Andreas Rüdig

Outgames

Ich gebe es gerne zu: Ich bin heterosexuell und seit Jahren glücklich verheiratet. Homosexuelle kenne ich nur sehr wenige, dementsprechend kann ich mich auch nur wenig in ihre Lebenssituation und Gefühlswelt hineinversetzen. Fachkundigere Leser mögen es mir daher verzeichnen, wenn mir im folgenden Text Fehler unterlaufen sein sollten. Sie wären meiner Phantasie geschuldet.

Um ein Mißverständnis auch gleich von vornherein zu vermeiden: Die hier wiedergegebene Geschichte soll unterhaltenden Charakter haben. Verunglimpft oder herabgewürdigt werden soll niemand.

Viel Vergnügen.



Die World Outgames sind ein Sport- und Kulturfestival. Es wird von Lesben, Schwulen, Bisexuelle und Transgender organisiert und richtet sich auchan sie. Als Sportveranstaltung sind die Outgames nach eigenen Angaben für Teilnehmer jeglicher sexuellen Orientierung offen. Man muß sich nicht gesondert dafür qualifizieren. Sportler und Künstler aus der ganzen Welt sollen hier miteinander vernetzt werden, also auch Leute aus jenen Regionen dieser Welt, in denen Homosexualität verboten und verborgen ist. Den Outgames geht eine Menschenrechtskonferenz voraus. So sollen Sport, Kultur, Menschenrechtsarbeit, Politik und gesellschaftliches Anliegen miteinander verbunden werden.

Die ersten Outgames fanden 2006 in der kanadischen Stadt Montreal statt. Sie entstanden, weil die Federation of Gay Games der kanadischen Stadt die Lizenz für die Organisation der VII Gay Games entzogen hatte. Da Montreal schon mitten in der Organisation steckte, riefen die Organisatoren ein Alternativprogramm ins Leben, das sie mit einem politischen Programm verbanden. Für die Veransalter waren die Spiele ein Desaster. Sie machten einen Verlust in Höhe von 5,3 Millionen kanadischen Dollar. Sie mußten inzwischen Insolvenz anmelden.


Trotzdem soll es im Jahre 2013 Outgames in der belgischen Stadt Antwerpen geben. Und du, mein lieber Kuno, wirst also im August auf Dienstreise nach Belgien gehen und über die Outgames für uns berichten.

Aber, Chef, das geht nicht.

Und warum nicht?

Da laufen doch nur Tunten herum!

Na und? Du siehst doch selbst tuntig aus: gelbe Hose, rosafarbene Schuhe, Hemd mit knallrotem Blumenmuster, lindgrüner Rüschenschal und schwarzer Zylinder. Es fehlt nur noch ein aprikosenfarbiges Jacket und deine Brillantringe an den Fingern. Dann würfest du dort gar nicht auffallen. Also - husch, husch, mach dich auf den Weg nach Antwerpen.

Nein, Chef, du weißt, daß ich eigentlich ein begnadeter Musiker bin und nur aus Verlegenheit hier als Journalist arbeite. Ich nehme Urlaub.

Antrag abgelehnt. Du fährst, und sei es als Musuiker, der nebenberuflich für uns aus Antwerpen berichtet.

Chef, das ist doch mal ein Angebot. Du betätigst dich als Konzertveranstalter udn ich darf auch noch mein eigenes Konzert rezensieren.

Raus jetzt! Du mußt zu diesem Gerichtstermin und darüber berichten!

Aber gerne doch.


(Bericht aus Antwerpen)

Ein Fest der Liebe hat in diesem Jahr in Belgien stattgefunden. Und zwar trafen sich alle möglichen nichtheterosexuellen Spieler aus der ganzen Welt, um sich sportlich zu messen.

Bestimmte Sportarten waren aber von den Sportwettkämpfen ausgeschlossen. Und das auch zu Recht, wie Jan Yang, Leiter der deutschen Delegation, findet, "Nehmen Sie nur mal das Boxen als Beispiel," hebt er bei seiner Begründung an. "Da schlägt man sich gezielt und mit Absicht an den Kopf. Die blauen Augen und geschwollenen Gesichter sehen nun wirklich nicht hübsch aus. Oder nehmen Sie das Langstreckenschwimmen. Körper mit Komplettrasur mögen beim Start noch hübsch und schön aussehen. Am Ende ist die Haut aber nur noch schrumpelig. Bei Sportarten wie Gewichtheben und Body-Building haben wir uns noch nicht entschieden. Muskulöse, durchtrainierte Körper mögen hübsch aussehen. Die Gefahr des Dopings ist aber zu groß. Sumo-Ringer sind bei uns verpönt. Die sind einfach zur fett."

Sportarten wie Leichtathletik, Ringen, Segeln, Reiten, Wassersport (mit Booten, Synchronschwimmen, Turmspringen) und Mannschaftsballsporarten ("Das gemeinsame Duschen hinterher ist doch sehr erregend!") sind dagegen sehr beliebt.

Deutschland ist die erfolgreichste Nation, die an den Outgames teilnahm. Was nicht nur daran lag, daß die deutsche Mannschaft die meisten Teilnehmer stellte. Fintenreich, wie die deutschenTeilnehmer einmal waren, nutzten sie jeden auch nur erdenklichen Vorteil, den sie nutzen konnten.

Beispiele gefällig? Aber gerne.

Jörn und Jürgen siegten auf angeblich unsportliche Art und Weise. Sie traten im schon besagten Synchronschwimmen an. Ihre Schwimmhosen bestanden aus enganliegendem und hauchdünnem Material. Viele Synchronschwimmer anderer Nationalität glaubten, Penis, Hoden und Schamhaare der beiden Brüder erkennen zu können. Noch vor dem Ende der Darbietung stürtzten sich vile der teilnehmenden Wassersportler ins angenehm temperierte Naß, um Jörn und Jürgen aus der Nähe betrachten zu können. Und wurden prompt disqualifiziert, weil sie das Schwimmbecken zur falschen Zeit betreten hatten. Ihre Proteste halfen alles nichts. "Ihr hättet Jörn und Jürgen bestimmt unter der Dusche oder beim Abtrocknen bewundern dürfen," lautete die Begründung.

Beim Damenfußball traten zwei dunkelhäutige, rassige Grazien für das deutsche Team an. Immer, wenn sie sich in erotischer Pose zeigten, hagelte es Gegentore für die andere Frauschaft. Jenny und Tiffany haben aber auch wirklich ein ausgeprägtes Talent als Modell.

Motivation der ganz besonderen Art besorgte sich dagegen Xaver-Baptist. Er ist als Langstreckenläufer angetreten. Immer, wenn er merkte, daß er langsamer wurde, rief er "Hetero! Du bist ein Hetero!" zu dem Läufer hinter ihm. Um die angedrohten Prügel zu vermeiden, mußte Xaver-Baptist einen Sprint einlegen. So wurde er Gewinner aller Mittel- und Langstrecken.

Weitere Beispiele erspare ich mir hier. Sie könnten sich ja jetzt selbst vorstellen, in welcher knisternden erotischen Atmosphäre die Outgames stattgefunden haben.

Daneben gab es noch ein umfangreiches Kulturprogramm. Schließlich ist es von den historischen Olympischen Spielen im alten Griechenland bekannt, daß auch Künstler prämiert wurden.


Sport ist Mord
glaub`s mir auf`s Wort
ich weiß, wovon ich rede
denn wenn ich schwebe,
bin ich beim Stabhochsprung
und hatte nicht genug Schwung,
um über den Querbalken zu kommen
und wie ich da so hing
Vogelkot niederging
genau auf den Bauchnabel
es piekste wie eine Gabel
und als ich fiel
erreichte der Kot sein Ziel
er rutschte auf`s Knie
ich schrie wie noch nie
der Schreck war groß
er legte bloß,
wie ängstlich ein Mann
beim Höhensport sein kann


Ich erhielt den Trostpreis dafür. Die Preisjury wollte mir wohl nicht gestehen, daß ich der schlechteste Teilnehmer aller Zeiten gewesen bin.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Andreas Rüdig).
Der Beitrag wurde von Andreas Rüdig auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.03.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Andreas Rüdig als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Knuddelbuddelbuntes Kinderland: Festeinband für das Vor- und Erstlesealter von Edeltrud Wisser



Ein Kinderland ist erlebnisreich, bunt und verlockend.
Diese Vielfalt ist in Form von Reimgedichten beschrieben.
Festeinband für das Vor- und Erstlesealter, mit farb. Abb. und Ausmalbildern
Ein Teil des Erlöses aus dem Buchverkauf fließt der Stiftung Fly&Help zu.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Sonstige" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Andreas Rüdig

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Windventilatoren von Andreas Rüdig (Sonstige)
SICHTBARE KÜSSE von Christine Wolny (Sonstige)
Abschied von Emma von Claudia Savelsberg (Trauriges / Verzweiflung)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen