Norman Möschter

Von Schatten zu Schatten


Es war schon spät. Die Straße war schlecht beleuchtet. 
Trotzdem ging er sie nicht gern. 
Völlige Dunkelheit war ihm lieber. Wo man die Hand vor Augen nicht mehr sah. 
Oder Nebel. Ganz dichter Nebel. 
Am besten nachts. 
Er mochte die Nacht.
Sonst hätte man ihn doch sehen können. Das wollte er nicht. Dass man ihn sah.
Ihm gefiel nicht, wenn man ihn sah.
Dann spürte er die Blicke, die ihn durchbohrten. Spürte sie stärker als sonst.
Und fragte sich warum, dachte viel nach. Und er fand, das sei überflüssig. Viel nachdenken. 
Über so etwas. Nein. Nein, das war wirklich nicht nötig. 
Deswegen lief er von Schatten zu Schatten, vorbei an den schwachen Lichtkegeln der Straßenlaternen. 
Ab und an blieb er stehen und hob den Kopf. Ganz schwach vom schwachen Licht der Laternen erleuchtet.
Kaum zu erkennen. Und doch da.
Er konnte Sterne sehen. Eine ganze Menge. 
Sie flogen da oben, sie schwebten. Jeder an seinem Platz. Das gefiel ihm. 
Jeder für sich. In der Dunkelheit.
Wie er hier auf der Straße.
Einer leuchtete kaum. Kaum zu erkennen. 
Das war er selbst. Das erkannte er sofort.
Jeder für sich.
Und er mittendrin.
Und rundherum alles dunkel und leer.
Im Dunkeln war er weniger da. 
Er ging weiter. Von Schatten zu Schatten.
Und blieb wieder stehen. Er hob den Kopf und dachte nach.
Im Dunkeln war er weniger da. 
Das war schön. Das war die Wahrheit. 
Er dachte weiter.
Wäre er da oben, ein Stern. 
Wäre er einer von ihnen. 
Dann müsste er nicht mehr so viel denken. Dann wäre einfach alles. Und alles wäre einfach.
Und es wäre immer dunkel.
Und er würde sein Licht ganz ausschalten, wenn er eines hätte.
Völlige Dunkelheit. Und allein. 
Jeder für sich.
Er ging weiter.
Schatten, Schatten.
Schatten.
Er blieb erneut stehen.
Hob den Kopf und suchte seinen Stern. 
Am liebsten wäre er zu ihm geflogen. Ganz hoch. Bis zu ihm. 
Er träumte. Suchend.
Da. Da war er. Sein Stern.
Alles dunkel und leer um ihn herum.
Und er mittendrin. Kaum zu erkennen. Ganz schwach erleuchtet.
Er stand noch ein wenig länger so. Um ihn alles ruhig.
Dann schloss er seine Augen. Drückte sie ganz fest zusammen. Ganz fest.
Dunkel.
Im Dunkeln war er weniger da. Niemand war da.
Er breitete die Arme aus.
Nur um das Gefühl zu haben. Das Gefühl vom Fliegen.
Auf und ab. 
Er träumte.
Auf und ab die Arme. Augen fest geschlossen.
Ein Traum vom Fliegen. In völliger Dunkelheit und Leere.
Er flog weit hinauf. 
Auf und ab. Sein Licht ganz schwach.
Kaum zu erkennen.
Auf und ab. 
Plötzlich stoppte er. Und stand da.
Seine Arme hingen kraftlos an seinem Körper herab.
Das Kinn auf der Brust. Auf und ab die Brust.
Da stand er.
Er war eben kein Stern.
Auf und ab.
Er war kein Stern.
Er atmete tief ein.
Auf.
Und atmete aus.
Ab.
Und er öffnete seine Augen.
Und da war keine Dunkelheit. Keine Dunkelheit mehr. 
Keine Leere. 
Da war nicht mehr nichts um ihn. Keine Leere mehr. 
Kein Schatten, kein Schatten.
Da war Licht. 
Sein Licht war da. 
Er hatte es nicht ausgeschaltet.
Sein Licht.
Und er war mittendrin.
Er war da.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Norman Möschter).
Der Beitrag wurde von Norman Möschter auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.10.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Norman Möschter als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Die Trilogie der Phönix 1 (3 Bände) von Saskia Burmeister



Spannend, phantasievoll, auch für Kinder, die ansonsten nicht gern lesen! Die Bücher können auch vorgelesen werden. Die Sprache, in der sie verfasst sind, wird kein Kind überfordern. Die Bücher enthalten zudem viele Bilder, die die Autorin selbst gezeichnet hat.

„Start frei Phönix 1“ ist der erste von insgesamt drei Teilen, in denen es um ein Raumschiff, die Phönix 1 und deren Besatzung geht. Die fünf Mitglieder der Crew reisen mit ihrem superschnellen Raumschiff sozusagen als Raumpolizei (später als Forscher) durch das All. Dabei erleben sie viele Abenteuer. Auch geht es um eine Liebesgeschichte zwischen zwei Crew-Mitgliedern. Warum diese allerdings von der einen Seite nicht erwidert wird, soll vorerst noch ein Geheimnis bleiben. Nur eines soll verraten werden: Wer in der Vergangenheit „wühlt“, kann auf etwas treffen, das nicht nur unglaublich, sondern auch erschreckend sein kann.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Lebensgeschichten & Schicksale" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Norman Möschter

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Mädchen von Norman Möschter (Zwischenmenschliches)
Die Hilfe der Sophie von Pit Staub (Lebensgeschichten & Schicksale)
Kriegsverbrechen von Paul Rudolf Uhl (Krieg & Frieden)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen