John Frederic Schommer

Briefe zur Erkenntnis

Mademoiselle,
frohen Mutes verfasst euer Schwärmer diesen Brief, hoffend ihr betrachtet ihn als ersten Angriff während der dauernden Belagerung eures Herzens.
Doch kann man mit unsicheren Worten und unwesentlichen Dingen eine Schlacht schlagen?
Und muss man doch eurem Geiste die Zeit geben, sich auf eine Belagerung vorzubereiten;
Doch mit Verlaub scheint mir diese Zeit eine Ewigkeit zu umfassen, derweil man erfahren hat, dass man sich auch beim Schreiben wertvoller Zeilen verschlucken kann…
Hoch schätzt euer Autor die Möglichkeit ein, die an euch verfassten Zeilen zu eurem und seinem Ruhme einem Publikum zugänglich zu machen , aber trotz eurer holden Legitimation wäre es ein Unding, diese Verse nicht zuerst der lieblichen Muse näher zubringen, der die Gedanken gewidmet waren und sind.
Mögen jene Publikationen und die anderer Autoren in ihre Hände geraten, denn Werke von reizvoller Ausstrahlung, wenn auch nicht immer vollkommen, sind sie für jede Seele, die sich auf Wärme und Liebe versteht…
Nun bleibt nur noch, euch die Zuneigung eines Schwärmers zu versichern, sowie er auf eine Antwort eurer Seite hofft, und leicht übermütig um eine Verabredung bittet.
Ihm bleibt nur, des Blickes zu sagen und Grüße vom Grenzland Ring zu wünschen,
euer John F.

Als Post Skriptum:
Ihre Bedenken, Mademoiselle, zu zerstreuen, verfasse ich diese Zeilen, ohne unhöflicherweise eine Antwort ihrer Seite ab zuwarten.
Ihre suspendierte Freundin, die es in unabsehbarer Zukunft der göttlichen Vernunft wegen wieder sein sollte, hat keine entscheidene Anteilnahme an dem Weiterreichen solch, für Mademoiselle offensichtlich, brisanter Informationen über ihr Refugium, hat ihr Ergebener diese Werte in Ehren gehalten, so schien es, dass sie trotz der Zurückhaltung einen Groll hegen, aber das soll bitte nicht dazuführen, ihre Freundin noch mehr zu verabscheuen, als sie es über Gebühr schon tun.
Ihr Diener, selbig oft nicht um ein Missvertrauen verlegen, hatte unlängst die Gelegenheit nach getaner Konversation unserer noch auf ein Wort mit ihrer Freundin zu kommen:
Demnach er es für ratsam hält, den Rat zu geben, die Möglichkeit einer Aussöhnung in Betracht zu ziehen, es sei denn, eine Reihung von Missverständnissen sei ein Vorwand, um etwas zu töten, das schon dernieder lag.
Den beiden zwistenden Geistern zugetan, hält er es für eine lautere Pflicht, dieses zu raten und durch Taten voranzubringen, wenn ihr es wünscht, Mademoiselle.
Des Weiteren noch ein Wort zu seiner eigenen Person wider dem Missverständnis und Missvertrauen:
Oft müssen gute Freunde, wie es sich für solche gehört, versuchen, das zu schützen, was sie für verletzlich halten, so bleibt manch böses Wort im Raume stehen, wogegen ihr Diener wohl bekannt geben kann, diese Worte hielten sich an Wesentliches, waren also nur Verteidigung seines Refugiums.
Ohne den ersten Stein werfen zu können, waren diese Worte nie seine Gedanken und ohnehin haben nur eure Worte Kraft genug, Einhalt zu gebieten.
Und er, wie auch seine Vertrauten, würden nicht über ihre Mitmenschen urteilen, ohne genug über ihre Freunde zu wissen, und mit Verlaub, ihr kein Recht dazu habt, wie es wohl gegenseitig nur wenigen zusteht und ihr es doch aufgrund eurer Erziehung nicht dazu habt kommen lassen.

So kann denn euer Diener, Mademoiselle, weiterhin auf den Erwerb einer respektvollen, aber nicht zu förmlichen Freundschaft hoffen und
Euer ergebener John F.
bleiben.



Warum demütigen sie einen Schwärmer, Mademoiselle?
Mir Verlaub gesprochen, ist dieses offene Desinteresse an einer fruchtbaren Kommunikation gepaart mit dem Hoffnungsschimmer, den sie in mein Herz pflanzten, verletzend! Sind sie ein Menschenfreund in einer anderen Welt oder nur ruchlos?
So bleibt nur die Frage, warum spielen sie mit den Herzen; oder in die andere Richtung, wovor fürchten sie sich?

Ihr ahnungsloser
John F.



Verzeiht einem unverbesserlichen Romantiker, die Art seine Briefe zu formulieren, es ist nur der Versuch ein wenig Stil in seine unvollkommenen Sätze zu bringen; und vor allem die Menge seiner Briefe möge euch nicht missfallen, muss er doch eine Leere, verursacht durch euer Stillschweigen, kompensieren, letztlich möchte er nur euren Geist hervorlocken, um die wahren Schätze eurer Person zu begreifen.
Verzeiht auch den niederen Beweggrund dieses speziellen Briefes, denn wider einer suspendierten Freundin muss er sich abermals an sie wenden, aber sei es der Akt dieses Dramas, in dem seine Person das letzte Mal auf der Bühne erscheint.

Stand der Disput ohnehin unter einem schlechten Stern, versuchte er, als Schlichter, den schmalen Grad zwischen den Fronten zu bewahren. Dennoch war es wohl euer Eindruck, Mademoiselle, er würde eine Position zu Gunsten eurer Freundin beziehen, aber lasst euer Herz keinen Schatten fangen, denn seines ist des euren. Tatsächlich scheint sie nicht bereit einen Schritt voraus zu wagen, sei es aus Unvernunft, Stolz oder Unverständnis, schade mag es sein, doch scheint die Angelegenheit an diesem Morgen bereits im fünften Akte.
Das Unglück hätte wohl nur in den ersten beiden Akten verhindert werden können, doch leider war euer Dramatiker zur dieser Zeit noch nicht auf der Bühne des Geschehens vorgesehen.

Der Umstand mag bedrücken, schien man es doch in euren Augen sehen zu können, oder auch nicht, denn wer kann eure Blicke schon wirklich deuten.
Keinesfalls wollte euer Schreiber, die noch kaum sichtbaren Bande zwischen ihm und euch über Gebühr belasten, und so bleibt euer

John F.
in der Hoffnung, dies nicht getan zu haben.



Mademoiselle,
eure geschätzte Aufmerksamkeit möchte ein Bote der Zuneigung erneut fordern, für einen Brief wider die Furcht und um sie nach seinen Möglichkeiten zu läutern:
Was kann nur der Grund für eure Zaghaftigkeit sein, womit ist euer Gemüt verdunkelt, dass im Regen stehen wohl schon eine Gefälligkeit gegenüber eurem Diener wäre, nun lasst ihn ein wenig simelieren:
Wäre es möglich, das ein so liebliches Wesen wie eures noch nicht die Liebe als Gefühle erlebt habt, nicht wisst, wie sich dieses anfühlt, ich denke kaum, dass ihr in der Lage wäret, solch eine Kälte in euch verborgen zu halten, was dann?
Furcht etwa, vor eurem ergebenen Diener, er sei ein Scharlatan euch nur durch Worte nicht durch seinen Willen geneigt, dafür müsste er euch schelten, also nein!
Ist er denn so viel geringer, eurer Zuneigung nicht würdig zu sein, na denn hätte er die Schelte wohl verdient, was dann?
Die Ehrlichkeit anzweifelnd mag er euch nicht sehen, doch bedrücken ihn immer noch die gleichen Sorgen, wenn er in den falschen Augenblicken den euren gewahr wird. Nur im einem Punkte war bisweilen nicht der Ehrlichste, dass er nichts erhoffen würde, und auch nur wenig, entspricht wohl im geringen einer Wahrheit, immer wieder schafft ihr es sein Herz zu erobern, ohne das er je erklären könnte wie dies geschieht.
Und ist sich eurer zwar ungewiss, so glaubt er ein gewisses Spiel hinter eurem vollkommen lauteren Treiben vermuten zu können, ein Spiel, ohne seinen Reiz zu verlieren, auch das seine mag sein. Doch was wenn das Spiel verloren geht, was wenn nicht, was dann?
Sei es, ihr seit vormals aufs ungebührlichste enttäuscht worden, mag es das sein, denn Ehrlichkeit, Vertrauen und Treue stehen in seinem Geiste, wie auch dem Euren, nur wenig der Liebe nach, wenn man verlangen würde, seine Art eine Partnerschaft zu leben, dazu es ja heißt Partnerschaft, zu offenbaren.
Vielleicht eine noch tiefere Furcht, die schlimmster aller: Die Angst vor Veränderungen, sollte dies ihr Einhalten erklären, Mademoiselle?
Nun, kann man denn den Lauf der Dinge beeinflussen, wir ihr es wollt, offen liegt nur, euer Diener würde sich nie ein Herz ergreifen, um euch von euren Freunden und Gewohnheiten zu entfremden, nichts liegt ihm fernen, nur der Wunsch, das ihr solch Gedanken gegen die seinen pflegen würdet. Dergestalt er nicht das Versprechen geben kann, die Macht zu haben, ihre Dinge, Mademoiselle, bei alten Sitten halten zu können, dies kann nur die Zeit zeigen oder auch nicht, wie die Herzen wohl diese Entscheidungen treffen, so müssen die Geister dieses hinnehmen.
Sind doch eure Augen ohne Schatten und so voller Farben, und unsere Worte, die euren und die eures Ergebenen, führen euch dem Abgrund nahe, den ihr fürchtet, aufregend und Angst einflössend sind derart Wege immer, doch woraus sonst als Furcht entsteht eine Liebe denn, ihr müsst den Schritt nur wagen.
Denn ob ihr eure Schwäche fürchtet, oder zu stolz auf eure Stärke seit, verbergt euch nicht; wenn ihr wünscht, dann lacht, wenn ihr müsst, dann vergießt Tränen, vertraut eurem Herz , vertraut dem Ruf und springt.
Sei es, der eure ist bereits dem Fluge aufgesessen und so bleibt im nur im Fallen noch den Gruß in die Ferne zu senden,
euer Bote
John F.

Als Post Skriptum:
Ach, wenn euer Herz doch nur leichtfüßiger wäre und den Hauch von Enthusiasmus in eurer Handlungsweise erkennen lassen würde, aber was dies betrifft, so leben diese und
jenes Herz wohl in verschiedenerlei Welten, so naht eurem Diener zuweilen doch ein
Dämon von der Seite und flüstert ihm schlimme Ahnungen zu.



Eure Frage,
Mademoiselle, zu beantworten, verfasst ein Sklave, aber nicht euer, sondern einer der wahren Liebe, diese Zeilen:
Bedrängt es ihn doch, dieses offene Geheimnis, was er von euch erhoffe, dem Begriffsstutzigen oder dem Gefühlsstutzern nach Gebühr darzulegen.
Was er von euch erhoffte, wäre ein leichtes für eine Seele wie die seine gewesen, so überschätzte er die eure um ein vielfaches. Ist es für euch doch schon zuviel, ein ehrliches Wort an ihn zu richten, das er mit Verlaub so dringend zu Rettung seiner Seele gebraucht hätte. Aber wie soll die Ehrlichkeit aus eurem Munde tropfen, wenn doch nur Galle in euch wohnt?
Zum Glockenspiele machtet ihr eines armen Poeten Träume und Gedanken, doch nicht die Mitternachtsmesse ließ den Körpern beben, es waren die Litaneien des Karfreitags.
Träge und wüst war das Leben in diesen Tagen, doch Erlösung gab es nicht, hoffte er vergebens auf die Palmwedel und die Fastenzeit hält an.
Töricht war sein Hoffen, denn wie wollt ihr ihm Lichte bringen, wenn ihr selbst im Dunkeln tappt und auf fremden Sonnen angewiesen seit.
Wie kann eine Seele so viel leiden, wenn ihr doch das Herz als Stimme fehlt und sie nicht von Gut oder Böse singen zu versteht.
Mademoiselle, ihr stahlt ein Herz aus warmer Brust und ohne Herzblut wird der Seele schwer, hat sie doch keines und nun habt ihr derer zwei in Besitz genommen.
Das geht nicht an, zwei zuviel für wahres Leben, doch tausend zu wenig, um zu tauen eure Seele auf ein Mindestmass, welches Liebe möglich machen würde.
Doch der Poet fordert ein Herz von euch zurück, euch bleibt nur die Wahl, welches ihr als Pfand verleiht:
Er hoffet, ihr würdet eures geben, denn dies wird jenem schon zu Hitze reichen und die Schatten könnten von beider Seelen weichen, doch ihr gabt seins zurück, bitter und kalt, ward es doch zu lang in eurer Brust gewohnt, und zuviel von euch mag daran haften, als das es noch lieben kann.
Was erhoffte der Ahnungslose schon von euch, nur wenig für sich, doch viel für euch, das Leben von gesunden Herzen, die am Ende einen Traum gelebt.
Euch dem Himmel nah zu bringen, die Weiten eure Wohnstatt, die Wolken eure Ruhestätte, die Sterne eure schwesterlichen Begleiter, doch ihr verlangt nach irdischem Gemüte, und begnügt euch mit dem Niederen.
Ha, seit ihr eine Engels Buhle, as Leid anderer gereicht euch zur Wollust, glüht doch in euren Augen das Feuer beider Herzen, doch scheint es wie die Höllenglut und verbrennt den göttlichen Schimmer, der von euren Augenliedern strahlt, wo der Liebe Heimat sollte sein.
Die Zweifel an eurer Tugendhaftigkeit sind nicht zu läutern und die alten Wunden brechen wieder auf, verursachen das Leiden. Was mag den Wundbrand lindern, das Leiden mindern, die Krankheit abzuheilen, die einzige Arznei, um die der Kranke zu Beginn des Briefes bat, haltet ihr ihm vor, ihr seit vergesslich, es geht hier um das Aufrechte und die Ehrlichkeit.
Furchtbar, ja furchtbar mag die Liebe für euch sein, dass ihr sie für eure Mitmenschen zur Folter wandeln wollt. Ist euer Herz gebrochen, schlagt ihr weitere entzwei, das wird euch nicht erlösen, ihr habt den Dämon in der Seele, gabt ihm ein Stelldichein. Seid selbst ein Engel, wie er einer war, doch er ist gefallen und euer Sturz hält noch an, das Ende mag gar grausam sein.
Und indes, was wird am Ende bleiben, ist euch doch wie jedem Engel eine Seele fremd und unnütz, ihr könnt sie nicht begreifen; und keine erwärmte einmal euer Herz, darum müsst ihr andere stehlen, doch die armen Herzen werden kalt und erfrieren denn in eurer Brust, so wird es bis zum Ende sein, doch wenn das letzte Urteil wird gesprochen und die ohne Seele weichen müssen, dann werden diese Herzen frei, und das wird meine Rache sein.
Von verfluchten Tage an
Euer Gegenspieler
John F.

Als Post Skriptum bedenket:
Lasst eure Lakaien vorneweg, ein haderndes Herz duldet dergleichen nur mit Ungeduld; sonst werden andere den Zorn der Edlen erdulden und euch bleibt nur die Schuld auch diese Seelen mit Schrecken überzogen zu haben.
Und Mademoiselle, die Tage eures Müßigganges sind gezählt und wenn die Erkenntnis eurer Seele naht, und ihr den Schmerz erfahrt, den ihr euch patentieren ließet, wer wird dann der Engel sein, höret ihr nicht ein irres Lachen von der Himmelspforte herab, euch geleiten, in eure Verdammnis. Denn ihr seid nur eine Sterbliche durch euer eigenes Handeln.

Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
( A. de Saint- Exupéry )
John Frederic Schommer, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.04.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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