Karl-Heinz Franzen

Ich bin ja so enttäuscht

Heute Morgen traf ich meinen Nachbarn Fritz Kleinlich. Wir haben selbstverständlich gesprochen über unsere Jungs, die gestern Abend gegen die Schweden Fußballdeutschland von Berlin aus mit einer besonderen Magie verzauberten, die noch einige Zeit nachwirken wird. Hier für Euch mein Gespräch mit Fritz Kleinlich.
 
Ich bin ja so enttäuscht
oder Meine Schockstarre
 
Ich bin ja so enttäuscht. Nein, wirklich. Das hätte ich nicht geglaubt, dass nach der Führung zum 4:0 das Spiel noch 4:4 Unentschieden abgepfiffen werden musste. Ja, musste. Denn hätte dieser exzellente Schiedsrichter auch nur versehentlich vier Minuten statt der drei Minuten nachspielen lassen, dann hätten die Schweden doch noch mit diesem adoptierten Schweden Abramowich, oder so ähnlich heißt er, das 4:5 geschossen … und das in Berlin … und das vor der Kanzlerin. Nein, nein, nein. Ich bin sozusagen in einer Schockstarre.
 
Ich bin ja so enttäuscht. Schauen Sie mal. Wäre das ein Boxkampf gewesen. Die Deutschen wären Klitschko. Ja, ich weiß, dass Klitschko kein Deutscher ist. Er boxt aber quasi für Deutschland. Wieso? Ach, das führt jetzt zu weit, um das zu erklären und geht auch weg von dem Fußballspiel. Aber mal angenommen … ja, angenommen … Klitschko wäre … ich weiß, dass es zwei Klitschkos gibt. Nehmen wir einfach allgemein … ja, allgemein gesprochen, die Klitschkos als eine Person und für mein Beispiel als Deutschland. Ob das geht? Klar geht das, wenn ich diese Prämisse setzte und die Schweden wären dieser Haye. Ja, der ist Engländer, obwohl auch der nicht so aussieht … ha, ha, ha … Also bei einem Boxkampf, der über 12 Runden geht, da wäre die sechzigste Minute so ungefähr die siebte Runde. Was hätte der Ringrichter mit dem Haye gemacht, wenn der Klitschko ihn so vorgeführt hätte wie die deutsche Mannschaft die Schweden? Ja, was wohl? Ja, genau. Der hätte den Haye angezählt, denn das waren die Schweden, die waren stehend KO … und hätte den Kampf beendet. Ja, ich weiß, das geht im Fußball nicht. Da wird bis zum Ende der neunzig Minuten gespielt oder verspielt. So ist das nun einmal. Ein Fußballspiel dauert neunzig Minuten.
 
Ich bin ja so enttäuscht. Die deutsche Mannschaft hat doch, da sind sich alle Experten einig, sechzig Minuten Weltklassefußball gespielt. Da war doch alles klar. Auch schon für Brasilien. Die Weltmeisterschaft hätten wir doch schon spielend in der Tasche gehabt. Ja, oder? Ja, das sehen Sie doch auch so? Ja! Und dann? Dann sagt sich die deutsche Mannschaft, so richtig im Gedanken des Fair Play, wir schalten jetzt alle zusammen einen oder zwei Gänge zurück. Das 4:0 reicht dicke aus, um das Spiel sicher nach Hause … ha, ha, ha … wir spielten ja zu Hause, in Berlin, zu fahren und … ja, was das Wichtigste war bei dieser Überlegung … wir blamieren die Schweden nicht so sehr wie die Irländer. Also ich muss schon sagen, das war des Fair Plays allererste Sahne, das war supersportlich gedacht. Gut so! Und dann, und das ist das absolute I-Tüpfelchen der Sportlichkeit, haben unsere den Abramowich, ja ich weiß der heißt anders, aber sie wissen schon, wen ich meine. Haben ihn noch einen Ehrentreffer erzielen lassen, damit er seinen Marktwert behält und weiter ein Superstar bleibt. Cool, wa, so würden meine Enkel sagen. Ja, ja. Die werden auch so nach und flügge. Ja, ich denke das war die Überlegung der deutschen Mannschaft.
 
Ich bin ja so enttäuscht. Die deutsche Mannschaft schaltet zurück, lässt einen Ehrentreffer zu und … die Schweden … was machen die Schweden? Ja, sie schießen noch die Tore 2, 3 und 4 und ich sagte es ja bereits, die hätten auch das fünfte Tor noch glatt gemacht zum Sieg! Wir hätten es wissen müssen. Auch Uwe Seeler, der war doch da, der hat doch die längste Erfahrung mit den Schweden … ja, ja, ja ... damals mit seiner Achillesferse. Achillessehne? Ach … ja …? Nun ja, die Achillessehne. Man, der Seeler, das war ein Fußballer. Der hätte doch in der Pause in die Kabine der Nationalmannschaft gehen müssen und sagen: „Jungs, passt auf, seid auf der Hut! Schießt noch ein paar Tore und macht den Sack so richtig dicht!“
 
Ich bin ja so enttäuscht. Doch, doch. Aber Hallo. Unsere Jungs, ja, sie bleiben natürlich unsere Jungs. Das war nun für alle ein famoses Lehrbeispiel, wie richtig einer der Experten im Fernsehen sagte. Völlig richtig. Völlig richtig. Das Spiel geht über 90 Minuten. Das wussten die Deutschen und das wussten natürlich auch die Schweden. Ja, ich sehe Ihnen auch Ihre Enttäuschung an. Ja, ne?! Sie können es auch gar nicht fassen. Sie haben auch eine Schockstarre, nicht wahr? Ja, von der deutschen Mannschaft sind Sie enttäuscht? Bitte? Ich verstehe Sie nicht!
 
Ich bin ja so enttäuscht von den Schweden. Von den Schweden? Ja, selbstverständlich von den Schweden! Ich habe denen nie getraut! Wieso? Na, das ist doch klar! Sie haben die Rücksichtnahme unserer Mannschaft schmählich missbraucht! Wieso! Wieso, wieso verstehen Sie das nicht! Also, ganz langsam zum Mitschreiben. Als unsere Jungs im Rausche des Fair Play zurückgeschaltet haben … Ja? Ja! Und die Schweden noch den Ehrentreffer durch diesen …, naja, Sie wissen schon … Da haben die Schweden anschließend unser Vertrauen schändlich, ja, schändlich ist das richtige Wort, missbraucht. Sie haben gewartet, bis unsere Jungs nicht mehr den Vorwärtsgang eingeschaltet bekamen und dann … Rumms, Rumms, Rumms …
 
Wer weiß. Das wird noch ein politisches Nachspiel geben. Unsere Angela ist da unerbittlich, wenn es um die deutschen Interessen geht …
 
Sie müssen gehen? Schade … Nun … Ja, grüßen Sie Ihre liebe Frau. Ja, ich grüße auch die meine. Nein, meine Frau versteht mich schon lange nicht mehr …
 
Copyright by Rattenfänger für Karl-Heinz Franzen
17. Oktober 2012
 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Karl-Heinz Franzen).
Der Beitrag wurde von Karl-Heinz Franzen auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.10.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Karl-Heinz Franzen als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

REALWORLD - Stadion der Märtyrer von Michael Morten



Angriff auf ein Fußballstadion
Sharon Stockwell, eine britische Journalistin, wittert die Topstory Ihrer Karriere. Sie ist den größten Terroranschlägen aller Zeit auf der Spur.
Gemeinsam mit Max Redcliff, einem britischen MI5-Agenten kurz vor der Pensionierung, versucht sie die Pläne der Terroristen zu durchkreuzen.
Sie muss das schreckliche Geheimnis ihres undurchsichtigen Exfreundes enträtseln, der eine Schlüsselfigur im tödlichen Kampf gegen den Terror ist.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (4)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Humor" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Karl-Heinz Franzen

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Bumm, bumm, bumm von Karl-Heinz Franzen (Zwischenmenschliches)
„Die Fahrausweise bitte...!“ von Klaus-D. Heid (Humor)
SICHTBARE KÜSSE von Christine Wolny (Sonstige)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen