Weinend sitzt ein kleiner Junge in einem Trümmerfeld. Staub, einer vor ein paar Stunden bombardierten Häuserreihe, schwebt in der Luft, ab und zu hustet der Kleine.
Bei einem Bombardement der Alliierten, saß er ängstlich in einem der Luftschutzbunker in den ihn seine Mutter geschickt hatte. Sie konnte nicht mitkommen, da eine Fußverletzung ihr zu schaffen machte.
Letzte Woche noch war der Bunker, nach einem Bombentreffer, nicht mehr zugänglich gewesen. Bürger der Stadt hatten die Treppe und den Eingang mühselig wieder freigelegt.
„Die Decke hat auch schon Risse“, sagte ein älterer Herr, der neben dem Jungen hockte. „Den nächsten Treffer wird sie nicht überstehen.“
Ein armamputierter Mann in Uniform meinte: „Wer oder was wird diesen schrecklichen Krieg überhaupt überstehen?“
Die Fliegerstaffel der Alliierten war von der linken Rheinseite aus gestartet und ließ ihre Bombenteppiche auf das niederrheinische Städtchen Wesel fallen. Jedes mal, wenn der Bunker unter dem herabfallenden Tod erzitterte, schrie der Junge ängstlich und klammerte sich an den Alten. Der hielt ihn fest, streichelte ihm übers Haar und fluchte: „Scheiß Pack, soll euch der Teufel holen.“
Erst Stunden später gab es Entwarnung. Irgendwann öffnete jemand die schwere Stahltüre. Ein paar Betontrümmer lagen auf der Treppe, waren aber kein großes Hindernis auf dem Weg in die „Freiheit“.
Nach diesem Angriff war die einst stolze Hansestadt mit ihrer Altstadt, der ehemaligen Mathenavorstadt, dem Schillviertel und fast sämtlichen Kirchen, nahezu vollständig zerstört. Die Bomben der Alliierten hatten ganze Arbeit geleistet.
Der Kleine wollte schnell nach Hause, zu seiner Mutter. In den Stunden die er im Bunker gesessen hatte, musste er immer an sie denken. Hoffentlich war ihr nichts passiert.
Ganze Straßenzüge standen in Flammen und ab und zu vernahm er das Knallen explodierender Tanks. Schwer hingen Rauch und Staub in der Luft, erschwerten die Sicht und das Atmen. Er kletterte über Trümmer, trat manchmal auf Tote oder Verwundete, die überall herumlagen, bis er schließlich seine Straße gefunden hatte. Ihr Haus stand noch, zumindest Teile davon. Von den angrenzenden Häusern schienen nur noch die Frontmauern und ein paar andere Wände zu existieren. Unter einem der Fenster lagen sein Freund Karl und dessen Oma oder besser das, was von ihnen übrig war. Er erkannte sie an ihrer Kleidung.
Er rief nach seiner Mutter. Winkend stand sie am Fenster und rief ihm zu, er solle das Haus nicht betreten, da es jeden Moment einstürzen könnte. Sie würde sofort zu ihm herunter kommen.
Sie schloss noch das Fenster, dann wurde sie unter dem einstürzenden Gebäude begraben.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.04.2013.
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