Mittwoch 29.08.2012
(fast nach Schweden verirrt, Wasser von allen Seiten, Sand in allen Richtungen)
Tatsächlich schon zeitig vom Hof. Ziel: Skagen. Wetteraussichten: sonnig, warm, weniger Wind. Das Ziel ist schlappe 220 Kilometer entfernt. Von der Fahrt gibt es nichts zu berichten, außer vielleicht, in Frederikshavn muss man aufpassen, denn wenn man gedankenlos einfach der E45 weiterfolgt auf der wir die letzten achtzig Kilometer gefahren sind, dann landet man direkt auf der Fähre nach Schweden.
Wir schaffen gerade noch so den Absprung Richtung Skagen. So etwa ab Ålbæk befindet man sich auf der Landenge zwischen Skagerrak und Kattegat, die sich etwa fünfundzwanzig Kilometer hinzieht, aber nur bis sechs Kilometer breit ist.
Wir fahren durch eine Heide- und Dünenlandschaft. Und dann Skagen. Ohne genauer hinzusehen, habe ich da oben eher mit einem kleinen Fischerdorf, oder allenfalls mit einem Industriehafen gerechnet. Aber Skagen macht den Eindruck einer richtigen Stadt. Mit vielen Leuten. Wir fahren straight durch, halten am Ortsausgang bei einem alten Leuchtturm a.D., weiß, vielleicht mal rund, aber über die Rundungen jetzt sechs bis acht Ecken gebaut.
In Blickrichtung Kattegat erspähen wir auf einer Anhöhe ein Holzgerüst, wie sie in den Freilichtmuseen über den Brunnen stehen, eine Wippe, um den Eimer herunterzulassen. Auch hier hängt ein Eimer daran, das Ganze allerdings in riesigen Dimensionen.
Das Ding entpuppt sich dann als Leuchtfeuer, der Eimer ist wohl ein Metallkorb, in dem jeden Abend ein Feuer entzündet und dann hochgewippt wurde. Aha.
Und der fantastische Ausblick auf den Kattegat zeigt uns kein Schweden am Horizont, aber dazwischen ist er eine vielbefahrene Wasserstraße, heute jedenfalls, genutzt von Frachtschiffen aller Größen.
Von da oben sehen wir auch eine riesige Menschenansammlung, hunderte von Leuten, die auf dem Wasser gehen. Aha. Unter deren Füßen muss sich dann die kleine Sandbank befinden, an der Skagerrak und Kattegat gegeneinander auflaufen. Das ist unser Ziel.
Wir parken in Grenen, in der Nähe des aktuellen Leuchtturms, gemauert, rund und hoch, wie sich das für Leuchttürme gehört, und entrichten Parkgebühr für drei Stunden. Ich habe jetzt wirklich nicht darauf geachtet, wie viel von dem dänischen Hartgeld ich in den Automaten gefüttert habe, werde mich aber auch nicht über das teure Dänemark auslassen, zumal die Toiletten überall kostenlos und trotzdem nicht schlechter sind als die teuren heimischen.
Wir gehen los. Anfangs noch durch Dünen, vorbei an den unvermeidlichen Weltkriegsbunkern, raus auf die Sandbank. Wir ziehen die Schuhe aus und gehen an der Wasserkante, weil der überspülte Sand festeren Untergrund bietet als der trockene, in dem sich die Füße immer wegdrücken.
Rechts von uns der Kattegat, darin unsere Füße, links von uns Sandbank, in der Mitte ein flaches Wasser von der letzten Überspülung, wieder Sand und dann Skagerrak. Vor uns die Menschen, aber unser Ziel steht fest. Wir gehen.
Wir gehen.
Vor uns die Menschen. Das Ziel kommt kaum näher. Die Dünen haben wir hinter uns gelassen und trösten uns ob unserer müden Füße mit der Feststellung, dass wir damit den äußersten Zipfel Dänemarks schon überschritten haben.
Aber wir erreichen unser Ziel doch noch, spüren an unseren Füßen Skagerrak von links und Kattegat von rechts anspülen und sich vermengen. Ein paar Meter weiter draußen sieht man tatsächlich die Wellen gegeneinanderlaufen, praktisch zusammenprallen.
Ich überlege mir, dass wir hier wohl weltweit ein ziemlich einmaliges Schauspiel haben und führe mir als Gegenstück die Südspitze Afrikas an, wo der Indische und der Pazifische Ozean sich vermengen, auch wenn Gibraltar als Vergleich sicher richtiger wäre. Und ich denke an daheim, wo wir direkt vor der Haustür die Hasebifurkation haben, die von der Seltenheit eine ähnliche Wertigkeit hat, nur vom Effekt her praktisch das genaue Gegenteil darstellt.
Ein anständiges Foto sitzt nicht drin, weil im 10-Minuten-Takt verkehrende Traktoromnibusse immer neue Menschengruppen, Kegelvereine, Schulklassen ausspucken. Ansonsten wird die Zeit langsam knapp, auch wenn der Rückweg noch kürzer erscheint, wenn man auf die Dünen zugeht.
Ach ja, Drachmanns Grab, Vorname Holger, liegt da mitten in den Dünen, ohne weitere Erklärung zur Person, so dass wir ohne große Respektsbezeugungen ohne Zeitüberziehung vom Parkplatz kommen. Damit verlassen wir den nördlichsten Punkt, den wir je erreicht haben.
Noch kurz ein Foto vom aktuellen Leuchtturm und dann, Skagen umfahrend, zurück Richtung Gyldendal.
Halt!
Unterwegs liegt noch die Råbjerg Mile, nach ein paar Kilometern rechts ab, eine alte Panzerstraße runter zu einem Parkplatz, mitten in den Dünen.
Licht aus, abschnallen, Blick in die Runde, ähh, was ist das. Hinter, nein falsch, über den wie üblich bewachsenen Dünen ragt wie, ja, wie was, mir fehlen die Vergleiche, ragt ein riesiger Sandhügel auf. Ich bin hier uninformiert gelandet, habe nur vage etwas im Hinterkopf wie Europas größte Sanddüne.
In der Sahara gibt’s sicherlich größere, aber auch wenn ich mich mit Höhenschätzungen immer vertue, ich bin bestimmt an die vierzig Meter hochgekraxelt, zwei Schritte vor, im losen Sand immer gleich eineinhalb zurückgerutscht, um auf einem welligen Plateau zu landen und festzustellen, das Ding ist riesig, in allen Richtungen. Darin ein Kessel mit so steilen Wänden, dass man nur hinabrutschen kann. Wieder hoch ist dann eine reine sportliche Leistung.
Ich bin hin und weg, ebenso meine Frau, die sich zum Staunen hier hochgekämpft hat. Im Winter, sagt jemand, ist es hier noch aufregender, wenn nicht überall die Tourifußspuren kreuz und quer verlaufen sondern die Düne nur die vom Wind gemalten Muster und Bilder zeigt.
Ja, mit den Bildern zweier relativ simpler natürlichen Gegebenheiten im Kopf beschließen wir einen für uns aufregenden Tag, der kleine Abstecher hat sich in jedem Fall gelohnt und uns bleibt mehr als nur sagen zu können, ja, da waren wir auch.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Ewald Frankenberg).
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.11.2012.
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