René Hirt

Polgàra - Die Geschichte eines Todesritters

Der Beginn - Es war einmal...
Wie jede
Geschichte, die es Wert ist erzählt zu werden, beginnt auch diese mit…

Es war einmal…

… in einem grünen, bunten und schönen Lande namens Azurmythosinsel. Wie durch
ein Wunder erschien eine kleine, scheue und zaghafte Draenei wie aus dem nichts
in diese wunderbare Welt. Mit grossen verwunderten Augen schaute sie auf sich
selbst hinab und stellte fest, dass sie selbst nicht nur eine schlanke,
zierliche Figur aufwies, sondern dass sie von der Hüfte abwärts anders
gestaltet war als ein Mensch. Sie hoppelte auf Hufen, damit sie schneller und
sprunghafter gehen konnte als die Ureinwohner. Zierliche Hörner schmückten ihr
Haupt, damit sie von Fremdlingen nicht belästigt werden konnten.

Wer bin ich und woher komme ich, fragte sie sich erstaunt. Eine Stimme wisperte
ihr ins Ohr ,Du bist Polgàra, eine Draenei aus dem Volke der Exodar‘. Draenei?
Exodar? stammelte sie ganz verwirrt. Da ihr jedoch der Name Polgàra gefiel und
sie voller Neugier die wunderschöne Landschaft bewunderte, vergass sie schnell
ihre ersten Fragen und fing an, die neue Welt zu erkunden.

Polgàra fing ihre ersten Schmetterlinge und zertrat die ersten Käfer, die sich
nicht mochte. Sie machte ihre Erfahrungen im Umgang der ihr angeborenen
Fähigkeiten. Sie traf die ersten Mitstreiter, die wie sie auf ihren Hufen umher
hoppelten. Von da an wusste sie, sie war nicht alleine.

Die Wälder und Wiesen durchstreifend ersah unsere kleine Draenei den Hügel
Azurwacht, wo sie viele Mitstreiter traf. ‚Kind, kannst du denn nicht kochen
und selbst deinen Unterhalt erarbeiten, fragte ein gestreng dreinblickender
weiser  Draenei. ‚Welche Berufe soll ich lernen, fragte Polgàra
verwundert.  ‚Den Beruf,  dessen Begabung in deinem Blute liegt,
erwiderte der Weise. Polgàra schaute in den Kosmos und wusste Bescheid: ‚Den
Glanz der Sterne werde ich aus den farbigen Steinen hervor schleifen, damit
diese mich mit Macht erfüllen.‘

Und so erlernte unsere tapfere Draenei die Künste des Juwelenschleifens und
erwies die Geschicklichkeit, die notwendigen Materialien abzubauen. Auch
Verbände wusste sie herzustellen, damit sie sich selbst von den Verletzungen
heilen konnte und schmackhafte und dennoch nahrhafte Mahlzeiten zuzubereiten,
damit unsere noch junge Draenei nicht hungern musste.

Eines Abends, Polgàra jagte wieder Schmetterlinge, erklomm sie einen kleinen
Hügel. Nachdem sie wieder einen Falter eingefangen hatte, sah sie auf und
traute ihren Augen nicht. Es sah wunderschön, riesig und ehrfürchtig aus, Die
Stadt der Exodar. Vorsichtig näherte sie sich und unternahm zaghafte Schritte
in die Tiefe der Juwelenstadt. Mit ihren grossen, unschuldigen und staunenden
Augen bewunderte sie die Pracht inmitten der Stadt. Der Glanz und auch das
Glitzern kamen direkt vom Kosmos und das Sternenlicht wurde geschickt in den
Spiegeln der Juwelen gebrochen. Die Farben waren so fremdartig und
ausserirdisch, sodass es für sie keine irdischen Namen gab.

Sie redete mit den Händlern und bewunderte die Waren. Auch besuchte sie ihre Meister,
damit sie weiter in ihren Lehren unterwiesen wurde, als plötzlich eine Stimme
zu ihr rief: ‚Kind, komme zu mir in die Halle des Lichts‘. Es war der mächtige
Prophet Velen, der zu Polgàra sprach, Deine Zeit der Unbekümmertheit und der
Leichtsinnigkeit ist vorbei. Ich habe Aufträge für dich bereit, die du mit
Gutdünken und Gewissen zu erledigen hast‘.  Ehrfürchtig erwiderte die
junge Draenei, Was soll ich für euch tun, Meister?‘ ‚Vernehme meine ehrenvolle
Aufgabe, sprach Velen, ziehe nach Nordwesten zur Blutmythosinsel, befreie dort
unsere Brüder und Schwester und zerschlage unsere Feinde‘. ‚Wie kann ich das
tun, Edler Velen, fragte Polgàra leicht entsetzt über ihre neue Verantwortung. ‚Vertraue
auf dir wie ich selbst vertraue auf dich!‘, riet Velen mit sanfter und doch
fester Stimme.

Und so zog die junge und mutige Draenei gegen ihre ersten gemeinen Schergen und
vernichtete die Feinde Exodars. Ihre Brüder und Schwester rettete sie aus den
Klauen der Peiniger und geleitete sie in die sichere Hauptstadt der
Azurmythosinsel. Mit einem liebevollen und dankenden Lächeln wurde sie wiederum
von dem Hohepriester Velen empfangen. ‚Kind, nein junge Maid, deine Zeit ist
nun gekommen, sprach dieser, gehe nun von uns und erkunde die Welt jenseits der
Insel. Nimm das Schiff und segle gen Osten in die Östlichen Königreiche‘. ‚Was
soll ich dort tun?‘ , fragte unsicher die kleine Draenei-Maid. Velen
entgegnete, nimmt dieses Empfehlungsschreiben und mache deine Aufwartung dem
König von Sturmwind.‘

So trabte Polgàra mit ihren Hufen zu den Ufern der Insel, wo sie die
Anlegestelle und das Schiff vorfand, das sie in die Östlichen Königreiche
bringen sollte. Noch etwas zaghaft und unsicher bestieg sie das Boot. Nach
kurzer Zeit setzte das Schiff die Segel und schwamm gegen Osten.

Ihr keusches Herz pochte wie wild ab der Aufregung und Neugierde auf viele
Abenteuer, die in der unbekannten Welt auf sie wartete…
 

Sturmwind und die Östlichen Königreiche
Eine
sanfte Brise zerzauste die Haare und kitzelte leicht an den Hörnern von
Polgàra. Sehnsuchtsvoll blickte sie zurück und war sich Bewusst, dass sie für
eine lange, lange Zeit ihr altes Zuhause nicht mehr sehen sollte. Eine neue
Welt, irgendwo hinter dem Horizont erwartete sie.

Gedankenverschwommen träumte sie von ihren nächsten Abenteuern und konnte nur
zögerlich ihre Blicke von den sanft schaukelten Wellen losreissen. Was sie sah,
liess sie vor Ehrfurcht erstarren.  Die Pracht Exodars war unter der Erde
verborgen, diese Pracht war über der Erde, von weitem sichtbar. Zuerst sah sie
nur ganz verschwommen die Wipfel der beiden Türme. Doch nach kurzer Zeit wurde
diese deutlich sichtbar und grösser. Danach erkannte man schnell die Mauern und
die ersten Gebäude, bis schliesslich der Hafen erschien, wo das Schiff kurze
Zeit später anlegte: Sturmwind.

Die naiven Blicke glitten über die sorgfältig erbauten Monumente, sodass sie
fast vergass von Bord zu gehen. Sie konnte es kaum fassen, dass sie diese neue
Welt betrat und war ganz aufgeregt ob ihrer Erwartungen. Ein wenig zaghaft
fragte sie eine Wache nach dem Weg zum Palast und zum König. Eine ‚Verlorene‘
ehrt uns, meinte die Wache. Eine ‚Verlorene'? Bin ich eine Verlorene und was
ist eine ‚Verlorene‘ überlegte sich die Draenei-Maid. Ihre Gedanken wurden
unterbrochen. Nehme den Weg zur Kathedrale der Paladine vorbei und folge dem
Wasser und ihr werdet den Palast des Königs sehen, sagte die Wache, er ist dem
Volke immer offen und nahe und wird eure Visite mit Freuden entgegen nehmen.

Polgàra fand schnell die Kathedrale, die sie kaum wagte anzuschauen, so bewegt
war sie von dem Anblick. Sie fand auch schnell das Gewässer, das durch
Sturmwind kanalisiert wurde und schlenderte an dessen Ufer entlang bis sie zum
Palast des Königs gelangte. Die Wache salutierte, tretet ein, Maid der
Verlorenen, der König erwartet euch.

Mit grossen und neugierigen Augen schritt Polgàra die Empore entlang bis sie
den Thron des Königs erreichte. Eine tiefe und feste Stimme sagte zu ihr, Sei
gegrüsst, Maid der Draenei und Maid der Verlorenen, ich bin Varian Wrynn, König
und Gebieter von Sturmwind und den Östlichen Königreichen. Die schüchterne
Draenei sah in wundervolle braun-goldenen Augen, die sanft und streng,
ernsthaft und freudig, jugendlich und doch weise waren.

Wie kann ich zu euren Diensten sein, ehrfürchtiger König Varian Wrynn? fragte
keck unsere kleine Draenei.  Schmunzelnd antwortete der König, meine junge
und tapfere Maid, wie ich sehe und auch höre suchst du nach Abenteuern. So gebe
ich dir den Auftrag im Namen Sturmwinds und den Östlichen Königreichen hinaus
zu gehen und unser Volk kennen zu lernen. Gehe hinaus in die weite Welt,
beschütze die Schwachen und zerschmettere die Bösen. Lerne aber auch fleissig
deinen Beruf, damit du genug Gold für Essen und Rüstung hast, sagte Varian mit
leicht gespielter Ernsthaftigkeit. Gehe zuerst auf deinen eigenen Hufen und
jage deine Feinde mit deinen Waffen und Hörner. Kehre später zurück zu deinem Volke
der Draenei, damit du dein eigenes Reittier zähmen und das Reiten erlernen
kannst. Doch nimm zuerst Speise und Trank und kräftige dich, Gesegnete der
Naaru, bot Varian ihr an.

Edler König, wie geheissen brenne ich darauf eure Worte in die Taten umzusetzen.
Mein Hunger ist vergangen und sollte ich unterwegs das Bedürfnis nach Speise
verspüren, werde ich an meinen neuen König denken und der Hunger wird vergehen.
Auch werdet ihr meinen Fleiss bewundern können in den Künsten des
Juwelenschleifens und ich werde hart und emsig die Erze abbauen. Doch verzeiht,
falls ich doch den Wunsch nach Nahrung verspüre und mir die Künste des Kochens
verbessere. Gerne werde ich dann die erworbenen Künste euch vorführen und
erlesene Kräuter und Gewürze aus den fernen Landen zu euch mitbringen.

So brach unsere tapfere und kleine Draenei auf, um die spannende Welt der
Östlichen Königreiche kennen zu lernen. Sie schlug sich wacker durch die
Dämmrigen Wäldern südlich des Reiches und vernichtete die umher spuckenden
Geister und Untoten. Weiter im Süden kämpfte sie sich durch den dichten
Dschungel des Schlingendorntals und jagte Wildtiere und Raptoren aus der alten
Zeit. Als die das Südliche Kap erreichte traf sie weiter Leute aus ihrem Volke
der Draenei.

Weshalb hoppelt ihr weiterhin auf den Hufen, junge Maid, zähmt ein Tier nach
eurer Wahl und benutzt es, damit ihr die Welt besser und schneller erkunden
könnt, bekam sie den Rat eines Jüngers der Naaru. Das liess sich die
mittlerweile erwachsene Draenei nicht zweimal sagen und besuchte wieder einmal
ihre alte Heimat von Teldrassil. Da ihr die Elekks zu gross und zu träge waren,
verspürte Polgàra den Wunsch eine schnelle Katze als Reittier zu haben. Sie
fragte die Nachelfen nach solch einem Nachsäblerpanther. Ihr müsst euch erst würdig
erweisen ein solch stolzes und herrliches Tier in Anspruch nehmen zu dürfen,
wiesen sie die Nachelfen zurecht, erledige für uns Aufträge und erlangt unser
Vertrauen in eure Taten. Danach wird der Rat entscheiden, ob ihr es Wert seid,
unsere Geschöpfe zu besitzen.

Nach Wochen und Monaten schierer Sklavenarbeit und ewigen Reisen durch
Darnassus wurde Polgàra zum Rat nach Teldrassil gerufen. Höre, Maid und
Gesegnete der Naaru, wisse, dass du unser Vertrauen gewonnen hast. Durch deinen
Willen und durch deine Ausdauer wirst du nun für würdig befunden. Doch wisse,
dass nur die Katze alleine seinen Herrn oder Herrin auserwählt. Ich - werde die
kleine Draenei auf meinen Rücken tragen und sie Geschwind wie der Pfeil dorthin
führen, wo es ihr beliebt, grollte mit tiefer und fauchender Stimme der
Nachtsäbelpanther. Habt dank edler Säbler für deine Wahl und Wisse, dass wir
beide wieder diese Insel verlassen müssen, entgegnete die Draenei, unser Schiff
wartet bereits um uns zu weiteren Welten zu segeln.

Also reiste sie in treuer Begleitung zu den Königreichen, wo sie das verödete
Land kennen lernte und die tiefen Gruften nach Schätzen durchstöberte. Auch
lernte sie die imposanten Gewölbe des Schwarzfels kennen mit ihren
wohlgesonnenen und auch nicht wohlgesonnenen Zwergen. Ihre eigene Odyssee
dauerte stolze 30 Sommer und  30 Winter. In dieser Zeit waren nicht nur
ihre Künste des Kochens und des Juwelenschleifens in einem ausgezeichneten
Zustand. Auch brillierte sie mit ihren Waffenkünsten, sei es Schwerter, Äxte
oder Keulen mit der sie ihren Feinden das Fürchten beibrachte. Viel Blut klebte
an ihren Waffen, die sie dadurch regelmässig reinigen musste. Jedoch war die
darauf bedacht, das Blut nur dann zu vergiessen, wenn sie dazu gezwungen wurde.

Eines Tages erschallten die Hörner und die Trompeten vom Sturmwind. Wehrfeuer
wurden errichtet und die Bürger der Östlichen Königreiche wurden zu ihrer
Hauptstadt gerufen…


 
Der Weg zur Kapelle des Hoffnungsvollen Lichts
Der König
rief: Bürger und Bürgerinnen von Sturmwind und des Östlichen Königreiches,
Verbündete aus Kalimdor, höret mich an. Dunkle Schatten und Verderbnis ziehen
über unser Land. Das Böse hat sich erhoben. Ein ehemaliger Paladin konnte den
niederträchtigen Mächten nicht widerstehen und erhebt sich nun als Leichenkönig
gegen unser Reich. Er schändet das Land, missbraucht die Frauen, tötet die
Männer und versklavt unsere Kinder. Ziehet mit mir, um diesem Tyrannen Einhalt
zu gebieten.

Schon bald sammelten sich die Heere. Unsere nunmehr erwachsene Draenei war eine
der ersten, die sich dem Heer gegen den Leichenkönig anschloss. Als der König
seine Truppen musterte, trafen sich sofort die Augen von Varian und von Polgàra.
Nun denn, unsere Verlorene wirkt nicht mehr so verloren, schmunzelte der Lord.
Eine erwachsene und stattliche Draenei ist aus der jungen und zaghaften Maid
geworden. Wohlan, mein Herr, mit Euch an meiner Seite brenne ich darauf, diesem
Leichenkönig das Fürchten zu lehren und das Land aus seinen Klauen zu befreien,
erwiderte die Draenei.

Als habe Varian Wrynn nur auf diese Worte gewartet, rief er die Heerschau auf,
gegen die Pestländer loszumarschieren. Voller Stolz und Tatendrang schritten
die Verbündeten gegen Norden. Polgàra meldete sich freiwillig zur Vorhut um die
Lage im Norden auszukundschaften. Viele rieten ihr ab, denn es war ein sehr
gefährlicher Auftrag. Doch ihr Pflichtgefühl ihrer neuen Heimat gegenüber
verdrängte die Sorge um ihr Leben.

Der Spähtrupp von 5 Soldaten, unter der Führung vom Draenei-Krieger Drusva,
zog  gegen Norden los. Sie hatten den Auftrag des Königs,
auszukundschaften, wie die Lage um das Gebiet von Andorhal war. Es verging kaum
Zeit bis die Gruppe die ersten Auswirkungen des Krieges sah. Flüchtige säumten
den Weg, Hilfe- und Schutz suchend nach Sturmwind ziehend. Die meisten
Flüchtlinge hatten nur noch wenige Fetzen ihrer Kleidung an und gingen sogar
barfuss auf den grob steinigen Strassen. Nicht nur der Hunger war deutlich
sichtbar in ihren Augen sondern auch das blanke Entsetzen.

Je weiter sie nach Norden zogen desto düsterer wurden die Umstände. Die
Flüchtigen rannten buchstäblich nach Süden mit Gesichtern, die vor Angst
erstarrt waren. Zunehmend überhäuften auch Leichen die Wege. Viele Einwohner
rieten dem Trupp ab weiter in die Gegend vorzumarschieren die nun neu
‚Pestländer‘ genannt wurden. Geht und flieht, Tod und Qualen warten an den
Pforten der Pestländer, schrien die Leute. Es gab Gerüchte, dass frisch Getötete
gar nicht sterben, sondern als Leichen versklavt werden.

Die Kundschafter beschlossen dennoch weiterzumarschieren, denn jeder fühlte
sich dem König verpflichtet, was sich nachher als grosser Fehler herausstellen
sollte. Einige sprachen von einem Widerstand, der sich an der ‚Kapelle des
Hoffnungsvollen Lichts‘ sammelte. So beschloss die Gruppe, sich bis dorthin
durchzuschlagen. Sie plante während dem Weg Rast am Aussenposten vor den
Pestländern zu machen, um weitere Neuigkeiten zu erfahren.

Schliesslich kam der Trupp im Zugwindlager an. Es war ein hastig und
provisorisch eingerichtetes Lager. Von hier aus ritten Stosstrupps hinaus um
die Monster und Kreaturen des Leichenkönigs zu vertreiben, die es gewagt hatten
über das Flussufer zu treten. Diese Trupps waren etliche Tage und auch Nächte
unterwegs, denn der Feind schien keinen Schlaf zu kennen. Die Truppen sahen
erschöpft und ausgemergelt aus. Nur der Wille, die Unschuldigen vor den
Gräueltaten zu schützen, verlieh den Soldaten neuen Mut, immer wieder gegen die
Ausgeburten der Hölle zu kämpfen.

Seid ihr denn dem Wahnsinn verfallen? schrie der Kommandant den Spähtrupp an,
als er von ihrem Vorhaben hörte, sich zur Kapelle des Lichts durchschlagen zu
wollen. Seht ihr denn nicht das Gespeih der Hölle, das in Andorhal herumlungert
und nur auf Beute wie euch wartet? Kämpft lieber mit uns als in diesem
törichten Vorhaben euer Leben zu lassen, flehte der Kommandant.

Die Vorhut liess sich nicht beirren und hielt an ihrem Vorhaben fest. Sie
schnürten ihre Waffen und ihren Proviant nochmals zusammen und sahen sich
gegenseitig tief in die Augen, wissend, dass dies der letzte Augenblick sein
konnte, wo sie unter den Lebenden weilten. Drusva, ihr Gruppenleiter und
ebenfalls ein Draenei, gab seinen Leuten die letzte Anweisung, habt Acht meine
Gefährten, übles Gesindel und gefährliche Kreaturen säumen sich dem Wege zur
Kapelle des Hoffnungsvollen Lichts, seid Wachsam, denn nur das kleinste
Geräusch warnt den Feind und wir erleben nicht mehr das Ende des Tages.

Schliesslich brach die Gemeinschaft auf, begleitet von den skeptischen Blicken
der Leute aus dem Zugwindlager. Sie wünschten ihnen zwar Glück, doch ihre Augen
verrieten, dass sie nicht daran glaubten. Die Gruppe überquerte die Brücke zu
Andorhal, wo auch eine kleine Gruppe tapfer kämpfte. Wir umgehen Andorhal und
schleichen uns am Flussufer vorbei, befahl ihr Führer Drusva, danach schlagen
wir uns zum Trostlosen Feld durch, dann den Hügeln zum Gahrrons Trauerfeld
entlang und gelangen zur Brücke zu den Östlichen Pestländern.

Da es sich nach einem guten Plan anhörte, stimmte die Gruppe zu und die
Zuversicht wurde grösser, dass sie das Unterfangen überlebten. Sie bildeten
eine Schlange, wo Drusva die Spitze übernahm und Polgàra die Nachhut. Der
gefährlichste Teil war die Umgehung von Andorhal, da dort der Grossteil der
Geiseln des Leichenkönigs postiert war. Somit war die Gruppe sehr vorsichtig
und war in der Lage, diese ehemals schöne und prächtige Stadt zu umgehen.

Sie atmeten förmlich auf, als sie die Trostlosen Felder sahen und nachträglich
konnte sich Polgàra nicht mehr genau erinnern, wer für dieses Missgeschick
verantwortlich war. Vermutlich dachte die Gruppe, die grösste Gefahr sei vorbei
und wurde fahrlässig in ihren Unternehmungen. Polgàra konnte sich nur erinnern,
dass sie ein lautes Knackgeräusch eines Astes hörte, der da quer über dem Boden
lag. Einer der Gruppe fluchte leise und strauchelte über diesen Ast und fiel zu
Boden. Dabei fingen seine Waffen laut zu klirren an.

Die Späher und Vorposten, die regelmässig zwischen Andorhal und den Trostlosen
Feldern patrouillierten hörten von weitem dieses Waffengeklirr. Vermutlich
dachten sie, ein grösserer Trupp würde aus dieser Seite gegen Andorhal ziehen,
da in der Nähe eine weitere verlassene Brücke war. Deswegen fingen diese
augenblicklich an, mit ihrem Geheul und Gebrüll die Stadt Andorhal zu warnen.
Aufgeschreckt von diesem Warngeheul regten sich die feindlichen Geiseln in
dieser Stadt. Wenige Sekunden später rannten etwa hundert scheussliche
Kreaturen und Monstrositäten in Richtung von Polgàra’s Spähtrupp.

Die Gruppe hatte keine Chance. Die Geiseln des Leichenkönigs bestanden aus eher
tierischen als aus menschlichen Rohgütern. Aus diesem Grunde konnte der
Stosstrupp um Polgàra auch nicht dem Feinde entfliehen. Sie versuchten noch die
Brücke zu den Östlichen Pestländern zu erreichen aber der Feind war schneller.
Als sie einholt wurden kämpfte der Stosstrupp Rücken an Rücken, um wenigsten
einige dieser Kreaturen mit ins Grab zu nehmen. Sie waren eingekesselt und eine
dieser Monstrosität schwang seine Kette und schleuderte sie um den Hals von
Polgàra.

Unsere tapfere Draenei versuchte noch sich gegen diese Kette zu wehren, wurde
aber durch eine kräftige Armbewegung zur Monstrosität hingeschleudert. Aus den
Augenwinkeln sah sie einen Dolch aufblitzen, der ihr in die Brust gerammt
wurde. Aus lauter Ekel vor der Fratze dieser Monstrosität spürte unsere Draenei
keinen Schmerz. Das letzte was Polgàra sah waren die scheusslichen und
blutunterlaufenen Augen dieser kettenschwingenden Kreatur. Als sie die Augen
schloss, hörte sich nur noch das widerwärtige und schallende Gelächter der
Geiseln des Leichenkönigs.

Die Lebendigkeit glitt aus dem Körper der tapferen Draenei und die Dunkelheit
begann sie zu umschliessen...
 

Polgàra und der Untergang von Neu-Avalon
Es war
früher Morgen. Die ersten Lichter zeigten sich am Horizont und liessen die
kühle Nacht verschwinden. Der Boden fing an, die erste Tageswärme aufzunehmen
und ein leichter Nebel zog knapp über dem Boden herauf. Es versprach ein
schöner und sonniger Tag zu werden, der weder zu heiss, noch zu kalt war. Ein
Tag, in denen die Handwerker und Bauern ihren friedvollen Tätigkeiten nachgehen
konnten. Ein Tag, an denen sich die Frauen um Heim und Herd sorgten. Ein Tag,
an denen die Kinder die Schule besuchten, spielten und ihre kleinen Streiche
ausheckten. Die Stadt Neu-Avalon erwachte.

An einem üblichen Morgen würde man vielleicht einen Hahn krähen hören, Laute
von Wildtieren und Vögeln oder auch Bewohner, die sich langsam darauf
vorbereiteten, den Tag zu beginnen. Die Stadt Neu Avalon wurde unter dem Schutz
des Scharlachroten Kreuzzuges gegründet, direkt neben dem Bauern-Dorf Havenau.
Die Gemeinde sollte ein Musterbeispiel werden für die friedliche Besiedelung der
Region im Norden des Östlichen Königreiches. Durch eine natürliche
Gebirgs-Bresche war diese Siedlung geschützt gegen diese Widrigkeiten von
Untoten und Blutelfen im Norden und konnte so ihr Leben in friedvoller Weise
geniessen.

Die ersten Laute an diesem Morgen waren weder das Krähen eines Hahnes noch das
frühe Scheppern von Kochtöpfen, sondern das Hämmern von Balustraden und das
Geklirr von Waffen. Die letzten Rüstungen wurden an die Männer verteilt, die
letzten Schwerter gewetzt. Soldaten und Bürger formierten sich Schulter an
Schulter hinter den Wällen. Die Katapulte waren geladen und die Mauern waren
verstärkt. Nun warteten sie, was aus der Dunklen Festung auf sie zukommen
würde. Die Bürger von Havenau und Neu Avalon wussten, heute war der Tag, an dem
sie weiter in Frieden leben oder in Knechtschaft des Leichenkönigs sterben
werden.

Tage vorher, man konnte sich nicht mehr genau erinnern wie viele, zog während
der Nacht diese scheussliche Kuppel über die Berge. Man vermutete, sie wurde
heimlich in den Blutelfengebieten erbaut. Da sie durch eine dunkle und
widernatürliche Macht in der Luft schwebte, war die Kuppel nicht angreifbar.
Hingegen von der Kuppel ausgehend bauten die Geiseln des Leichenkönigs ein
Portal auf dem Hügel nahe von Havenau und besetzten diese Anhöhe. Schnell wurde
dort ein Lager errichtet und die Einwohner wussten zuerst gar nicht, was der
Sinn dieser Belagerung war.

Kurze Zeit später wurde den Einwohnern klar, dass dort widerwärtige und
scheussliche Dinge geschehen. Pferde und auch Bürger verschwanden während der
Nacht und kurz darauf hörte man die quälenden Schreie der vermissten Tiere und
Menschen. Gerüchte kamen in Umlauf, in denen die Pestländer besetzt waren und
von dort aus diese Schwarze Festung von, man sagte, menschliche Rohmaterialien
beliefert wurde. Aus diesem Rohmaterial wurden starke und mächtige
Krieger-Ritter mit übler Macht zusammen gefügt. Vielen wurde daher bewusst, was
mit den toten Bürgern aus Havenau und Neu Avalon geschah. Nur bei dem Gedanken,
was ihren Liebsten angetan wurde, erliess sie erbleichen und erschauern.

Aus der Dunklen Festung erklangen die Krieg-Hörner und ein widerliches,
schrilles Brüllen war zu hören. Die Hoffnung der Bürger Neu Avalons wurde
bereits auf die starke Probe gestellt, als der Hafen von diesen scheusslichen
Kreaturen namens Frostbrutbezwinger heimgesucht wurden. Diese Drachen bestanden
nur aus Knochen, die durch widernatürliche Magie des Leichenkönigs
zusammengehalten wurden. Auch sie waren einst wundervolle und stolze
Drachen-Geschöpfe jetzt von ihrem Meister geknechtet. Wie Freibeute fielen die
Frostbrutbezwinger über den Nachschub her, der durch die See die Bürger Neu
Avalons unterstützen wollten. Die schutzlosen Schiffe auf See hatten keine
Chance gegen diese fliegenden Ungetüme.

Am heutigen Tag hatten diese knöchernen Abscheulichkeiten ein ganz anderes
Ziel. Mehrere Heerscharen flogen gegen die Balustraden und spien ihr blaues
vernichtendes Feuer gegen die hergerichteten Wälle. Tage und Wochen der Arbeit
an den Mauern und Katapulten wurden innerhalb wenigen Minuten von diesen
widernatürlichen Kreaturen zerstört. Jetzt war der Weg frei für gefährlichere
und brutalere Kreaturen als die Frostbrutbezwinger.

Aus der Ferne sah es aus wie eine Schar grosse Ameisen, die aus den Hügeln von Havenau
kommend gegen die vernichteten Wällen und Mauern strömten. Die schutzlosen
Bürger von Neu-Avalon wurden erbarmungslos niedergeritten und zerstückelt.
Allen voran ritt eine eher zierliche Gestalt in Todesfrost gehüllt, die
gellende Schreie aus der Unterwelt losstiess. Drusva hatte wie durch ein Wunder
das Gemetzel in den Pestländern überlebt und konnte fliehen. Mühsam schlug er
sich nach Neu-Avalon durch um hier erneut dem Wahnsinn entgegen zu treten. Da
er ein Draenei war, kam ihm der Schrei sehr bekannt vor. Ihm fielen Tränen zu
Boden als er sich bewusst wurde, dass auch Leute aus seinem Volke getötet und
zu diesen Schandtaten getrieben wurden.

Vergeblich versuchte er die Reihen dieser toten Krieger-Ritter aufzuhalten und
floh weiter Richtung Kirche, die die letzte Bastion gegen den Leichenkönig
darstellen sollte. Mit anderen überlebenden Bürger Neu-Avalons versuchten sie
diese zu halten. Der Krieger-Ritter mit dem draeneiischen Kampf-Schrei war an
der vordersten Front-Spitze der Heerschar und metzelte wie in Trance alles
nieder, was sich bewegte. Ob Soldaten oder Zivilisten, ob Frauen oder Kinder;
es spielte keine Rolle, was sich entgegenstellte, dieser draeneiische
Krieger-Ritter ermordete sie alle ohne die geringste Spur von Mitleid.

Als dieser Todesritter vor Drusva stand hielt dieser kurz inne und musterte
ihn. ‚Ich erkenne dich, Draenei-Krieger‘ sagte dieser aus der Hölle des Todes.
Durniks Augen weiteten sich ungläubig und er konnte nicht fassen was er sah. Er
kannte dieses tote Wesen. Dieser Engel des Todes, dieser Bote der
Unbarmherzigkeit und Grausamkeit war einst ein treuer Gefährte von ihm in den
Pestländern und in den Östlichen Königsreichen.

Dieser Gefährte hiess: Polgàra, der Todesritter
 

Der Leichenkönig und die Schwarze Festung
Die
Dunkelheit umgab Polgàra und ihr wurde Bewusst, dass sie eigentlich sterben
sollte. Der Tod war in ihr, dennoch verlor sie nicht ihre Gedanken oder wurde
in eine andere Welt geleitet. Obwohl sie vorher mit dem Tode keine Erfahrung
gemacht hatte, hörte sie von Geschichten, wie die Toten in eine andere Welt
glitten. Eine Welt, in der sie Ruhe und Frieden fanden. Sie wusste noch nicht
in was für eine dunkle und schwarze Welt sie glitt und das war auch gut so.

Sie spürte immer noch den Dolch, der in ihre Brust steckte und war plötzlich
mit Panik erfüllt, als sie sich erinnerte, was mit ihr in den Pestländern
geschehen war. In Gedanken war die scheussliche Fratze dieser übler
Monstrosität, der sie ermordet hatte eingebrannt. Übelkeit und Erbrechen kamen
in ihr hoch und sie musste sich übergeben. ‚Jetzt kotzt dieses wertloses Stück
Fleisch den Boden voll, immer das gleiche mit diesen Weibchen!‘ ‚Man wird die
eh nicht fürs Kämpfen brauchen können‘ ‚Am besten wir zerhacken das Fleisch, es
gibt nicht mal gutes und nahrhaftes Futter – Die nehmen auch alles mit rauf – Mist-Ghule!‘
‚Nicht mal als lebende Übungspuppe ist das Fleisch was Wert, zu schnell wird es
zerstückelt‘

‚Ruhe – Ihr wertlosen Flickwerken aus modrigen Leichenteilen oder ihr lernt
meinen Zorn zu spüren kennen!!!‘ Diese Worte liessen die junge und tote Draenei
ihre Augen öffnen. Ja sie war Tod, das wusste sie. Doch seltsamerweise konnte
sie sich bewegen und denken, als wäre sich lebendig. Dennoch war ihr Fleisch
und ihre Knochen kalt und sie spürte keine Wärme mehr. Sie atmete auch nicht
mehr, wozu auch, sie war ja tot. Mit ihren toten und glasigen Pupillen schaute
sie umher und erkannte widerliche Monstrositäten und ekelerregende Ghule, die
sich zerhacken wollten. Sie wollte fliehen, aber sie war eine Gefangene in der
Schwarzen Festung. Sie erkannte die Stimme, die diese Geiseln gebannt hatten.
Es war die Stimme von Baron Aurius Totenschwur, einst mächtiger Herrscher von
Stratholme.

Mit draeneiischer Behändigkeit sprang Polgàra aus dem Kreise der Monstrositäten
und Ghule und suchte kniend und händeringend Schutz und Hilfe bei dem Baron.
‚Edler Ritter und mächtiger Streiter, so erbitte ich eure Hilfe gegen diese
widerwärtiger Schar aus zusammengeflicktem Fleisch, errette mich aus ihren
Klauen und vollende mein ersehntes Sterben!‘ erflehte die tote Draenei.

Schallendes Gelächter brach aus Baron Totenschwur heraus. Er beugte sich zu
Polgàra runter und umschlang seine Hand um ihre Kehle. Mit einem Ruck richtete
er sich auf und zog die tote Draenei zu sich heran, so dass er sie eingehender
von Auge zu Auge betrachten konnte. Polgàra verlor den Halt unter ihren Füssen
und strampelte wie wild umher. Sie versuchte sich aus dem eisernen Griff des
Barons zu lösen ohne jeglichen Erfolg zu haben.

Aurius Totenschwur schmunzelte ‚So unschuldig, so rein, so unbefleckt… eine
wunderbare Dienerin der Geisel wirst du abgeben. Sei unbesorgt, Kleines,‘ sagte
er fast zärtlich und dennoch voller Bosheit, ‚ich persönlich werde dein Meister
sein, ich werde dich foltern und peitschen, ich werde dich knechten und
unterwerfen, ich selbst werde dir das Kämpfen einprügeln oder als Metze
benutzen, ich in meiner Person selbst werde dich in den Wahnsinn treiben und
kreuz und quer durch die Hölle schicken bis du mir und dem Leichenkönig die
Stiefel lecken wirst und uns anflehst, unschuldige Menschen ermorden zu dürfen
und uns zu dienen.

An den folgenden Tagen, Wochen und Monate erfüllte Baron Aurius Totenschwur
sein höllenartiges Versprechen. Sie erlitt alle erdenkliche und undenkliche
Folter und Qualen. Sie wurde gepeitscht und geschlagen, im Kampf fast in Stücke
gehauen oder dann als Gespielin Totenschwurs missbraucht. Sie wurde als Tote
ertränkt und unter Wasser gehalten, was sie nie hätte töten können aber dennoch
unendliche Qualen des Erwürgens hervorrufte. Aber nichts desto trotz waren die
Geiseln und ihr neu ernannter Meister nicht in der Lage, ihre neue Sklavin zu
brechen. Sie behielt ihre unschuldige und reine Seele; bis zu diesem einen
Tage…

Der Leichenkönig und Baron Aurius Totenschwur standen am Rande der Arena als
Polgàra gerufen wurde. ‚Wo ist diese billige Metze einer widerspenstigen
Todesritterin?‘ fragte der Leichenkönig fordernd. Sie sah die beiden wartend
mit einem merkwürdigen boshaften Schmunzeln und fragte sich insgeheim, welche
niederträchtige Qualen oder Prüfung sie wieder bestehen musste, um ihr Herz ins
Reine zu halten. In der Mitte der Arena sah sie ankettet einen Menschen, den
sie zuerst nicht erkannte. Zu seinen Füssen sah sie ein Schwert.

Arthas befahl: ‚Es soll in die Arena hinabsteigen und dieses menschliche Ding
da zerstückeln!‘ ‚Niemals‘ weigerte sich Polgàra. Da sprang Baron Totenschwur
unvermutet die Draenei an und stiess sie in die Grube, dabei drückte er ihr
sein Schwert in die Hand und schrie: ‚Töte es, töte es, töte es…!‘ ‚Nein‘
schrie sie zurück ‚eher erleide ich die Qualen der Hölle‘. ,Dein Wunsch sei uns
Befehl‘ erwiderte daraufhin der Leichenkönig.

Trotz reines Herzen und Gewissens hatte unsere kleine Draenei nie eine Chance
zu widerstehen. Zulange war sie in der Schwarzen Festung gefangen, zulange
wurde sie als Metze geknechtet, zulange wurde sie gefoltert und gepeinigt.
Arthas und Aurius peitschten sie solange, bis ihr totes Fleisch in Fetzen von
den Knochen wegflog. Sie bekam die volle boshafte Macht der beiden zu spüren
und hatte nicht mehr die Kraft ihnen zu widerstehen. Sie hörte sie selbst einen
gellenden draeneiischen Kriegs-Schrei ausstossen und hörte nur noch, wie ihr
Stahl den dumpfen weichen Körpers des Gefangenen durchbohrte.

Mit geweiteten Augen erkannte sie nun den Gefangenen, denn er war ein getreuer
Gefährte, der mit ihr in den Pestländern gefangen genommen wurde. Er war nicht
getötet worden wie sie, sondern er war unversehrt, bis sie das Schwert in
seinen Körper getrieben hatte. Sie war jetzt eine Mörderin und als sie sich
dessen Bewusst wurde verfiel sie vollends in den Wahnsinn. ‚Vollende es!‘
befahl Arthas dem Baron.

Dieser liess sich nicht zweimal bitten. In den nächsten Stunden, Tagen und
Wochen liess er Polgàra nichts anderes geschehen als unschuldige Leiber
hinzurichten. Lebende Gefangen wurden zu ihr hingeschleppt, die sie ermordete
und schlachtete. Ob Soldaten oder Unschuldige, Männer oder Frauen, sogar Kinder
wurden nicht geschont. Bei jedem Mord verfiel sie stärker und tiefer in den
Wahn des Leichenkönigs. Ein neuer Todesritter ist geboren worden.

Sie konnte sich im Nachhinein nur bruchstückhaft erinnern, was für Schandtaten
sie vollzogen hatte. Es war wie ein immerwährender Alptraum, der sie begleitete
und zu stark war der Bann, in den der Leichenkönig seinen Todesrittern gezogen
hatte. Sie entführte Bürger und Pferde aus Havenau und Neu-Avalon, dessen
‚Rohmaterialen‘ sie später wiederverwertete. Das Schreien der zerhauenen Leichen
war wie zarte Musik in ihren toten Ohren und Polgàra genoss ihre Taten
vollends. Sie richtete auch neue Todesritter an Seite ihres Barons Totenschwurs
ab, dessen Gesellschaft sie deutlich mehr genoss als zuvor.

Sie war auch massgeblich beteiligt gewesen an dem Gross-Angriff der
Frostbrutbezwinger gegen die Nachschub-Flotte, die eigentlich Neu-Avalon
unterstützen sollte. Da ihr ehemals reines Herz nun vollständig verderbt war,
wurde sie in der Hierarchie einer der obersten Todesritter und erwies grosses
Talent als Tötungsmaschine und als skrupellose Anführerin. Sie wurde allgemein
gefürchtet. Daher war es eine Selbstverständlichkeit, dass sie die Heerscharen
gegen Neu-Avalon anführte. Nur kurz schien sie ein wenig zur Besinnung zu
kommen, als sie ihrem ehemaligen Gefährten Drusva ihr Schwert in die Brust
stiess. Doch schnell legte sich der Wahnsinn wieder auf die Moral der
Todesritterin.

Alles änderte sich ab der Schlacht an der Kapelle des Hoffnungsvollen Lichts.
Der Kreis schien sich zu schliessen. Als Arthas, der Leichenkönig in der
Schlacht besiegt wurde und er sich schmachvoll zurückziehen musste, liess er
seine Todesritter-Diener ihrem Schicksal zurück. Nur der Gnade der geheiligten Paladine
ausgeliefert, wurden sie zuerst in Gefangenschaft genommen und nach Sturmwind
gebracht. Während der langen Reise wurde ihr benebelter Verstand Polgàra’s klarer
und bewusster, was sie alles im Namen des Leichenkönigs angestellt hatten.
Unterwegs wurden sie beschimpft und bespuckt und mit Unrat beworfen.

Besonders schlimm wurde es in Sturmwind. Vom Stadt-Tor bis hin zum Thron von
Varian Wrynn verlangte man, diese widerwärtigen toten Ritter-Kreaturen dem
Feuer zu übergeben oder zu vierteilen. Polgàra hätte sich nicht dagegen
gewehrt, obwohl sie immer noch die Macht dazu gehabt hätte. Das einst so
geliebte Volk hasste sie nun für Taten, die sie bei normalem Verstand niemals
begangen hätte. Die Bürger verlangten lauthals die Köpfe der Todesritter, voll
Eifer auf Rache für die blutigen Handlungen dieser Geisel-Krieger. Polgàra
wollte sich verstecken um nicht den Blicken des Königs standhalten zu müssen.
Doch in der Menge erkannte Varian seine einst so holde Maid.

Tränen liefen über die Wangen des Königs von Sturmwind hinab als er Polgàra in
der berüchtigten Rüstung der Geisel sah. ‚Auch du mein Kind, es bricht mir das
Herz‘ seufzte Varian. Aber er sah auch die Reue und Scham von Polgàra, die als
einer der brutalsten der Todesritter bis anhin galt. Er wusste genau, zu was
für Gräueltaten Arthas im Stande war und wie er seine Diener quälte und
opferte.

‚So vernehmet meine Worte und mein Urteil über diese Ritter des Todes‘ rief der
König von Sturmwind aus ‚Viel Leid und Schande haben diese Knechte von Arthas
über unser Volk gebracht. Wir alle haben viele unserer Liebsten verloren und
die Trauer wird lange dauern. Dennoch waren sie einst stolze und ehrbare Bürger
im Östlichen Königreich und in Kalimdor und waren nicht Herr über ihre eigenen
Taten. Arthas ist der wahre Schuldige und daher soll ihnen kein Leid und keine
Bestrafung zugefügt werden nur weil sie Sklaven der Geisel waren‘. Die Bürger
begannen zu murren. ‚Doch sehe ich auch den Hass, der den Todesrittern
entgegengebracht wird und viel Zeit wird vergehen müssen bis dieser Hass
gestillt ist. Die Zeit wird lange dauern, bis die Wunden der Gräuel geheilt
werden und die Bürger bereit sind, den Todesrittern zu vergeben‘.

‚Daher verkünde ich, dass die Todesritter 10 Sommer und 10 Winter lang von
Sturmwind und den Östlichen Königreichen gebannt werden. Nach dieser Zeit
werden die Todesritter wieder willkommen in unseren Reihen sein und begrüsst
werden wie wahre Brüder und Schwerstern von Sturmwind. Es sei gesprochen, es
werde befolgt!‘ schloss Varian Wrynn.
Somit verliess Polgàra wieder einmal Sturmwind,
diesmal allerdings als Verstossene und Tote.
 
Die Höllenfeuerhalbinsel und die erste Hoffnung auf
Leben
Von der
Bevölkerung von Sturmwind verstossen taumelte die nunmehr tote Draenei gegen
Süden. Getrieben von Kälte und Hass auf ihr Dasein und ihre Sünden suchte sie
nun einen Weg, sich selbst zu bestrafen. Im Süden, in den ‚Verwüsteten Landen‘
hat es abscheuliche Kreaturen, die aus einem Portal gespien werden, vernahm sie
von einem Reisenden. Abgestumpft durch den Tod und durch die Schmach von
Sturmwind sah Polgàra dort ihr Bedürfnis nach Vergeltung. Nur im Kampf
verspürte die tote Draenei noch einen Funken Leben.

So machte sie sich auf den Weg in die Verwüsteten Landen und tötete unterwegs
alles an Kreaturen, was sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte.
Mitleid und Erbarmen waren ihr so fremd wie ihre eigene verlorene Lebendigkeit.
Perfekt ausgerüstet durch die Schwarze Festung und ihren Waffenfertigkeiten,
die ihr so brutal angeeignet wurden, hatten ihre Gegner nicht den Hauch einer
Chance. Wie Blind durch den Todesrausch war sie schier verblüfft, plötzlich vor
einem giftig-grünen Portal zu stehen. Blutüberströmt schritt sie durch diese
Schneise in eine höllenartige Welt.

Die tote Draenei verlor kurz ihr Bewusstsein und erwachte auf einem
kalt-heissen Boden. Die Erde brannte vor Qualen doch war sie auch kalt vor
Hass. Als sie sich aufrichtete, sah sie, wie ein Dämon auf sie stürzte, der
dreimal so gross war wie sie. Sie musste ihre ganze kämpferische
Geschicklichkeit aufbieten, um diese Kreatur zu töten. Wegen ihrer
draeneiischen Wendigkeit war der übergrosse Dämon kaum in der Lage ihr einen
Streich zuzufügen. Sie jedoch machte den Dämon mit gezielten Hieben zuerst
kampfunfähig und tötete schliesslich diese Kreatur der Hölle. Unsere
Todesritterin war jetzt in der Höllenfeuerhalbinsel angekommen.

Sei stieg auf ihr Knochenpferd aus Acheron und musste sich zuerst orientieren,
wo sie sich befand. In der Ferne erblickte sie bald eine Burg der Allianz und
nahm den Weg dorthin auf. ‚Wieder eine Kreatur, die von Azeroth hierher
ausgespien wurde, ertönte es aus der Schmiede der Burg, die sich Ehrenfeste
nannte. ‚Habt Acht, sagte unsere Todesritterin, und beult lieber meine Rüstung
aus als über mich zu lästern‘. Der Schmied wollte bereits etwas entgegnen und
drehte sich zu ihr um. Dabei sah er die von Dämonenblut überströmte
Todesritter-Draenei und bekam grosse Augen. ‚Willkommen in der Hölle, Metze, es
sieht aus, als habet ihr bereits Bekanntschaft mit unserer Höllen-Welt
gemacht.‘ ‚Ihr werdet gleich mit mir und meinem Schwert Bekanntschaft machen,
wenn ihr mich weiterhin mit Metze beleidigt, schimpfte die Draenei. Der Schmied
brüllte vor Lachen ,Ihr seid hier genau richtig, Leute aus eurem Schlag
benötigen wir in der harten Welt, wo Dämonen ein- und ausgehen. Meldet euch
beim General, er nimmt jeden Söldner, sei er ein Kämpfer oder auch nur
Frischfleisch‘.

So verdingte sich unsere Polgàra in den folgenden Jahren als Söldner. Doch sie
war nicht alleine mit ihrem Schicksal. Es schien fast, als böte die harte Welt
der Halbinsel das ideale Asyl für die verstossenen Todesritter. Ihre Odyssee
führte sie kreuz und quer durch die Höllenfeuerhalbinsel, wo sie einen
blutigeren Kampf nach dem anderen ausführte. Sie nahm die Rolle einer
Frostkalten Kämpferin an und lockte die wilde Meute an sich. Unterdessen wurde
sich von Mitstreitern geheilt und die anderen stachen die Meute hinterrücks
nieder. Diese Taktik erwies sich nicht als sehr ehrenvoll, dafür aber als
äusserst nutzbringend.

Sie besuchte auch die Flüchtlingslager der Draeneis und beschützte und pflegte
ihre hilfebedürftigen Leidensgenossen. Es sollte eine Art Wiedergutmachung
ihrer Gräueltaten darstellen und versuchte so ihre Seele zu retten. Ihre
lebenden Verwandten nahmen zwar ihre Hilfe an und versicherten ihr, wie
hilfreich und dankbar sie seien. Jedoch spürte sie deutlich die Erleichterung
als sie sich von ihren Stammesleuten verabschiedete. Sie zog durch die Wälder
von Terokkar und lernte die Hauptstadt Shattrath mit ihren Flüchtlingslagern
kennen. Trotz ihres Söldnertums und der Hilfe für die Draenei fand Polgàra
keine Erlösung ihrer Leiden.

Weiter nach Osten ziehend kam sie plötzlich in eine finstere und düstere
Gegend, wo der Ursprung der Dämonen zu finden war, ins Schattenmondtal. Nahe
dem Abgrund ritt sie mit ihrem Todesross aus Acheron zu einem Tal, wo die
Netherdrachen gejagt wurden. Polgàra beobachtete, wie diese edlen Geschöpfe
geknechtet und gefoltert wurden, um sie zu Flugsklaven zu machen. Die tote
Draenei erinnerte sich an ihr eigenes Schicksal in der Schwarzen Festung,
verzog angewidert ihr Gesicht und zischte ‚Erbärmlich‘ zwischen ihren Lippen
hervor.

‚Wie wahr gesprochen‘ hörte unsere tote Draenei von oben. Sie schaute herauf
und erblickte einen grossen und mächtigen Drachen in den Lüften. ‚Wie elend
meine Kinder geknechtet werden, dennoch bin ich machtlos gegen dieses Leiden.
Widerwärtige und unbekannte Mächte sind im Gange, denen ich nichts
entgegenzusetzen habe, da ich sie nicht kenne.‘ wimmerte Neltharaku. ‚So lasse
mich dir helfen und das feindliche Lager als Spion auskundschaften. Verkleiden
werde ich mich wie der ihren und herausfinden, welche üble Macht deine Kinder
zu knechten vermag. Vertraue mir, edler und trauriger Drache, alsbald ich deine
Getreuen rette und verzage nicht.‘

So verkleidete sich die tapfere Draenei und schlich sich in das Lager der Orcs
des Drachenmals. Sie erledigte teils üble Aufgaben für den Drachenmal und sie
stieg in der Hierarchie des Klans auf. Sie reiste weiter zur Netherscherbe, wo
der Ursprung der Verderbnis war. Auch hier musste sie als verkleideter Orc das
Vertrauen des Drachenmals gewinnen. Sie musste Peons peitschen und Intrigen
spannen, tief in den Schürfhöhlen sah sie nach dem Rechten und vernichtete die
Monster, die dort hausten. Durch ihre Brutalität und Eifer gewann sie mehr und
mehr die Aufmerksamkeit und Anerkennung der hohen Offiziere und gewann ihr
Vertrauen.

Eines Abends stieg sie wieder in die Mienen und traf in einer dunklen Ecke die
Drachenmutter. ‚Bist du verrückt geworden! Willst du unser Vorhaben endgültig
vor unserem Ziel vernichten?!‘ zischte Polgàra aufgeregt. ‚Unsere Zeit ist
gekommen. Deutlich spüre ich, wie die Verderbnis nahe ist. Spreche mit dem
Führer des Drachenmal und erschleiche sein Geheimnis.‘ forderte Neltharaku.
‚Vertraue mir, stolzer Todesritter, dir wird kein Harm geschehen.‘

Und so verliess die tapfere Draenei die Höhle und suchte den Klan-Führer. Orc
bitten nicht, sie herrschen und verlangen. ‚Sag mir dein Geheimnis und mit
welche dunklen Trieben wir es hier zu tun haben, befahl Polgàra , ich habe mich
als Würdig erwiesen!‘ ‚Lok-tar Ogar, sagte Oberanführer Mor’ghor ‚ schauen wir
mal ob er deine Dienste bezahlt oder er dir deine armseligen Knochen
zerstampft. Wäre nicht das erste Mal, lachte Mor’ghor. Er ging nach draussen
und rief seinen Meister an. Es war der gefallene Nachtelf und selbsternannter
Herrscher der Scherbenwelt Illidan Sturmgrimm, der erschien. ‚Was willst du, dreckiger
Untertan eines Orcs‘ maulte er. ‚Ich habe einen neuen Diener für euch‘
entgegnete der Orc. Als Illidan Polgàra näher betrachtete erkannte er ihre
Täuschung sofort. ‚Hohlköpfiger Orc – einen Draenei-Todesritter hast du in
unser Lager gebracht, wartet, euch beide werde ich mit meiner Schattenflamme
braten!‘

Dies war der Augenblick, in dem die Drachenmutter vom Himmel herabstürzte und
sich schützend vor unserer toten Draenei stellte. Illidan, du niederträchtige
Erscheinung eines Dämons, wusste ich es doch, dass du dieser elende Lump bist,
der meine Kinder knechtet. Ich erkenne und sehe dich! Deine Macht hat keine
Wirkung mehr über die Netherdrachen, der Bann ist gebrochen, meine Kinder sind
frei. Diesen Todesritter nehme ich zu mir und geleite ihn auf meinem Rücken in
die sichere Bastion von Shattrath! Hinweg mit dir, du Geschmeiss der Hölle!‘
Der Dämon brüllte vor Schmach und Enttäuschung und unterdessen nahm die
Drachenmutter Polgàra auf den Rücken und flog mit ihr nach Shattrath in
Sicherheit. Wie versprochen erlitt sie keinen Harm.

In Shattrath angekommen sammelten sich augenblicklich die jungen Netherdrachen
um die Drachenmutter und um Polgàra. Misstrauisch schnupperten die Jungen an
der toten Draenei und alle ausser einem, einem onyxfarbenen Drachen, verzogen
angewidert ihre Fratze, denn kein Frieden und keine Lebendigkeit kam aus dem
Körper des Todesritters. Enttäuscht fragte Neltharaku ‚Ist dies wirklich der
Dank, ist dies wirklich euer Gebaren gegen einen mutigen Krieger, der euch vor
der Knechtschaft und Pein gerettet hat. Opfer und viele Gefahren hat dieser
Todesritter für eure Errettung auf sich genommen. Ja, Böses und Unheilvolles
geht von diesem Draenei aus, wie wahr. Dennoch scheint auch Gutes und
Ehrenvolles in dieser toten Seele zu stecken. Ich schäme mich für euch.
Todesritter, verzeiht mir!‘

Die Jungen sanken beschämt den Kopf und liessen ihre Flügel hängen. Ausser
dieser eine Netherdrache, der von Natur aus eine dunkle Erscheinung hatte, ein
onyxfarbener Drache. Durch seine Färbung ging dieser oft seine eigenen Wege und
sonderte sich oft von den anderen ab. Neugierig, ja fast ängstlich schaute er
Polgàra in die Augen. Langsam ging er auf die Draenei zu. ‚Füttere ihn und
gewinne sein Vertrauen, auf dass ihr beide auf Lebenszeit Freunde werdet.‘ riet
die Drachenmutter.

Vorsichtig streckte die Todesritter-Draenei ihre Hand mit Fleisch aus. Der
onyxfarbene Drache schnupperte zuerst etwas misstrauisch daran und frass
vorsichtig und behände aus der ihrer angebotenen Hand. Ein Knurren des Wohlbefindens
ertönte aus dem Rachen des Netherdrachenjungen. Vergnüglich schloss der
Netherdrache seine Augen, beschnupperte Polgàra fast zärtlich den Kopf und ihre
Draenei-Hörner. Spielerisch knuffte der Drache seine neue Herrin, sodass die
Todesritterin doch ihre Rüstung zurechtrücken musste.

Ein zaghaftes Lächeln entglitt Polgàra und sie konnte es kaum fassen, dass
trotz ihrer Schandtaten und Gräuel, die sie ausgebreitet hatte, ein Drache ihr
sein Herz geschenkt hat. Dank dem onyxfarbenen Drachen wusste sie jetzt, sie
war nicht ganz verloren und es bestand Hoffnung für sie. Durch ihre Taten
konnte sie selbst bestimmen, wozu sie fähig und in der Lage war. Spontan
schlang Polgàra ihre Arme um den Hals ihres neuen Gefährten, was normalerweise
ein Drache niemals zulassen würde.

‚Deine dunkle Gestalt entspricht auch meiner Gestalt. Dunkel ist deine Farbe,
dunkel ist mein Gemüt. Komme mit mir Drache und sehe die Welt, komm mit mir in
Freundschaft und erlebe gemeinsam mit mir weitere huldvolle Tage. Onyxen werde
ich dich nennen, wie es deiner Gestalt entspricht‘ schwor Polgàra ihrem neuen
Gefährten. Onyxen streckte den Hals und brüllte lauthals über das Wohlgefallen
der Worte Polgàras, sodass ganz Shattrath dies vernahm. Der
Freundschafts-Schwur war besiegelt.

Und so segelte Polgàra auf dem Rücken ihres neuen Gefährten durch die Lüfte von
Shattrath und genossen zusammen die Aussicht in der Höhe. Wie entfesselt und
mit voller Kraft schwang Onyxen seine Flügel und zerschnitt förmlich die Luft.
Anmutig kreisten sie unbekümmert und voller Frieden über die Stadt und liessen
den Wind an ihren Körpern vorbeiströmen. Die Unbekümmertheit fand jedoch ein
abruptes Ende als wiederum die Kriegshörner erschallten. Es waren tatsächlich
10 Sommer und 10 Winter vergangen seit die Todesritter von Sturmwind verbannt
wurden.

Nach langen Vorbereitungen zog der König seine Krieger zusammen um gegen den
Leichenkönig zu ziehen.
 

Die Odyssee in Nordend und die Eiskronenzitadelle
Es war
geschafft! Der Leichenkönig ist vernichtet! Polgàra sank nieder und vergrub das
Gesicht in ihre Hände. Endlich war der Widersacher, der für ihre Leidensodyssee
verantwortlich war, niedergestreckt. Dennoch fühlte sie sich nicht besser und
ihre lang ersehnte Rache erlöste nicht ihre Seele. Sie war immer noch ein
Todesritter, weder richtig tot noch wahrlich lebendig. Sie fühlte sich leer und
erschöpft. Ihre Muskeln brannten vor Schmerz durch den langen Kampf gegen
Arthas und nur langsam beruhigte sich ihr Atem. Sie sann über ihre Odyssee in
Nordend nach und wie dies alles geschehen konnte.

Die tote Draenei schloss ihre Augen und nochmals erschienen ihr die Bilder wie
alles begann. Sie erinnerte sich, wie sie plötzlich, wie aus dem Nichts, in der
Azurmythosinsel stand und sie erkannte jetzt ihre Bestimmung. Sie erinnerte
sich, wie sie zum ersten Mal die Türme von Sturmwind sah und ihre erste
Begegnung mit dem König Varian Wrynn. Sie erinnerte sich, wie sie gegen die
Pestländer zog als noch lebende Draenei und dort ihr Leben aushauchte. Leider
musste sie sich erinnern, wie sie als Todesritter umerzogen wurde und wie an
der Kapelle des Hoffnungsvollen Lichts der Bann des Leichenkönigs gebrochen
wurde. Sie erinnerte sich, an die Verbannung von Sturmwind und an die langen
Jahre der Irrungen in der Schwerbenwelt und wie sie ihren neuen
Drachen-Gefährten Onyxen kennen lernte. Sie erinnerte sich, wie die Bürger
Sturmwinds den Todesrittern vergaben und sie wieder in die Gemeinschaft
einschlossen. Sie erinnerte sich, an die Rede von Varian Wrynn, wie er den
Leuten für diesen langen Schlachtzug gegen Nordend Mut machte.

Es kam ihr vor wie gestern, als das Schiff durch die Eisschollen fuhr und sie
schliesslich am Hafen von Valgarde anlegten. Der Hafen war lange umkämpft, denn
der Leichenkönig wusste auch grosse und mächtige Völker zu knechten. Vrykul
nannte sich das Volk im Osten von Nordend, das die Burg Utgarde beherrschte.
Diese Burg und den mächtigen Turm einzunehmen erwies sich als grosse
Herausforderung. Selbst die Diener mit ihren geknechteten Proto-Drachen waren
doppelt so gross wie ein Bürger Azeroth’s und selbst ein König konnte das
Dreifache an Höhe eines Menschen erreichen. Nur die stärksten und mutigsten Krieger
erlangte den Sieg in der Burg.

Gebiet um Gebiet musste sich der Ostteil der Armee erkämpfen. Sie kämpften
gegen Monster, gegen Vrykul-Völker und selbst Eisenzwerke, die aus Ulduar
ausgesandt wurden, mussten zerschlagen werden, was nicht eine ganz einfache
Aufgabe war, Eisen gegen Eisen, denn die Zwerge erlitten keinen Harm gegen die
Schnittwunden von Schwertern. Die Armee war auch gezwungen einen Teil durch die
Grizzlyhügeln zu marschieren. Die alte Feste Drak Tharon mit ihren Untoten
liessen viele mutige Soldaten vor Angst erschaudern. Weiter ging es gegen
Westen in die Drachenöde, wo die Armee deutlich schneller marschieren konnte
und sich dann schliesslich mit den Invasoren aus dem Westen zusammenschloss.

Der Westliche Teil der Armee von Azeroth hatte es auch nicht leichter und
erlitt hohe Verluste. Nicht nur warmblütige Monster sondern auch Insekten, so
gross wie Häuser und Burgen stellten sich ihnen entgegen. Nicht nur gegen
Vrykule mussten sie kämpfen sondern auch gegen ihre alten Geister, die ihre
Gegner nur mittels blosser Berührung einfroren. Weiter gegen Osten kamen sie in
die Bastionen der Neruber, die von Spinnen und Dienern der Geisel kontrolliert
wurden. Für die Insekten stellen die Menschen schlichtweg einfach nur Futter
dar. Ahn Kahet und Azjol-Nerub, diese Namen sind selbst heute noch ein Begriff
des Grauens in den Geschichtsbüchern.

Der Zusammenschluss der Armee stellte eine enorme Erleichterung für die
Soldaten dar. Als sie dann die mächtige Stadt Dalaran in der Ferne erblickten
hob sich der Mut der Invasoren. In der schwebenden Stadt angekommen erblickten
sie dann wie immens und mächtig die Eiskronenzitadelle war, von wo aus der
Leichenkönig sein Reich regierte. Endlich nach langen und mühseligen Strapazen
Dalaran erreicht, verloren viele den Mut. Wie sollten sie diese Bastion stürmen
wenn selbst diese von Knochenwesen beschützt wurden, die teilweise zehnmal so
gross wie ein Mensch waren? Sie waren gezwungen, die Macht des Leichenkönigs zu
schwächen und Belagerungsmaschinen zu erobern.

Daher entschloss sich der Kriegrat im ersten Schritt Naxxramas, die Bastion der
treuen Todesritter von Arthas, zu stürmen um die Macht des Geiseltreibers zu
brechen. In Naxxramas erhielt Polgàra auch den ersten Teil ihrer Rache, sie
stand dem Baron Aurius Totenschwur entgegen, der sie auf die brutalste Weise
geknechtet, gefoltert und geschändet hatte. Bei dem Gedanken blinzelte Polgàra
leicht mit den Augen und öffnete sie ein wenig. Sie schaute leer auf die
blutüberströmte Eisfläche, wo die Leiche Arthas lag, und ging die Gedanken
nach, wie sie den Kopf von dem Rumpf des Barons Totenschwur trennte.

Das Leben, wie auch eine Münze, hat ihre Vorderseite und ihre Rückseite, wo
Licht ist, ist auch Schatten. Die Leere und die Kälte der Rache liess Polgàra
in den Wahnsinn treiben. Sie hatte den Blick für ihren Horizont verloren. Nur
schwach konnte sie sich an den Feldzug in Ulduar erinnern, wo sie die Belagerungsmaschinen
gegen die Eiskronenzitadelle plünderten. Ihrem Wahnsinn liess sie in den Arenen
des Argentum Turniers freien Lauf, wo sie sinnlos und aus lauter Freude für das
primitive Volke wehrlose und gefangene Monster abschlachtete.

Nur ihr fleischlicher Vater, ein Taure, ja ein Tauren-Paladin, der Ehegatte der
Häuptlingstochter, war fähig, Polgàra aus dem Wahnsinn zu treiben. Sie schloss
sich ihrem Vater an und trat der Horde bei. Allerdings musste sie zuerst das
Ritual der Körperwandlung über sich ergehen lassen. Die orcischen Hexenmeister
mit ihrer dunklen Magie in den düsteren Tiefen von Orgrimmar vollzogen das
Ritual und Polgàra erhielt den Körper einer vor zehntausend Jahren verstorbenen
edlen Zandalari-Priesterin, die bereit war, die Seele Polgàras in ihrem Körper
aufzunehmen. Jetzt war Polgàra wieder bereit gegen ihren Erzrivalen vorzugehen.

Allerdings stürmten sie nicht von Beginn an gegen die Eiskronen-Zitadelle. Es
bestand ein Gerücht, in dem es geheime Gänge in der Festung gab. Über die
Seelenschmiede hindurch, durch die Gruben von Saron und der Hallen der
Reflexion sollte man in die geheimen Gemächer des Leichenkönigs gelangen. Ohne
zu zögern schloss sich Polgàra der Meuchelgruppe an. Zu gross war die
Versuchung, durch die Meuchelei den Krieg zu beenden, Rache zu nehmen und
weitere Opfer zu verhindern. Es war ein Fehlschlag und Polgàra verlor dabei
fast das Leben.

Die Armee war gezwungen den harten Weg zu nehmen. Alleine das grosse und
mächtige Tor der Eiskronenzitadelle zu stürmen dauerte Tage und Wochen. Viele
Opfer wurden erbracht und die verwundeten Soldaten wurden rasch nach Dalaran
gebracht und versorgt. Die Macht des Leichenkönigs war durch Naxxramas klar
gebrochen worden und die Gebiete in Nordend gehörten nun Azeroth an. Jedoch gab
sich Arthas noch lange nicht geschlagen.

Erst als die Streitkräfte in die Zitadelle einbrechen konnte, wurde ihnen
Bewusst, was für tückische und gefährliche Kreaturen der Leichenkönig durch
seine Magie erschaffen hatte. Ein böswilliges Monster nach dem anderen musste
vernichtet werden. Waren es immense Monstrositäten oder verrückte Professoren,
gefallene Elfen oder aus purer Frost-Magie bestehende, fleischlose Drachen. Sie
alle mussten in langen, zähen und vor allem auch todesbringenden Kämpfen
besiegt werden. Alleine die von Sindragosa‘s Frostgräbern erschlossenen und
erstickten Streiter sind kaum zu zählen.

Das letzte Monster war vernichtet und die Macht des Leichenkönigs wurde dadurch
so geschwächt, dass er das Portal zu seinem kalten und eisigen Thron nicht mehr
halten konnte. Auf dem Throne sitzend wartete Arthas bereits auf die letzten
verbliebenen Reste der Armee, darunter auch Polgàra. Sie hatten es bis hierher
geschafft und warteten bis Arthas zum Fusse des Throns auf die eisige Plattform
herabstieg. Obwohl Arthas deutlich geschwächt war, war er mächtig genug, um ihren
Kriegsherrn Hochlord Fordring selbst in ein Frostgrab zu stecken. Dies war der
Befehl zum Angriff gegen den Schänder, der die Welt so lange ins Dunkel
getrieben hatte.

Der Kampf erforderte viele Opfer. Der Lichkönig liess Ghule und torkelnde
Schrecken wie aus dem Nichts entstehen, er liess dabei Seuchen und
Schattenfallen wirken, die den Soldaten entweder langsam und qualvoll sterben
oder soweit versprengen liess, sodass sie von der eisigen Plattform
hinweggeschleudert wurden. Er liess Ringe der eisigen Plattformen verschwinden
oder entstehen und Geister aus den eigenen Reihen der Soldaten hervorschälen.
Diese Geister brüllten so mächtig, dass kein anderer Zauber mehr gewirkt werden
konnte.

Arthas rief sogar Valküren hervor, die vom Himmel herabstützen und ahnungslose
Mitstreiter mit in die Lüfte nahmen. Mit ihren Opfern schwebten sie gegen den
Rand der Plattform und liessen diese erbarmungslos in die schier unendliche
Tiefe fallen. Viele der Valküren-Opfer wollte die Soldaten retten, wurden
jedoch daran gehindert, da unter ihren Füssen dunkle Seuchen sich verbreitet
hatten.

Arthas verlor jedoch je länger der Kampf dauert immer mehr die Macht, um gegen
die Überflut des Feldzuges zu bestehen. Eines seiner letzten Mittel war, die
ganze Armee in Frostgramm, sein mächtiges Schwert, zu ziehen und die diese dort
zu zermalmen. Zerstörerische magische Kugel waren im Scherte Frostgramm
vorhanden, die einen Soldaten bei blosser Berührung vernichteten. Viele
überlebten diese Phase des Kampfes, da sie geschickt den Kugeln ausweichen
konnte, andere hatten nicht das Geschick oder das Glück. Die letzten
Verbliebenen des Kampfes konnte nach der Tortur in Frostgramm wieder Auge in
Auge gegen den Leichenkönig antreten. Dieser Lump und Feigling konnte wiederum
Kraft aufbieten, um weitere fliegende Geister und Seuchen zu beschwören.

Nun war es soweit! Arthas war nicht mehr in der Lage, weitere Zauber zu wirken
und war jetzt gezwungen sich Polgàra zu stellen. Es wurden viele Geschichten
erzählt und viele Rollen und Bücher geschrieben über diesen finalen Zweikampf.
Zwei Wahnsinnige schlugen ihre Schwerter gegeneinander, der eine Wahnsinnig
durch die langen Jahre der Irrungen und Bosheit, die andere Wahnsinnig durch
ihre Leidensodyssee und Qualen. Frostgramm war aber immer noch zu mächtig und
Polgàra verlor den langen Kampf. Arthas war in der Lage einen Schwur zu wirken,
der dem ganzen Schlachtzug den Lebensfunken nahm. Diese Ablenkung verschaffte
aber Hochlord Fordring die notwendige Zeit sich aus dem Frostgrab zu befreien
und Frostgramm mit seinem eigenen machtvollen Schwert, Lichtbringer, zu
zerstören.

Die Macht Arthas war gebrochen. Der Hochlord gab dem Schlachtzug den
Lebensfunken wieder zurück und Polgàra konnte nun endgültig mit ihrem
ehemaligen Meister abrechnen.

Polgàra öffnete wieder ihre Augen und atmete tief durch. Es war Zeit nach Hause
zu gehen.
 

Verabschiedung und der Drache, der die Erde teilte
Der Kampf
war vorbei und der Leichenkönig war besiegt. Eigentlich sollte die Freude hoch
sein und die Sieger sollten frohlocken. Triumpf Schreie sollten gehört werden
und Gesang sollte erschallen. Wein und Bier sollten ausgeschenkt werden und die
Bewohner aus Nordend und Azeroth sollten in Ringe und Reihen stehen um zu
tanzen. Doch niemand feierte, oder tanzte oder verlangte nach Bier und Wein.

Zu gross waren die Opfer, die diese Schlacht hinterlassen hatten. Polgàra
schleppte sich mühselig in die Vorhalle der Zitadelle. Sie konnte sich kaum
noch aufrecht halten und sie musste sich auf ihr Schwert stützen. Das Schwert,
das Arthas niedergestreckt hat, erwies sich jetzt nützlicher als Krückstock.
Entgegen ihrer Ausbildung als brutal disziplinierter Todesritter machte sie
keine Anstalten ihr Schwert zu reinigen und einzuölen. Es war ihr gleichgültig,
ob wegen Blut und Eis das Schwert anfing zu rosten. Sie benötigte nur noch eine
Stütze.

Obwohl der Zweikampf gegen Arthas hart und schwer gewesen war und ihre Muskel
immer noch wegen ihrer übernatürlichen Anstrengungen brannten, waren ihre
Wunden nur oberflächlich. Sie hatte keine tiefen oder tödliche Verletzungen und
es waren ausschliesslich Schnitt- und Fleischwunden. Bei vielen ihrer
Mitstreiter sah es allerdings anders aus.

Am Eingang zur Eiskronenzitadelle wurden die ersten Hilfe-Lager errichtet. Von
dort aus wurden die Verletzten nach Dalaran transportiert; zumindest die
Verletzten, die getragen werden konnten und es waren nicht wenige. Der
Grossteil des Heeres musste gepflegt werden. Zerstückelte Arme, Beine und
Körper lagen wie auf einem Jahrmarkt herum. Schreie und Gestöhne machten sich
breit, Klagelaute und Geheule waren von vielen Angehörigen der Soldaten zu
hören, die jetzt von Dalaran herüber kamen.

Ihr Vater, der Tauren-Paladin, wartete auf sie. Er war selbst ein Veteran aus
den Scherbenweltkriegen und konnte erahnen, welche Gefühle in Polgàra steckten.
Er hatte damals fürchterlich und herzzerreissend geweint, als die letzte
Schlacht geschlagen und ihre Truppen den Sieg eingeheimst hatten. Gerne hätte
Polgàra auch geweint, jedoch war sie ein Todesritter und somit waren auch ihre
Tränensäcke nur noch totes Fleisch. Sie war ein fürchterlicher Anblick. Blut
und Schweiss triefen von ihr hinab, Teile der Rüstung waren eingebeult oder
fehlten gänzlich, das Schwert war dreckig und schartig von den vielen wuchtigen
Schlägen von Arthas.

‚Leg dein Schwert hin, lockere die Rüstung und setz dich hin‘, befahl ihr der
Taure. Er rief nach hinten ‚Lichtglocke, komme bitte hierher und helfe deiner
Schwester‘. Polgàra bekam grosse Augen. Schwester, hat der grosse Taure soeben
Schwester gesagt? Verwundert schaute sie ihren Vater an, anschliessend suchten
ihre Blicke jedoch das Geschöpf, das ihr Vater Schwester genannt hatte.

Lichtglocke hatte sich wie ihr Vater für den Weg des Paladins entschieden. Doch
anstellte eines Nahkämpfers hatte sie sich dem geheiligten und heilenden Licht
verschrieben. Bereits in ihrer Kindheit konnte sie kaum an einem Ast vorbei
gehen, wo nicht ein verletzter Vogel ihre Hilfe benötigte, sie konnte kaum
einen Weg entlang gehen, ohne dass sie einer Schildkröste ein frisch gezupftes
Salatblatt überreichte. Sie war als Heilerin geboren und es war ihre
Bestimmung.

Sie war voller Mitleid und Mitgefühl und weinte als sie die verletzten und
verstümmelten Soldaten aus der Zitadelle herausströmen sah. Augenblicklich
unternahm sie die ersten Schritte, um ein Lager einzurichten, sie organisierte
Helfer und orderte weitere aus Dalaran an. Sie befahl nach Verpflegung und
Verbänden. Ohne zu Ruhe zu kommen, heilte sie nicht nur die Wunden der
Streiter, sie sorgte sich auch um ihr Seelenwohl und obwohl es Chaos und üble
Zustände im Lager gab, nahm sie sich immer genug Zeit für jeden einzelnen um
spendete mit ihren sanften Worten den Soldaten Trost und Mut.

Mit einem Lächeln begab sich Lichtglocke zu Polgàra, schaute sie kurz mit ihren
Kuhäuglein an und umschlang ihre Schwester mit ihren Hufen. ‚Schwester, oh meine
Schwester, ist dir denn auch keine Harm entstanden?‘ fragte Lichtglocke und
musterte jetzt leicht entsetzt die Todesritterin. ‚Nichts, was man nicht mit
etwas Wasser und Seife abwaschen kann, ich benötige nur ein wenig Ruhe, ich
hatte Glück‘ entgegnete Polgàra etwas verunsichert.

Der geheiligte Tauren-Paladin sah den Todesritter noch einmal eingehend an.
Lichtglocke setzte sich direkt gegenüber von Polgàra und die beiden Schwestern
sahen sie sanft und liebevoll an. Die geheiligte Tauren-Paladine neigte dann
ihren Kopf und schloss ein wenig ihre Vorderhufe. Sie liess in ihren Hufen
langsam und bedächtig Licht erglimmen. Dabei schloss sie ihre Augen, damit sie
sich besser auf ihr Licht konzentrieren konnte. Das Licht in ihren Hufen wurde
grösser und strahlender, sodass ihre Hufe nicht mehr zu sehen waren.
Schliesslich hob sie wieder ihren Kopf und reckte ihn gegen den Himmel, sie
öffnete mit einem fast zärtlichen Lächeln ihre Augen und gab das Licht frei,
indem sie ihre Hufe spreizte.

Jetzt wurde allen bewusst, weshalb dieses Kälblein den Namen Lichtglocke
erhalten hatte. Als das Licht Polgàra überströmte, ertönte eine zarte Melodie,
als wenn Glöckchen anfingen leise zu bimmeln. Im Nu waren die Wunden des
Todesritters geheilt und nicht nur ihre Wunden. Das Gebimmel beruhigte ihre
Seele und Polgàra fand ein wenig Frieden nach diesem blutigen Krieg. Die
Todesritterin konnte es kaum fassen, dass Lichtglocke ihre Schwester war. Was
Lichtglocke Gutes in ihr trug, trug sie als Todesritter das Böse.

Und dennoch zögerte ihre Schwester keine Sekunde sie zu heilen. Todesritter
können nicht weinen. Nur anhand ihrer leider teils bedrohlichem und giftigen Leuchten
ihrer Augen entdeckte man die Regungen dieser Ritter, ehemals Diener des
Leichenkönig. Vor Rührung der Geste Lichtglockes fingen Polgàra's Augen an,
strahlend zu leuchten. Anstelle kalter Todesritterleuchten erstrahlten ihre
Augen in einem warmen Glanz. Ihr Körper war vielleicht tot, aber ihre Seele war
gerettet.

Es vergingen Monate bis die Narben der Länder und Völker geheilt waren. Tief
waren die Wunden, die der besessene Leichenkönig hinterlassen hatte.
Lichtglocke und Polgàra blieben eine lange Zeit in Nordend und halfen
gemeinsam, die Trümmer aufzuräumen und die Verwundeten zu heilen. Ihr Vater
machte sich wieder auf den Weg nach Donnerfels um seiner Tätigkeit als Schmid
nachzugehen. ‚Ich erwarte euch bald und lasst auch eure Mutter nicht warten,
zulange musste sie auf Glöckchen verzichten. Auch du, Polly, lerne deine Mutter
kennen, viele Opfer musste sie bringen um dich den Naaru zu übergeben. Sie will
dich endlich in die Arme schliessen‘.

Alsbald brachen die beiden ihre Reise nach Orgrimmar an. Dort angekommen liefen
die Leute in Panik herum. Ein übergrosses Monstrum kam von Westen her und
zerstörte die Lande mit mächtigem Feuer, das nicht zu löschen war.



Der kataklystische Drache, der die Erde teilte, war gekommen und bedrohte die
Lande. Die Zeit für Frieden und Ruhe für Polgàra war noch nicht gekommen.
 
Doch
dies ist eine andere Geschichte...

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.09.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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