Michael Kever

Fachleute der Kommunikation

"… bin ich die nächsten zwei Wochen ja nicht hier. Meine Schwiegereltern haben ja Goldene Hochzeit, wird ja wieder eine lange Fahrt dahin, deswegen bleiben wir etwas länger dort. Hin müssen wir ja sowieso. Wir können denen ja nicht sagen, wir kommen nicht. Die Kinder freuen sich ja auch schon. Katharina hat Oma schon ein Bild gemalt und Sebastian will Oma und Opa ein Gedicht vortragen. Haben wir übrigens im Internet entdeckt. Da gibt es jede Menge Geschichten und Gedichte für besondere Anlässe, wobei die meisten Gedichte eher für grüne Hochzeiten und nicht für  … .“ Peters hört seiner Kollegin angestrengt zu. Es ist Freitagnachmittag und Joachim Peters ist in Gedanken schon bei seiner Geliebten, die im nahen Westerwald auf ihn wartet.
 
„Herr Peters", wird er von der Seite angesprochen. Es ist der neue Auszubildende Schröder, der seit einer Woche in seinem Büro sitzt. "Ja, Moment" antwortet Peters. "… ob sie denn auch die Blumen gießen könnten, Herr Peters?", fragt seine Kollegin, die ihm direkt gegenüber sitzt. „Herr Peters, hören Sie mich?", "ja, warum?", "wegen der Blumen".
 
„Blumen? Ach so! Ja, natürlich Frau Schmitz, mache ich, Die Blumen brauchen Wasser, stimmst?", antwortet Peters und wendet seinen Blick zu der Akte mit den Bestellvorgängen für das Rohstofflager.
 
"Das ist nett von Ihnen, ich muss jetzt gehen und wünsche Ihnen eine schöne Woche hier und dass nicht ganz so viel Arbeit anfällt. Gießen Sie bitte heute die Blumen nicht mehr. Das habe ich schon erledigt."
 
„Hm", sagt Peters während er konzentriert die Akte durchsucht. „Herr Peters?", fragt Schröder nochmals. “Ja?“, sagt Peters. „Ach Herr Peters, eine Sache noch", sagt seine Kollegin während sie ihren Mantel anzieht.
 
„Ja?", sagt Peters.
 
„Der Chef trug mir noch auf, Ihnen auszurichten, dass die Bestellung der Stahlrohre unbedingt heute noch erfolgen muss. Zum Glück fiel es mir gerade noch ein. Bitte vergessen Sie das nicht Herr Peters".
 
„Hm", sagt Peters.
 
„Herr Peters?", fragt seine Kollegin. „Ja, Frau Schmitz?"-„Haben Sie verstanden?"-„Ja, warum?" – „Bitte vergessen Sie das nicht!"
 
Nun wird Peters langsam ungehalten. "Nein, Frau Schmitz, Sie können beruhigt in ihren Urlaub fahren. Ich übernehme das schon." „Gut, danke Herr Peters, dann kann ich ja beruhigt gehen! Tschüß". – „Ja, tschüß" sagt Peters gleichgültig und schüttelt verständnislos den Kopf. „Ein paar Tage ohne Roswitha Schmitz werden eine Erholung sein“, denkt Peters
 
„Herr Peters?", fragt Schröder. „Nein, nun nicht mehr", erwidert Peters, „ich muss jetzt auch gehen." „Entschuldigen Sie bitte Herr Peters, aber ich glaube, Sie haben vergessen, was die Frau Schmitz Ihnen mitgeteilt hat. Sie müssen noch ….“
 
„Herr Schröder, nun ist das Fass aber voll. Wenn Ihnen so viel an dem Grünzeug liegt, dann gießen Sie es bitte! Aber heute nicht mehr, sondern frühestens Montag. Wir sehen uns Mittwoch wieder, weil ich Montag und Dienstag Urlaub genommen habe. Und noch eins merken Sie sich bitte. Ein Auszubildender sagt einem erfahrenen Mitarbeiter nicht was er tun muss.“ Peters zieht seine kurzgeschnittene Lederjacke vom Kleiderständer, legt sie über seine linke Schulter und verschwindet in den unendlichen Weiten der labyrinthartigen Büroflure der Einkaufsabteilung.
 
Zufällig erschien Herr Dr. Schneider auf dem Büroflur, während Frau Schmitz noch anwesend war. Er hörte, dass diese ihrem Kollegen Peters von seinen Anweisungen unterrichtete. Peters antwortete, dass sie beruhigt in den Urlaub fahren könne, er übernähme alles.
 
Zufrieden erreichte Dr. Schneider sein Büro. Seitdem er die Abteilung vor 10 Monaten übernahm, wurden die Kommunikationsstrukturen und die Kommunikationskompetenzen der Mitarbeiter erheblich verbessert. „Wir müssen aufgrund unserer vielfältigen Kundenbeziehungen Fachleute in der Kommunikation werden“, sagte er damals bei seiner Antrittsrede. Aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen, verbesserte sich die Ansprache zu den Kunden und wichtige Anweisungen werden nun präzise umgesetzt. Und das muss auch so sein. Durch eine gute Kommunikation erübrigt sich die ständige Kontrolle der Mitarbeiter. Das erzeugt Effizienz und Motivation. Wichtig ist, dass sich jeder Einkäufer seiner Verantwortung bewusst ist. Nur einen Tag ohne Rohstoffe, wie zum Beispiel Stahlrohre, würde die Firma ein Vermögen kosten. „Auf Wiedersehen, Herr Peters – einen schönen Urlaub wünsche Ihnen“, ruft er durch seine geöffnete Bürotür in den Flur hinaus, als Peters an seinem Büro vorbei geht. „Guter Mann“, denkt Dr. Schneider und notiert Peters Namen in einen kleinen Notizblock, der gewöhnlich in seinem Wandtresor verschlossen liegt. „Sehr guter Mann.“

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.10.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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