Nelly Braunstein

Molly und der Mann auf der Mauer 2

Wie immer, etwas knapp in der Zeit, machte Molly sich dann fertig. Sie zog sich ein leichtes blaues Kleid an, welches ihre Augen noch deutlicher strahlen ließ und dazu wand sie sich ein Band in ihr offenes Haar. Schnell zog sie eine Strumpfhose an und schlüpfte in ihre schwarzblauen Tanzschuhe. Jetzt noch ein Mantel übergezogen, und sie konnte gehen.

Ben und Anna warteten schon auf sie, als sie endlich die Tanzkneipe erreichte. Molly strahlte als sie die beiden entdeckte und fiel Ben um den Hals. „Oh es ist so herrlich dich zu sehen! Du musst mir alles erzählen!“ Ben lachte und sah ihr in die leuchtenden Augen, die ihn jedes mal zum lächeln brachten, sobald er sie sah. „Und ich will alles von dir hören! Anna hat gesagt, du hast einen Freund! Wo ist er?“ Er sah sich suchen um, doch Molly winkte ab. Nahm Anna in den Arm. „Raphael kann nicht. Er kümmert sich um seine Mutter. Aber irgendwie bin ich auch froh, dass ich euch ganz für mich habe. Du lernst ihn ja noch früh genug kennen.“

Anna und Ben wechselten kurz einen Blick und lachten dann wieder Molly zu, welche sich freute und sich bei beiden eingehakt hatte. Das war ihre Molly, wenn sie sich auf etwas freute, dann konnte nichts und niemand es schlecht machen, auch wenn es bedeutete das ihr Freund seine kranke Mutter pflegte, anstatt mit ihr und ihren Freunden tanzen zu gehen.

Ben nahm die Mäntel der beiden Frauen und hängte sie an die Garderobe und kam dann zu ihnen an die Bar. „Wer von euch beiden Schönen möchte denn jetzt mit mir tanzen?“ Anna meldete sich sofort. „Es war meine Idee also darf ich.“ Ben war ein guter Tänzer, was erklärte warum Anna so versessen darauf war als erste mit ihm zu tanzen. Molly brauchte sich jedoch nur einmal im Raum umsehen, da hatte sie schon einen Tanzpartner gefunden. Der Mann der vor ihr stand kam ihr irgendwie bekannt vor, doch sie konnte sich nicht erinnern wo sie ihn schon einmal gesehen hatte.

Er war etwas älter als sie, hatte kurzes lockiges Haar und wasser- blaue Augen. Molly lächelte ihn an während sie angestrengt nachdachte wo sie diese Augen schon einmal gesehen hatte, doch sie kam nicht drauf. Er konnte gut tanzen, so viel stand fest!

„Sie erkennen mich nicht, stimmt' s?“ fragte er unvermittelt und lächelte ebenfalls. Molly sah ihn erstaunt an, er hatte sie also auch erkannt. „Nein, ich komm nicht drauf. Helfen sie mir doch bitte weiter!“ Nach einer elegante Drehung sagte er: „Sie haben für mich gesungen, heute Nachmittag beim Abspülen. Erinnern sie sich?“ Jetzt leuchtete es in Molly' s Augen auf und ihr Gesicht erhellte sich noch ein kleines bisschen mehr. „Sie sind das! Wie schön sie hier zu treffen!“ Wieder drehte er sie um ihre Achse. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite! Ich hoffe unsere Verabredung für morgen steht noch?“ Molly lachte und nickte: „Aber natürlich. Wenn das Wetter es zulässt. Bei Gewitter muss ich sonst so schreien und meine Küche wird ganz nass!“

Unter solcherlei Geplauder endete der Tanz, ohne das Molly den Namen des Mannes erfahren hätte oder er nah dem ihrigen gefragt hätte. Sie bedankte sich bei ihm und ging dann wieder zu Ben und Anna, die schon an der Theke auf sie warteten. „Und hat er gut getanzt?“ Fragte Anna neugierig. Molly nickte: „Ja, sehr. Aber jetzt möchte ich mit Ben tanzen!“ Sie nahm, ohne eine Antwort abzuwarten, seine Hand und zog ihn mit sich auf die Tanzfläche. „So und nun erzählst du mir alles was ich wissen muss!“

Ben war wirklich ein ausgezeichneter Tänzer, so dass Molly sich wie eine Feder im Wind fühlte, die sich einfach nur treiben ließ. „Ich habe dich vermisst Molly!“ sagte er ihr nach einer Drehung.

Molly blickte liebevoll zu ihm hinauf: „Ja, ich dich auch. Du musst unbedingt öfter hier her kommen!“ Sie schwiegen für einen Moment. „Wie geht es dir denn so ohne uns?“ fragte sie schließlich. Ben sah sie etwas schwermütig an, doch nur für einen Moment, dann lächelte er wieder. „Es ist wirklich schön. Die Leute dort sind vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber wenn man sich erst mal eingelebt hat, geht es.“ Molly sah ihn besorgt an, was war mit ihm los, er war doch bei der Begrüßung noch so fröhlich gewesen. Sie würde ihn später danach fragen, jetzt wollte sie einfach nur mit ihm tanzen.

Ben war so ganz anders als Raphael. Sicher Raphael konnte auch gut tanzen, sah gut aus und war einer der liebsten Menschen die Molly kannte, aber mit Ben war alles leichter. Er hatte nicht diese Schwere, die Raphael mit sich brachte, selbst wenn er fröhlich war.

Molly und die Zwillinge kannten sich schon seid ihrer Grundschulzeit und waren immer unzertrennlich gewesen. Als sie zusammen das Abitur machten, war allen klar, das sie zusammen Studieren wollten, doch im letzten Moment entschied sich Ben anders. Molly hatte bis heute nicht verstanden was damals geschehen war. Ben hatte Anna und ihr verboten ihn in den ersten Zeit zu besuchen und hatte sich nur selten gemeldet, was Molly traurig machte, aber dann hatte sie Raphael kennengelernt und keine Zeit mehr gehabt, sich über mögliche Gründe Gedanken zu machen.

Anna hatte ein paar mal davon angefangen ihn zu besuchen, doch immer war etwas dazwischen gekommen und Ben beschränkte sich auf den Kontakt über Anna.

Jetzt war alles wie Früher,dachte Molly und doch merkte sie, dass Ben etwas beschäftigte.

Die drei blieben nicht mehr lange in der Kneipe und machten sich dann auf den Weg zu Molly' s Wohnung. „Oh ich will alles hören wenn wir bei mir sind Ben. Und keine Ausreden! Alles. Ein halbes Jahr ist einfach zu lang!“ sagte Molly und bemerkte nicht, wie die Zwillinge sich einen Blick zuwarfen, der zu sagen schien: „Alles wäre zu viel für heute Abend!“

In ihrer Wohnung gab Molly jedem ein Glas Rotwein und setzte sich gemütlich auf ihren Sessel, der am Fenster stand, so dass sie nicht nur das Zimmer, sondern auch das Fenster im Blick hatte.

Ben erzählte von seinem Studium, das er sich schnell zurecht gefunden hatte und sich mit einigen Kommilitonen angefreundet hatte. Als Molly fragte ober er ein Freundin dort hatte, sah er kurz zu Anna und schüttelte dann den Kopf. Molly bemerkte das und fragte „Unglücklich verliebt? Hat sie einen Anderen, oder will sie nichts von dir wissen?“ Sie schien ins schwarze getroffen zu haben, denn Ben nickte. „Beides würde ich sagen.“ Molly zog voller Mitleid ihre Augenbrauen in die Höhe. „Das tut mir leid. Ich wollte dich nicht ärgern.“ Ihre Freunde wussten, dass sie das nicht wollte und trotzdem sahen sie nicht glücklicher aus. „Kennst du sie etwa?“ fragte Molly nun an Anna gewannt. Anna sah kurz zu Ben und nickte dann. „Ja, irgendwie schon.“

„Also, wenn das so ist, dann will ich sie auch kennen lernen. Wenn es eine Frau gibt, die Ben so leiden lässt, dann will ich wenigstens wissen, ob sie es wert ist!“ Molly sie sah ihre Freunde so herausfordernd an, das die beiden lachen mussten. Das war ihre Molly, immer bereit ihren Freunden zu helfen und wenn nötig für sie Berge zu versetzen.

„Glaub mir Molly, sie ist es mehr als nur Wert! Aber mach dir keine Sorgen, ich komme damit schon zurecht.“ sagte Ben, immer noch lachend, aber Molly sah die Traurigkeit in seinen Honig- braunen Augen.

Um das Gespräch wieder aufzuheitern sagte Anna: „Molly würdest du für uns singen? Ich höre dich ja jeden Tag, aber Ben musst jetzt ein halbes Jahr darauf verzichten!“ Molly strahlte. Natürlich wollte sie für ihre Freunde singen. Ben wünschte sich eines seiner Lieblingslieder und Molly setzte sich an ihr Klavier.

Wer jetzt denkt : „Die armen Nachbarn!“, hat sich getäuscht.

Molly wohnte über einer kleinen Bäckerei, in der sie auch dann und wann Arbeitete und außer ihr gab es niemanden in dem Haus. Na doch, ein altes Ehepaar, aber die waren beide schon so Taub, dass sie ohne ihr Hörgerät nichts mehr hörten und somit nicht gestört wurden, wenn Molly nachts Lust bekam zu singen.

Ben und Anna hörten ihr mit einem Lächeln auf den Lippen zu und klatschten als sie endete. „Du singst anders“ sagte Ben, als Molly sich wieder zu ihnen gesetzt hatte. Sie nickte und nahm ihr Glas mit dem Rotwein wieder in die Hand. „Gefällt es dir. Ich wollte mal etwas anders ausprobieren.“

„Molly ich versteh dich nicht“, sagte Anna. Molly sah sie verwirrt an. „Was meinst du?“ Anna setzte sich etwas gemütlicher auf das Sofa, bevor sie antwortete. „Du singst so wunderschön, warum nimmst du nicht mal ernsthaft an einem Wettbewerb teil?“ Ben nickte zustimmend. „Ja, dass solltest du tun. Du bist so gut.“ Molly konnte es nicht vermeiden, dass sie rot wurde und trank schnell einen Schluck Wein. Sie liebte die Aufmerksamkeit die man ihr schenkte, wenn sie sang, aber es richtig zum Beruf zu machen oder sich gar vor eine Jury zu stellen und sich bewerten zu lassen, dafür fehlte ihr der Mut.

Nicht nur einmal hatte sie an solch einem Wettbewerb mitgemacht und war dann, kurz vor Bekanntgabe des Gewinners, verschwunden. Das wussten ihre Freunde nicht, da sie es nur für sich getan hatte. Sie wollte nur wissen, wie es ist vor großem Publikum zu singen, hatte sie sich selbst gerechtfertigt.

„Im Paradiesvogel ist nächste Woche ein Talentwettbewerb. Lass uns dorthin gehen. Nur wir drei!“ Anna hatte sich mit einem aufmunternden Blick zu ihr hinüber gelehnt und ihr die Hand auf den Arm gelegt. Molly wusste nicht wie sie nein sagen konnte. „Ich weiß nicht!“

Anna und Ben bedrängte sie jedoch so lange, dass sie schließlich zustimmte.

Sie würde also singen, dachte sie, als sie später mit Anna in ihrem Bett lag und die Decke anstarrte.

„Aber dem Mann auf der Mauer, der so gut tanzen konnte, dem hatte es ja auch gefallen!“, dachte sie und schloss die Augen. Es würde sicher Spaß machen, wenn Anna und Ben dabei waren.

 

 

Wie erstaunt war Molly, als sie am kommenden Tag bei ihrem Abwasch stand und aus dem Fenster sah. Der Mann auf der Mauer winkte ihr zu, als er sah das sie ihn erblickt hatte. Er war tatsächlich gekommen, dabei hatte Molly keine festen Zeiten an denen sie ihr Geschirr wusch. Oder hatte er auf sie gewartet? Bei diesem Gedanken musste sie lachen und schüttelte den Kopf. Nein so verrückt wäre keiner, na gut, sie selbst vielleicht, aber das es noch jemanden geben sollte, der so war, das kam ihr komisch vor.

Schnell öffnete sie das Fenster und winkte zurück. Sie überlegte kurz was sie singen sollte und begann dann mit einem sehr traurigen Lied, was ihr selbst immer wieder die Tränen in die Augen trieb. Der Mann mit den wasser- blauen Augen bliebt die ganze Zeit über regungslos sitzen und hörte ihr zu, bis sie ihn anlächelte, winkte und „Bis Morgen!“ rief und das Fenster wieder schloss.

 

Fortsetzung bzw Überarbeitung folgt.......

Ich würde mich über Kommentare und Anregungen sehr freuen! Bin zwar noch nicht ganz zufrieden, aber trotzdem viel Spaß beim lesen.
LG Nelly
Nelly Braunstein, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.03.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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