Christa Astl

Der Tag erwacht



 
 
 

Halb fünf Uhr früh, die Stunde zwischen Tag und Traum, zwischen Nacht und Dämmerung. Kühler Wind weht zum offenen Fenster herein, bauscht den Vorhang, kühlt mein vom Schlaf erhitztes Gesicht. Ein Windhauch, der einer Berührung gleicht, hat mich geweckt. Halbwach schaue ich im dämmrigen Schlafzimmer herum, sehe natürlich nichts und niemanden. Ich hebe den Vorhang hoch, luge durch den Spalt hinaus in die verdämmernde Nacht.
Noch ist der Himmel grau. – Wie wird er sich entwickeln? Zu welcher Farbe wird er sich entschließen? Ich stehe auf, gehe ins große Wohnzimmer, blinzle aus den anderen Fenstern in alle Himmelsichtungen, erkenne auch hier noch nicht mehr. Es ist zu früh, etwas zu entscheiden, ich kehre wieder ins Bett zurück.
Doch ich kann nicht mehr einschlafen. Gedanken suchen mich auf, Begegnungen, Ereignisse der letzten Zeit verscheuchen den letzten Rest von Schlaf. Um halb sechs Uhr stehe ich endgültig auf.
Der erste Weg führt zum Computer, niemand hat geschrieben, wer sollte auch…? Dann schalte ich die Kaffeemaschine ein, Duft, der die Lebensgeister erweckt, steigt durchs Haus. Von meinem Frühstücksplatz aus sehe ich genau auf den „Kaiser“, der sich grau vom bereits hellrosa gefärbten Firmament abhebt. Der Himmel neigt sich nieder und küsst behutsam Mutter Erde. Endlich erlebe ich wieder einmal einen Sonnenaufgang, die Vereinigung von Nacht und Tag!!! Normalerweise schlafe ich um diese Zeit ja noch.
Das Morgenrot wird intensiver, weitet sich aus, umrahmt nun den ganzen Berg. Wann kommt der Moment, wann tritt sie hervor, die Sonne? Schnell gieße ich noch Kaffee nach, verschütte ihn fast, weil der Blick zum Fenster gerichtet ist, - und da - - - Ein Hauch von Sonnenleuchten durchquert den Raum! Gebannt stehe ich, die Spannung steigt: Über welchem Gipfel wird sie erscheinen? - Je nach Jahreszeit ist es ganz verschieden. - Und schon spitzt sie heraus, links und rechts von einem kleinen, mir namentlich unbekannten Zacken, und bald sitzt sie wie zur ersten Rast auf dessen Spitze. Die heutige Erstbesteigung der Sonne, kommt mir in den Sinn.
Nun lockt es auch mich, einen Berg zu ersteigen, Schnell packe ich meine Flasche Tee und eine Kleinigkeit zum Essen in den Rucksack, die wichtigsten Sachen wie Verbandszeug, Regenschutz, Schreibsachen bleiben ohnehin drinnen. Dann schnüre ich die Bergstiefel und marschiere los, in einen wunderschönen stillen Sommermorgen, der Höhe zu….
 
 
ChA 01.07.12
 

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Christa Astl).
Der Beitrag wurde von Christa Astl auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.07.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

Bild von Christa Astl

  Christa Astl als Lieblingsautorin markieren

Buch von Christa Astl:

cover

Heimgeschichten - Leben im Altenheim von Christa Astl



32 kurze Geschichten, denen praktische Erfahrungen zugrunde liegen, begleiten eine Frau durch ihr erstes Jahr in einem Seniorenheim.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (8)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Impressionen" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Christa Astl

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Wie es früher war von Christa Astl (Erinnerungen)
Pariser Stippvisite von Rainer Tiemann (Impressionen)
Chanel N° 5 von Monika Hoesch (Wie das Leben so spielt)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen