Thomas Müller

Pedro

 

Pedros Vater ist Schuster.
Pedro muss jeden Morgen Milch holen.
Die Milch gibt es im Laden von Donna Alessandra.
Pedro holt die Milch mit einer Milchkanne, die fast so groß ist, wie er.
Die Tür von Donna Alessandras Laden macht beim Öffnen dingdong.
Wenn Pedro die Tür öffnet, macht sie diiing – dong, weil sie so schwer ist und Pedro sie so schwer aufkriegt.
Wenn die Tür diiing – dong macht, weiß Donna Alessandra schon, dass Pedro kommt.
„Bist du es, Pedro?“ fragt sie von hinten aus dem Laden.
„Ja, Donna Alessandra. Guten Tag, Donna Alessandra.“
Pedro reicht mit seiner Nase gerade bis an die Ladentheke.
Mit seine Augen schaut er mühsam darüber hinweg.
In der rechten Hand hält er das Geld.
In der linken Hand hält er die Milchkanne.
Jeden Morgen fragt ihn Donna Alessandra: „Was hast du denn in der rechten Hand? Ist das Geld?“
„Ja, Donna Alessandra.“
„Und in der linken Hand, ist das eine Milchkanne?“
„Ja, Donna Alessandra.“
„Willst du Milch kaufen?“
„Ja, Donna Alessandra.“
„Dann gib mir die Milchkanne.“
Pedro gibt Donna Alessandra die Milchkanne.
Donna Alessandra schüttet zwei Liter Milch in die Kanne, so viel passt hinein, und schließt die Kanne dann mit dem Deckel.
Pedro gibt Donna Alessandra das Geld und sie gibt ihm die Milchkanne zurück.
Dann geht sie um die Ladentheke herum und öffnet Pedro die Ladentür.
„Bitteschön, Pedro.“
„Danke, Donna Alessandra. Auf Wiedersehen, Donna Alessandra.“
Pedro geht nach Hause.
Auf der Straße kommt ihm ein Junge entgegen.
Der Junge fragt Pedro: „Was hast du da in der Hand?“
„Milch.“
„Gib sie her.“
„Nein.“
„Gib mir deine Milch!“
„Nein.“
Der Junge nimmt Pedro die Milchkanne ab und macht sie auf und guckt hinein.
„Das ist dumme Milch,“ sagt er und schüttet die Milch auf die Straße.
Dann gibt er Pedro die Kanne wieder zurück.
Pedro läuft weinend nach Hause.
Zu Hause angekommen ruft er seinen Vater.
„Papa, Antonio hat mir die Milch auf die Straße geschüttet.“
„Was sagst du, Antonio hat dir die Milch auf die Straße geschüttet?“
„Ja, Papa.“
„Bist du sicher, dass es Antonio war?“
„Ja, Papa, ganz sicher.“
„Gut, dann gehen wir zu Antonios Vater.“

* * *

„Ihr Sohn hat die Milch von Pedro auf die Straße geschüttet.“
„Was sagten sie, mein Sohn hat die Milch von Pedro auf die Straße geschüttet?“
„Ja.“
„Sind sie sicher, dass es Antonio war?“
„Ja, ganz sicher, es war Antonio.“
„Gut, ich werde ihn rufen. Antonio, komm einmal her!“
„Ja, Papa.“
„Warst du heute morgen mit Pedro auf der Straße?“
„Ja, Papa.“
„Was hast du gemacht?“
„Ich habe ihn gefragt, was er in der Hand hat.“
„Und?“
„Er hat gesagt, dass es Milch sei.“
„Und dann?“
„Dann habe ich ihm gesagt, er solle mir die Milch geben.“
„Und?“
„Er hat nein gesagt.“
„Und dann?“
„Ich habe ihm noch einmal gesagt, er solle mir die Milch geben.“
„Ja und?“
„Er hat wieder nein gesagt. Doch dann habe ich mir die Milchkanne genommen.“
„Und dann?“
„Ich habe gesagt, dass es dumme Milch sei und habe die Milch auf die Straße geschüttet.“
„Das war böse von dir.“
„Ja, ich weiß. Es war böse.“
„Warum hast du das getan?“
„Weil ich neidisch war.“
„Auf wen warst du neidisch?“
„Auf Pedro.“
„Warum warst du auf Pedro neidisch?“
„Weil er Fußballschuhe hat.“
„Stimmt es, dass Pedro Fußballschuhe hat?“
„Ja, es stimmt. Ich habe ihm welche gemacht.“
„Hast du denn keine Fußballschuhe?“
„Nein, ich habe nur Sportschuhe, aber mit denen kann man im Regen nicht so gut spielen.“
„Machen sie meinem Sohn auch Fußballschuhe. Ich werde sie bezahlen. Ich werde auch die Milch bezahlen. Antonio, ich möchte nicht, dass du wegen der Fußballschuhe auf Pedro neidisch bist. Aber ich möchte auch nicht, dass du Pedro noch einmal etwas antust. Und ich möchte auch nicht, dass du
noch einmal Milch auf die Straße schüttest.“
„Ja, Papa. Ich werde Pedro nichts mehr antun und ich werde auch keine Milch mehr auf die Straße schütten.“
„Geh nun zu Pedro und entschuldige dich bei ihm.“
„Entschuldigung, Pedro, es tut mir Leid.“
„Ja.“
„Nimmst du die Entschuldigung an?“
„Ja.“
„Sind wir noch Freunde?“
„Ja.“
„Wenn ich die Fußballschuhe habe, spielst du dann mit mir Fußball?“
„Ja, aber ich möchte vorne spielen.“

© Thomas Müller, 19.6.2012, für Lolo und Gentle


 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.09.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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