Birgit Kleinfeld

Leuchtfeuer , Teil 1



21.03.196..
„Mein Liebster,
dieses kleine Abbild „unseres“ Turmes, soll dir sagen, welche Schachzüge das Leben auch für dich bereithält, wohin die Wogen des Schicksals dich auch tragen - wie ein Leuchtturm den Schiffern den Weg nach Hause weist, so werde auch ich immer da sein für dich, dir ein Licht im Dunkeln sein, dich finden, wenn du noch suchst ...“
Daniel legte das vergilbte Stück Papier zurück vor sich auf den Gartentisch. Er betrachtete die Schachfigur, einen der weißen Läufer. Die Figur war detailverliebt im Stil eines Leuchtturms bemalt worden: Der abgerundete obere Teil wirkte haargenau wie die Plattform eines echten Leuchtturmes samt Brüstung, signalrotem Dach und der nach allen vier Himmelsrichtungen leuchtenden Lampen Daniel musste schmunzeln, die Absenderin, dieser Liebeserklärung, war offensichtlich keine Schachspielerin, denn sonst hätte sie doch einen Turm genommen, um einen Turm zu symbolisieren. Oder hatte sie ihn gewählt, weil er irgendwie ein Phallussymbol war? Traumverloren strich er über die alte Seemannsjacke, in deren tiefen Taschen er die Figur, mehrere Briefe und eine kleine Zigarrenkiste mit liebevoll gehüteten Erinnerungen, wie Steinen, halb zerbrochenen Muscheln und Ähnlichem gefunden hatte. Die Jacke selbst, hatte er hier in der Walachei wie Johannes es nennen würde, in dem Trödelladen eines alten Mannes gefunden. Eines Seebärens, wie er allen herrschenden Klischees nicht besser entsprechen konnte. Sie hatte ordentlich in eine Kleiderhülle gepackt in einer großen Kiste gelegen, und ihn magisch angezogen. Der Preis war ihm überteuert erschienen, doch jetzt, da er so langsam ein Geheimnis nach dem anderen entdeckte …
 
Nach einem weiterem Schluck Bier las er weiter: „Ich wünsche dir so sehr, dass du in ihren Armen so glücklich wirst, wie ich es in den deinen immer war. Noch immer spüre ich deine sanfte Berührung auf meiner Haut, habe seit Tagen keine Feuer mehr gemacht, aus Angst, die Wärme nähme deinen Geruch, der immer noch in der Luft hängt mit fort und ließe mich zurück allein und leer. Heute ist Frühlingsanfang, doch in meiner Seele ist tiefster Winter. Ach, kämst du doch zu mir zurück. Macht sie dich auch glücklich? Ist ihr Vater gut zu dir. Ach, alles, Liebster, wirklich alles möchte ich wissen. Doch mit dem Turm trägst du auch meine ganze Liebe bei dir- und meinen Schutz.
Ich küsse dich, L.“
„Noch jemand, der unglücklich liebt.“ Daniel sah hinaus aufs Meer. In der Ferne sah er einen Leuchtturm, weiß mit roter Galerie. Ob das wohl der Turm von L. und ihrem Geliebten war?
 
02.04.196..
„Mein Liebster,
heute ist er also da, der schwärzeste Tag in meinem Leben. Du hast ihr dein „Ja-Wort gegeben, dass du mir in deinem letzten Brief noch einmal schriebst, du liebtest nur mich macht den Schmerz noch größer, zerreißt das Herz mir umso mehr. Es ist Abend, ich sitze hier im flackernden Licht unseres Turms. Großvater liegt krank im Häuschen nebenan in unserer guten Stube. Auch sein Herz schmerzt, wenn auch aus anderem Grunde. So zünde ich das Leuchtfeuer heute an, schaue in die Richtung, in der ich dich vermute und weine. Was machst du jetzt? Tanzt du noch mit ihr, oder liegt sie bebend schon in deinen Armen, machst du sie ganz zu der deinen gerade jetzt? Sicher gerne bei dir. Wie kann sie es auch nicht genießen, wie kann sie nicht immer mehr und mehr Liebe und Zärtlichkeit wollen von dir, der mir den Himmel auf Erden gab. Auch wenn es nun die Hölle ist. Und du? Findest du bei ihr, was ich dir nicht geben kann? Ich wünsche sie mach dich glücklich. Ewig. Und wünsch euch beiden zur Hölle. Für immer.
Und für mich wünschte ich mir ich wäre tot, L.“

12.04 196…
„Mein Liebster,
du nennst mich „dein Licht“ und das möchte ich dir auch gern sein, doch gelingt mir dies auch wirklich aus der Ferne? Heute ging ich ins Dorf, der Großvater wollte Bier und Zigaretten, er ist immer noch sehr schwach und ich hatte ihm aus der Stadt nichts von dem Gewünschten mitbringen können. Wie sehr genoss ich den Sparziergang durch den Wald, sog ihn ein Duft nach Moos, Kiefern und Meer …“ (Daniel konnte nicht anders als es ihr von seinem Platz vor seiner kleinen, gemieteten Kate aus, gleich zu tun) „...Der Empfang im Laden von Frau Kruse kam mir ein wenig kühler vor als sonst. Theresa war auch da, sie herzte mich und hakte sich unter, und als die alte Hansen nicht aufhören wollte, davon reden, wie glücklich du doch sein müsstest als Ehemann einer so schönen und reichen Frau, zog sie mich aus dem Geschäft. Ach, Liebster, liebte ich Frauen, ich würde deine Schwester vom Fleck weg heiraten. Die gute Seele begleitete mich nach Hause dort gab sie mir deinen Brief, der mich so traurig macht. Ach könnt ich dir doch Mut machen, dich lieben und schützen. Du hast ihr das „Ja“ verweigert, bist geflohen, aber nicht zurück zu mir, sondern hinaus zur See du willst niemand als nur mir gehören, schreibst du, und entschiedest dich für die See, deren Unberechenbarkeit du leichter ertragen könntest, als die Gewissheit nie der meine sein zu dürfen. Ich will nicht mehr daran denken. Für mich bist du längst der meine.
Ab heute werde ich jeden Abend. Das Leuchtfeuer entzünden, immer zu der dir bekannten Zeit. Ich werde es entzünden und an dich denken, hoffend du denkst zur selben Zeit an mich, sodass wir uns treffen. Irgendwo fern und uns nah dann sind. Ich hier in der Heimat du weit in der Ferne auf einem Schiff. Einem Schiff, von dem ich hoffe, einst bringt es dich doch zu mir, und ein anderes uns dann dorthin, wo wir geborgen sind. Gemeinsam. Immer. Theresa drängt. Sie muss gehen und will sie dir diesen Brief doch noch heute schicken.
Ich küsse dich, ich liebe dich, L.“



 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.10.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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