Alexander Vogt

Bei Survivaltour auf Sinnsuche

Ein Anspiel zum Gottesdienst, Thema: Warum werde ich nicht satt/Sinnsuche
Ihr dürft es gerne kopieren und nachspielen ;-)

Achim ist        A
Eric ist            E
Peter ist           P
 
Requisiten:
Ein paar Zweige, drei Monturen Outdoor Klamotten
 
Die drei Männer sitzen um den Haufen Zweige, die wie ein Lagerfeuer aufgeschichtet sind.
 
A:        Seit neun Stunden sitzen wir jetzt schon hier bei völliger Dunkelheit im Regen. Und  
            allmählich wird es kälter. Saukalt, um genau zu sein.
E:        Windig ist es auch. Sonst könnte man das Rudel Wölfe, dass uns seit vorgestern folgt
            besser orten.
P:         Ich habe mich selten so lebendig gefühlt.
A&E:  (zustimmendes Gemurmel)
P:         Mag noch jemand von diesen Wurzeln Essen? Letzte Chance, sonst esse ich sie.
A:        Nein danke.
E:        Verzichte.
P:         Na gut. Ich wollte nur sichergehen (steckt sich was in den Mund, kaut und spricht
            dabei) Man könnte meinen, dieses zähe, knorrige Zeug mit dem Geschmack von in         Iltispisse gewaschenem Uhugewölle wäre ungenießbar. Tatsächlich aber ist es recht            nahrhaft. (Pause) Wenn es im Magen bleibt, meine ich jetzt.
A:        Ja, es ist wirklich großartig hier draußen. Unter freiem Himmel.
E:        (fortführend) Auf unserem dreiwöchigen Survivaltrip.
P:         (mit vollem Mund) auf den wir nur das Nötigste mitgenommen haben.
A:        Da lebt man so richtig auf.
E:        Und fühlt es, was es heißt, Mensch zu sein.
P:         (immer noch kauend) Was es heißt frei zu sein. Nur zusammen mit den Elementen und   der Natur und so. Krasse Sache.
A:        Wir sind Glückspilze, dass wir hier sein können. Es ist eine Gnade.
 
(Schweigen)
 
E:        Ich spüre meine Zehen nicht mehr. (Pause) Seit dem Aufstehen. Habe aber noch nicht    nachgesehen, was los ist. Mein Hintern brennt von den Blättern, mit denen wir sie          abwischen und ich habe überall Ausschlag von den Beeren gestern.
P:         Ich muss pausenlos an Kartoffeln denken. Alt, mit Pelle und Warzen, sei es drum.          (schwärmerisch) Gekochte Kartoffeln! Und altbackenes Brot dazu!
A:        (mit belegter Stimme) Mir kommen die Tränen, wenn ich an meine Kinder denke und     wie sehr ich ihre zeternden, zornigen und ewig zankenden Stimmen vermisse. Und das      vertraute heimelige Nebenhorn meiner Frau, wenn sie alle zusammenstaucht.
 
(Schweigen)
 
E:        Warum sind wir noch einmal hier?
P:         Um an die Grenzen zu gehen.
E:        Die Grenzen wovon?
A:        Wir sind hier, um mehr zu erleben, als das ewig Gleiche, Tag für Tag.
E:        Im Fernsehen käme jetzt gleich die Tagesschau, wie jeden Tag.
 
(Kollektives Seufzen)
 
A:        Aber jetzt sind wir hier, um unsere Sehnsucht nach mehr zu stillen. (an P) Du, Peter,       du hast eben doch selbst gesagt, dass du dich selten so lebendig gefühlt hast! Gib es             zu!
P:         Wenn einem jede Mahlzeit zweimal durch den Kopf geht, beim zweiten Mal in   verkehrter Richtung, fühlt man sich eben lebendig. Und wenn man statt Schlaf nachts           den Wölfen zuhört und sich ihre Zähne in seinen Eingeweiden vorstellt, spürt man      eben, wie lebendig man gerade noch ist.
E:        Was haltet ihr davon, wenn wir uns austauschen? Ich meine: warum jeder von uns          wirklich hier ist. Warum wir uns gerade die edelsten Teile abfrieren. Warum uns eine         hungrige Meute Steppenwölfe fressen will. Und warum unsere Speisekarte so frugal      ist, dass selbst ein militanter Vegetarier uns für Fanatiker hielte.
A:        Das stimmt nicht ganz. (Zeigt auf E´s Mund) Ich sehe da noch ein Käferbein von           deinem Frühstück!
E:        Oh, Entschuldigung! (Wischt es weg) Aber dass ist nicht der Punkt! Tauschen wir uns   aus, ich mache den Anfang! Hallo, ich bin Eric.
A&P:   (synchron, mit Singsang, wie bei einer Selbsthilfegruppe) Hallo, Eric.
E:        Ich habe mich zu diesem Survivaltraining entschieden, weil ich schon alle anderen          Nervenkitzel durch habe. Ich war Bungeespringen an der Golden Gate Bridge,                       Drahtseilturnen über den Niagara Fällen, Hochseeangeln auf dem Pazifik,       Fallschirmspringen über der Antarktis, Bergsteigen und Traversieren in den Anden,            Canyoning in den Rocky Mountains, Caving in den größten unerforschten Höhlen          Chinas, mit den Haien Tauchen am Great Barrier Reef... und scharf indisch Essen in Bottrop im Ruhrpott. Wobei ich bei letzterem fast gestorben wäre. Magen auspumpen   und drei Wochen Intensivstation, sage ich nur!
P:         (beeindruckt) Krass, Alter! Bei mir ist es anders und doch ganz ähnlich! Ich bin Peter.
A&E:  (s.o.) Hallo, Peter.
P:         Ich habe bei der Suche nach einem erweiterten Bewusstseinszustand, einem höheren      Selbst so ziemlich jeden Trip durchlebt, den man für das Erbe seiner Eltern kriegen   kann. Angefangen habe ich mit den weichen Sachen, Nikotin, Gras und Alkohol.             Später kamen Speed, Kokain und Crystal Meth hinzu. Den schärfsten Trip hatte ich einmal mit Meskalin und LSD. Da bin ich in meinen Exkrementen aufgewacht und         meine Wohnung war frisch tapeziert (Pause). Mit Salami-Tiefkühlpizzen aus dem          Supermarkt!
E:        Von Dr. Oetger?
P:         Nee, nur die vom Lidl, halb so wild. Aber selbst die könnte ich jetzt verputzen!   Halbgefroren!
A:        Dann bin ich wohl an der Reihe. Ich bin Achim.
E&P:   (wie ehedem) Hallo, Achim.
A:        Bevor ich geheiratet habe, suchte ich das Glück in den Schößen der Frauen. Weltweit.   Habe alle Nationen durch. Weiße, schwarze, gelbe, rote, kakaobraune, ockerfarbene.   Allein in Dubai konnte ich die halbe arabische Welt durchnehmen. Dann Thailand, der       Osten, Afrika... was seht ihr mich so an? Hab´ ich was Falsches gesagt?
E:        (abwinkend) Nein, nein, es ist nur alles so betrüblich! Womit man die Leere auch zu       füllen sucht, man wird irgendwie nie satt!
P:         Welche Leere?
E:        In der Seele.
P:         Mann, bist du tiefgründig, Mann! Krass. Seele und so!
A:        Ich bin es so Leid! Seht uns an! Wir haben unabhängig voneinander alles Kitzelnde        ausprobiert und jetzt sitzen wir einhellig hier im Schlamm - um ein vom Regen   ersticktes Feuer aus feuchtem Holz herum. Was haben wir falsch gemacht? Ich meine:    Wir haben es doch echt versucht, oder? Lebenssatt zu werden, meine ich!
P:         Ja, das Leben habe ich wirklich inzwischen gründlich satt! Alter! Wenn wir hier mit        heiler Haut rauskommen, geht es gleich nach Holland, da quarze ich mir die Birne      weg, bis ich alles vergesse!
E:        Vielleicht mache ich irgendwann den Möllemann. Falschschirmspringen mit                   Endstation Rorschachtest für die Pathologen. Gibt Schlimmeres.
A:        Seit neun Stunden sitzen wir jetzt schon hier bei völliger Dunkelheit im Regen. Und  
            allmählich wird es kälter. Saukalt, um genau zu sein.
P:        Und windig ist es auch.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.10.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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