Ich werde das nie vergessen. Es war der Todestag meiner Mutter, zwölf Jahre her.Wir gingen danach, als alles vorbei war, noch einmal ins Altenheim, um einige letzte Habseligkeiten abzuholen, die sie noch im Zimmer hinterlassen hatte.
Wir betraten den Raum zum letzten Mal. Er war leer, die Fenster weit offen; ein sonniger Oktobertag, sie wäre in zwei Monaten neunzig geworden.
Ich sah noch die uns vertraute Umgebung ihrer letzten Heimstatt. Bilder und das hochfahrbare Bett waren verschwunden, die sonst etwas stickig dumpfe Zimmerluft war klar, hell und rein.
Was wir sahen und hörten versetzte uns erst in Verwirrung , kurzes Erschrecken und dann in ungläubiges Staunen:Ein Meisenpaar ! Es durchflatterte drei, viermal die weiße Leere, als wollten Beide sie in Augenschein nehmen, obwohl nichts wirklich zu sehen war...Ein wie gesprächhaftes, stakkatoartiges Zwitschern begleitete den ganz und gar unaufgeregten Flug. Wir zwei waren wortlos, folgten dem Paar mit erstauntem Blick. Ohne erkennbare Hast, als sei dies eine Selbstverständlichkeit, verließen beide Vöglein, durchs offene Fenster die Stätte.
Beide dachten wir das Gleiche: Die Mutter war in solche "Meischen", wie sie sie nannte, lebenslang vernarrt! Sommer wie Winter gab es immer, auf dem Fensterbrett zuhause etwas für sie...
Ich verdanke mein Dasein einer unglücklichen Liebe, wie sie verunglückter gar nicht hätte sein können! Meine Mutter hatte nur eine große Liebe, meinen späteren Vater, der für meinen Großvater als Schwiegersohn "untauglich" war. Die Liebe blieb unerfüllt für beide, ihr Vater jagte den Liebenden fort!
Erst nach dem Krieg, traf nach einer "Rot Kreuz" Suchanzeige, sie den wieder, den sie immer geliebt hatte...ich war dann die "Folge"
Kurzum, die Geschichte ging schlecht aus, beider Wunsch auf Dauer und Erfüllung blieb, eben "unerfüllt"... Meiner Mutter Liebe sie blieb aber bis zu ihrem Lebensende; es gab für sie nur zwei männliche Lieben, mich und meinen Vater, oder umgekehrt, egal.
Diese Geschichte hatte aber, so deuteten dies meine Frau und ich. ein "happy end": Das Meisenpaar. Sie zeigte ihm, ihrer nun doch erfüllten Liebe, das letzte Heim, in dem sie 10 Jahre von ihm noch träumen durfte, bevor sie beide, nun vereint, sich ein eigenes Nest bauen durften!
So hat jeder seine Träume, die am Ende manch Schmerzhaftes guten Gedanken überlassen..
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.07.2012.
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