Der Traum war grauenhaft. Schweiß naß schlage ich um mich.
Atme ein mal tief durch und öffne ganz langsam die Augen. Gott sei Dank – es ist hell.
Nichts wie raus aus dieser „Horrorfabrik,“ in denen sich manche bis Mittags wohlig herum wälzen.
Mir unbegreiflich.
Dösig hocke ich auf der Bettkante. Gegenüber aus dem hohen Spiegel des Kleiderschranks glotzt mich ein seltsames Wesen an: verschwollene Augen, eines kleiner als das andere, das linke Ohr,
abgeknickt steht feuerrot vom Kopf ab. Wer soll das sein?
Ich stehe auf, gehe näher heran – igitt.
Der Spiegel beschlägt, wirft Mundgeruch zurück, ein Geschmack, wie bei „Kuh unterm Schwanz......“
Zippelig hängt das weiße Nachthemd herunter. Kommt mir bekannt vor. Es nützt nichts, ich muß mich der Realität stellen – das im Spiegel, das bin ich.
Ermutigend wie so ein Tag beginnen kann.
So wie die Stimmung, so schlurfe ich ihn Bad. Da scheint morgens schon die Sonne rein.
Eigentlich schön dieses Wetter denke ich gerade noch, doch die Hoffnung, daß das meinem Äußeren zu Gute kommt schwindet schlagartig. Mein Gott, das ist ja nicht zum Aushalten.
Wie kann man nur mit 50 so aussehen.
Und genau da fallen mir die Bilder der letzten Illustrierten Ausgabe ein.
Die Frau ab 50 – das beste Alter.
Mit Fotos, Mütter und Töchtern und auf nahezu allen Fotos sahen die Mütter jünger, schlanker und attraktiver aus als ihre Sprößlinge.
Glatte zart braune Babypopohaut, Strahleaugen, kein einziges graues Haar, keine verrutschten, entgleisten Gesichtszüge. Und keine Hühnerhälse.
Je länger ich in den Spiegel schaue, desto intensiver verwandelt sich mein Gesicht in das der Hexe Babajaga.
Ich versuche es mit Waschen, Schminken, dem üblichen Programm für reifere Jahre – es hilft nichts. Jetzt sehe ich aus wie ein trauriger Clown. Von allem zuviel.
Nicht im entferntesten Ähnlichkeit mit auch nur einer dieser Hochglanz Damen.
Die Haare denke ich, diese unmögliche Farbe und diese „Unfrisur“. Die müßte anders sein.
Mal wieder zum Friseur, auch ein bißchen verwöhnen lassen und als neuer Mensch raus kommen.
Das war’s.
Eine halbe Stunde später sitze ich im einzigen Salon der Stadt der so kurzfristig einen Termin frei hat.
Die junge Dame, knallrot, poppig, stöckelt auf mich zu, schaut, wie es mir scheint, etwas süffisant von oben nach unten und wieder zurück. Irgendwie habe ich das Gefühl in ihrem Blick glitzert eine Spur Mitleid.
„ Na was machen wir denn?“ – bilde ich mir das ein oder klingt zwischen den Worten heraus “ ist eh umsonst.“ Ohne die Antwort abzuwarten schnappt sie einen babyrosa Umhang und brav tappe ich hinter ihr her auf den freien Stuhl.
Ihr Spiegelbild schaut mich an – sie lächelt mit ihrem perfekten Make-Up, strahlend weiße Zähne zwischen Kirschmund im faltenlosen Pfirsichteint.
Mein Gesicht ein Stück tiefer kommt mir dagegen vor wie das meiner Urgroßmutter.
„ Irgendwas anderes“ sage ich mutig, „ vielleicht ein bißchen frischer, flotter.“
Sie lächelt wieder, gibt keine Antwort. Was auch.
„ Vorne oder hinten?“ fragt sie
„ Wie bitte?“ Sie wirkt leicht ungeduldig.
„ Na wollen sie nach vorne oder hinten gewaschen werden?“
„ Hinten „ sage ich, „nach hinten wäre mir lieber.“
Sie zieht eines dieser weißen, fahrbaren Becken heran, das ein wenig an ein hohes Bidet erinnert.
Das dicke Handtuch über dem rosa Gummimantel rutscht. Sie zieht es fester zusammen und drückt es mit Gewalt in die eh schon enge Halskrause. Mein Gesicht im Spiegel färbt sich rot von dem angestauten Blut.
Genauso rot sind ihre langen Fingernägel, die nun wie Krallen an meinem Haar herum zupfen, so als suche sie was.
„ Na, allzu viel ist da nicht zu machen. Sind halt dünn. Haben sie’s schon mal mit Hormonen versucht? Bei meiner Oma haben die Wunder gewirkt.“
Mein Laune sinkt auf den Nullpunkt, nein drunter. So ein Quatsch, ich hatte noch nie eine Löwenmähne.
„ Farbe oder Dauerwelle?“
„ Ja ich weiß nicht so recht, ich dachte eigentlich, sie könnten mir was raten“ sage ich verunsichert.
„ Also dann waschen wir mal und gucken wie’s dann da oben aussieht.“
Sie greift mit den Feuerkrallen in die dünnen Haare, preßt meinen Kopf nach hinten in die Mulde des „ Bidets“. Da liegt er, schmerzhaft eingedrückt, wie auf dem Schafott.
Ich versuche mich zu entspannen als das Wasser zu rauschen beginnt.
„ Aua, das ist ja brühheiß“, kann ich gerade noch schreien.
„ Entschuldigung, aber das ist nun mal am Anfang so. Durchlauferhitzer. Ein Übel. Gibt sich gleich.“
Tatsächlich – zwei Sekunden später kühlt ein eiskalter Schwall die lädierte Kopfhaut.
„ Nun ist es eiskalt“ sage ich nun auch genervt.
„Ist ja schon vorbei,“ beruhigt mich „ Rotkralle“ und beginnt mit der Schäumung.
Es kratzt entsetzlich, da sie ihre Krallen ja nicht wie ein Kätzchen einziehen kann, sondern munter damit auf der Haut herum kreist. Immer auf dem mittleren Oberkopf. So, als ob sonst keine Haare mehr da wären, weder links, rechts, schon gar nicht hinten, „ Rotkralle“ bleibt sich und meinem Mittelscheitel treu.
Ich will nichts mehr sagen, schließe die Augen und hoffe, träume, sie wäscht, tönt, fönt und frisiert mindestens 20 Jahre aus und auf meinem Kopf.
„ Hallo,“ packen sie mal ihre Sachen, wir fönen auf einem anderen Platz.
Erschrocken fahre ich hoch – war ich eingedöst? Zumindest sehe ich einigermaßen „edel“ aus, einen riesigen Turban um den Kopf der auch den Vorteil hat, die Wangen Haut etwas zu straffen.
„ Am Besten wir fönen nur,“ sagt mir „ Rotkralle“, “ die Haare sind zu angegriffen für Farbe und Dauerwelle.“
Jaaa, das ist es. Da warte ich drauf. Deshalb diese ganze Prozedur. Fönen – ich liebe es.
Sie beginnt klappernd ihre Bürsten zu suchen und dann weht wunderbare warme Luft um mein gequältes Haupt. Und – sie wühlt vorsichtig mit den Krallen in den Haaren herum.
Endlich ist sie da die Entspannung. Diese Minuten habe ich herbeigesehnt.
Ich will nichts sehen, nichts mehr hören mich nur dieser warmen Luft hingeben.
Sie teilt ab, dreht Strähnen um die Bürsten, eine nach der anderen und ich genieße.
Viel zu früh ist alles zu Ende. Das war es nun, eine wahre Wohltat.
Es fällt mir schwer die Augen zu öffnen als „ Rotkralle’s“ Stimmchen fragt: „ Und, ist’s recht so ?“
Durch halboffene Augen sehe ich – das gleiche Gesicht wie vor einer Stunde.
Mit braver Mitt-60-er Frisur – Ballon getürmt ala Beatrix von den Niederlanden.
„ Rotkralle“ tänzelt mit dem Spielgel um mich herum . „ Gut sehen sie aus, steht ihnen prima“
Hinten ist es genau so.
„ Ja,“ sage ich, noch mit dem entspannten Fön Ausdruck im Gesicht. „ Ist schon gut“.
„Macht 38,-- Euro.“
Ich gebe ihr € 40,--, vermeide beim hinaus gehen den Blick in die spiegelnde Ladentüre.
Turnschuhe, Jogging Hose, Sportpulli – und Beatrix. Klasse Kombination.
Aber sie hat wenigstens schön gefönt.
R.B. 11.03.2003
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.03.2003.
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