Peter Biastoch

Beim Sauensäger in Blockhausen (2012-07-07)


 
(Meine damals dabei gemachten Fotos findet Ihr unter: www.album.de/album.cfm?albumID=72038 )
 
   Seit Freitag dröhnten die Motoren aus Richtung Sachsenring herüber. Wir hatten zwar schon länger geplant unsere Verwandten in Weigmannsdorf zu besuchen, hatten dabei allerdings nicht damit gerechnet, dass wir so einen Tag den Renngeräuschen entgehen könnten. Also schlugen wir mit unserem Besuch zwei Fliegen mit einer Klappe.
 
   Am Samstagmorgen acht Uhr dreißig ging die Reise los. Zuerst durch Chemnitz, dann vorbei an der Augustusburg, gelangten wir nach anderthalber Stunde an unserem Zielort an. Einer herzlichen Begrüßung folgte der Austausch von Neuigkeiten, wie das wohl immer so ist, wenn man sich lange Zeiten nicht gesehen hat.
 
   Schließlich stand die Frage im Raum: Wollen wir es riskieren nach „Blockhausen“ zu fahren? Draußen hatte es sich nämlich, seit wir angekommen waren, eingetrübt und die Wolken sahen sehr nach Regen aus. Doch wir wagten es, stiegen in die Autos und machten uns auf den Weg.
 
   Nach lediglich etwa 10 Kilometern waren wir schon am Ziel. Nein, nicht ganz. Wir waren erst einmal beim Parkplatz, von dem aus wir dann noch gute zwanzig Minuten einen recht steilen Weg hinauf zu laufen hatten. Doch bereits während dieses Anstieges entdeckten wir, links und rechts, im Wald und am Wegesrand, interessante Gestalten. Es handelte sich um die Ergebnisse früherer Meisterschaften der Kettensägenschnitzerei.
 
   Auf einer Lichtung begeisterten mich die dort aufgestapelten Stämme. Sicherlich liegen sie bereit, um von schnitzwütigen Holzliebhabern bearbeitet zu werden.
 
   So langsam näherten wir uns schließlich „Blockhausen“ und nach einer letzten Biegung des Weges öffnete sich uns der Blick auf die Blockhütte und ein weiteres Dach, dessen Unterbau aus dicken Stämmen bestand. Über dem Zugang wacht die Figur eines Pegasus, an dem wir, links vorbei, den Schnitzplatz betraten.
 
   Und da sahen wir ihn dann – nein, ich meine nicht den Schnitzplatz – sondern den, wie uns unsere Verwandten schon zuvor erzählten, „längsten Tisch der Welt“. Und tatsächlich, einen solch langen Tisch hatten wir noch nie im Leben gesehen! Im Internet erhielten wir dann auch noch die Bestätigung: Es handelt sich, laut Eintragung im „Guinness Buch der Rekorde“, tatsächlich um den längsten Tisch, den es weltweit gibt. (zu finden unter: blockhausen.de)
 
   Inzwischen hat man ihn überdacht und so nahmen auch wir daran Platz, um uns das mitgebrachte Mittagessen zu genießen.
 
   Während wir dort also gemütlich beisammen saßen, hatte es zu regnen begonnen. Immer mehr dieses nassen Elements fiel vom Himmel und es wurde einer der, inzwischen schon zur Gewohnheit gewordenen, Wolkenbrüche daraus. Der Himmel über und das Tal neben uns waren voller Wolken. Dann ein Donner und noch einer! Allerdings nicht in unmittelbarer Nähe. Aber, plötzlich, das helle Aufleuchten eines Blitzes! Jedoch folgte kein Donnergrollen, weil dieser Blitz vom Fotoapparat unserer Tochter stammte.
 
   Wir ließen uns vom Regen nicht daran hindern, nach der Stärkung durch den Nudelsalat, die Schirme aufzuspannen und uns erst einmal die Figuren anzusehen, die das Dach über diesem Tisch tragen. Es handelt sich dabei grundsätzlich um Bergarbeiter – Motive. Entstanden sind sie sicherlich während eines der jährlichen „Huskycup“ – Wettkämpfe, während denen sich die begabtesten Kettensägen-Künstler der Welt treffen und gegen einander antreten. Dabei steht jeder Wettkampf unter einem Thema, wie in diesem Fall: „Bergleute“. Wir erkannten beim weiteren Besichtigen auch andere Themen solcher Wettbewerbe: „Fabelgestalten“, „Hexen“, „Bienenhäuser“. Doch der Reihe nach!
 
   Als wir uns unter dem Dach hervor hervorwagten, war der Wolkenbruch vorüber und wir konnten feststellen, dass es in „Blockhausen“ kaum eine Ecke gibt, in der einem nicht eine solche Holzfigur anblickt. Ein alles überragendes Gebilde ist gegenüber des langen Tisches, an der dortigen Blockhütte befestigt. Es ist eine wahrhaft überdimensionierte Marionette, deren Hände und Arme mithilfe von Stricken bewegt werden können – sehr zur Freude der großen Kinder und Kind gebliebenen Erwachsenen!
 
   Eine Hütte weiter wartete ein kunstvoll geschnitzter, bequemer Stuhl auf jemanden, der sich auf ihn nieder lässt. Uns hinderte der Regen, dieses Möbelstück auszuprobieren.

   Auf einem Dach hockte eine alte Hexe im Regen. Selbst der Rabe auf ihrer Schulter schaute völlig verdrießlich herunter, so dass man keinen Zweifel daran haben kann: „Der mag keinen Regen!“
 
   Gleich daneben ein Baumstamm, um den herum sich eine dramatische Szene abspielt. Ein Reh, gehetzt von einem großen Hund, versucht sich mit einem verzweifelten Sprung in Sicherheit zu bringen. Beobachtet wird es dabei von den Aasvögeln, die weiter oben auf den Ästen dieses Stammes Platz genommen haben und nun anscheinend auf eventuelle Reste eines gerissenen Rehs hoffen.
 
   Noch während ich mir so meine Gedanken über dieses Motiv mache, wird mein Blick von den, weiter hinten stehenden, noch in frischem Holz leuchtenden Figuren, gefangen genommen. Nein – das gibt es doch nicht!
 
   Da stehen fünf ausgewachsene, lebensgroße Pferde, samt ihren Reitern! Aus der Entfernung völlig lebensecht. Und auch im näher Kommen behalten sie diesen Ausdruck der Lebendigkeit!
 
   Es sind die Ergebnisse des diesjährigen „Huskycup“. Diesmal war das Thema: Szenen aus der „Hebammengeschichte“. Im Vergleich zu vielen, nahezu grob zurecht gesägten, Figuren früherer Jahre, erstaunt mich diese filigrane Herausarbeitung einzelner Details. Besonderen Wert haben die Künstler dabei auf die Gesichter der Reiter und auch die Köpfe der Pferde gelegt.
 
   Etwas anderes fiel ebenso auf. Die groben Bearbeitungsspuren der Kettensägen sind bei diesen Skulpturen überarbeitet und verschliffen worden. Möglicherweise tat auch die Nässe des Regens ein Übriges, so dass die glatten Stellen wie poliert wirkten.
 
   Um das besser erkennen zu können, bin ich so nahe heran gegangen, wie mir das möglich war. Dabei fiel mir ein Zettel, der am Sockel dieser Plastik, in einer Folie, angebracht war, ins Blickfeld. Darauf stand: „Frauenteam; Edith Plazotta, Österreich; Stephanie Huber, Deutschland; Nansi Hemming, Großbritanien; sägen: Markgräfin Hedwig“. Also ist diese Art der künstlerischen Betätigung, obwohl sie doch nicht gerade ungefährlich erscheint, keine reine Männerdomäne!
 
   Obwohl diese Figuren wohl die aktuellen Highlights dort sind, lösten wir uns langsam von dem Eindruck, den sie uns vermittelten und wandten uns wieder um. Zurück zur größten Blockhütte – eigentlich ein richtiges, geräumiges Haus, das als Blockhaus gebaut wurde. Wie wir aus einem der ausliegenden Prospekte entnahmen, handelt es sich dabei um ein „Heuhotel“. Weiter heißt es: „Sie können die Hütte mieten! Mit Freunden feiern und übernachten. Im Sommer bis zu 100 Personen, im Winter bis zu 60 Personen. In unserem Heuhotel und Heuboden finden bis zu 50 Personen in ihren Schlafsäcken eine urige Übernachtung.“
 
   Auch dieses Blockhaus war eine einzige Ausstellung von den, in die Konstruktion eingearbeiteten, Schnitzarbeiten! Das über die umlaufende Veranda überstehende, und diese vor Niederschlägen schützende Dach, wurde, ähnlich wie die Überdachung des langen Tisches, von detailreich gearbeiteten Säulen gestützt.
 
   Es wimmelte von Darstellungen hiesiger und fremdländischer Wildtiere, Indianer und anderer Menschen. Man kann dort sicherlich Tage verbringen, ohne wirklich alles, jede Einzelheit, jedes Detail, gesehen und richtig in sich aufgenommen zu haben. Wie wir allerdings  noch erkennen sollten, hatten wir bei weitem noch nicht alles entdeckt.
 
   Doch, bis dahin nichts ahnend, machten wir uns auf und gingen einen anderen Weg ins Tal. Zuerst kamen wir noch vorüber an der Figur des „Sauensägers“, bei dem sich der Initiator dieser Anlage selbst dargestellt hat. Schon ein kleines Stück talwärts grüßte uns, beim Blick zurück, noch ein Adler, der auf einem künstlich angelegten Felsen, alles zu bewachen scheint. Und weiter schlenderten wir bergab.
 
   Bereits nach der ersten Kurve waren wieder Bildwerke, im Wald zu erkennen. Wir bogen also ab und folgten den Trampelpfad, der uns um diese Gruppe von Skulpturen führte. Es waren die Resultate des Schnitzwettbewerbes, mit dem Thema: „Bienenstöcke“. Dabei haben sich die Künstler davon inspirieren lassen, was einem beim Gedanken an diesen süßen Stoff in den Sinn kommt: Blumen und Blüten, Bienen und natürlich auch diejenigen, die gern diesen herrlichen Saft naschen, wie Bären, Lausbuben, oder gar jener Wikinger, der den Honig, zu Meet vergoren, genießt!
 
   Wieder auf dem Weg zurück erblickten wir, im hohen Gras, eine Sonnenanbeterin, die mit ihrer Größe, von weit über zwei Metern, auch einem Menschen gefährlich werden könnte.

   Damit wurden dann die Schnitzereien weniger, die uns bei unserem Abstieg begegneten. Etwa auf halber Höhe begegneten wir noch einer schön gestalteten Bank, die zur Rast und einem Blick über eine Rinderweide einlud – aber durch den Regen viel zu nass war.
 
   Zu guter Letzt wurden wir, beim Parkplatz, zum nächsten „Huskycup 2013“ eingeladen. Angeregt von den vielen Erzeugnissen früherer Wettkämpfe, würden wir so etwas auf alle Fälle gern einmal direkt beobachten. Was wir zu Pfingsten nächstes Jahr machen werden, steht noch nicht fest. Vielleich doch ein Besuch dieser Veranstaltung? Es ist ganz bestimmt eine Überlegung wert!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.12.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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