehen kann. Ohne weitere Beschreibungen, obwohl diese trotzdem da sein können, da sein werden, für die Welt. Und dass dieses "Ich bin" das einzige ist, was unbestreitbar ist, das einzige, was jeder sicher von sich sagen kann, ohne dass es etwas später schon nicht mehr wahr ist. Dass dieses "Ich bin" fortwährend ist, während alles andere kommt und geht. Dass es eine eigene, einmalige Qualität hat und von nichts abhängig ist, von keiner Form. Dass es nicht geboren wird und nicht stirbt.

Und ein anderer oder dieselbe hier nicht Genannte konnte irgendwann auch sehen, dass selbst dieses "Ich bin" gesehen wurde. Von etwas, das er noch weniger beschreiben konnte, als "Ich bin". Doch hier musste er alles aufgeben, jeden Wunsch zu beschreiben, obwohl es so präsent und klar war.










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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.04.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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