Christine Wolny

DER ZAHNLUCKERTE ENGEL



 

„Das kann nur mir passieren.
Na, so was Blödes. Und gerade vor Weihnachten.“


So jammerte der Engel vor sich hin.
Er war sich seiner Schuld bewusst.
Alleine fallen die Zähne nicht aus.
Das war mal wieder durch seinen Übereifer geschehen.

Er schaute kurz in der Weihnachtsbäckerei vorbei.
Die Engel freuten sich, als sie den fleißigen Engel sahen,
wussten sie doch, dass er nicht NEIN sagen konnte.
„Schön, dass du uns hilfst,“
sagte einer, und schon half unser Engel mit.
In der Bäckerei wurde jede Hand gebraucht, und unser Engel war schnell.


Er war zum Nüsseknacken eingeteilt.
Mit dem Nussknacker dauerte es ihm zu lange. So nahm er seine Zähne dazu.
Knack, knack, knack, ein Nusskern nach dem anderen landete im Schälchen,
und die anderen staunten nur so.
Das feuerte ihn noch mehr an, und er zeigte dabei sein schönstes Lächeln.

Irgendwann war es den Zähnen aber zu viel.
„Hör auf, das tut uns weh,“ jammerten sie.
Aber der Engel hörte nicht auf die Zähne und biss noch kräftiger zu.
Plötzlich fingen sie an zu wackeln, und beim nächsten Biss
blieben die Zähne einfach in der Nuss stecken. Unser Engel bekam einen gehörigen Schreck.
Das hätte er nicht gedacht, dass die Zähne es ernst meinten.
Die anderen fingen an zu lachen, denn der zahnluckerte Engel sah so lustig aus.
Sie waren nicht schadenfroh, doch das Bild des Engels reizte sie dazu.

Nun hagelte es gute Ratschläge.
„Geh sofort zum Zahnarzt, und nimm deine Zähne mit,
vielleicht kann er sie wieder einsetzen, aber beeil dich.“
Das alles hörte unser Engel noch, bevor er lossauste.
Der Zahnarzt schüttelte nur mit dem Kopf. „Wie kannst du nur?“
Aber die Belehrung kam zu spät. Es war passiert.
Unser Engel musste viel leiden, bis die Zähne wieder fest saßen.
Er durfte lange keine Äpfel und Nüsse essen, geschweige denn, Nüsse damit knacken.

Nie mehr würde er es tun.
Täglich musste er sein Himmelsbrot eintunken,
aber jetzt war er kein zahnluckerter Engel mehr.

Er war eine Erfahrung reicher geworden.


Anmerkung: Der österreichische Ausdruck
 

"ZAHNLUCKERT"

für fehlende Zähne, hat mich zu dieser Geschichte inspiriert. Ich hoffe, dass ich dem Leser ein Schmunzeln entlocken konnte.

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Christine Wolny).
Der Beitrag wurde von Christine Wolny auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.12.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Christine Wolny als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Gedankenreisen (Anthologie) von Markus P. Baumeler



von Mona Seifert, Markus P. Baumeler und 16 weiteren Autorinnen und Autoren,

Worte rund um das Leben und die Liebe mit wunderschönen handgezeichneten Skizzen zu Texten, Gedichten und Gedanken. Werke von 18 Autoren und Künstlern des Forums Gedankenreisen (http://31693.rapidforum.com) in einer zauberhaften Anthologie.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (6)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Weihnachten" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Christine Wolny

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Der Engel und sein Geheimnis von Christine Wolny (Weihnachten)
Seltsame Überraschung an Heiligabend von Ingrid Drewing (Weihnachten)
Coventry - Pazifistischer Aufsatz von Paul Rudolf Uhl (Krieg & Frieden)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen