Johann Wochner

Joana`s erster und letzter Spaziergang

Joana, ein hübsches schwarzhaariges junges Mädchen, kam mit einer Krankheit zur Welt die ihr Zeitweise jegliche Bewegung unterhalb der Gürtellinie unmöglich machte. Man konnte dies nicht mit einer normalen Querschnittslähmung vergleichen. Es ging ihr mal besser und ein anderes Mal dafür wieder schlechter, das war ihr Los, dass sie für ihr Leben gezogen, und so bis zum Tod ertragen sollte. Sie wäre gerne tot, denn manchmal hasste sie dieses Leben in der Klinik, in dem es nur Ärzte zu geben schien. Selbst an Weihnachten gab es keine roten Weihnachtsmänner, sondern weiße mit einem weißen Kittelumhang, der meistens wegen eines Notfalls während der Weihnachtsfeier gebraucht wurde. Aber Ostern, Ostern war lustig, denn da nahmen die Ärzte große Wattebäusche und formten aus dem Stethoskop und der Watte riesige Ohren, die sie sich aufsetzten und so doch eine Ähnlichkeit mit einem Osterhasen hatten. Am besten aber gefiel ihr die neue Praktikantin, die mit einem Playboy Hasen-Kostüm kam und immer eine süße Mohrrübe bei sich hatte. Die Mohrrübe war ein bunter Lutscher in Form einer Mohrrübe und extra für sie gemacht. Natürlich gefiel ihr auch der neue Arzt, er gefiel jeder Schwester hier im Klinikum, denn er war hübsch, und kräftig durch sein Training sowie schwarzhaarig wie ein Diamant. Sehr zuvorkommend und immer gut gelaunt. Es gab so ziehmlich nichts, dass ihn aus der Bahn warf und ihn irgendwie anders erscheinen ließ. Sein Lächeln war immer ehrlich gemeint, und er half wo er nur konnte. Dabei vergass er nie wo er zuletzt war und wer jetzt seinen Zuspruch dringend benötigte. Und dann war da noch der Fremde, mit dem sie sich so gut unterhalten konnte, und der ein riesiges Wissen haben mußte, denn er beantwortete all ihre Fragen geduldig und mit ausreichender Information. Aber keiner wußte etwas über ihn, nicht einmal der Klinikcomputer, und der, der wußte so einiges. Sie fühlte sich irgendwie wohl bei ihm, sobald er bei ihr war, hatte sie keine Schmerzen und liebte das Leben. Irgendwas war komisch an ihm, wer war er und woher kam er, das fragte sie sich Tag und Nacht! Doch jetzt stand der hübsche Klinikarzt vor ihr, denn Joana ging es heute schlecht, schlechter als gestern und noch vor einer Woche. Er konnte es ihr nicht sagen, aber in ihren Augen erkannte er, dass sie es schon wußte. Diese Krankheit war noch nicht so alt und deshalb unerforscht! Auch gab es nur wenig Fälle, weshalb keiner ein Interesse hatte, größere Forschungen zu finanzieren. Er erklärte ihr nur die Hälfte über das weitere Vorgehen der Ärzte und ihr Leben mit dieser Krankheit, doch dies genügte Joana schon. Heute Nacht, würde sie ihre ganze Kraft zusammen nehmen und ganz alleine zu der hell erleuchteten Brücke gehen, die sie von ihrem Zimmer aus Tag und Nacht sah. Tausendmal sah sie sich dabei von der Brücke in den eiskalten Fluß springen und untergehen. Jetzt, ja jetzt war es soweit, es war kurz vor Mitternacht, sie war aufgeregt und ungeduldig, sie wollte zu dieser Brücke. Die Abschiedsbriefe an alle hatte sie bereits lange vorher geschrieben und legte sie nun fein säuberlich nach Namen sortiert auf ihr Bett. Einen extra großen hatte sie für den Fremden, denn ihm hatte sie am meisten zu erzählen, weshalb er jetzt so groß war. Nein, es hatte alles keinen Sinn, lieber mache sie jetzt ein Ende mit ihrem Leben, als dass man sie vielleicht schon morgen künstlich am Leben erhalten würde. Jetzt hatte sie noch die Möglichkeit ohne fremde Hilfe ihre Brücke zu erreichen und sich in den sicheren Tod zu stürzen. Sie schlich den langen Gang entlang zum Ausgang an dem ein Wachschutzmitarbeiter saß und sein Abendbrot einnahm. Irgendwie mußte sie ihn ablenken, aber wie nur. Da kam der Fremde und hatte den großen Umschlag von ihr in der Hand, hielt ihn dem Mitarbeiter hin und deutete ihm er solle doch da hinten nach ihr suchen, er meinte sie vorhin dort gesehen zu haben. Der Weg ins Freie war jetzt offen, und möglich hätte es ihr dieser Fremde gemacht. Wer oder was war er, und wo ist er so plötzlich aufgetaucht und jetzt wieder verschwunden, dachte sich Joana und zog ihren Mantel fester über sich, denn sie war jetzt im Freien, vor der Klinik und stolperte in Richtung Brücke. Sie weiss nicht mehr wie und wann, aber jetzt stand sie auf der Brücke und ihr gegenüber der Fremde. Sie wollte ihn umarmen, doch da war nichts, es war nur die Luft um sie, obwohl sie ihn doch vor sich sah. Da streckte er ihr seine Hand entgegen und nahm sie mit. Man fand ihre Leiche aufgrund der Abschiedsbriefe am nächsten Morgen auf der Brücke! Eine Todesursache wurde nie festgestellt, denn der Fremde, der ihr die Hand reichte war Gott der sie zu sich nahm....

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Johann Wochner).
Der Beitrag wurde von Johann Wochner auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.07.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Johann Wochner als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Vier Graupapageien und ein Happy Oldie von Fritz Rubin



Gestatten, dass ich mich vorstelle. Ich heiße Pedro und bin ein Graupapagei, ja, genau, der mit dem schwarzen Krummschnabel, der weißen Maske, dem grauen Gefieder und den roten Schwanzfedern. Meine drei Freunde Kasimier, genannt »Karl-Karl Kasel«, Grete, genannt »Motte-Maus« oder »Prinzessin«, Peter, genannt »O«, und ich leben seit Dezember 1994 in einem schönen Einfamilienhaus in einem Dorf in der Vorharzregion. Ich habe mir vorgenommen, aus meinem Leben zu berichten, was mir alles so passiert ist, wie mein Tagesablauf ist und war und was mich alles so bewegt.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Sonstige" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Johann Wochner

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Meine Liebe zu Gerda und mein Leid an Jesus Christus unseren von Johann Wochner (Trauriges / Verzweiflung)
SICHTBARE KÜSSE von Christine Wolny (Sonstige)
Das Prekariat... von Paul Rudolf Uhl (Wahre Geschichten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen