Helmut Wurm

Sokrates und unbequeme Bemerkungen zur Jugendbewegung

 

Es ist Oktober 2013. Sokrates hat gerade das bündische Lager auf dem Hohen Meißner zum 100jährigen Gedenken an das Freideutschen Jugendlager von 1913 besucht und sitzt unter dem Vordach an einem Tisch der Terrasse der Meißner-Wanderhütte, denn es regnet. Sokrates hat 1913 an gleicher Stelle auch das erste Freideutsche Jugendlager besucht und kann sich noch an den weltverbessernden Grundtenor dieses Treffens erinnern.
 
Neben ihm sitzt ein alter Wandervogelführer, der zwei der nachfolgenden "Freideutschen Jugendtage" auf dem Meißnerberg (1963, 1988) miterlebt hat. Beide blicken nachdenklich über das schöne weite Waldland Nordhessens, das trotz des leichten Dauerregens zu erkennen ist.
 
Es hat sich 2013 um eine aufwendig vorbereitende, im Grundton wieder weltverbessernde Veranstaltung gehandelt. Aber diesmal war das Treffen von Spannungen, Missstimmungen und Abgrenzungen gekennzeichnet, während das Treffen von 1913 die Einheit beschwor.   
Und diesmal haben viele Pfadfindergruppen an dem Treffen teilgenommen, teilweise haben Pfadfinderführer sogar die Leitung inne. 1913 hatten die Pfadfinder völlig gefehlt, obwohl es sie schon gab. Das waren auffällige Unterschiede zwischen früher und heute. Früher hatten die Pfadfinder Genüge an ihrem klaren abenteuer-pädagogischen Auftrag und brauchten keine weiteren hochgesteckten Zielsetzungen. Haben sich diese alten Pfadfinderideale und –ziele abgenutzt und ist die Teilnahme der Pfadfinder Ausdruck für ihre ideologische Leere?

Auch die Wandervögel waren 1913 nur lockere, neugierige Gäste gewesen, eingeladen von den kleinen Gruppen damaliger Weltverbesserer. Dass aber nur Wandern, Singen, Natur und Romantik Freiraum und Neugierde für weitergehende ideologische Konzepte lassen, ließ sich in der Folgezeit erkennen, als die Wandervögel die Traditionserhaltung von 1913 übernahmen. Aber die Pfadfinder…?
 
Hat eine solche romantische, teilweise weltfremde und gleichzeitig ideell hochgesteckte Tradition überhaupt noch eine Zukunft? Schließlich beginnt der alte Wandervogelführer laut zu denken:
 
Der alte Wandervogelführer: Das ganze 100jährige Erinnerungstreffen kommt mir so unecht, so hohl, so aufgesetzt und überfrachtet in den Angeboten vor. Ist es wirklich noch Ausdruck der inneren Überzeugung dieser Gruppen oder macht man nur ein großes Treffen, weil man heutzutage gerne große Treffen macht? War die mehrjährige Vorbereitung auf dieses Treffen Ausdruck eines tiefen inneren Anliegens oder hat die Vorbereitung einfach nur Spaß gemacht?
 
Sokrates: Bei dem Treffen 1913 handelte es sich bei den damals leitenden kleinen Bünden um echte innere Anliegen, auch wenn diese Anliegen auch teils pathetisch und überzogen waren. Jetzt 2013 macht man ein Gedenktreffen aus Ehrgeiz aber nicht aus innerem Drang. Und auch die Teilnehmer damals und jetzt sind unterschiedlich. Die teilnehmenden Typen haben sich verändert. Diese verbissenen Reformtypen der Weltverbesserer auf der einen Seite und gleichzeitig diese lockere Unbeschwertheit der Wandervögel auf der anderen Seite habe ich beide jetzt nicht festgestellt.
 
Der alte Wandervogelführer: Mir ist das auch aufgefallen. Aber jede Gruppierung kann sich bezüglich der ihr zugehörigen Typen im Lauf von einem Jahrhundert wandeln – positiv und wie negativ. Man sollte solchen Wandel festzuhalten versuchen, einfach als historisch-soziologische Dokumentation, also auch einen eventuellen historischen Typenwandel bei den Bündischen
 
(Dann verlegen)
 
Ich habe das mal probiert…, aus meiner persönlichen Sicht heraus… Ich gebe dir das Ergebnis in einer etwas gekürzten Fassung zu lesen, ursprünglich gehörten noch einige erklärende Bemerkungen dazu… Es handelt sich um keine wissenschaftliche Darstellung, nur um ganz persönliche Feststellungen, und deshalb ohne Literatur und Fußnoten. Und sicher werden viele es anders sehen… Meine festgestellten Wandlungstendenzen sind nicht alle positiv… Aber auch das werden manche anders sehen… Ich habe weit ausgeholt, weil ich das Ganze aus anthropologischer Sicht sehe…
 
Er gibt Sokrates ein paar Blätter, auf die er seine Feststellung niedergeschrieben hat. Sokrates liest den Text. Er lautet:
 
1. Einleitende Standortbestimmung für diesen Beitrag
 
Die Wandervogelbewegung/ bündische Bewegung ist von ihrem Grundprinzip her eine einmalige, wertvolle mitteleuropäische sozio-kulturelle Erscheinung, die unbedingt in der Zukunft erhalten bleiben sollte. Sie hat für viele das Glück ihrer Jugend und auch noch des Erwachsenenlebens bedeutet und sollte das weiter bedeuten können.
 
Dieser Abriss befasst sich mit den menschlichen Typen und Charakteren, die die bündische Bewegung bilden und in sie einströmen, nicht oder nur am Rande mit ethisch-pädagogisch-psychologischen Aspekten, obwohl diese natürlich auch in einem anderen Zusammenhang ihr Recht haben behandelt zu werden.
 
2. Einige anthropologische Grundfeststellungen
 
Da in diesem Bericht kritisch die Natur der bündischen Mitglieder betrachtet wird, bietet sich als neutraler naturwissenschaftlicher Betrachtungsstandort die Anthropologie an.
 
Die typischen bündischen Lebensformen und Aktivitäten sind aus humanbiologischer Sicht dumpfe Erinnerungen an typische Steinzeit-Lebensformen, die als schemenhafte  Erinnerungen in genetischen Abdrücken fußen. Insofern sind sie keine abstrusen, albernen oder unreife Vergnügungen und auch nicht nur auf die Jugendzeit beschränkt, sondern haben in ausgewogenen Formen Gültigkeit für alle Altersstufen.
 
Die kleine Gruppe, das Umherschweifen nach Essbarem und nach geeigneten Lebens-umgebungen, die Geborgenheit der Höhle und der Sommerzelte, die einfachen Rhythmen der mystischen und suggestiven Klangfolgen und Gesänge, das Bedürfnis der Heran-wachsenden nach Bewährung und Abenteuer… haben in die moderne Zeit transponiert ihre Pendants. 
 
Der kleinen Steinzeithorde entspricht die bündische Gruppe; man schweift nicht mehr umher nach essbaren Pflanzen und Tieren, man sucht dafür die blaue Blume; der räumlichen Geborgenheit der Höhle entspricht die Geborgenheit des Zeltes/der Kothe; die Nächte am Steinzeitfeuer entsprechen der Romantik der bündischen Feuernächte; den rhythmischen Klängen der Steinzeitinstrumente und Steinzeittrommeln entspricht der bündische harte Gitarrenrhythmus… Diejenigen, die verächtlich die modernen lauten, primitiven und monotonen Musikveranstaltungen der Jugendlichen abwerten, vergessen, dass solche Veranstaltungen ihre Wurzeln in der lauten, einfachen Steinzeitmusik, in den monotonen Steinzeitgesängen und in den einfachen Steinzeittänzen haben. 
 
Humanbiologisch spielt in dieser Skizze das Phänomen Siebung eine zentrale Rolle. Während man unter Auslese den Wettkampf der Individuen in einer Population versteht, bei der die Unterlegenen untergehen oder von der Fortpflanzung ausgeschlossen werden, bedeutet Siebung eine Aufgliederung einer Gesamtgesellschaft je nach Interessen, Angeboten, Konstitutionstypen, Lebensbedingungen, Gesundheit usw. Denn die einzelnen Individuen einer Gesamtgesellschaft sind nicht gleichartig, sondern sind teilweise durch erhebliche  genetische und umweltabhängige Konstitutionsunterschiede gekennzeichnet.
 
Ähnlich hat es historische Siebungen und Siebungswandlungen bei der Wandervogelbewegung/bündischen Bewegung gegeben, so dass man sagen kann, dass die frühe Wandervogelbewegung und die heutige bündische Bewegung sich bei genauerem Hinsehen bezüglich der Typen ihrer Mitglieder unterscheiden.   
 
Nachfolgend soll der Text nach zielbewussten Fragen gegliedert werden:
 
2.1. Wie kam es zum spontanen Aufblühen der Wandervogelbewegung um 1900?
 
Deutschland wurde im 19.Jahrhundert zum kinder- und damit jugendreichsten Land Europas. Großbritannien hatte seinen Bevölkerungs- und Jugendüberschuss regelmäßig in seine Kolonien geleitet. Frankreich hatte seine Jugend in den Revolutionskriegen und napoleonischen Kriegen verbraucht. In Deutschland ermöglichte die aufblühende Industrie die Ernährung der wachsenden Bevölkerung und die Fortschritte in der medizinischen Forschung und Versorgung in Deutschland ließ die Kindersterblichkeit sinken. Deutschlands Bevölkerung verdreifachte sich von 1815 bis 1914, vor allem war das Städtewachstum auffällig.
 
Diese wachsende Bevölkerung und die wachsenden Kindermengen waren weitgehend aber in den städtischen Zentren gefangen. Das Verkehrswesen war nämlich noch zu wenig entwickelt und die Arbeitszeiten (einschließlich samstags, Ferien gab es keine) noch so lang, dass bei der nichtadeligen und nicht-wohlhabenden bürgerlichen Bevölkerung kaum Kräfte und Interessen für Reisen und Wandern an den Wochenenden vorhanden waren.
 
Gegen Ende des 19.Jhs. wurde das höhere Schulwesen erheblich ausgeweitet und immer höhere Anteile der Jugendlichen kamen in den Genuss von Ferien. Die Eisenbahnen sollten möglichst jede größere Ortschaft erreichen. Die städtischen Zentren wurden möglichst mit Ringeisenbahnen umschlossen, um die städtischen Randgebiete besser an die Zentren anzubinden. Und die Preise für Fahrkarten sanken. Das waren die technischen Rahmenbedingungen für den Start des Wandervogels.
 
Als dann der zündende, programmatische Name  „Wandervogel“ geprägt wurde, brach der Sturm der Stadtjugend, zuerst der Großstadtjugend, auf das grüne Umland los. Dass dann die Fahrtenziele immer weiter entfernt gewählt wurden, war ein Selbstläufer.
 
Dabei war es nicht so, dass die jungen Wandervögel ängstlich-verunsichert vor ihren autoritären Eltern und Lehrern in die Natur flüchteten, sondern sie entdeckten und erschlossen sich sehr selbstbewusst eine neue Welt und wurden dabei von einsichtigen Lehrern und Eltern unterstützt. Eine angebliche  damalige Fluchttendenz der jungen Wandervögel aus der Gesellschaft ist eine rückwirkend fehlerhaft interpretierte Vorstellung.
 
2.2. Welche Siebungen in Richtung Wandervogel gab es in der Frühzeit des Wandervogels?
 
In der Frühphase bis zum 1.Weltkrieg eigentlich nur eine geringe spezifische Siebung auf Oberschüler (Gymnasium, Realgymnasium, Oberrealschule), auf gesunde, wanderfreudige und naturinteressierte Jugendliche und auf junge Männer. Es muss hier darauf hingewiesen werden, dass der Terminus „Jugend“ um 1900 Heranwachsende etwa zwischen 16 und 24 Jahren umfasste. Wandern (es gab verschiedene Wandervereine wie z.B. Wandervogel, Bund der Wanderer, Fahrende Gesellen und Naturfreunde) wurde damals modern. Es gehörte fast zum guten Ton eines gesunden Oberschülers, eine zeitlang in einem dieser Vereine Mitglied zu sein.
 
Eine etwas erkennbarere Siebung bestand für den neu entstehenden Wandervogel. Hier war das musische und musikalische Element von Anfang an etwas stärker ausgeprägt, obwohl  weder Hermann Hoffmann-Fölkersamb noch Karl Fischer besonders musikalisch begabt waren und hervortraten. Aber es wurde jedenfalls von Anfang an viel gesungen, vielleicht weil auf die Volkskultur intensiver zurück gegriffen wurde. Die Vaganten-Orientierung von Karl Fischer beinhaltete das Singen, denn die frühneuzeitlichen Vaganten waren fahrende Schüler und Studenten, die sich in der semesterfreien Zeit mit Singen durchschlugen.
 
Zusätzlich war die ganze 2. Hälfte des 19. Jhs. über die Romantik lebendig und besonders die Figur des singenden Taugenichts von Eichendorff als amüsante Fiktion war den höheren Schülern bekannt und floss in die frühe Wandervogelbewegung ein.
 
Dieser frühe Schwerpunkt beim Wandervogel auf das Singen wirkte wiederum als eine Anziehungs-Siebung auf musikalisch begabte Wanderfreudige.
 
Gering war in der Frühphase des Wandervogels trotzdem noch der Zustrom von Individuen und Charakteren, die, angezogen vom Leitbild der frühneuzeitlichen Vaganten und des Eichendorff-Taugenichts, von lebenslanger Wanderschaft träumten und die bürgerlichen Werte, geregelte Arbeit und Familie, vernachlässigten. Die traditionellen soziologischen Leitbilder der wilhelminischen Zeit, ordentliche Arbeit und Familie, waren noch zu wirksam, um innerhalb des Wandervogels vom dauerhaften Vaganten-Typus gefährdet zu werden. Der Vagant und Taugenichts war damals nur ein schöner romantischer Traum-Typus und sollten auch nicht mehr sein. Das Motto hieß „Oh schöne Wanderburschen-Herrlichkeit“.
 
Karl Fischer, ein „Dauer-Wandervogel“ und „Dauer-Unsteter“ war noch eine Ausnahme, der Widerstand hervorrief. Er wurde, die wenigsten heutigen Bündischen beachten das, gerade wegen seines „Dauer-Wandervogelleben“ abgelehnt und wich diesem Konflikt nach China als deutscher Kolonialsoldat aus. Hans Breuer, der führende Wandervogel damals, hat ausdrücklich gefordert, dass das Wandervogelleben nach einer schönen Zeit wieder in das bürgerliche Arbeits- und Familienleben zurückmünden müsse.
 
Häufiger war von der ersten Stunde des neuen Wandervogels an die Anziehungssiebung auf Jugendliche/junge Männer mit dem Bedürfnis Jüngere oder Gleichaltrige zu führen, also auf adoleszente Führungscharaktere. Diese Siebungsgruppe selbstbewusster Führungs-Charaktere war für die schon bald nach der Entstehung des Wandervogels beginnende Aufsplitterung der neuen Bewegung mit verantwortlich.
 
Dieses Führungs-Interesse ist an sich noch nichts Negatives. Es kommt darauf an, welche zusätzlichen Wesensmerkmale bei den Trägern dieser Siebungs-Gruppe damit korrelieren. Wenn es Geltungsdrang, Wichtigtuerei oder übersteigertes Persönlichkeitsgefühl sind, dann ist dieses Führungsbedürfnis bedenklich oder negativ. Karl Fischer mit seinem autoritären Führungsstil wurde von den frühen Wandervögeln Cäsarismus-Verhalten vorgeworfen.
 
Wenn damit Pflichtgefühl, Feingefühl und persönliche Bescheidenheit korrelieren, kann man von nützlichen Führungscharakteren sprechen. Hans Breuer, der bedeutendste Wandervogelführer nach Karl Fischer, wurde von seinen Wandervogel-Zeitgenossen dagegen sehr positiv beurteilt. 
 
Führungsbedürfnis kann auch mit einer oder mehreren anderen Persönlichkeitsstrukturen kombiniert sein. Karl Fischer trug 3 anthropologische Wesensstrukturen in sich: das Führungsbedürfnis, den Wanderzwang und die Aussteiger-Bereitschaft aus der bürgerlichen Gesellschaft. Bei Hans Breuer war zusätzlich eine Siebung auf Musikalität erkennbar. Er und seine Heidelberger Bachanten-Freunde haben die eigentliche Wandervogel-Singekultur mit dem Zupfgeigenhansl begründet.
 
Für die allermeisten jungen Leute, die nach 1901 zum Wandervogel strömten, war die Wandervogelzeit eine schöne und nützliche Zeit. Sie lernten das einfache Leben in der Natur kennen, erwanderten mitteleuropäische Landschaften, kamen mit der Volkskultur außerhalb der städtischen Zentren in Berührung, entwickelten an historischen Stätten ein Gefühl für die Geschichte und deutscher Tradition, erlebten eine weitgehend klassenlose Fahrtengesellschaft usw., alles Erfahrungen, die den eigenen Horizont weitete und im späteren Leben zu gebrauchen waren.
 
Von der ersten Stunde der neuen Aufbruchsbewegung an war sie begleitet vom Interesse derjenigen, die über das damalige Erziehungssystem hinaus Vorstellungen hegten oder die mit dem damaligen Erziehungssystem nicht zufrieden waren. Es ist noch nicht ganz geklärt, inwieweit pädagogische Reformideen die neue Wandervogel-Bewegung mit auslösten, ob also z.B. Ludwig Gurlitt zusammen mit Hermann Hoffmann-Fölkersamb und Karl Fischer an der Wiege des Wandervogels in Steglitz standen.
 
Dabei umfasste dieses pädagogische Außenseiter-Interesse ab der ersten Stunde an alle Schattierungen, von ausgewogenen reformpädagogischen Vorschlägen bis hin zu obskuren, aufdringlichen Weltverbesserungsvorstellungen. Die Anziehungskraft dieser neuen, weitgehend autonomen Jugendkultur war für alle pädagogischen Außenseiter und Neuerer zu groß, um die neuen Inhalte alleine auf Wandern, Singen und Volkskultur begrenzt bleiben zu lassen.
 
Diese Anziehungssiebung der neuen, weitgehend autonom sich gestaltenden romantischen Wanderbewegung auf pädagogische Außenseiter und Außenseiter-Ideen war positiv und negativ zugleich/kann sehr positiv und zugleich negativ sein.
 
Positiv waren/sind neue Ideen neben den damaligen traditionellen Erziehungsvorstellungen und Erziehungspraktiken in Schule und Familie, die neue Offenheit für andere pädagogische Parallel-Modelle und die Bereitschaft zum Erproben solcher neuen Projekte. Bis heute sind neue pädagogische Impulse dieser Außenseiter-Pädagogen wirksam. Das war/ist eine der deutlich positiven Nebenwirkungen der neuen Wandervogelbewegung.
 
Negativ waren/sind die teilweise Überzogenheit, Verabsolutierung und Unrealität mancher Vorschläge und Ziele dieser Weltverbesserer und pädagogischen Missionaren, die nicht akzeptieren konnten/können und wollten/wollen, dass ihre Vorstellungen nur Angebote neben anderen sein können und dass die Verwirklichbarkeit ihrer Vorstellungen langfristig möglich sein muss. Das ist eine der Gefahren, die die Wandervogelbewegung bis heute begleiten.
 
2.3. Welche Siebungskriterien waren nach dem 1. Weltkrieg wirksam?
 
Nach dem 1.Weltkrieg war die Welt größer geworden. Der Krieg hatte Amerika, Asien und Afrika mehr ins Bewusstsein gerufen. Die früheren Wandervögel waren fast zur Hälfte im Krieg geblieben. Der Wandervogel nach 1918 bedeutete also einen gewissen Neuanfang. Als Motto entwickelten sich neben der bisherigen „Wanderburschen-Herrlichkeit“ zusätzlich „Ferne, Fahrten, Abenteuer“ und „Fahrender Ritter“. Man kann die neue die Richtung auch "Fahrenden Abenteurer-Sänger“ beschreiben, also als eine deutsche Massen-Variante der „Adventure-Singers“, die es schon immer in der Geschichte, meist nur in Einzelpersonen, gegeben hat. Zusätzlich entstand das „Bündische“ als eine Verbindung von vom reinen Scoutismus abweichenden Pfadfindergruppen und Wandervögeln unter der prägenden Dominanz des erweiterten Wandervogel-Erlebens und Wandervogel-Stils.
 
Diese beginnende Wandlung zum „globalen Abenteuer-Sänger“ war natürlich bei vielen auch mit einer Wandlung in der Einstellung zum bürgerlichen Leben verbunden. Immer mehr Bündische blieben in ihren Träumen von weiten Fahrten und Abenteuern gefangen, so dass die Rückkehr zum bürgerlichen Leben schwerer wurde und der Ausstieg aus der bürgerlichen Lebensweise sogar lebenslänglich erfolgte. Als Beispiele seien die Gebrüder Oelbermann und eine Reihe von Mitgliedern in dem von ihnen gegründeten Nerother-Bund genannt. Die Nerother bildeten gewissermaßen eine Vorreiter-Gruppe hin zum Leitbild des "singenden, fahrenden, romantischen, globalen Ritters".
 
Häufig blieb weiterhin die Anziehungs-Siebung auf Charaktere mit dem Bedürfnis, Jüngere zu führen. Das ausgeprägte Selbstbewusstsein solcher "Anführungscharaktere" war auch der Hauptgrund für die weitere Zersplitterung und die Neugründungen in der Wandervogelbewegung/bündischen Bewegung nach 1918.
 
Aber für die meisten jungen Leute, die nach 1918 zum Wandervogel/zur bündischen Bewegung kamen, war die Wandervogelzeit weiterhin eine schöne und nützliche Zeit, die vielen den eigenen Horizont weitete. Aber der Siebungs-Prozentsatz derjenigen, die an mehr oder minder Aussteiger-Fernweh litten und zu romantischen Traumwelten neigten, nahm zu und prägte schon teilweise das Bild einzelner bündischer Gruppierungen.
 
2.4. Welche Siebungs-Kriterien hin zur Wandervogelbewegung/bündischen Bewegung wurden nach dem 2.Weltkrieg wirksam?
 
Auch die Zeit nach dem 2. Weltkrieg war für diese romantische Bewegung ein Neuanfang. Zuerst griff man beim Wiederaufbau hauptsächlich auf die traditionellen Muster der Zeit nach dem 1. Weltkrieg zurück. Die Wandervogelmuster der Zeit vor dem 1. Weltkrieg traten an Bedeutung zurück, d.h. man wurde zunehmend bündischer. Aber auch gegenüber der Zeit nach dem 1. Weltkrieg zeigten sich bald Veränderungen in der Anthropologie der Mitglieder und in der Anziehungs-Siebung.    
 
Die bündische Lebenswelt wurde noch globaler, entfernte sich noch mehr vom deutschen Wanderraum und der mitteleuropäischen Volkskultur und die romantischen Traumwelten des ständig wachsenden Liederschatzes weiteten sich in Globalität und Historizität weiter aus. Man träumte sich zunehmend in die phantastisch-wirklichkeitsfremden Welten der Piraten, Seefahrer, Landsknechte, Wikinger, Ritter, usw. hinein, man verlegte den Groß-fahrtenraum zunehmend nach Norden und Süden und entdeckte die Lieder-Volkskultur der dortigen Bevölkerungen.
 
Immer noch wurde die Mehrzahl der jugendlichen und jung-adulten Mitglieder angezogen vom Wandern (Fahrten genannt), von der Lagerfeuerromantik, dem Klampfen und Singen, der Selbstgestaltung des Gruppenlebens und dem freundschaftlichen Verbund innerhalb der Gruppen. Sie kamen jetzt zunehmend nicht mehr nur aus dem wohlhabenden Bürgertum, sondern zunehmend auch aus dem niederen Bürgertum, der Angestelltenschicht und der Arbeiterschaft. Denn deren Freizeit nahm mit den sozialen Reformen zu. Die Anziehungs-Siebung siebte jetzt zunehmend auf romantisch-musisch veranlagte Jugendliche und auf solche, die eine neue Geborgenheit in der bündischen Gruppe suchten, weil die Familien daheim an Bindungskräften verloren. Denn diejenigen Jugendlichen, die wie vor dem 1. Weltkrieg hauptsächlich aus den Großstädten fliehen wollten, konnten das in der neuen Campingbewegung und mit den zunehmenden privaten Massenverkehrsmitteln leicht tun.
 
Aber gleichzeitig wuchs der Anteil derjenigen Bündischen mit Desinteresse am normalen bürgerlichen Alltag und mit einer genetischen Anlage auf Fernweh. Dazu waren die neuen Verlockungen der wirklichen oder angeblichen Reize der globalen Welt zu groß und die verpflichtenden Normen hin zu Arbeit und Familie nahmen zunehmend ab. Die Ausweitung des sozialen Netzes minderte gleichzeitig zunehmend die Bereitschaft zum Berufsleben und zur Familiengründung aus. So begann in der bündischen Bewegung ab der Mitte des 20. Jhs. der Anteil bündischer Träumern und jener Flair bündischen Vagantismus zuzunehmen, der Karl Fischer vorgeschwebt hatte, den aber seine damaligen Wandervogel-Zeitgenossen nicht mitgetragen hatten.
 
Jugendliche und Adoleszente mit labilen Persönlichkeitsstrukturen konnten deswegen bei entsprechend disponierten Gruppenführern auf labile, unsichere und nicht abgesicherte Lebensbahnen gelenkt werden. Die Mitgliedschaft in einer bündischen Gruppe konnte also zunehmend einen negativen entwicklungspsychologischen und soziologischen Lebenstrend bekommen und war nicht mehr nur als positiv und persönlichkeitsfördernd zu bewerten. 
 
Und manche Eltern, die hoffnungsvoll ihren Kindern/vor allem Söhnen nach 1950 den Eintritt in eine bündische Gruppe erlaubt hatten, waren später nicht mehr so zufrieden mit der Entwicklung und dem Lebensweg ihrer Kinder. 
 
Dazu kam, dass ab der späten Mitte des 20. Jhs. die aufblühende Folklore-Bewegung und politisch-systemkritische Vorstellungen in bündische Gruppen einzudringen begannen. Das hing u.a. damit zusammen, dass die Wandervogelbewegung/ bündische Bewegung bisher kein klares Konzept für die Älteren und Ehemaligen entwickelt hat, die den Kontakt zur so genannten „Jugendbewegung“ halten wollen. Für diese sind traditionelle Liedernächte und Fahrten "zu wenig" und so bot sich eine Bereicherung durch Folklore und Gesellschaftskritik an. Allmählich wurden dadurch innerhalb der bündischen Bewegung neue Segmente und auch Spaltungen wirksam, die wiederum neue Anziehungs-Siebungen wirksam machten.
 
Andererseits suchten Folkloristen und gesellschaftskritische Bewegungen nach neuen Werbungsfeldern und versuchten, die adoleszenten Bündischen als ein neues Klientel zu gewinnen. Folklore und gesellschaftskritische Richtungen konnten deshalb aus taktischen Gründen bündische Charakterzüge annehmen. Die bisherige bündische Unschuld "Unsere Fahrt geht ins Blaue, nicht ins Politische" ging dadurch teilweise verloren und sorgte für weitere  bündische Spannungen und Spaltungen.
 
Gleichzeitig stieg damit die Gefahr der ideologischen Beeinflussungen der Jugendlichen und Heranwachsenden innerhalb der bündischen Gruppen, was soziologisch nicht verharmlost werden sollte. Denn der Mensch ist ein für Beeinflussungen offenes Wesen. Kontinuierliche mentale Beeinflussungen im Jugendalter können leicht zu mentalen Dauer-Einstellungen im Erwachsenenalter verhärten. Die kleine, sich absondernde, schwer in ihren Aktivitäten zu kontrollierende bündische Gruppe ist ein ideales soziologisches Feld für Beeinflussungen. Die Protestbewegung der 70iger Jahre hat die bündischen Gruppierungen mit Erfolg als Agitationsräume entdeckt. Eltern, die die mentalen Einstellungen ihrer Kinder weitgehend selber bestimmen möchten, sollten, wenn sie ihre Kinder bündischen Gruppen anvertrauen, deswegen vorher Erkundigungen darüber einziehen, welche eventuellen Programme neben den bündischen Traditionen in dieser Gruppe gepflegt werden. 
 
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Altersstruktur der bündischen Bewegung wesentlich verändert. Der Anteil der Erwachsenen und Senioren hat erheblich zugenommen und in vielen Gruppierungen bilden Erwachsene und Senioren zahlenmäßig das Übergewicht. Es handelt sich überwiegend um alltägliche Erwachsene, die regelmäßig zur Entspannung in die romantischen bündischen Traumwelten wieder eintauchen möchten, aber auch um in ihrer bündischen Jugend Steckengebliebene, um soziologisch-pädagogische Missionare, um Aussteiger, manche harmlosen Sonderlinge und Wunderlinge und um Päderasten.
 
Das ruft nach einer organisatorischen Lösung dieser Generationen-übergreifenden Altersstruktur, die es generell nicht gibt. Die einfachste Lösung ist die große bündische Familie, in der alle Altersstufen gemeinsam an den meisten Veranstaltungen teilnehmen. Bei diesem Modell haben aber die Aussteiger, Missionare und Päderasten die geeignetsten Einfluss- und Zugriffmöglichkeiten auf die Jugendlichen.
 
Um diese Möglichkeiten zu verhindern und altersstufenspezifische Lebensformen und Programme zu verwirklichen, gibt es das pädagogisch sinnvollere Modell der Trennung in einen Jugendbund und einen Älterenbund und das gemeinsame Auftreten nur auf 1 bis 2 Veranstaltungen jährlich. Diese Struktur ist entwicklungspsychologisch richtiger.
 
Dann gibt es noch die Möglichkeit einer Mischform zwischen diesen beiden Alternativen, die teilweise auch schon praktiziert wird, bei der man sich zwar öfter im Jahr zu Generationen-übergreifenden Veranstaltungen trifft, aber sonst haben die Jugendlichen und Erwachsenen weitgehend eigene Programme. Dadurch wird das Bewusstsein für eine bündische Familie zwar erhalten, für kritische Erwachsene mit weiterführenden Absichten lohnt es sich aber nicht, sich näher mit den Jugendlichen zu beschäftigen.
 
Weiterhin wird versucht, den Jugendcharakter der so genannten „Jugendbewegung“ zu erhalten, indem Erwachsene als Ehemalige nur gelegentlich zu Bundes-Veranstaltungen zugelassen werden. Damit wird das Bündische zu einer reinen Jugendphase degradiert, was es vom anthropologischen Ansatz her nicht ist.
 
In diesem Zusammenhang ist es entwicklungsanthropologisch interessant, ab wann beim homo sapiens der Gegenwart eine solche Selbstständigkeit  bei den Heranwachsenden erreicht wird, dass man Jugend durch Jugend führen lassen kann, dass ältere Jugendliche also Gruppen von Jüngeren führen können. Nach den  entwicklungspsychologischen Erfahrungen ist der jugendliche Mensch biologisch vergleichsweise ein langer Nesthocker, der zwar in den letzten 100 Jahren im Zuge der Akzeleration körperlich rascher heranreift, aber vor allem seelisch ein Spätentwickler geblieben ist. Aber gerade für Führungsaufgaben ist der Grad der seelischen Reife von Bedeutung. Bei Organisationen,  wo es klare und inhaltlich eng eingegrenzte Aufgaben und Programmvorgaben für die Jugendgruppen gibt,  war/ist Jugend führt Jugend möglich, also z.B. bei der JH, wo stumpfsinniges Marschieren und vormilitärische Ausbildung zum Programm gehörten, oder bei Scoutismus-Gruppen, die durch die Schriften von Baden Powell, auf die Gruppenstunden übertragbare Programm-Schritte umsetzen können.
 
Bei den vom Programm her offenen bündischen Gruppen benötigt es eine größere innere Reife, um als älterer Jugendlicher oder junger Erwachsener eine Jugendgruppe zu führen. Diese ist nur bei einer Minderheit von Adoleszenten vorhanden. Die bündische Bewegung kann deswegen auf die Rolle von Erwachsenen als Gruppenführer und Betreuer nicht ganz verzichten. Der Illusion, es ginge im bündischen Bereich auch ohne die aktive Hilfe von Erwachsenen, muss aus anthropologischer Sicht deutlich widersprochen werden. Es muss aber darauf geachtet werden, dass sich keine Führer-Zwangstypen, Steckengebliebene, Weltverbesserer, Ideologen und Päderasten in diese Positionen eindrängen und das ganze sinnvolle System von erwachsenen Betreuern und jugendlichen Gruppen schwer belasten.
 
2.5. Wandervogel/bündische Gruppen und Päderastie
 
Wichtig ist festzuhalten, dass päderastische Interessen bzw. Veranlagungen isoliert von  anderen Gen-Merkmalen bei betreffenden Individuen vorhanden sind. D.h. es können Männer mit hochwertigen seelischen, charakterlichen und körperlichen Eigenschaften auch eine päderastische Anlage besitzen. Sie ist also kein Ausdruck eines schlechten Charakters, sondern einfach eine genetische Anlage innerhalb des individuellen Gen-Mixes.
 
Ein besonders idealer Raum für Päderasten ist die kleine, in die einsame Natur und in fremde Umgebungen sich zurückziehende bündische Gruppe. Es dürfte neben der Nudistenbewegung nur wenig andere Gruppierung geben, die in Päderasten solche Hoffnungen und konkrete Möglichkeiten wecken.
 
Deswegen hat von der ersten Stunde an die Wandervogelbewegung in dieser Richtung Veranlagte angezogen. Hans Blüher und Gustav Wyneken wurden neben anderen zu wissenschaftlichen Rechtfertigern dieser frühen Wandervogel-Päderastie. Das war insofern nicht ungewöhnlich, weil infolge des systematischen Aufbaues des altsprachlichen höheren Schulwesens in Deutschland mit Schwerpunkt auf dem Griechischen und der griechischen Geschichte damals eine gewisse Diskussion auch über das erotische Verhältnis zwischen Männern und besonders zwischen Jugendlichen und Erziehern im antiken Griechenland und die Übertragbarkeit auf die Moderne gerade unter einigen damaligen Reformpädagogen stattfand. Die Wandervogelgruppen schienen für einige Möglichkeiten für solche erotischen Freundschafts-Beziehungen zu werden. 
 
Da Päderastie in unserer Kultur strafbar ist (das ist richtig so, um die Sexualität möglichst natürlich sich entwickeln zu lassen und in sinnvolle kulturelle Bahnen zu lenken) mussten/ müssen sich Päderasten in der Regel tarnen. Der Zugang zu einer bündischen Gruppe ist z.B. als einfaches Mitglied (wenn es sich um eine familiäre bündische Struktur handelt), als aktiver Unterstützer bei den Fahrten und Lagern oder als Gruppenführer möglich. Wenn es gelingt, das langfristige Vertrauen und die Zuwendung der Jugendlichen zu gewinnen, kann sich ein Päderast allmählich um körperliche Kontakte bemühen. Bei solchen Annäherungen helfen regelmäßiger Saunabesuch, regelmäßiges Nacktbaden und Nacktwandern mit dieser Gruppe. Zusätzlich muss an das Mitgefühl der/des betroffenen Jungen appelliert werden, Stillschweigen zu bewahren, weil sonst der verehrte Führer/der geschätzte Erwachsene bestraft würde.
 
In diesem Zusammenhang sollte man unterscheiden zwischen wahlloser Päderastie mit Knaben und längeren erotischen Beziehungen zwischen einem Erwachsenen und einem älteren Jungen ab 16 Jahren. Wenn es sich hier um eine Liebesbeziehung dauerhafter Art handelt, könnte eine Tolerierbarkeit möglich sein. Gegenüber denjenigen Päderasten, die permanent auf der "Knabenfährte" sind und weder auf Alter noch auf Anzahl achten, sollte das Strafrecht voll angewendet werden, auch wenn sie sich noch so jugendfreundlich und Gruppen-engagiert verhalten.  
 
Die meisten Päderasten dürften bezüglich ihrer Anlage keine echten Schuldgefühle haben. Ihre Hauptsorge gilt dem "Nicht-erwischt-Werden". Häufig fühlen sie sich sogar als die besseren Führer/Pädagogen, weil sie nach altgriechischem Modell eine Freundschaft auch sexueller Art zwischen einem Mann und einem Jungen als pädagogisch wertvoller und inniger erachten als zwischen Mann und Frau, bei denen es nur um die reine Fortpflanzung gehe. Päderasten und bündische Gruppen mit päderastischem Gruppenklima haben sich deswegen häufig auf Alt-Griechenland/Hellas berufen.
 
Teilweise genügt es Päderasten auch, wenn sie Knaben nur nackt in Sauna, beim Baden, am Strand oder beim Nacktwandern sehen. Wenn eine solche, rein optische Befriedigung nicht zu häufig und dann dezent erfolgt, so dass sich die Jugendlichen nicht belästigt fühlen, sollte darüber kein großes Aufheben gemacht werden.
 
Was letztlich gegen Päderasten in bündischen Gruppen bleibt, sind scheinbar also die einfachen Methoden „Anzeigen, Wegsperren und Kontaktverbote mit Jugendlichen“.
 
Aber halt! - Ganz so einfach ist die Problematik nicht. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass päderastische Anlagen unabhängig von den übrigen genetischen Merkmalen verteilt sein können. Es handelt sich also bei solchermaßen Veranlagten nicht immer um schlechte Menschen, sondern um Menschen mit einem isolierten soziologischen Entgleisungs- und Gefahrenpotential. Eine solche negative Veranlagung kann bei sonst wertvoll Veranlagten unter bestimmten Bedingungen sogar positive Wirkungen als Lehrer, Führer, Pädagoge usw. zur Folge haben. Wenn solchermaßen Veranlagte die Grenze zwischen innerem Empfinden und Umsetzung in die Praxis nicht überschreiten, spricht man von platonischer Zuneigung - wobei weder Plato noch sein Lehrer Sokrates im toleranten antiken Athen völlig "platonisch" gewesen sein dürften. Wie viele der großen Pädagogen und Lehrer dürften sich dieser "platonischen Spannung" in sich bewusst gewesen sein oder wie viele wurden durch sie unbewusst motiviert?
 
Wenn es z. B. gelingt, solche päderastisch veranlagten Führer und in Gruppen sonst wie tätige Päderasten dazu zu bringen, aus Einsicht und Verantwortung die Grenze zwischen der inneren Anlage und der ersehnten Praxis dauerhaft nicht/nicht mehr  zu überschreiten, dann könnte daraus für die Gruppierung ein Gewinn erwachsen, ein Gewinn an Fürsorge, Engagement, Ideen, Bemühen usw. Denn solche rein platonischen Päderasten dürften in ihrem Engagement und in ihrer Fürsorge für Jugendliche nur selten übertroffen werden.
 
Möglicherweise künftige platonische Päderasten sollten deshalb nicht als Täter, sondern als Einsichtige, Gebesserte, als Neu-Anfangende behandelt und ihr Engagement und Potential genutzt werden. Bei Rückfälligkeit muss dann allerdings als Mindestkonsequenz der klare Weg der Trennung eingeschlagen werden. Gegenüber denjenigen Päderasten, die sich nur als „Knabenjäger“ auf der reinen "Knabenfährte" bewegen, sollten zu keiner Zeit Rücksicht gezeigt werden, die Gruppe sollte von ihnen befreit und der Rechtsweg eingeschlagen werden.
 
3. Sind bündische Gruppen weiterhin für Jugendliche empfehlenswert? 
 
Man kann weiterhin den Eintritt von Jugendlichen in bündische Gruppen sehr empfehlen. Es wäre entwicklungs-psychologisch nützlich, wenn möglichst viele Jugendliche (Jungen wie Mädchen) für einige Zeit in bündischen Gruppen wären. Denn in bündischen Gruppen wird das Natur-Erkennen gesteigert entfaltet, die Stille intensiver erlebt, die innere Sensibilität gesteigert, das Musische und Musikalische mehr entwickelt, das romantische Empfinden vertieft und das Zusammenleben mit anderen besser geübt.
 
Aber es sind dazu einige Voraussetzungen zu beachten:
- Dass keine Aussteiger-Mentalitäten die jugendlichen Mitglieder negativ beeinflussen;
- dass keine übersteigerten und abstrusen Weltverbesserer diese Gruppen zu beeinflussen versuchen;
- dass die Jugendlichen nicht offen oder geschickt zu einseitigen politischen oder religiösen Richtungen hin konditioniert werden;
- dass praktizierende Päderasten konsequent entfernt worden sind.
 
Eltern sollten sich deswegen über die betreffende bündische Gruppierung Informationen verschaffen und alle bündischen Gruppen sollten offen nach außen mit Eltern, Schulen und Jugendämtern zusammen arbeiten. Eine Flucht in die Heimlichkeit, die Unbeobachtetheit sollte vermieden werden.
 
Sokrates (gibt den Text zurück): Du hast in der Tat weit ausgeholt, dadurch wird deine individuelle Sichtweise deutlicher… Du solltest deinen Beitrag wirklich eindeutig als individuellen Beitrag kennzeichnen, so als eine Art weniger häufigem Diskussionsbeitrag… Widerspruch wirst du sicher bekommen, jedoch vielleicht wirst du auch manchen zum kritischen Nachdenken anregen… Ich gebe dir in vielem recht… Aber der Text ist lang und ob ihn deshalb viele lesen werden, bezweifele ich. Zeige ihn trotzdem anderen, auch wenn sie sich nur an flüchtig gelesenen Passagen stoßen werden.
 
Der alte Wandervogelführer: Du machst mir Mut, ich werde ich es wagen, meinen Text auch anderen zu zeigen. Unbequeme Denkweisen verlangen Mut und den lernt man ja am besten von dir.
 
Damit stehen beide auf, denn der Regen macht den Aufenthalt im Freien auch unter einem Vordach ungemütlich.
 
(Verfasst von discipulus Sokratis, der auch das Meißner-Lager kurz besuchte und ebenfalls den Text zu lesen bekam)  
 
 
 
 
 
 
 
 

 

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