Es ist Samstag der 18. August. Vor fünf Monaten ist Vater gestorben und meine Sehnsucht nach ihn begleitet mich durch die Tage. Ein wunderschöner Morgen begrüßt den angehenden Tag. Eigentlich ist heute Putztag, doch ich entschließe mich kurzfristig einen Tag auf den Spuren meines Vaters zu wandern. Vaters Liebe galt von Kindheit an den Villanderer Almen, dem Toten Kirchlein, dem Toten See, der Sarner Scharte und dem darunterliegenden Dörflein Reinswald.
So fahren mein Mann und ich mit dem Auto schon ziemlich früh zur Gasser Hütte.Auf dem großen Parkplatz sind erst einige Autos geparkt und somit noch nicht viele Menschen unterwegs. Nun machen wir uns zu Fuß auf den Weg. Ein Stück nehmen wir den schmalen schön angelegten Bergsteig der irgendwann in einen breiten Almweg mündet. Nun kommen Erinnerungen hoch. Mein Herz wird schwer. Wie oft ist Vater diesen Weg gegangen und wie oft hat er hier auf diesen Almen schwer gearbeitet. Hat über Wochen mit der Sense das Almheu gemäht von Morgens bis Abends bei sehr karger Kost. Mähmaschienen gabs damals noch nicht. Später dann ist er mit uns Kindern diese Wege und Steige gegangen hat uns jeden Hügel, jede Almhütte und jedes Wegkreuz beim Namen genannt. Ich bin heute in Gedanken ganz bei Vater,mir ist nicht nach Reden zumute, bin traurig und doch freue ich mich diesen Weg, den Weg meines Vaters zu gehen.
Wir kommen nun am Scheibenstock Bildstock vorbei,wo Vater immer wenn er mit uns unterwegs war sein Flügelhorn ausgepackt und eine seiner vielen Weisen geblasen hat. Weiter geht es, immer gemähchlich ansteigend an der Moar in Plun Jausenstation vorbei mit herrlichem Blick auf die Dolomiten. Der Langkofel mit der Langkofelhütte grüßt, der Plattkofel, weiter links die Geislerspitzen und der Peitlerkofel. Ganz hinten ist die Marmolada zu sehen. Über uns wunderschöner blauer Himmel und da noch früher Vormittag ist, ist esangenehm kühl zu wandern. Wir nähern uns nach gut eineinhalb Stunden der Pfroder Alm. Es ist eine alte Almhütte die auch als Jausenstation dient. Hier halten wir Einkehr und trinken frisches, klares Almwasser von der Quelle,zu einer schönen Tasse Kaffee. Voriges Jahr sind wir noch mit Vater und Mutter hier gesessen und sie haben sich noch gemeinsam mit uns über den Almtag gefreut. Allerdings sind wir da mit einer Genehmigung von der Forstwache mit dem Auto bis hierher gefahren.
Nach kurzer Rast machen wir uns wieder auf den Weg. Unser Ziel das Toten Kirchlein erreichen wir in zwanzig Minuten. Beim Betreten des Kirchleins überkommt mich das heulende Elend. Hier hat Vater oft Halt gemacht und um den Segen von oben gebetet.. Er ist von hier aus über die Sarner Scharte oder über das Pragfiederer Joch in sein geliebtes Reinswald abgestiegen. Lange Zeit sitze ich in der kleinen Kapelle und lass die Jahre meiner Kindheit vorbeiziehen.Dabei höre ich die Klänge von Vaters Flügelhorn noch in meinen Ohren. An der Seitenwand der Kapelle sind viele Sterbebilder angesteckt und nun kommt das meines Vaters dazu.
Irgendwann gehen wir weiter zum nahen Toten See. Ein herrlicher kleiner, klarer Bergsee der eingebettet ist in einer Mulde wo darüber Felsen stehen. Von diesen Felswänden hat das Echo von Vaters Flügelhornsweisen wunderbar gehallt und mir wurde ganz feierlich zumute.Wir sitzen im Gras und in Gedanken nehme ich wieder ein Stück Abschied von Vater. Ich rede mit ihm als ob er neben mir sitzen würde, danke ihm für alle Fürsorge. Ich danke auch dafür, dass er mir diese wunderschöne Bergwelt gezeigt und erklärt hat.Das war seine Heimat und er hat mir die Liebe zur Heimat vermittelt. In Gedanken versunken machen wir uns gegen Abend auf den Rückweg. Es ist ein wunderschöner Abend, klar und ohne Wolken wie wohl wenige sind im Laufe des Sommers. Trotz der Wehmut und Traurigkeit war ich doch von Dankbarkeit erfüllt diesen Tag auf den Spuren meines Vaters gewandert zu sein und ich hab mir vorgenommen diese Spuren jedes Jahr neu zu begehen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.08.2012.
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