Rachida Zoubid

Die Hochzeit der Buttermilch



Folgender Text ist eine eigene Übersetzung aus dem Marokkanischen.
Eine Bekannte erzählte mir Folgendes:
„(…) Wenn die Zeit dafür reif ist, dass die Kuh trächtig wird, führt sie der Besitzer zu einem Stier beim öffentlichen Besamungsgestüt und lässt den Stier sie bespringen. Wenn sie empfängt, befreit sie sich schnell vom Stier und, wenn nicht, bleibt sie eine Weile ruhig. Wenn viele Stiere da sind, wird sie von drei oder vier, einem nach dem anderen, bestiegen. Wenn aber nur ein Stier da ist, empfängt sie ganz schnell und wird trächtig.
Wenn sie dabei ist zu kalben, nähern wir Frauen uns ihr und sagen: „Im Namen Gottes“  und fangen das neugeborene Tier schnell auf, wenn der Wurf nicht schwierig ist. Danach nehmen wir das Kalb an die Hand, nähern wir es dem Euter der Kuh, und lassen es ein Bisschen Kolostralmilch, die erste Milch nach dem Kalben einer Kuh, trinken. Danach holen wir einen Eimer und einen Kochtopf und melken die übrige Kolostralmilch, die wir daraufhin kochen  und den kleinen Kindern geben, weil sie gesund ist und die Kinder nicht wetterfühlig macht. Außerdem stärkt sie ihre Widerstandsfähigkeit, so dass sie nicht häufig erkranken. Wir Frauen massieren auch unser Gesicht und Körper damit ein (…).     Wenn man eine liebe Nachbarin hat, gibt man ihr ein Bisschen davon, sonst trinkt man mit den eigenen Kindern alles auf.
Eine Woche. Nach dem Wurf der Kuh gibt man Alaunstein und Al-Harmala, eine Arzneipflanze, auf den Kopf der Kuh, so dass sie vom bösen Blick und den bösen Geistern geschützt wird.
Vier Tage nach dem Wurf bildet die Kuhmilch kein Kolostrum mehr. Die weitere Milch melkt man in einen Eimer und lässt sie darin gerinnen. Wenn die Milch geronnen ist, wird sie in einem Sack aus vollständigem Fell des Schafes oder in einem Tonkrug geschüttelt, um daraus Buttermilch zu machen. Dann wird die Hochzeit der Buttermilch, das erste Mal, dass die Milch der Kuh nach einem Wurf zu Buttermilch verarbeitet wird, gefeiert. Wenn die Buttermilch vorbereitet ist, dampfen die Frauen Kuskus in einem Kuskustopf aus Ton und essen ihn mit Buttermilch. Wenn man eine liebe Nachbarin hat, gibt man ihr ein Bisschen davon, sonst isst man mit den eigenen Kindern alles auf (...).“
(Rachida Zoubid 12.12.2008)

Was mich an so einem Bericht beeindruckt hat ist , dass man sich auf dem Land über alles freut, was die Tiere schenken, und feiert dies auf eine besondere Art und Weise und gibt diesen Feierlichkeiten personifizierte Bezeichnungen, als würde es um menschliche Feste handeln.Zu solchen Festen gehört "die Hochzeit der Buttermilch". Buttermilch symbolisiert Reinheit und ihre weiße Farbe Unschuld, Glück, Frieden und göttlicher Segen. Rachida Zoubid, Anmerkung zur Geschichte

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