Hedy Hubmann

Nicht alle Putzfrauen sind Perlen - bloss so teuer wie...



 
Nachdem meine langjährige italienische Perle für immer nach Sizilien zurückgekehrt war, wollte ich es mit einer Schweizerin versuchen. Trotz leichter Rezession meldeten sich auf mein Inserat nur wenige putzwillige Damen: 3 mit einem angeheirateten Schweizerpass und zwei gebürtige Schweizerinnen. Fündig wurde ich bei der mageren Ausbeute nicht.
 
Aber als Geschäfts- und Familienfrau war ich dringend auf Hilfe im Haushalt angewiesen. Ich hatte vor, wieder ein Inserat auf Italienisch aufzugeben. Im gegenüberliegenden Grafik-Atelier wurden gerade die Scheiben geputzt. Warum nicht mal eine Direktansprache:“ Buon Giorno Signora“, rief ich der Scheibenputzerin zu. „Was haben Sie gesagt?“ tönte es zurück. „Ah, guten Morgen, schon fleissig? “Könnten Sie nicht bei mir auch noch putzen?“ Die vermeintliche Italienerin war eine waschechte Schweizerin. Wir wurden uns bald einig, dass sie einmal wöchentlich auch noch bei mir sauber macht.
 
Sie war etwas langsam aber gründlich und gab auch immer interessante Kommentare ab:
„Mein Gott, Sie bezahlen aber viel Steuern!“. Ich hatte meine Steuerrechnung auf meinem Arbeitstisch liegen lassen. Diesen Aspekt hatte ich völlig ausser Acht gelassen. Meine italienische Perle konnte auch nach 30 Jahren Aufenthalt in der Schweiz kein Wort Deutsch. In Zukunft räumte ich heikle Papiere im Vorfeld weg, damit sich Frau H. nicht in meine Akten vertiefte anstatt zu putzen. Als sie anfing, mir ihr Leben zu erzählen, beschloss ich, in Zukunft nicht mehr zuhause zu sein, wenn Frau H. bei mir am Werk war. Als Schweizerin ist sie ja sicher ehrlich.
 
Damit sie ihr Mitteilungsbedürfnis doch noch ausleben konnte, vermittelte ich sie meinem pensionierten Vater. Dieser hörte ihr geduldig zu, fuhr sie jeweils noch zuerst mit ihrem kranken Papagei in die Tierklinik, duldete ihren alten Pudel, der sein Wasser nicht mehr halten konnte, gab ihr
grosszügig Vorschuss  und störte sich auch nicht an ihrer langsamen Arbeitsweise.
 
Frau H. gewöhnte sich daran, dass ich tagsüber normalerweise nicht zuhause war. Einmal kam ich jedoch unvermutet zurück in meine Wohnung zurück, da ich etwas Wichtiges vergessen hatte.
Frau H. stand in meiner  neuen Seidenbluse vor dem Spiegel im Schlafzimmer, als ich hereinkam. „Sie haben immer so schöne Sachen, wenn sie die nicht mehr brauchen, nehme ich sie gerne.“ Keine Spur von Entschuldigung oder Verlegenheit. Ich machte ihr klar, dass es nicht zu ihren Aufgaben gehörte, meine Garderobe durchzuprobieren. Nun konnte ich mir auch den seltsamen Fremdgeruch erklären, den ich manchmal an meinen Kleidern wahrnahm. Nach einer ernsten Verwarnung glaubte ich, wir hätten die Fronten geklärt.
 
Mein Beruf führte mich öfters ins Ausland und in Mailand erstand ich mir ein Paar rostfarbene Wildlederstiefel. Als sich endlich Gelegenheit bot, diese erstmals zu tragen, konnte ich sie nirgends mehr finden. Schon glaubte ich, dass ich sie im Mailänder Hotel vergessen hatte. Zur Sicherheit fragte ich noch Frau H. „Ach Sie meinen diese Wildlederstiefel. Wissen Sie, vor zwei Wochen hat es so geregnet und ich trug nur Sandaletten. Deshalb habe ich für den Heimweg Ihre Stiefel angezogen.“  Ich konnte es kaum fassen, meine neuen, noch nicht imprägnierten Stiefel! „Sie gehen jetzt sofort nachhause, bringen mir diese Stiefel und nachher will ich Sie nie mehr sehen!“
 
Mein Versuch, auch meinen Vater von ihr abzubringen, scheiterte vorerst. „Meine Kleider probiert sie
nicht an“ , schmunzelte er.
 
 
 
 

 

 

 

 

 




 

 

 

 

 

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