Irene Beddies

Im Keller ist es duster




Sabine hatte Angst in den Keller zu gehen, seitdem das Licht dort nicht mehr brannte.  Das hatte so etwas schrecklich Gruseliges! Der Schein, der durch die geöffnete Tür auf die ersten Stufen fiel, zeigte ihr Staub und Spinnenweben. Spinnen waren ihr ein Gräuel!
Und dennoch…
Im Keller bewahrte Papa ihre Weihnachtsgeschenke auf, da fühlte sie sich sicher. Deshalb hatte er wohl die Lampe nicht repariert. Papa war letztes Jahr sehr böse geworden, als er sie beim Schnüffeln auf dem Dachboden erwischt hatte.

Sie musste es wissen!! Sie wollte sich schon jetzt auf das neue Fahrrad freuen können. Sie wollte die Farbe sehen und ob es die Satteltaschen hatte, die sie sich ebenfalls wünschte.
Sabine setzte den Fuß auf die erste Treppenstufe. Ihr Schatten verdunkelte das bisschen Licht noch mehr.
Sie kehrte wieder um und suchte ihre Taschenlampe. In all der Unordnung in ihrem Zimmer fand sie sie schließlich unter dem ungemachten Bett.
Voller Zuversicht ging sie wieder an die Kellertür. Die war geschlossen. Hatte sie die nicht offen gelassen? Mutig packte sie die Klinke und öffnete den Zugang zum Gruselreich. Mit der Taschenlampe, die nur ein sehr schwaches Licht auf die Stufen warf, fühlte sie sich nicht mehr so beklommen.
Im ersten Kellerraum stand ein großer Schrank mit vielen Schubladen. Da brauchte sie nicht hineinzugucken, da passte im Leben kein Fahrrad hinein.
Ansonsten standen da das hohe Schuhbord und ein altes Keyboard.

Im zweiten Kellerraum war Holz aufgestapelt. Der Stapel machte den Eindruck, nicht ganz stabil geschichtet zu sein. Ob Papa darunter…???
Sabine lockerte vorsichtig ein Holzscheit und hielt den Strahl der Lampe in das Loch. Etwas glänzte metallisch. Voller Freude zog sie weitere Hölzer oberhalb aus dem Stapel. Dort glänzte es aber nicht.
Ein Scheit unter dem ersten weggenommenen löste Sabine noch. Es gab ein großes Gepolter und ein guter Teil des Holzhaufens brach zusammen. Nach dem ersten Schreck richtete Sabine die Taschenlampe auf die freigelegten Hölzer. Welch eine Enttäuschung! Das, was metallisch geglitzert gatte, entpuppte sich als ein Stückchen Alufolie.
Damit Papa nichts merkte, versuchte sie die Scheite irgendwie wieder aufeinander zu stapeln – ein Kunststück bei der schwachen Beleuchtung. Aber Papa konnte ja dann wohl auch nichts sehen und merkte sicherlich erst einmal nichts. Wozu gab es den vermaledeiten Holzstapel überhaupt?

Weitersuchen mochte Sabine nicht mehr. Sie nahm die Taschenlampe in die Hand und machte sich auf den Rückweg. Als sie an den Durchgang zum vorderen Kellerraum kam, blieb ihr vor Schreck fast das Herz stehen. Eine riesige Spinne hing im Türrahmen.  Stocksteif blieb Sabine stehen. Wie sollte sie an dem Monster vorbeikommen? Im Keller bleiben bei so einem Scheusal konnte sie doch noch weniger!
Millimeter um Millimeter unter großem Herzklopfen näherte sich Sabine dem Durchgang. Die Spinne bewegte sich nicht. Mit großen Augen schien sie Sabine unentwegt anzustarren. Ein großer Schritt, dann wäre sie durch.
Also fasste sie all ihren Mut zusammen und raste los. Sie streifte die Spinne nicht einmal. Aus sicherer Entfernung schaute sie sich um. Die Spinne hing wie vorher an ihrem Faden. Der Faden schaukelte etwas.
Ober angekommen verkroch Sabine sich in ihr Bett und zog die Decke über den Kopf.
Papa erzählter sie nichts, obwohl er sie manchmal seltsam prüfend ansah, als ob er ihr Geheimnis entdeckt hatte.

Am Heiligabend war es endlich so weit. Sabine konnte die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum auspacken. Es gab dieses Mal ungewöhnlich viele Geschenke in seltsam geformten Paketen. Das erste, was sie auspackte, war eine Fahrradlampe. Es folgten Räder, ein Sattel, Fahrradtaschen. Als sie alle größeren Pakete ausgewickelt hatte, ergab ihr Inhalt ein komplettes Fahrrad, das nur zusammengebaut werden musste.
Als letztes blieb ein kleines Päckchen übrig. Vorsichtig packte Sabine auch dieses aus. In einer rosa Schachtel lag etwas in Watte Verpacktes. Als sie die obere Schicht Watte abnahm, starrte ihr eine große Gummispinne an einem Zwirnsfaden entgegen.
„Endlich einmal habe ich dich überlistet“, sagte ihr Vater gutmütig und nahm sie in den Arm, „frohe Weihnachten“.


© I. Beddies


 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.12.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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