Jürgen Berndt-Lüders

Clothilde's Rache, Teil 1

Clothilde von Ammersreuth stieg aus dem Taxi und sah sich um. Kein Siegfried war zu sehen, der vor dem Haupteingang des Flughafens wartete. Das hatten sie vereinbart, aber er würde sicher noch kommen. Sie hatten schließlich noch eine Stunde bis zum Abflug.

„Stellen Sie die Koffer bitte in den Eingangsbereich“ bat sie den Taxifahrer. „Solange ich die Koffer nicht allein lasse, wird sicherlich niemand Sprengstoff drin vermuten“, fügte sie hinzu und zahlte den Fahrpreis. Der Taxifahrer lachte pflichtgemäß.

Wenn sie daran gedacht hätte, welche Konsequenzen ihre Bitte für sie haben würde, hätte sie sicherlich zuerst einen Karren besorgt und die Koffer darauf stellen lassen. So aber stand sie wie bestellt aber nicht abgeholt und wartete auf Siegfried, eine Bekanntschaft aus dem Internet.

Clothilde sah auf die Uhr. Noch zehn Minuten bis zum Einchecken und noch immer war kein Siegfried in Sicht.

Hatte sie sich im Eingang geirrt? Nein, sie hatten sich ganz fest verabredet. Dieser Eingang war es und kein anderer. Siegfried hatte die Tickets, und sie hätte ihm den Preis für ihr Ticket auf die Malediven direkt im Warteraum erstattet. Aber wenn er nicht kam, blieb ihr wohl nichts weiter übrig als wieder nach Hause zu fahren.

Pech gehabt, Geld gespart und was dazu gelernt, dachte sie. Weg mit Schaden!

Aber was war das? War das nicht Siegfried dort am Counter der Fluggesellschaft? Nein, er konnte es nicht sein, denn er hielt eine Frau am Händchen, und sie tauschten schnelle Küsschen aus.

Doch, das war Siegfried und kein anderer. Eben ließ er wohl Clothildes Ticket umschreiben.

„Darf ich Ihre Koffer tragen?“, fragte ein junger Mann, wohl Student und Mitte zwanzig. Er hatte die Karre schon dabei.

Wut stieg in Clothilde auf. Nein, so ließ sie diesen Kerl nicht davon kommen. Auf Handzeichen lud der junge Mann die Koffer auf und folgte ihr, als sie schnellen Schrittes und mit stolz erhobenem Kopf zum Counter der Fluggesellschaft ging.

Siegfried war bereits dabei, mit der jungen Dame einzuchecken, die mindestens fünfzig Jahre jünger war als er.

„Reisen Sie allein?“, fragte die Angestellte.

Clothilde sah zu dem jungen Mann hinüber, der bei den Koffern auf weitere Kommandos und auf ein Trinkgeld lauerte.

„Wollen Sie mit?“

„Wohin?“

„Auf die Malediven. Haben Sie Ihren Pass dabei?“

Er hatte und wollte.

„Aber ich habe doch gar keine Unterkunft“ rief er aufgeregt und folgte ihr Richtung Gepäckaufgabe.

„Ich auch nicht“, rief Clothilde. „Wir werden schon was finden.“

„Und Klamotten zum Wechseln und Geld habe ich auch nicht.“

„Klamotten kaufen wir, denn Geld habe ich.“

Klothilde hatte wirklich Geld. Sie hatte während ihrer 30jährigen Tätigkeit als Regisseurin einiges zurück legen können, und von ihrem verstorbenen Mann besaß sie erkleckliche Summe aus einer Lebensversicherung.

Siegfried und seine Freundin waren nicht zu sehen. Die schienen längst im Warteraum vor Gate 28 zu sein.

Clothilde musterte den jungen Mann. So unmöglich sah er in seinen Alltagssachen gar nicht aus. In seinem Alter liefen alle so rum. Das reichte für den Flug und die Ankunft.

Als sie den Warteraum betraten, sah Clothilde ihn schon vom Weiten, aber Siegfried hatte sie wohl nicht bemerkt. Zu sehr war er mit seiner jungen Geliebten beschäftigt.

„Ich werde dich bis auf die Knochen blamieren“, flüsterte sie vor sich hin.

„Weshalb tun Sie das für mich?“, fragte Norbert. Den Namen kannte sie, seitdem sie für ihn das Ticket bezahlt hatte.

„Ich tu’s nicht für dich, sondern für mich“, betonte sie mit Wut in der Stimme.

 

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