Thomas Kleinrensing

Auf den Hund gekommen

~~Hat der beste Freund und stetige Begleiter mal wieder Appetit auf frisch aus der Pfanne gehüpftes Kängurufrikassee an Bio Broccoli mit fruchtigem Mango Dip? Oder steht ihm eher der Sinn nach deutschem Rindfleisch auf Spinat an Naturreis? Gerne auch, speziell bei Magenverstimmung, Putenbrust mit Möhren und Mixflocken. Für unterwegs bieten sich, bei kleinen Heißhungerattacken, Gourmet Muffins und Lachs Cookies an. Kriegt man zugegebener Maßen leider nicht an jeder Ecke.

Doch wer in Berlin Grunewald seine Wohnstatt bezogen hat, dem eröffnet sich die neue Möglichkeit, Herrn Dobermann und Frau Labrador Oben benannte kulinarische Genüsse zu kredenzen. Auf der Bundesallee hat Berlins erstes Restaurant und Feinkostgeschäft der Premiumklasse „Pets Deli Roseneck“ für Hunde eröffnet.

Der vierbeinige Hundesohn und das shampoonierte Yorkshire Töchterchen sind zumindest in Berlin Salon fähig geworden und üben rein mental schon mal den aufrechten Gang. Vorbei die dekadenten Dosenmahlzeiten der Fabrik. Wurde auch höchste Zeit den liebsten und treusten Begleiter des Menschen aufzuwerten und ihm einen fünf Sterne Gourmettempel zu errichten. Ein Hundt kläffte schließlich schon vor Jahren als Präsident des BDA und knurrte als Vorstehhundt des VFB Stuttgart.

Die Vermutung, dass das amerikanische Wow auf das scharfe deutsche Hofhund Wau zurückgeht ist, nebenbei bemerkt, falsch. Es ist eher umgekehrt. Der Amerikaner war der erste der Gourmethundehütten eingerichtet und konsequent mit Mode-, Beauty- und Fitnessstudios für den Schoßmops erweitert hat. Da sabberte der deutsch gedackelte Pudeldalmatiner, der Jet und Irish Setter schon seit langem vor Neid aus dem Maul.

Und der Anfang ist gemacht. Gestriegelt und entwurmt rekelt sich ab sofort Carlo, ein  übergewichtiger Mops mit Loden Jäckchen, lasziv neben einer Afghanin mit Heidi Klump Frisur. Zwei stachelhalskrausige Pit Bulls geben einer Gruppe nervös blinzelnder Pekinesinnen eine Runde Lachs Öl aus. Die alte Doggen Dame Sugar darf am Teakholzoptik gefassten Hundetisch mit Edelmetall Geschirr asthmatisch röcheln, während die betagte Begleitung das Hähnchenbrustfilet vorkostet. Gesunde Nahrung für gesunde Tiere, auch für den Hund.

Aber muss es eine Dekadenz wie  „Pets Deli“ sein? Ein Besuch wird hier bestimmt ein Muss für jeden der Hund affin und nobel In sein will, seinem besten Pelzstück nur das Beste kredenzen will und gern unter seines Gleichen weilt. Zur Begrüßung der Halsband Schickeria ein dezentes After Walk Küsschen hier und ein Geschlechtsgespräch da. In der oberen Zweibeiner Etage, wie im Borchardt Berlin, Küsschen rechts und links, um als dann über die Höhe der homöopathischen Behandlungskosten beim Tiertherapeuten, Espresso und Biogas abgebende Hunde inklusive, zu berichten.  

So ein Restaurant braucht der empathische Hundemensch. Schließlich hat man ja für „Wotan-Marius von und zu Hohenschwanz und Kläfferfels“, ein nobles Geschöpf aus uraltem Adels- und Inzestgeschlecht, inklusive Papieren, Impfungen, Gebrauchsanweisung und Stammbaum eine stattliche Summe hingelegt. Da war der Transport des Stammbaumes noch nicht mal dabei. Mit Strass besetztem Halsband und Parka mit Fellkragen für Carlo und Frauchen geht man im Partnerlook zum Essen. „Wer niemals aus dem Blechnapf fraß …“ bekommt im „Pets Deli“ eine ganz neue Bedeutung.

Wer schaut schon auf die 3 bis 10 Euro pro Gericht, welches auch bedenkenlos vom Leitwolf mit den Dritten verzehrt werden kann, wenn es Fiffi und Co gut tut? Und da der louisvuittoneske Leinenhalter stetig auf gesellschaftlich wichtigen Anlässen, Charity Partys gegen Kinderarmut und Unterernährung zum Beispiel, sichtbar sein und den Vierbeiner alleine im Flat zurücklassen muss, ist das eine Art der Widergutmachung. Während der medial sozial engagierte aufrechte Gang Lachs und Kaviar vertilgt, muss Mops Carlo  ohne Abendessen, Bio Rind auf Nudeln, ins Hundedaunenhimmelbettchen.
 
Wie auch jedes dritte Kind in Berlin ohne warmes Essen in die Falle geht. Für den Hartz IV Regelsatz von zirka 3,20 Euro am Tag sind für diese Kinder keine geregelten Mahlzeiten drin. Erst recht nicht ein tägliches und gesundes warmes Essen. Da fällt das Abendessen halt des Öfteren aus. Wie auch das Pausenbrot und Mittagessen in Kita und Schule. „Pech gehabt kleiner Sascha, Felix, kleine Aischa. Wärt ihr mal lieber Hunde in Grunewald geworden“, denkt Carlo, während er sich im „Pets Deli“ eine doppelte Portion Rindfleisch reinschmatzt. Auf die 19 Prozent von Armut und Mangelernährung bedrohten Kinder in Deutschland schiebt sich der Nobelmops erst mal noch fünf Lachs Cookies in seinen gefalteten Schädel und legt ohne Zusatzstoffe und Zögern ganz geschmeidig einen Doppelriesenhaufen neben den Spielplatz. 

Carlo und sein intellektueller Großmeister sind überzeugt, dass es schon längst Zeit war endlich an die armen Hunde zu denken. Was ist aber bitte, angesichts der steigenden Kinderarmut und den daraus resultierenden spärlichen, unausgewogenen und ungesunden Mahlzeiten, den überquellenden Suppenküchen und Tafel Läden in Deutschland wie in Berlin das „Pets Deli“? Etwa eine öffentliche Sozialeinrichtung mit ernährungsphysiologischem Hintergrund für ehemals streunende Hunde einer sozialen Wohlstandsgesellschaft? 

Carlo kann Kritik an dieser Einrichtung für höhere Hunde von Wohlfahrtsverbänden, dem UN-Kinderhilfswerk, Arche und Privatpersonen nicht verstehen. „Wir arbeiten ja schließlich bei der Produktion der Futterpäckchen mit einem Projekt für psychisch Kranke in Berlin-Marzahn zusammen“. So der Inhaber zur BM. Wow. Da wird der Hund in der Pfanne verrückt. Unter welcher Wahrnehmungsstörung und Form von Sozialautismus leidet dieser Mensch? Aber – repräsentativ unterirdischer und degenerierter, kann sich dieses auf den Hund gekommende Wohlstandklientel nicht darstellen. Wow, Wow.

14. Januar 2014

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„Krachen, Scheppern und dann gewaltiger Lärm, als ein schwerer Gegenstand an die Wand geworfen wurde. Oh verdammt, die Verrückte spielte drüben in der Küche schon wieder ihr absolutes Lieblingsspiel – Geister vertreiben. Gleich würde sie hierher ins Wohnzimmer stürzen, wo ich versuchte, in Ruhe meine Hausaufgaben zu machen. Und dann würde sie mir wieder lang und breit erklären, welches Gespenst gerade versucht hatte, durch die Wand zu gehen und sie anzugreifen. Ich hasste sie! Ich hasste dieses Weib aus ganzem Herzen!“ Die 13-jährige Eva lebt in einer nach außen hin heilen, kleinbürgerlichen Familie. Hinter der geschlossenen Tür herrscht Tag für Tag eine Hölle aus psychischer und physischer Gewalt durch die psychopathische Mutter und den egomanischen Vater. Verzweifelt versucht sie, sich daraus zu befreien. Vergebens - bis ihr ein altes Buch in die Hände fällt. Als letzten Ausweg beschwört sie daraus einen Teufel. Er bietet ihr seine Hilfe an. Aber sein Preis ist hoch...

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