Ein Jahr älter. Ein willkürlich gewählter Zeitraum. Vier Jahreszeiten sind darin verarbeitet. Der Frühling des Lebens mit den jungen Hunden, die umeinander Tollen, der Sommer, der uns die Birne wegbrennt und den Schweiß aus den Poren treibt, der Herbst mit seiner runzeligen Haut und den ausgefallenen Haaren und dann der Winter, bei dem nichts mehr geht, alles eingefroren, Gefrierbrand allerorten.
Mein Geburtstag liegt tatsächlich noch im Frühjahr. Der Kreislauf der Jahreszeiten entspricht so auch meinem Jahresrhythmus. Mein Geburtstag ist so auch der Startschuß für das Erleben des neuen Jahres. Das beginnt zwar laut Kalender viel früher, bereits im Januar, zumindest in unserer abendländischen Kultur, aber der Beginn ist willkürlich mitten in den Winter gelegt worden. Bei den Chinesen fängt das Jahr immerhin erst im Februar an.
Ob ein Jahr, ein Monat, ein Tag, die Zeit fließt voran, nicht zurück, mein Körper wird mit jeder Sekunde eine Sekunde älter. Manchmal verschwende ich die Sekunden mit Nichtstun. Schaue aus dem Fenster, trinke einen Schluck Kaffee und lasse die Zeit verstreichen. Kein Buch das ich lese, kein Fern sehen, einfach nichts tun, kein Konsum. Und an anderen Tagen hetze ich von einen Termin zum anderen, bin fix und fertig aber zufrieden erschöpft ob der geleisteten Arbeit. Und ich frage mich nun, welche der beiden Sekunden besser verwendet wurde? Vielleicht hatte jede der Sekunden, jeder Zweck seine Berechtigung.
Nun fahre ich mit dem Zug über eine Eisenbahnbrücke. Der Fluß fließt unter mir von Süd nach Nord, immer mehr Wasser geht in Richtung Meer. Eigentlich müsste das Meer irgendwann mal voll sein und überlaufen. Davon habe ich aber noch nie gehört. Aber das Wasser fließt auch nicht bergauf? Wie die Sekunden fließt es nur in eine Richtung. Irgendwo steht ein großer Sekundenbehälter bereit und sorgt dafür, daß der Nachschub neuer Sekunden nicht abreißt.
Es gibt ja die Theorie, daß die Zeit als eine weitere Dimension erst mit dem Urknall entstanden ist, daß es vorher gar keine Zeit, keine Alterung gegeben hat und erst mit der Ausdehnung des Weltalls auch eine zeitliche Komponenten entstanden ist. Sehr abstrakt, aber nachvollziehbar.
Dazu kommt die Relativitätstheorie mit einem gekrümmten Raum-Zeit-Kontinuum. Es kann also passieren, daß wir trotz des Alterungsprozesses immer jünger werden, weil wir uns als Geisterfahrer auf der Gegenspur befinden und unserem eigenen Leben entgegen fahren. Botox ist da gar kein Thema mehr.
Wenn ich mich allerdings so ansehe, merke ich den körperlichen Zerfall an wenigen Stellen, er ist bereits vorhanden. Schrumpelige Hände, Haare an den Ohren, durchlöcherte Zähne - anscheinend nichts Umkehrbares dabei. „It´s like dancing in the sun, and we are having fun, have an easy day“ tönt es aus dem Kopfhörer und ich bin durchaus zufrieden so gechilled bei strahlendem Sonnenschein im Zug zu sitzen. Nichts tut weh, kein Hunger, gute Musik. Schaue aus dem Fenster, trinke Kaffee und lasse die Landschaft an mir vorbeiziehen. Auch der Zug fährt vorwärts, nie zurück. Der Zug hat einen Zielbahnhof. Das Wasser fließt in das Meer. Und die Sekunden kommen irgendwann am Ende der Zeit an, fließen in den Zeitsee, das Weltall implodiert und nichts war gewesen. Ein Schluckauf der Geschichte nur.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.11.2013.
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