Ganz langsam und vorsichtig hob Tom den Deckel der Schatulle hoch und hielt
den Atem an. Ein Bündel Briefe, welche mit einem roten Stoffband zusammen
gefaßt waren, fielen ihm entgegen. Es waren wohl schon alte Briefe, denn die
Umschläge waren vergilbt und auch die Briefmarken darauf gab es heute gar
nicht. Er sah sich die Marken etwas genauer an, es waren französische Marken.
Die Schrift auf den Umschlägen war klein und zierlich, teilweise war die Tinte
etwas verwischt. Es sah aus, als wären Tränen darauf gefallen. Sie waren an
Toms Opa adressiert, allerdings nicht an seine letzte Adresse. Ja, Tom erinnerte
sich, Opa hatte ihm einmal erzählt, daß er mit seiner Armeetruppe zur Zeit des
zweiten Weltkrieges, in Saarbrücken stationiert war. Alle Briefe waren an eine
Kaserne in Saarbrücken geschickt worden. Auf den Briefmarken konnte man bei
einigen noch das Datum des Poststempels sehen, sie waren über einen Zeitraum
von zwei Jahren verschickt worden. Ganz unten auf dem Boden der Schatulle lag
in einem Stofftaschentuch eingewickelt, die Fotographie einer jungen Frau.
Es war eine schwarz-weiß Aufnahme, auf der man aber erkennen konnte, daß diese
junge Frau blondhaarig und sehr hübsch war. Ihr Lächeln ließ ihre Augen blitzen und
sie hielt ein kleines Hündchen auf ihrem Arm. Auf der Rückseite stand in der gleichen,
zierlichen Schrift, wie auf den Umschlägen :
" Pour ma chere Pierre, je t aime Madeleine "
Tom holte den ersten Brief mit dem ältesten Poststempel aus seinem Umschlag und
faltete ihn auseinander. Es überraschte ihn sehr, denn er konnte fast alles lesen, was
dort stand. Zwar flossen auch immer mal wieder ein paar Worte in französischer Sprache
ein, doch der Sinn war gut zu verstehen. Der Brief begann damit, wie sehr sie ihn
vermißte, wie schön der Sommer gewesen war, als sie sich kennen lernten. Dann
schilderte sie, was sich in dem kleinen Ort, wo sie wohnte, so alles zugetragen hatte.
Sie erzählte ihm von ihrer Familie, von den Dorfbewohnern und richtete Grüße von ihnen
aus. Tom wunderte sich doch sehr, nie hatte ihm Opa etwas von einer Zeit erzählt, in der er
in Frankreich gelebt hatte. Der Brief endete mit den Worten : "Je t aime, ma chere , je t aime !"
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.01.2014.
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