Georges Ettlin
1955 : Man durfte damals...
In der Schule schlafen
sich dumm stellen
Lehrer mainipulieren
nichts wissen
nichts verstehen
sich unsichtbar machen
Nachts durch Gassen schleichen
vor dem Haus spielen
ohne soziale Probleme kein Handy, Fernsehen und Computer besitzen
in stadtnahen Wäldern ganz alleine Fahrradfahren
alleine als Kind im Wald und auf Wiesen schlafen
ein Geheimnis für sich behalten
sich an Kleinigkeiten freuen
wertvolle Metalle auf Müllhalden klauen
Kirschen vom Baum stehlen
Nüsse sammeln
auf alle Bäume klettern
mit eigner Nacktheit ganz alleine harmlos spielen
Beim Bauern übernachten
Auf dem Schlachthof das tägliche Töten anschauen
heimlich primitive Radios bauen
Nachts heimlich damit Vorträge und Hörspiele lauschen
Nachts mit Taschenlampe verbotne Bücher lesen
mit Drähten , Lämpchen und Batterie mit dem fernen Freund per Morsezeichen sich unterhalten
ohne Helm zur Schule fahren
arm sein
nicht zum Zahnarzt gehen
Mit Kleidern ins Bett gehen
Ungewaschen zur Schule gehen
ohne Frühstück das Haus verlassen
Einen grossen Bogen um die eignen Eltern machen
heimlich Pädophile und Schwule vorsichtig testen und beobachten
sich ungerührt Ohrfeigen lassen
empfangne Fusstritte lustig finden
als Nichtschwimmer mit einem alten Autoschlauch über den den See rudern
Betteln nach Industrieabfällen zwecks Neubau von eignen Spielzeugen
Auf Spatzen schiessen
Bremsen und Mücken mit Chemie aus dem Chemiekasten untersuchen
nette Mädchen untersuchen
Fluchen
von lieben Frauen schlimme Sachen denken
Milchmanns Pferde füttern
Pferdehintern anschauen
heimlich uralte Luther-Bibeln lesen
Weihwasser heimlich aus dem Becken trinken
Der Kirche heimlich fernbleiben.
versuchen, Kind zu bleiben
Glauben, das es für uns auch ohne Universität eine Zukunft gibt
Glauben dass die Welt gut ist
Glauben dass das Böse nur eine Ausnahme ist.
Glauben, dass nach dem bösen Faschismus ein lieber Sozialismus kommt.
***
c/G.E.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.10.2012.
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Die Gedichte sind nicht autobiographisch, tragen aber Spuren von mir, wie ein herber Männerduft, der heimlich durch die Zeilen steigt.
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