Dietmar Wessel

Mach´snoch einmal, Sam

Washington, Weißes Haus, Oval Office, 3. September 2003, 9.15 Uhr

Wie jeden Mittwoch trat George W. sen. pünktlich um 9.15 zu seinem Sohn ins Büro, um ein wenig zu helfen beim Regieren und Weltpolitik machen. Ihn reizte immer noch das Gefühl von Macht..die kribbelnde Atmosphäre...Security Guards, Geheimdienstberichte...seine Augen glänzten.

George W. jun. war es gar nicht so recht, dass sein Vater immer noch so selbstverständlich in sein ehemaliges Arbeitszimmer trat, ohne anzuklopfen. Es war jetzt sein Arbeitszimmer...er ärgerte sich jedes Mal darüber, wagte aber nicht, ihn darauf anzusprechen. Sonst käme wieder so eine ironische Antwort wie : „Sohnemann, noch bin ich Dein Vater, ein wenig mehr Respekt.“

George sen. setzte sich in die Ecke auf einen Stuhl und wartete ab, bis sein Sohn das Telefongespräch beendet hatte. Er spitze die Ohren und vernahm die verärgerte Antwort seines Sohnes: „Ich will aber den Friedensnobelpreis haben. Der Holländer Willy Brandt und der Saudi Sadat haben ihn doch auch bekommen....“ Pause...ok Deutscher und Ägyper, wen kümmerts...Sehen Sie zu, dass ich vorgeschlagen werde, ich zähle auf Sie...“ Ärgerlich warf er den Hörer auf die Gabel. Da verhindert man einen Chemiewaffenkrieg im Mittleren Osten..rettet Millionen menschen das Leben..und das wird nicht anerkannt..man muß sich in dem Job um alles kümmern...Moment Paps, noch ein Gespräch..dann bin ich für Dich da...2

Stolz blickte er zu seinem Sohn herüber. Er war zwar nur ein mittelmäßiger Schüler gewesen, aber ein durchtriebener Präsident, das musste er neidlos anerkennen. Nur zu dumm, dass im Irak bisher keine Massenvernichtungswaffen gefunden wurden....aber Beweise, dass er kurz davor stand, so viele Experten ins Land zu holen, um mit der Herstellung von Chemiewaffen zu beginnen. Das war jetzt die offizielle Linie: „Kein Chemiewaffen know-how für Schurken Staaten..“

Die Umfragen für die Regierung zeigten ein historisches Hoch...Ihm fiel die Siegesparade in New York wieder ein ..erlächelte wenn er daran dachte, dass sein Filius ihn nicht auf der Ehrentribühne haben wollte...Aber so einen Spaß würde er sich doch nicht entgehen lassen....nur 85 tote GI’s gegenüber 45.000 tote irakische Soldaten und 90.000 Zivilisten...es gab keine Verletzen bei den irakischen Soldaten..so what?..Und clever die Sache mit den Ölquellen: Der amerikanische Kommandant vor Ort hat entschieden (auf wessen Weisung wohl?), dass die Ölquellen während der nächsten 5 Jahre unter internationaler Kontrolle stünden, d.h. unter der Kontrolle der Koalitionsländern im Kampf. Um ein klammheimliches Aufrüsten des Landes zu verhindern sollten die Öleinnahmen in einen Reparationsfonds fliessen (International Fonds for Reimbursement of War Debts). Es sollten nur die nichteuropäischen Teilnehmer der Kriegskoalition diese Gelder bekommen....Die feigen Europäer sollten den Tony entschädigen...wie der sich aufgeplustert hatte, als er hörte, dass er keine Ölquellen bekommen sollte..richtig rot war er angelaufen...aber Tony’s Zeit war eh abgelaufen...

Der Exxon-Chef hatte ihm zugesichert, dass bei voller Kapazität man keine 3 Jahre nötig seien, um den Irak leer zu pumpen..damit waren die Befreiungskosten mehrfach bezahlt...In 3 Jahren würde kein Amerikaner mehr im Irak sein, dann könnten die Europäer unter UNO Aufsicht den Wiederaufbau beschleunigt angehen...Aber eine Idee hatte sein Sohn von ihm übernommen...was fürs Herz: „TRIPLE S“ SSS: SAVE STARVING SOULS. Die führenden Werbefirmen leiteten die Kampagne, Sponsoren wie Coca Cola und McDonalds gaben Geld, CNN die Informationen: „Einige Tausend Kriegswaisen als Ergebnis der Tyrannendiktatur, hungende Menschen, verdurstende Familien...“und die klare Nachricht: „EUROPA WACH AUF. DEINE HILFE IST NÖTIG. JETZT!!!!..Non-stop liefen Spots in allen europäischen Sendern, die Regierungen unterstützten zähneknirschend die Aktion....Der Tenor lautete. Wir haben nicht befreit, dafür retten wir Leben. Neben Solidaritätsabgaben (Steuern), Zuschlägen auf Flugtickets, Telefonrechnungen etc. wurden auch Milliarden gespendet.. Und genial die Auflage, dass die Hilfsmittel ausschließlich in den USA zu kaufen seien..(und Tony bekam fast wieder einen Herzinfarkt..) Ja ja, mein Filius...

George W. jun. kam mit seinem Kaffebecher rüber: „Weißt Du Paps, ich habe eine neue Idee...Was hälts Du davon, wenn wir Kuba kassieren..Der Fidel Castro machts eh nicht mehr lange..ich habe mir Folgende gedacht: „ Wir gehen an die Presse mit der Information, dass wir gesicherte Geheimdienstinformationen hätten, dass innerhalb der nächsten 48 Stunden Raketen mit irgendwelchen tödlichen Bazillen auf die USA abgefeuert werden sollen. Da mein Land in höchster Gefahr ist, ordne ich sofort einen Angriff auf Havanna an. Der collateral-schaden dürfte unter 10.000 liegen. Den Sicherheitsrat werden wir nachträglich um Zustimmung bitten..dann können die Europäer wieder Schweigemärsche machen...wir hätten vor der Haustür ein schöne Stückchen Erde..da habe ich nen Kumpel aus meiner Uni-Zeit, der möchte dort riesige Touristen Ressorts bauen....ich sagte, Jim, da mußt aber was mit Frieden rein..wie „World Peace Paradise“. Paps hättest Du einen Namen für die Befreiungsaktion:“No nasty neighbours“ kam es wie aus der Pistole geschossen..

Zufrieden lächelten sich beide an. Es geht doch nichts über ein harmonisches Vater-Sohn-Verhältnis...

Dietmar Wessel

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.04.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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