Jürgen Berndt-Lüders

Zweier ohne Steuerfrau (Serie nicht weiter fortgeführt)

Franziska und Inge hatten abgelegt. Es ging im Ruderclub um nichts als um den herrlichen Tag mit viel Sonnenschein. Sie konnten sich allenfalls einen Sonnenbrand holten.
 
So dachten sie jedenfalls.
 
„Gestern konntest du nicht“, stellte Inge fest. „Du konntest doch samstags sonst immer. Was war los?“
 
Franziska lachte bitter. „Ich hatte mein drittes Date mit ein und demselben.“
 
„Deinem Lachen nach war es gleichzeitig das letzte.“ Inge zog kräftig durch. „Es ging dir wieder alles zu schnell, was?“
 
„Nein, eher zu langsam, beziehungsweise überhaupt nicht.“
 
„Beziehungsweise oder beziehungsmäßig?“
 
Diesmal lachte Franziska glockenhell. „Ein schönes Wortspiel. Es ging nicht mal mäßig. Es ging generell nicht. Dabei war Torsten fast mein Traummann. Er ging total auf mich ein, konnte Gefühle zeigen, war zärtlich...“
 
„...wirklich ein Traummann. Schick ihn mal vorbei, wenn’s mit euch nicht geklappt hat.“
 
„Ich kenn dich doch. Mit euch würde es auch nicht klappen. Du bist da wie ich.“
 
„Nun sag schon“, forderte Inge gespannt.
 
Franziska zog nach rechts und das Boot fuhr in den Schilfgürtel. Inge verstand. Rudern und erzählen, das ging nicht.
 
„Wir hatten geschmust, geknabbert, gestreichelt und geküsst, und das hatte mich mächtig in Stimmung gebracht. Ich glaube, so in Stimmung war ich schon lange nicht mehr.“
 
„Und dann konnte er nicht? Wegen sowas macht man doch nicht Schluss.“
 
„Klar konnte der. Ich hab’ ihn doch gespürt.“
 
„Wie... gespürt.“
 
Franziska wirkte verlegen. Sie kicherte künstlich. „Naja, wir lagen ja ganz nahe zusammen. Da konnte ich ihn doch spüren.... Nein, er wollte nicht. Er hat mir Vorträge gehalten. Genauer, er hat mir Vorwürfe gemacht, noch besser: Vorhaltungen. Meine ganze Stimmung war futsch.“
 
„Worum ging es ihm denn?“
 
„Er fragte mich direkt, ob ich häufig wechselnden Geschlechtsverkehr hätte. Zwar durch die Blume, aber unmissverständlich.“
 
Inge lachte spöttisch. „Du und öfter mal Sex. Wie lange bist du nun solo?“
 
„Fünf Jahre, und seitdem hatte ich nicht einen einzigen. Das habe ich ihm gesagt, aber er hat mir wohl nicht geglaubt.“
 
Inge suchte Gründe für sein Verhalten. „Bist du etwa mit der Tür ins Haus gefallen? Ich meine, hast du ihn nuttenmäßig angemacht? Irgendwas an dir muss ihn doch abgeschreckt haben.“
 
Franzi schlug entsetzt mit dem Ruderriemen aufs Wasser, dass die Enten erschraken und davon stiebten. „Soweit müsstest du mich doch kennen, dass ich sowas nicht nötig habe. Nein, ich habe ihm wohl ins Ohr geflüstert, dass ich ihn nun spüren wollte. So genau weiß ich nicht mehr, was ich gesagt habe. Ich war ja völlig weggetreten.“
 
„Und er?“
 
„Er meinte, sein Vater hätte ihm als Zwölfjährigem schon gesagt, dass anständige Frauen nie von sich aus anfingen. Das Verlangen der Frauen müsste der Mann in Gang bringen. Das könnte man schon am biologischen Zeichen der Frau erkennen. Die Frau als Kreis mit einem Kreuz drauf und der Mann mit einem nach rechtsoben.... Ach, was weiß ich.“ Franziskas Unterlippe zitterte vor Wut und Enttäuschung.
 
„Das war früher ja auch so. Wie alt ist er inzwischen?“
 
„Er ist Witwer. Die Silberhochzeit hatten sie schon hinter sich, da ist sie an Brustkrebs gestorben.“
 
„Klar. Er kannte nichts anderes. Das kannst du ihm nicht übel nehmen. Ihr seid unterschiedlich aufgewachsen.“
 
Franzi’s Handy klingelte. Franzi sah auf das Display und reichte es Inge. „Da, mach du mal. Du kannst das besser.“
 
Inge klickte sich rein. „Ja bitte?“
 
„Hier ist Torsten. Franziska, es tut mir leid. So wollte ich es nicht.“
 
Inge drückte das Handy gegen ihren Bauch. „Torsten ist dran. Es tut ihm leid.“
 
Franzi winkte ab.
 
„Torsten, ich rufe zurück“, sagte Inge und klickte sich weg.
 
„Ich ruf’ nicht zurück. Der hält mich für ‚ne Nutte. Nutten laufen den Kerlen nach. Ich nicht.“
 
„Franzi“, betonte Inge. „Überlege mal. Vorhin, als ich dich gefragt habe, woran du gemerkt hast, dass er nicht impotent war, da hast du nicht etwa gemeint, er hätte dir mit seinem Ding fast den Oberschenkel eingedellt. Du bist rot geworden und hast mir umständlich beschrieben, dass ihr ja dicht beieinander gelegen habt und dass es da unvermeidlich gewesen sei...“
 
„Ja, ich weiß“, rief Franzi. „Und was soll das jetzt?“
 
„Du warst an deine Grenzen gestoßen. Über sowas zu reden fällt dir schwer. Genau so, wie es Torsten schwer fällt, zu akzeptieren, dass eine Frau den ersten Schritt macht. Aber sag mal, woher kennst du diesen Torsten?“
 
„Hier aus dem Ruderclub“ gab Franzi zu und wurde rot. „Du kennst ihn auch.“
 
Das Handy klinelte wieder. Torsten war dran „Ich dachte, du wolltest zurück rufen. Ich halte es nicht aus...“
 
„Torsten. Ich bin’s, die Inge. Ich mische mich jetzt mal ein. Ich mag euch beide und ich möchte, dass ihr keine vermeidbaren Fehler macht.
 
Sei doch froh, du dummer Kerl, dass es so eine Klasse-Frau wie Franziska gibt,  die deinetwegen ihre vornehme Zurückhaltung aufgibt und dir sagt, dass sie dich will.“
 
„Aber...“
 
„Nichts aber. Nur eins noch: Frauen hatten früher nur selten eine eigene Libido, weil man ihnen die aberzogen hatte. Das hing auch mit der Eigenschaft der Frau zusammen, dass sie nun mal die Kinder kriegt und die Folgen zu tragen hat, wenn sie schwanger wird. Und früher waren Frauen laufend schwanger. Da fällt man nicht so einfach aus Lust und Laune über einen Mann her.“
 
„Da, da“, rief Franzi und streckte den Finger aus. Auf dem Fluss hielt ein Zweier ohne Steuermann das Wasser. Einer der beiden hatte ein Handy am Ohr.
 
„Wir kommen“, sagte Inge kurz und knapp und klickte sich raus. „Hoffentlich versteht dein Torsten den Ausdruck nicht wieder falsch.“
 
Sie legten sich in die Riemen.

Entgegen meinem Versprechen, die Geschichte weiter auszuschmücken, habe ich mich entschlossen, nicht weiter zu machen. Der Grund: Der Stoff ist für Frauen oft zu schwer nachzuvollziehen.

Es ist so eine Art Minnesänger-Komplex. Die Frauen wurden als engelhafte, "reine" Wesen verehrt und angesungen.

Wen die psychologischen Hintergründe interessieren, der kann sich hier informieren:

http://mannwerdung.wordpress.com/category/madonna-huren-komplex/
Jürgen Berndt-Lüders, Anmerkung zur Geschichte

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