Irene Beddies

Wendel: Erlösung




Lautes Knallen weckte die kleinen Gespenster. Noch müde schlüpften sie durch die Dachluke und hockten sich auf das Dach. „O wie schön!“, seufzte Kasimirius, als er die bunten Raketen am Himmel sah. Mit offenem Mund staunte er all die roten, gelben und grünen Kugeln an, die wie Seifenblasen zerplatzten.
Neben den Gespenstern wurde es noch heller und leise Flötenmusik ertönte. Die Fee in ihren schimmernden Kleidern saß auf dem Dach und lächelte sie an.
„Liebe Fee“, jubelte Wendel, „du bist tatsächlich gekommen!“
„Was ich verspreche, halte ich immer.“
„Machst du meinen Freund jetzt wieder weiß?“
„Ich selbst kann das nicht. Aber ich weiß, was er zu tun hat. In den nächsten Tagen wird der Mond ganz rund. Dann muss dein Freund nach der Geisterstunde noch wach bleiben und ganz fest in den Mond schauen. Kann er nicht wach bleiben, dauert es ein Jahr länger.“
„O liebe Fee, ich will ihm dabei helfen. Ich kann länger wach bleiben als er. Ich bin ja manchmal bei Paul und bin dann am Tag einige Zeit auf.“
„Du scheinst ein treuer Freund zu sein, das ist gut.“
Die Fee beugte sich zu dem kleinen weißen Gespenst und gab ihm vorsichtig einen Kuss auf die Stirn. Dann war sie verschwunden.

„Du wirst wieder weiß! Du musst nur ein bisschen üben, wach zu bleiben, nachdem es eins vom Turm geschlagen hat. Wir wollen heute gleich anfangen.“
Beide Gespenster blieben auf dem Rand der Dachluke sitzen. Aber als es einmal „boinggg“ geschlagen hatte, fiel Kasimirius nach einem ganz kurzen Augenblick in den Pappkarton und schlief ein. Er hatte nicht einmal Zeit gehabt, überhaupt nach dem Mond zu sehen.

Drei Nächte übten die Gespenster, dann kam die Nacht mit Vollmond. Wieder blieben sie auf dem Rand der Dachluke sitzen. Kasimirius hatte inzwischen gelernt, schon vor dem Glockenschlag den Mond anzuschauen. Heute schaute er ganz fest in das freundliche Gesicht.
Als es eins schlug, riss er für einen Moment die Augen noch weiter auf, bevor es rückwärts in der Dachluke verschwand und sofort schlief.

In der folgenden Nacht war klar: die Fee hatte recht. Beide Gespenster schimmerten hell und weiß vor dem dunklen Nachthimmel und tanzten lange vor Freude um den Schonstein.
„Wie soll ich euch nun unterscheiden?“, fragte die Eule, als sie endlich kam.


(c) I. Beddies


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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.12.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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