Ulla Meyer-Gohr

JONI DER PRAKTIKER

 

Die Türglocke drang schrill an mein Ohr. Ich öffnete. Hermine Wollkopf, vom dritten Stock, stand vor mir, klein und drahtig mit einer Kittelschürze bekleidet. Das graue Haar trug sie zu einem Nackenknoten gebunden. Ihre wasserblauen Augen musterten mich streng.
      " Das geht nicht ! - Das geht nicht ! -," wiederholte sie wie ein Papagei," mit dem BUMM - BUMM - BUMM - die ganze Nacht ! - Mein Mann und ich haben kein Auge zu gekriegt !"
Ich spürte ein drängendes Stupsen an meinen Waden. Neugierig versuchte mein Kater, Jonathan, sich einen Überblick zu verschaffen, wer vor der Tür solche Töne anschlug. Mir blieb nichts anderes übrig als den vierzehn Pfund schweren Kater, irgendwie, auf den Arm zu wuchten. Ein protestierendes Mauzen war die Antwort.
      " Ist er das ?"fragte die kleine Frau und drohte ihm mit dem knochigen Zeigefinger. Jedoch ihre Furcht ließ sie gebührenden Abstand einhalten.
      " Dieses BUMM - BUMM - BUMM schalt durch das ganze Haus !"
      " Der Kater hängt sich an den Türdrücker und lässt beim Herunterspringen den Griff einfach wieder hoch schnellen und das ergibt dieses  BUMM - BUMM - BUMM wie sie es nennen,"klärte ich die erregte Frau auf.
      " Das geht nicht !" wiederholte sie sich zum dritten Mal," sie müssen eine Lösung finden. - Sonst muss er weg !"
Nachdem Joni Frau Wollkopf ausgiebig beäugt - hatte er auch genug von seinem unbequemen Sitz und beschwerte sich lautstark mit Gemauze. Ich erlöste ihn von meinem Arm und zog die Tür hinter mir zu. Das gefiel dem Kater erst recht nicht. Sein Protest drückte sich durch ein Dauerspringen auf die Türklinke aus. Gleichzeitig demonstrierte er sein BUMM - BUMM - BUMM vor Hermine Wollkopf.
      " Sehen sie ! - Lassen sie sich was einfallen ! - Sonst muss er weg ! - ---  Aber, das wäre schade um den hübschen Kerl ! - Was ist denn das für eine gediegene Mischung ? - Sieht aus wie ein Spitz so puschelig !"
Inzwischen lief Joni zur Höchstform auf und sein BUMM - BUMM - BUMM folgte wie Schüsse. Gefeuert aus einer Kanone; direkt auf uns.
      " Eine Maine-Coon-Cat," erklärte ich Frau Wollkopf die Katzenrasse.
      " Was ist das für ein neu modischen Kram." murmelte die Frau kopfschüttelnd vor sich hin und erklomm wieder die Treppe, die sie herunter gekommen war.
      "Frau Wollkopf ich werde die Scherereien in den Griff bekommen ! - Sie können sich auf mich verlassen !"
Kopfschüttelnd sah sie noch einmal über das Treppengeländer.
      " Hoffentlich, ich möchte nämlich keinen Streit mit ihnen !"
      " Ich auch nicht !" antwortete ich kurz.


Nachmittags suchte ich einen Eisenkrämer auf. Verwirrt betrachtete ich die vielen Schubladen, in denen Schrauben, Schaniere, Nägel und vieles mehr sich befand. Ein Seufzer entrang sich meiner Brust, denn ich verfügte über keine Idee wie ich diese Misere in den Griff bekommen sollte. Ein Verkäufer trat auf mich zu grüßte und fragte:
      " Womit kann ich ihnen dienen ?"
      " Gute Frage. - Ich weiß es selbst nicht wie ich ihnen das erklären soll !"
      " Versuchen sie mir ihre Situation einfach zu schildern. Bis jetzt haben wir jede Schwierigkeit gelöst."
Laienhaft erzählte ich mein Problem. Wobei meine Hände eine pantomimische Meisterleistung vollbrachten und vor seinen Augen die Tür samt Gardine, nebst Griff,Riegel und Schloss erstehen ließ. Geduldig hörte der Mann mir zu stellte klare Fragen zu dem eigentlichen Problem.
      " Setzen sie sich einen Moment. Ich werde mich kurz mit meinen Kollegen beraten."
An einem Vitrinentisch untergebracht blickte ich auf Messingschlösser, Riegel und Türklopfer. ( Inzwischen kam ich mir selbst wie ein Türklopfer vor. ) In Gedanken versunken beschimpfte ich meinen praktisch veranlagten Kater, der mich diese dumme Posse ausbaden ließ. Vier Angestellte steckten die Köpfe zusammen und diskutierten mein Problem aus. Der Verkäufer kam zurück, skizzierte Tür, Schloss und Riegel auf einem mitgebrachtem Papierbogen.
      " Bitte, korregieren sie, sollte etwas falsch oder vergessen worden sein !"
Ich überflog den Entwurf und nickte. Alles stimmte. Darauf zog der Verkäufer aus seiner Kitteltasche einige mitgebrachte Teile. Sein Finger zeigte auf den Türgriff der Zeichnung.
      " Dort ziehen sie den Schlüsselring, der bereits an der Kette montiert wurde, über den Türgriff. Dann die Kette straff nach oben zum Riegel ziehen. Jetzt kommt der zweite Schlüsselring ins Spiel.Er muss von ihnen angebracht werden, um die Spannung zum Türgriff perfekt zumachen. Leider kann ich diese Arbeit von hier nicht ausrichten. Sie müss an Ort und Stelle abgestimmt werden. Sind alle Vorkehrungen berücksichtigt worden wäre das Problem gelöst. Sie können dann auch den ersten Ring verschieben und lösen, sodass sie kein Problem beim Öffnen und Schliessen der Tür bekommen. Haben sie alles verstanden ?"
Leider musste der Verkäufer mir den Vorgang noch ein paar Mal erklären bevor ich es begriffen hatte.


Zuhause angekommen versuchte ich mein Glück. Nach einigen mißlungenen Griffen schlug mein Herz höher. Also unpraktisch schien ich nicht zu sein. Das Patent funktionierte. Stolz schlug ich mir selbst auf die Schulter. Nun beobachtete ich meinen Kater. Neugierig schlich er sich an die Tür. Interessiert sprang er hoch und hängte sich wie ein Turner am Reck mit gespreizten Hinterpfoten an den Türgriff. Die Vorderpfoten krallten sich fest. Verwundert versuchte er den Ring herunter zu schieben. ( Schlaues Kerlchen ! ) Er wusste wo der Hase begraben lag !Nach mehreren Anläufen gab er es auf und ließ sich mit einem dumpfen Geräusch zu Boden fallen. Er steuerte die Küche an. Dort drehte er sich nach mir um. Seine Augen funkelten enttäuscht. Er war seines liebsten Spielzeuges beraubt worden. - ( Armes Kerlchen ! ) - Wie sollte ich es ihm erklären, dass seine Lieblingsbeschäftigung sein Zuhause hätte kosten können ? - Außerdem wäre der Hausfrieden gefährdet ! - Mir wird schon etwas einfallen. Sicherlich nicht beim Eisenwarenhändler.
    
  
  
    
    
   
    

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.05.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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